Fortuna auf der Glückskugel
Heidnische Göttin auf mecklenburgischen und braunschweigischen Talern und solchen aus Glückstadt abgebildet



König Christian IV. von Dönemark zeigt auf der bunten Bildtafel auf die unter seiner Regie angelegte Festungs- und Residenzstadt, die in ihrer langen Geschichte immer wieder von Sturmfluten, Bränden und anderen Katastrophen heimgesucht wurde.



Am Glückstädter Rathaus aus dem 19. Jahrhundert prangt das Stadtwappen, die auf einer geflügelten Kugel schwebende Fortuna mit einem Segel in der Hand. Dänemarks König Christian IV. wird in Glückstadt geehrt. Seine Büste aus Bronze wurde in der Art römischer Kaiserbildnisse gestaltet.



Auf dem Taler von 1641 umschließt die Inschrift REGNA FIRMAT PIETAS (Frömmigkeit stärkt die Königreiche) das Bildnis Christians IV., der diesen Satz zu seinem Lebensmotto erhoben hat. Fortuna erscheint auf dem Glückstädter Taler von 1629 als redendes Wappen.



Nicht nur Taler und Dukaten wurden mit dem Porträt dänischer Könige geprägt, sondern auch kleine Nominale wie diese Düttchen im Wert eines 1/16 Reichstalers. Die Vielzahl der Stempelvarianten lässt auf eine rege Prägetätigkeit schließen. Die Glückstädter Dukaten kommen im Handel selten vor, und sollten sie einmal angeboten werden, sind ihnen Liebhaberpreise sicher. Die so genannten Hebräerdukaten wurden zwischen 1644 und 1648 in Glückstadt von Münzmeister Jakob Schwiegelt mit dem gekrönten und geharnischten König und rückseitig dem Namen Jehovas geprägt.



Die auf Veranlassung der sächsischen Kurfürstin Sophie für ihre Kinder geprägten Sophiendukaten von 1616 waren als Weihnachts-, Neujahrs- und Patengeschenke so beliebt, dass man sie bis 1872 leicht verändert nachgeprägt hat. Auch in Hamburg hat man Dukaten zum Neuen Jahr verschenkt,





Das Bild der Fortuna auf dem mecklenburgischen Glückstaler von kann als Anspielung auf schwierige, unsichere Zeiten wenige Jahre vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) gedeutet werden, aber auch als Hinweis darauf, dass Widrigkeiten dem Glück nichts anhaben können. Die Inschriften auf dem undatierten um 1622 geprägten braunschweigischen Glückstaler „O ihr Leute alle vier, was ihr sucht, das find ihr hier – Die Menschen dieser Welt trachten so nach Geld“ deuten an, wie man zu Wohlstand gelangt und dass man mit fleißiger Arbeit zu etwas bringt.



Fortuna erscheint auch auf der seltenen Talerklippe, die 1708 anlässlich des Vogel- und Scheibenschießen während der Geburtstagsfeier von Herzog Friedrich II. von Sachsen-Coburg und Gotha geprägt wurde. Die Inschriften auf der Vorderseite lautet „Komm Glück herbei Hoffnung erfreu“, und auf der Rückseite werden diejenigen getröstet, die das Ziel verfehlen. Auf dem braunschweigischen Lösertaler von 1685 im Gewicht von vier Talern ist die Lautenspielerin als Glücksgöttin zu deuten. Ihre Kugel hat man durch eine Schnecke ersetzt.



„Mein Glück (ist) in Gottes Hand“ verkündet die undatierte Barockmedaille mit dem Porträt der dänischen Prinzessin Sophia Hedwig, die 1735 ungeachtet mancher Heiratsprojekte unverheiratet starb. (Fotos/Repros: Caspar)

Zu Weihnachten, zum Jahreswechsel oder Ostern, anlässlich einer Geburt oder Hochzeit Münzen oder Medaillen aus edlem Metall zu verschenken, ist ein alter, heute kaum noch bekannter Brauch. Zahlreiche Prägungen dieser Art sind überliefert, kleine Wertstücke, die man in kurantes Geld umwechselte oder einschmolz, wenn einmal Not am Mann war. Beliebt waren auch Motive, die sich auf Glück, Wohlstand und Frieden beziehen. Sucht man gezielt, findet man Belege aus Mecklenburg und Braunschweig sowie aus Glückstadt in Schleswig-Holstein, wo man zahlreiche Münzen mit der Glücksgöttin Fortuna geprägt hat.

Wir kennen Weihnachtstaler mit der Geburt Christi im Stall von Bethlehem und Ostertaler mit der Kreuzigung und Auferstehung Christi. Außerdem gibt es Prägungen zum Neuen Jahr, die gute Wünsche aussprechen oder einen Blick auf die kommende Zeit gewähren. Bei solchen Prägungen gelegentlich in tief-christlicher Zeit auch heidnische Götter, allen voran Fortuna, bemüht wurden, ist verwunderlich, aber auch gut zu erklären. Seit der Renaissance, als die Kunst und Götter der antiken Welt wiederentdeckt wurde, hat man Gemälde und Skulpturen mit Mars, Herkules und Venus, Hermes, Apoll, Fortuna und Saturn geschmückt. So ist es nicht verwunderlich, dass diese Götter auch auf Münzen und Medaillen erscheinen. Speziell hat man Fortuna auf mecklenburgischen und braunschweigischen Glückstalern verewigt. Auf den in Gadebusch geprägten Stücken zu einem, 1 ½ und zwei Talern aus den Jahren 1612 und 1613 ist Herzog Adolph Friedrich von Mecklenburg-Schwerin in modischer Hoftracht dargestellt. Auf der Rückseite schwebt Fortuna auf einer geflügelten Kugel. Wind bläst in das Segel, das sie fest in Händen hält.

Vorgaben aus der Antike

Die antike Göttin Fortuna war zuständig für alles, was mit Glück, Zufall und Schicksal zu tun hatte. In der antiken Kunst hat man sie häufig auf einer rollenden oder schwebenden Kugel oder einem Rad, mit Steuerruder oder Füllhorn dargestellt. Der Stempelschneider hat sich bei den mecklenburgischen Glückstalern an diese Vorgaben gehalten. Sie fallen in der Münzgeschichte des Landes aus dem Rahmen, in der das Schema Fürstenbildnis/Wappen vorherrscht. Mit der leicht bekleideten Fortuna wollte Adolph Friedrich II., der mit seinem Bruder Johann Albrecht II. wegen Erbansprüchen im Clinch lag, offenbar Glück und Wohlstand auf sein Land beschwören. Wie man weiß, geriet das 1621 durch die Zweite Mecklenburgische Hauptlandesteilung in die Herzogtümer Schwerin und Güstrow gespaltene norddeutsche Territorium in die Mühlen des Dreißigjährigen Kriegs mit dem Ergebnis, dass sich hier der kaiserliche Generalissimus Albrecht von Wallenstein in Mecklenburg als neuer Herzog breit machte und dies auch durch eine umfangreiche Münzprägung dem großen Rest der Welt kund tat.

Wer sich mit den Geprägen der silberreichen braunschweigischen Herzogtümer befasst, findet einen ganzen numismatischen Kosmos, in den einzudringen nicht ganz leicht ist. Die braunschweigischen Herzöge leisteten sich eine üppige Münzprägung mit vielen Gedenkstücken, die schon immer Sammler und Forscher interessiert haben. Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel ließ 1623 in Sankt Andreasberg Ausbeutemünzen zu 4 und 1 1/2 Reichstaler mit dem Bild der Fortuna auf der Vorderseite sowie rückseitig Darstellungen der Jagd, Fischerei, Landwirtschaft und des Hüttenwesens prägen. Das Fortuna-Motiv wurde auf braunschweigischen Münzen gelegentlich variiert. So steht auf schwergewichtigen Ausbeutetalern der Erzgrube Lautenthals Glück aus dem späten 17. Jahrhundert die Glücksgöttin nicht auf einer Kugel, sondern auf einer am Boden kriechenden Schnecke. Dass es sich bei der Lautenspielerin um Fortuna handelt, erkennt man am Segel, das an der Laute befestigt ist.

Redendes Stadtwappen

Weniger aufwändig, aber nicht minder interessant sind die Glückstädter Taler der dänischen Könige Christian IV. und Friedrich III. gestaltet. Die nackte Fortuna auf einer Kugel mit dem Segel in den Händen ist eine Anspielung auf den Namen der von ihm 1617 gegründeten Stadt Glückstadt im heutigen Bundesland Schleswig-Holstein. „Dat schall glücken und dat mutt glücken, und denn schall se ok Glückstadt heten!“, wird der König auch heute in plattdeutscher Sprache zitiert. Es handelt sich um ein redendes Wappen, vergleichbar mit Magdeburg (Magd über der Burg), Schaffhausen (aus einem Haus springendes Schaf) oder Henneberg (Henne auf einem Berg). Glückstadt sollte nach dem Willen seines Gründers in Konkurrenz mit der weitaus größeren Hansestadt Hamburg treten, diente aber auch als militärisch befestigter Vorposten zum Schutz der Dänen.

Mit zehn Jahren wurde Christian IV. König von Dänemark und Norwegen.Während seiner langen Regierungszeit versuchte er wiederholt erfolglos, mit militärischen Mitteln, Wirtschaftsförderung und andere Maßnahmen sein Land in eine Großmacht verwandeln. Mit dem Versprechen, er werde Religionsfreiheit gewähren, holte der machtbewusste und visionäre Monarch Fremde in seine neue Stadt. Er stellte ihnen kostenlose Baugrundstücke zur Verfügung und gewährte Religions- und Steuerfreiheit und weitere Privilegien. Aus Portugal vertriebene sephardische Juden sowie aus den Niederlanden geflohene Reformierte, aber auch Katholiken, Menonniten und andere Exulanten siedelten sich hier an und machten die Stadt zu einem blühenden Gemeinwesen.

Rege Bautätigkeit vor 400 Jahren

Es begann eine rege Bautätigkeit, über die Hans-Reimer Möller in seinem Buch „Glückstadt – Ein Führer durch das Stadtdenkmal und seine Geschichte“ berichtet. Der reich illustrierte Wegweiser erschien 2005 im Verlag J. J. Augustin Glückstadt, hat 150 Seiten und enthält auch eine Chronik der wichtigsten, ab und zu von Sturmfluten, Pest, Bränden und anderen Katastrophen geprägten Ereignisse der Stadt- und Landesgeschichte. Leider erwähnt Möller nur am Rand, dass es auch mal eine Münzstraße gegeben hat. Die stark befestigte Residenz-, Verwaltungs- und Hafenstadt wurde nach dem Deutschen Krieg von 1866 mit den Herzogtümern Schleswig und Holstein dem preußischen Königreich unter Wilhelm I. zugeschlagen und in eine preußische Garnison verwandelt.

Christian IV. gründeten 1617 die Stadt an der Unterelbe und hat sie mit starken Festungswerken geschützt. Glückstadt sollte nach seinem Willen mit der weitaus größeren und viel mächtigeren Hansestadt Hamburg in Konkurrenz treten. Mit seinen hochfliegenden Plänen erlitt Christian IV. allerdings Schiffbruch, denn Glückstadt blieb klein und überschaubar. Die erhoffte wirtschaftliche Blüte und weltweite Ausstrahlung blieben aus. Bis heute ist die auf dem Reißbrett entworfene „Planstadt“ mit einem großen Platz in der Mitte fast wie zur Gründungszeit erhalten, von den Festungsanlagen und dem schon um 1700 baufälligen Schloss abgesehen. Vieles erinnert an die Gründerzeit und an Christian IV., dessen Bronzebüste in der Nähe des Marktplatzes steht. „Dat schall glücken und dat mutt glücken, und denn schall se ok Glückstadt heten!“, wird der König noch heute auf plattdeutsch zitiert, und so schmückt ein Fortuna-Wappen das Rathaus und ist auch anderswo gut zu sehen.

Portugiese wurde Münzmeister

Viele Häuser sind aus den Gründerjahren erhalten, nur das nicht, in dem Glückstädter Münzen geprägt wurden. Die 1618 angelegte Münzstätte befand sich anfangs in einem Privathaus, wurde aber bald in das Glückstädter Schloss verlegt. Das Gebäude befand sich rechts am Eingang der heutigen Schlachterstraße, die früher Münzerstraße hieß. Über die technische Ausstattung ist nichts bekannt, auch nicht, wie das Gebäude ausgesehen hat und wie es technisch ausgestattet war. Den Münzen zufolge war hier noch die Hammerprägung am Amboss im Schwange. Auf Spindelpressen hat man an anderen Orten schon bessere Geldstücke und Medaillen geschlagen.

Die Portugiesen, die sich „Portugiesisch-Hebräische Nation in Glückstadt“ nannten, kamen zum größten Teil aus Hamburg, doch auch aus Amsterdam, Antwerpen, London und Nantes. Manche betrieben einen regen Überseehandel mit Rohrzucker, edlen Hölzern, Getreide, Salpeter, Hanfseilen und Teer. Diese und weitere Waren wurden teilweise in Hamburg weiter verkauft oder bis nach Spanien und Portugal exportiert. Die Familie des Albert Dionis hatte sich 1599, aus Antwerpen kommend, in Hamburg niedergelassen. Albert Dionis gründete hier mit seinem Vater Philipp Dionis eine Handelsgesellschaft. In seinem Haus hatte Albert eine geheime jüdische Betstube, da den Hamburger Portugiesen zu jener Zeit der Bau einer Synagoge nicht gestattet war. Nebenbei sei gesagt, dass die Hansestadt ihre schwergewichtigen Goldmünzen Portugaleser nannte und mit diesen Nachahmungen portugiesischer Geldstücke einen Teil ihrer Handelsgeschäfte bezahlte.

Albert Dionis sah sich nach weiteren Tätigkeiten um und übernahm 1614 für kurze Zeit die Silberlieferung für die Münze in Bremervörde, 1616/17 für die Münze des Herzogs von Sachsen-Lauenburg in Lauenburg, deren Oberaufsicht er als Pächter erhielt, und 1617 für die schauenburgische Münze in Altona. In der inflationistischen Kipper- und Wipperzeit zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs ernannte ihn der Graf von Holstein-Schauenburg zum Münzfaktor und Münzmeister in Altona. Da man Dionis vorwarf, in Machenschaften der mit Münzverschlechterung in ganz großen Stil befassten Kipper und Wipper verwickelt zu sein, musste er Hamburg verlassen. Er ging nach Altona und bald darauf nach Glückstadt, wo er sich an der Ecke Marktplatz und Münzerstraße 55 niederließ und eine Münzstätte einrichtete. Von Christian IV. zum Münzmeister ernannt, fertigte er zunächst Kleinmünzen zur Bezahlung von Söldnern sowie Tagelöhnern und Arbeiter an, die Glückstadt aufbauten, aber auch Taler und seine Teilstücke. Zwischen 1625 und 1627 stellte er die Münzproduktion ein, denn die Sturmfluten vom Februar 1625 und danach hatten der im Aufbau befindlichen Stadt und ihren Befestigungen erheblich Schäden zugefügt. Geprägt wurde später im Schloss, das nach 1708 wegen Baufälligkeit abgerissen wurde.

Zahlreiche Stempelvarianten

Die Existenz von zahlreichen Stempelvarianten lässt auf eine rege Prägetätigkeit in Glückstadt schließen. Einschlägige Geldstücke kommen allerdings heute im Handel nur selten vor. Sollten einmal Glückstädter Dukaten angeboten werden, sind ihnen Liebhaberpreise sicher. Wahrscheinlich hat man bedeutende Mengen an Silber- und Goldmünzen eingeschmolzen, um Material für neues Metallgeld und andere Erzeugnisse zu gewinnen, ein Verfahren, dem Münzen zu allen Zeiten in riesigen Mengen zum Opfer gefallen sind.

Dass zeitweilig sehr viel gemünzt wurde, mögen Zahlen zeigen, die Christian Lange im Katalog seiner Sammlung schleswig-holsteinischer Münzen und Medaillen aus dem Jahr 1908 mitgeteilt hat. So wurden 1694 in Glückstadt für 70 000 Reichstaler dänische Kronen und für 300 000 Reichstaler Acht-Schilling-Stücke hergestellt. Zu diesen Silberstücken kommen weitere Werte wie Achteltaler, Sechzehnteltaler (Düttchen), Acht-Schilling-Stücke und weitere Werte. Nicht alle Glückstädter Münzen sind mit dem Stadtwappen geschmückt, manche zeigen nur das Bildnis oder und Wappen des Königs.

Wachsamer Landesvater

Aus der Reihe fallen die so genannten Hebräerdukaten, die Wächterdukaten von 1674 und 1682 mit drei Kronen beziehungsweise Fortuna sowie die undatierten Wächterspeziestaler. Die ins Deutsche übertragene lateinische Randschrift „Wenn andere wachen gebühret erst sich für mich auch zu wachen“, mit der sich der König als wachsamer Landesvater zu erkennen gibt, verschafften beiden Nominalen den Namen. In Glückstadt ruhte seit 1718 der Münzhammer, die königlich-dänische Geldfabrik siedelte nach Rendsburg um. Die letzten Nachrichten aus der Glückstädter Münzgeschichte stammen laut Christian Lange aus dem Jahr 1731, als ein gewisser Jacob Abraham eine kostengünstige Fertigung von Münzen anbot, damit aber keinen Erfolg hatte. Glückstadts Münzgeschichte hatte sich überlebt und ist aber zur Freude der Numismatiker, Sammler und Regionalhistoriker weiterhin mit ihren numismatischen Hinterlassenschaften präsent.

21. November 2023