Sammeln, kaufen, forschen
Wie sich der Münzhandel entwickelte und warum man ihm vertrauen kann

Dass jemand alte Münzen sammelt und für sie viele Taler und Dukaten bezahlt, kam in der Barockzeit manchen Leuten merkwürdig vor. Der „Münznarr“ genannte Kupferstich zeigt einen vornehmen Herren in seinem Kabinett, am Stuhl hängt eine Narrenkappe. Die Zeitschrift „Sammlung merkwürdiger Medaille“ bildete 1743 eine von Albrecht Dürer und Willibald Pirckheimer gestaltete Medaille von 1521 ab, mit der Nürnberg den neu gewählten Kaiser Karl V. ehren wollte. Der hier vorgesehene Reichstag wurde nach Worms verlegt. Die auch technisch schwierig herzustellende Medaille zählt zu den numismatischen Spitzenleistungen der Renaissance.

Es gibt kaum etwas, was nicht der Münzhandel nicht bereit halten würde. Taler wie diese aus Köln und Erfurt und ihre Teilstücke erfreuen sich seit der Barockzeit großer Beliebtheit.

Bei den Deutschen rangieren die auch gut erforschten Reichsmünzen aus der Zeit ab 1871 ganz oben. Unter ihnen gibt es hoch bezahlte Raritäten wie dieses Zwanzig-Pfennig-Stück, das 1887 mit den zwei Sternen auf der Rückseite zur Erinnerung an den Umzug der Münze von Dresden nach Muldenhütten in einer Auflage von nur zehn Stück hergestellt wurde.

Spezialisten begeistern sich auch für „verprägte“ Geldstücke, die die Kontrollen in den Münzstätten passiert haben und oft teurer sind als Ausgaben ohne Fehl und Tadel.

Athener Eulenmünzen und solche von Julius Caesar – hier ein Foto aus der Ausstellung des Münzkabinetts im Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel – sowie weitere antike Geldstücke sind in Auktionen und Ladengeschäften reichlich vertreten.

Was früher als Teufelszeug gebrandmarkt und in den Schmelztiegel geworfen wurde, ist war in der Barockzeit Gegenstand gelehrter Betrachtungen und seither von Forschungsarbeiten. Solche Funde werden in Ausstellungen wie hier mit dazu gehörigen Topf aus Cottbus im Archäologischen Landesmuseum zu Brandenburg an der Havel gezeigt. Münzfunde müssen dem Denkmalschutz gemeldet werden. Wer sie verheimlicht und illegal verkauft, macht sich strafbar.

Der sprichwörtliche „kleine Moritz“ stellte sich im 19. Jahrhundert Münzsammler als schrullige alte Männer vor, die nichts Besseres zu tun haben, als in ihren Schätzen zu wühlen und andere für sich arbeiten lassen. Die kleine Bronzefigut schmückt den Studiensaal des Berliner Münzkabinetts.

Zu ihrem 175-Bestehen hat die Numismatische Gesellschaft zu Berlin eine von Bodo Broschat geschaffen Medaille herausgegeben, die einen Blick in den Tagungsort, den Studiensaal des Münzkabinetts im Bode-Museum auf der Museumsinsel, mit dem Bildnis des Heiligen Eligius verbindet, der als Schutzpatron der Goldschmiede und Münzarbeiter verehrt wurde und wird.

„Kleinvieh macht auch Mist“, sagt der Volksmund, und man möchte ergänzen, „Kleingeld macht auch Spaß“, wie die Schillinge, Pfennige und anderen Werten aus Reichs-und Freien Städten zeigen, die alle Gefahren durch Kriege und Einschmelzung überstanden haben.


Kulturhistorische Bedeutung haben die für das „Rechnen auf Linien“ angefertigten Rechenpfennige, oben ein Münzpräger auf einem 1560 in Mansfeld hergestellten Exemplar, und darunter eine tragbare Zinnmedaille auf die Teuerung und Hungersnot 1772 mit Angabe von Lebensmittelpreisen. (Fotos/Repros: Caspar)
Obwohl es Hinweise gibt, dass schon in der Antike Münzen gesammelt wurden, weil sie ein besonderes Ereignis feiern oder eine berühmte Person abbilden, weil sie selten waren oder man sie einfach nur schön fand – erst richtig kam das Münzensammeln in der Renaissance auf. In jener Zeit, da sich Gelehrte und Künstler auf die Kultur und Kunst der alten Griechen und Römer besannen und nach Zeugnissen aus diesen Zeiten suchten, entwickelte sich auch der Handel mit Zeugnissen der Vergangenheit und aus fernen Ländern. Fürstliche Heerführer sollen sich beim Anblick von Kaiserbildnissen auf Römermünzen zu Mut angestachelt gefühlt haben, und auch die Verarbeitung solcher Gepräge zu Hals-, Finger- oder Gefäßschmuck spricht für die besondere Wertschätzung alten Geldes.
Die Beschäftigung mit Münzen und Medaillen hatte große politische Bedeutung, denn Fürsten konnten unter Verweis auf lange Ahnenreihen vornehme Abkunft und Legitimität ihrer Herrschaft nachweisen und taten dies manchmal unter Zuhilfenahme alter Münzen zurück bis zu den alten Römern. Von da ab war es nicht weit, dass Münzsammlungen angelegt und die ersten Kataloge und numismatische Zeitschriften veröffentlicht wurden. Hatte man sich anfangs nur um antike Münzen gekümmert und dabei in Kauf gekommen, statt der Originale auch Kopien und Fälschungen zu bekommen, so entdeckten Forscher und Sammler bald das Mittelalter und die Gegenwart als beachtenswerte Gebiete.
Zwei Seiten der Medaille
Münzen sammeln und mit Münzen handeln sind zwei Seiten einer Medaille. Bei uns gibt es viele interessante Möglichkeiten, sich mit Münzen, Medaillen, Geldscheinen und anderen numismatischen Objekten zu versorgen. Kaum zu übersehen sind die Angebote im Internet. Doch ist Vorsicht geboten, denn nicht jede Offerte hält, was sie verspricht. Man muss höllisch aufpassen, um nicht von dubiosen Anbietern über den Tisch gezogen zu werden. Sich nur auf Fotos, angeblich allerbeste Erhaltungen zu verlassen und auf „Schnäppchen“ zu hoffen, kann zu Verlusten und Enttäuschungen führen. Die Rückabwicklung eines solchen Handels kann schwierig werden.
Auf der sicheren Seite ist man bei den im Verband der deutschen Münzenhändler und im Berufsverband des deutschen Münzenfachhandels organisierten Spezialisten. Ihren Angeboten meist in Auktionen kann man vertrauen, auch was die Frage „Echt oder falsch?“ betrifft. Moderne Technik macht es möglich, dass man auch von weither mitbieten kann, ohne selbst bei der Versteigerung anwesend sein zu müssen. Es werden nur genau geprüfte Objekte aufgerufen oder in Münzgeschäften angeboten. Im Angebot sind überdies alte und neue Münzbücher, darunter auch bibliophile Kostbarkeiten aus der Barockzeit, die inhaltlich allerdings längst überholt sind, aber eine Ahnung davon vermitteln, womit man sich vor einigen hundert Jahren befasst hat und was in der Gunst der Sammler und Forscher ganz oben stand.
Internes Warnsystem
Ein internes Warensystem macht auf Fälschungen, aber auch auf gestohlene Objekte aufmerksam, so dass man weiß, dass die Angebote „sauber“ sind. Ungeachtet trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann es vorkommen, dass sehr gut gemachte, leider auch heute in großer Zahl auf den Markt strömende Fälschungen alle Kontrollen durchlaufen und in Sammlerhände geraten. Werden sie entdeckt, ist der Handel verpflichtet, diese Stücke wieder zurückzunehmen.
Große Auktionshäuser bieten ihre Stücke auf Hilfe von oft aufwendig gestalteten und Illustrierten Katalogen an. Manche enthalten komplette Sammlungen zu bestimmten Ländern, Themen, Zeiten oder auch einzelnen Herrschern. Manche Kataloge sind Handbücher mit sorgsam recherchierte Informationen über einzelne Stücke oder ganze Gruppen, nach denen man sich als Sammler oder Forscher gut orientieren kann. Selbstverständlich haben dies Nachschlagewerke und das Auktionsgut ihren Preis, denn längst sind die Zeiten vorbei, als man alte Taler oder Goldmünzen für das Doppelte des Metallpreises bekam, wie ein Blick in hundert Jahre alte Kataloge zeigt.
Gut vernetzte Sammler
Blicken wir in die Vergangenheit, so lässt sich sagen, dass die Anfänge des Münzhandels recht mühsam und langwierig waren. In der Renaissance und der Barockzeit entwickelte er sich über Ländergrenzen hinweg. Alles ging noch ohne Telefon, Internet und e-Mail, Eisenbahn, Auto und Flugzeug quasi im Postkutschentempo. Sammler waren damals bereits gut vernetzt, wie wir von Johann Wolfgang von Goethe wissen, der überall seine Freunde hatte, die ihm Medaillen, vor allem solche aus der Renaissance, verschafften. Oft waren es Juweliere oder Altwarenhändler, die Münzen zum Metallwert ankauften. Das galt auch für Münzstücke, die nicht selten aus Unkenntnis ihres historischen Wertes in den Schmelztiegel wanderten. In Barockzeit reifte die Erkenntnis, dass Münzen manchmal die einzigen Quellen sind, die über vergangene Zeiten und Personen berichten. Denn viele Urkunden und Chroniken waren längst vergangen oder sprechen nur von Kriegen und Krönungen, vom Erwerb von Landbesitz und andere hochoffiziellen Ereignisse, nicht aber, wie die Leute lebten , was sie verdienten und und womit sie bezahlt haben.
Im Schmelztiegel vergangen
In den vergangenen Jahren sind die Preise für Münzen und Medaillen, vor allem wenn sie sich ähnlich wie Gemälde und Antiquitäten als Geldanlage und Spekulationsobjekte eignen, massiv in die Höhe. Wer aber sucht, findet in diesem Bereich und bei jüngeren Geldrücken auch preiswerte Angebote. In jedem Fall sollte auf ihre Echtheit geachtet werden. Es müssen nicht immer die ganz teuren, makellos erhaltenen Münzen und Medaillen, die in dieser Betrachtung nicht fehlen dürfen, sein, nach denen sich Sammler sehnen. Auch kleine Nominale können ihre Herzen erfreuen, zumal wenn man weiß, dass gerade sie bei Währungsumstellungen die ersten waren, die man eingeschmolzen hat, um Metall für neues Geld zu gewinnen.
Die oft bescheidenen Ausgaben stellen nur einen winziger Rest dessen dar, was ursprünglich hergestellt wurde. Nach zahlreichen Kriegen und Katastrophen in den vergangenen Jahrhunderten sowie Währungsumstellungen und damit verbundener massenhafter Einschmelzung ist es heute erfreulich, dass noch so viel Metallgeld erhalten ist. Wenn überhaupt, dann haben Dukaten und Taler als Andenken, Wertstücke oder aus anderen Gründen überlebt, während Kleinmünzen viel eher im Schmelztiegel vergingen.
Dubiose Angebote im Internet
Wenn wir Auktionskataloge und Preislisten anschauen, dann fallen hier und dort Pfennige und Groschen auf, für die bedeutende Preise verlangt und bezahlt werden. Das kann man bei den ab 1871 geprägten Reichsmünzen ebenso gut beobachten wie bei älteren und auch ganz neuen Ausgaben. Ganz und gar abwegig sind dubiose Offerten im Internet für so genannte Fehlprägungen von Euro- und Centmünzen. Bei den Millionen und Milliarden Exemplaren, die Jahr für Jahr überall in der Eurozone hergestellt werden, kann es vorkommen, dass die eine oder andere verunglückte Ausgabe die Kontrollen passierte. Sie zu Raritäten hochzujubeln, die tausende Euro wert sind, ist Betrug!
Die Numismatik ist früher verächtlich und zu Unrecht als „Historische Hilfswissenschaft“ bezeichnet worden. Auch heute machen manche Historiker und Publizisten einen großen Bogen um alles, was mit Geld zu tun hat. Nur selten findet man in dicken Büchern Hinweise auf Kosten von Kriegen und Bauwerken, auf Preise und Löhne. Allerdings ist es nicht einfach zu eruieren, wie bestimmte Münzen miteinander verrechnet wurden, denn Taler und Groschen galten hier mal so und an anderen Orten anders. Unseren Vorfahren standen Umrechnungstabellen zur Verfügung, und sie hatten Waagen, Gewichte und Prüfutensilien dabei, um schnell und sicher Güte und Wert einer Münze festzustellen. Gäbe es nicht die vielen Münzvereine mit emsig forschenden und publizierenden Mitgliedern aus unterschiedlichen Berufen und mit unterschiedlichen Interessen – die Numismatik wäre ganz bestimmt nicht so weit gekommen wie sie heute als anerkannte Wissenschaft da steht.
19. Juli 2024
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