Kupferplatten statt Silbertaler
Wie Schweden im 17. und 18. Jahrhundert seine Bodenschätze zur Geldherstellung nutzte


König Karl XII. und sein Finanzmanager Görtz waren ein Herz und eine Seele, doch kaum war der König tot, ging es auch dem Finanzmanager an den Kragen. Die kiloschweren Plattenmünzen waren ausgesprochen unpraktisch. Größere Beträge transportierte man auf Karren oder Schlitten, für kleinere Summen hatte man Taschen oder Rucksäcke. Vermögende Leute bewahrten ihr Kupfergeld sicherheitshalber in Kellergewölben auf, denn man wollte Schäden an Fußböden und Decken nicht riskieren.
Das Foto aus einer Ausstellung des Berliner Münzkabinetts zeigt schwedisches Kupfergeld, denn außer den schweren Talerplatten hat man auch kleine Kupferklippen hergestellt.

Blick in eine Werkstatt, in der die Talerplatten angefertigt werden. Oben bewegen Arbeiter einen Mechanismus, der die schweren Prägehämmer anhebt und niederfallen lässt.

Der schwedische Medailleur Bo Thoren schuf eine interessante Serie mit münztechnischen Darstellungen. Hier wird die mittelalterliche Hammerprägung gezeigt, wie die Talerplatten gefertigt wurden, daneben werden mit einer gravierten Walze viereckige Kleinmünzen hergestellt.


Die zehn Münzzeichen, wie man das Ersatzgeld nannte, sind als Görtz`sche Nottaler bekannt und werden von Sammlern gesucht. Ist die erste Ausgabe von 1715 nur mit einer Krone geschmückt, so zeigen die anderen neun Werte Figuren wie die sitzende Svea als Symbol für Schweden sowie Krieger und antike Heroen zusammen mit kernigen Sprüchen wie „Wissen und Waffen“ oder „Schnell und fertig“ setzen ließ.


Bei den Wismarer Bronzeplatten zu 16 und acht Schilling von 1715, den viereckigen Kupferkopeken von 1726 aus Jekaterinenburg und vielen anderen numismatischen Sonderlingen und Raritäten ist auf Fälschungen zu achten. (Fotos/Repros: Caspar)
Im 17. und 18. Jahrhundert bracht Schweden statt des üblichen Silbergeldes kiloschwere Kupferplatten heraus. Die genannten Platmynt sind eine Besonderheit der Münzgeschichte des Landes, das in mehrere Kriege verwickelt war und nicht wusste, wie es diese bezahlen soll. Schweden besaß reiche Kupfergruben, aber es mangelte an Silber und Gold als Münzmetalle. Man machte aus der Not eine Tugend und verwendete gewalzte oder gehämmerte Kupferbleche, die mit Scheren zurecht geschnitten und in die fünf Prägestempel eingeschlagen wurden. Dass die kupfernen Ungetüme den gleichen Wert wie Silbermünzen besitzen, zeigt die in der Mitte eingeprägte Bezeichnung „Silf:Mynt“. Die jeweiligen Könige verewigten sich durch ihr in den Ecken angebrachtes Monogramm samt Krone.
Von den zwischen 1643 und 1776 in großen Mengen hergestellten Kupferplatten sind die meisten als Rohstoff wieder eingeschmolzen worden, was ihre Seltenheit heute erklärt. Besondere Monster waren die unter der Regentschaft von Königin Christine, der Tochter des 1632 bei Lützen in Sachsen gefallenen Königs Gustav Adolf, gefertigten Zehn-Daler-Stücke mit einem Gewicht von 19,75 Kilogramm. Von den ursprünglich 26 000 Exemplaren haben nur sieben die Zeiten überdauert. Zu ihnen kommen Platten im Wert von acht, vier, zwei, einem und einem halben Daler/Taler. Mit den Jahren wurden diese Emissionen immer leichter. Wog eine Ein-Daler-Platte zu Beginn des 18. Jahrhunderts noch 1,1 Kilogramm, so erreichte sie 1726 nur noch 735 Gramm. Gegen Ende des 18. Jahrhundert rückte man in Schweden von den Kupferplatten ab, wohl auch weil sie nicht mehr in die Zeit passten und sie außerdem als Rohstoff ins Ausland abwanderten für andere Zwecke abwanderten.
Leichtes Papiergeld statt schweres Metall
Natürlich hatten die Plattenmünzen einen Haken, denn wenn das rote Metall als Äquivalent für Gold- und Silberstücke anerkannt werden sollte, mussten sie erheblich schwerer und größer sein als das übliche Edelmetallgeld. Um Transportkosten zu minimieren und Zahlungen zu erleichtern, gab die Regierung die sogenannten Credytif-Zedel als Ersatz aus. Die 1661 erstmals ausgegebenen Zettel mit gedruckten Erklärungen sowie Unterschriften und Stempeln gelten als die ältesten europäischen Banknoten. Von ihnen haben sich nur wenige Originale erhalten.
In der Regierungszeit des 1718 gefallenen Königs Karl XII. gab es Versuche, die Dalerplatten, die aus wertvollem Buntmetall bestanden, das man auch zu Kanonen machen konnte, durch kleine Nominale zu ersetzen. Der Finanzberater des Königs, Georg Heinrich von Schlitz, genannt von Görtz, ließ zwischen 1715 bis 1718 groschengroße Kreditmünzen aus Kupfer prägen. Die Angabe „1 Daler Silf:Mynt“ sollte suggerieren, dass das Kupferstück den gleichen Wert wie ein Silbertaler beziehungsweise einer über 700 Gramm schweren Kupferplatte besitzt und irgendwann gegen eine Silbermünze eingewechselt werden kann. Zwar wurden diese Kupferzeichen sorgfältig geprägt, um Fälschungen vorzubeugen, aber sie wurden in der Bevölkerung ungern angenommen. Man spottete über die „Götter des Baron von Görtz“ und nahm sie nicht für voll.
Endstation Spielmarke
Von den Notmünzen, die den König und die Staatskasse in Kriegszeiten finanziell entlasten sollten, sollen 40 Millionen Stück geprägt worden sein. Nur die Hälfte konnte in reguläres Geld eingelöst werden. Dem Baron von Görtz schlug die Volkswut entgegen. Nach dem überraschenden Soldatentod seines Herrn, König Karls XII., bei der Belagerung von Frederikshald wurde dem Finanzmanager der Prozess gemacht. Zum Tode verurteilt, wurde er im Februar 1719 hingerichtet. Wieder einmal war ein Sündenbock gefunden. Die Görtz`schen Nottaler liefen eine Zeitlang noch als Ein-Öre-Stücke um, worauf auch Abnutzungsspuren deuten. Sehr gut erhaltene Exemplare der auch als Spielmarken benutzten Münzen tauchen relativ selten auf und werden daher gut bezahlt.
Erwähnt sei, dass auch andere Länder schwergewichtige Plattenmünzen herausgegeben haben. Nur regionale Bedeutung erlangten Ausgaben, die bei Belagerungen als Geldersatz fungierten. So gibt es sehr seltene Belagerungsklippen der Stadt Wismar aus dem Jahre 1715, die auf Veranlassung des städtischen Magistrats aus alten Kanonen gegossen wurden und den Gegenwert von 8 und 4 Mark sowie 32, 16, 8 und 4 Schilling besaßen. In den Ecken sind die vier Ziffern der Jahreszahl eingeschlagen, während die Wertangabe, zum Beispiel „16 Schill. Wism:“, unter dem Wappen der Stadt in der Mitte eingeschlagen ist. Von diesen Raritäten sind Fälschungen hergestellt worden, so das beim Kauf zu genauer Prüfung geraten wird.
Das gilt auch für die russischen Plita-Platten, die in Jekaterinenburg nach schwedischem Vorbild hergestellt wurden. Auch hier hat man fünf Prägestempel verwendet, und zwar die Nominalbezeichnung in der Mitte und viermal der russische Doppeladler in den Ecken. Die Produktion der unhandlichen Rubelplatten sowie kleinerer Nominale (Halbrubel, 10, 5 und 1 Kopeke) im Jahr 1726 hat sich offensichtlich nicht bewährt. Aus einem Pud Kupfer (16,38 Kilogramm) sollten zehn Rubel gewonnen werden. Da sich diese Form nicht bewährt hat, hat man ihre Produktion schnell wieder eingestellt.
14. Juni 2024
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