Souvenirmedaillen auf dem Klippwerk
Im Garten der Wartburg war Gelegenheit, sich als Münzmeister zu betätigen / Geldscheine in Goethes „Faust“
Im Garten der der zum Weltkulturerbe gehörenden Wartburg bei Eisenach konnte man für einen kleinen Obolus auf einem nach alten Vorlagen nachgebauten Klippwerk Aluminium-Medaillen herstellen.
Auf einem starken Holzklotz befestigt, bot der Nachbau eines historischen Klippwerk Besuchern Gelegenheit, unter Anleitung von ortsansässigen Münzfreunden Erinnerungsmedaillen in der Art thüringischer Reiterbrakteaten herzustellen.
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Der Kupferstich aus dem 18. Jahrhundert zeigt eine Münzstätte, in der sowohl die Spindelpresse als auch das Klippwerk im Einsatz sind.
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Vor allem kleine Sorten wie diese Silberpfennige deutscher Städte von Augsburg bis Köln und Nürnberg wurden auf Klippwerken gefertigt.
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Dargestellt ist das im 18. und 19. Jahrhundert aus der Mode gekommene Gerät samt wuchtigem Hammer auf einer Medaille der Kulturbund-Fachgruppe Pirna von 1981 mit der Wiedergabe eines sächsischen Talers aus dem frühen 16. Jahrhundert auf der Vorderseite. Sie vermerkt, dass das Klippwerk in Dresden, Paris, Berlin, Rostock und auf der Burg Stolpen im Einsatz war.
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Am Eisenacher Predigerplatz entstand das Geld der Weimarer Herzöge. Das Straßenschild ist dafür ein stummer Zeuge.
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Auf dem Zahlbrett im Bachhaus ist zu sehen, welche Münzen nach 1700 umliefen und im Geldbeutel des Thomaskantors geklappert haben.
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Die massenhaft ausgegebenen Assignaten aus der Zeit nach der französischen Revolution von 1789 verloren sehr schnell an Wert, und das stärkte lange Zeit nicht das Vertrauen in diese neue Geldform, von der in Goethes „Faust“ die Rede ist.
(Repro: Caspar)
Hin und wieder besteht bei Volksfesten, Münzausstellungen und anderen Veranstaltungen Gelegenheit, den Münzhammer zu schwingen und auf alten oder neuen Prägegeräten Souvenirmedaillen herzustellen. Dieses Vergnügen hatte ich unlängst beim Besuch der Wartburg bei Eisenach, wo Gäste unter freiem Himmel und bestem Wetter auf einem nach alten Vorlagen nachgebauten Klippwerk Aluminiummedaillen in der Größe von Zwei-Euro-Stücken herstellen konnten. Ein lang gehegter Wunsch ging in Erfüllung, denn ich wusste von solchen Veranstaltungen, hatte aber noch nie Gelegenheit, mich selber als „Münzmeister“ zu betätigen. Ich musste mit dem Hammer zweimal zuschlagen, bis ein relativ gut gelungenes Prägebild entstanden war. Münzknechten dürfte es in uralten Zeiten ähnlich ergangen sein.
Die seit dem Altertum angewandte Hammerprägung war nicht ganz ungefährlich. Man konnte sich schnell verletzen, außerdem erzielte man auf den zwischen Ober- und Unterstempel liegenden Metallstücken nicht immer ein makelloses Bild. Es kam zu Verrutschungen, Dopplungen und anderen Prägefehlern. Die starke Beanspruchung des Stempels führte dazu, dass er oben ausfranste und durch ein neu gravierte Eisenstempel ersetzt werden musste, was die Produktion verteuerte und den Münzgewinn verringerte.
Zuschlagen mit dem Hammer
Da die Münzfertigung eine wichtige Einnahmequelle war, hatten Fürsten und Städte großes Interesse, durch wirtschaftliche und kraftsparende Verfahren die Kosten zu reduzieren, um möglichst vielen Gewinn, den so genannten Schlagschatz, zu erzielen. Deshalb wurde nach Methoden und Geräten gesucht, um den Münzbetrieb effektiver und sicherer zu gestalten. Eines dieser Geräte war das Klippwerk, bei dem sich der Oberstempel in einer Schiene oder einem Rohr auf und ab bewegte. Mit Hilfe eines Steigbügels konnte der Oberstempel gehoben werden. Ein Verdrehen des Stempels und Verletzungen beim Prägen mit dem Hammer kamen seltener als bei der althergebrachten manuellen Arbeit am Amboss vor.
Das Klippwerk wurde vor allem bei kleinen Münzsorten eingesetzt. Ich habe dazu in meiner Bibliothek befindliche Buch „Auszug aus des Herrn D. Johann Georg Krünitz's öknomisch-technologischer Enzyklopädie“ (26. Teil, Berlin 1805) gelesen und im Kapitel „Münze und Münzwissenschaft“ eine Beschreibung verschiedener Prägeverfahren und –geräte gefunden. Am Klippwerk sind zwei Arbeiter tätig. Der eine sitzt auf einem niedrigen Schemel und setzt seinen rechten Fuß in einen Steigbügel, mit dem der Oberstempel hochgehoben wird. In der linken Hand hält er die Geldplatten – wir würden Ronden oder Schrötlinge sagen - , die er Stück für Stück auf den Unterstempel legt, nachdem der den Steigbügel niedergetreten und sich dadurch der Oberstempel gehoben hat. Der zweite Arbeiter steht hinter seinem Kollegen und schlägt mit dem Hammer kräftig auf den Oberstempel. „In der Zwischenzeit muss der Präger eine neue Platte auflegen und alles zum zweiten Schlage im Stande haben, so dass die Prägung ununterbrochen fortgehen kann.“ Wichtig war für den Verfasser der Hinweis, dass sich vom Kopf des Oberstempels, auf den der Hammer fällt, des öfteren Stahlplättchen „mit vielerlei Gewalt“ wegfliegen und die Arbeiter gefährden können.
Zettel ist tausend Kronen wert
Dass die Weimarer Herzöge in Eisenach große und kleine Münzen prägen ließen, ist bekannt, auch dass ihre Geldfabrik 1831 einem allgemeinen Münzstättensterben zum Opfer viel. Für mich war neu, dass es unweit des Marktplatzes und Predigerplatzes eine Münzstraße gibt. Laut Straßenschild war sie von 1689 bis 1831 in Betrieb, und so dürfte in der Geldbörse des Weimarer Dichters und Ministers Johann Wolfgang von Goethe manch ein aus Eisenach stammender Taler, Dukat oder Groschen geklappert haben. Einer von Friedewald Berg verfassten Broschüre von 1999 über „Goethe in Eisenach“ ist zu entnehmen, dass der Vertraute von Herzog Karl August sehr wohl sah, wie schlecht es den armen Leuten in dem kleinen Herzogtum geht, und wie nötig es ist, die Not zu lindern. Seine Erfahrungen als Manager des herzoglichen Geld-, Münz- und Steuerwesens hat der Münzen und Medaillen sammelnde Dichter und Politiker unter anderem im zweiten Teil des „Faust“ verarbeitet. Dort erklären Höflinge dem Kaiser, was man alles mit den - zu Goethes Zeiten noch sehr gewöhnungsbedürftigen - Banknoten anstellen und wie man mit ihnen auf wundersame Weise Rechnungen begleichen und Schulden tilgen kann.
Mit den Geldscheinen werde man aller Höllenpein ledig, man könne den Sold bezahlen und ein ganzes Heer neu verpflichten. Schließlich würden sie das Leben ankurbeln und die Leute froh und glücklich machen. „Der Landsknecht fühlt sich frisches Blut, / Und Wirt und Dirnen haben’s gut“, heißt es im „Faust II, Erster Akt, Kaiserliche Pfalz). Ungläubig fragt der Kaiser nach der Ursache dieses Wunders, worauf sein Kanzler sagt: „So hört und schaut das schicksalsschwere Blatt, / Das alles Weh in Wohl verwandelt hat. / Zu wissen sei es jedem, der’s begehrt: / Der Zettel ist hier tausend Kronen wert. / Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand, / Unzahl vergrabnen Guts in Kaiserland. / Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz, / Sogleich gehoben, diene als Ersatz.‘“ Mit diesen Zauberblättern könne man alles machen, redet der Kanzler seinem Herrn ein. Sie würden jede Tür öffnen und Unmögliches möglich machen. Papiergeld lasse Menschen üppig schmausen, essen und trinken, es verschaffe festliche Kleider, und man könne mit ihm auch Liebe kaufen, Soldaten anwerben, sich dem Würfelspiel hingeben, seine Schulden bezahlen und Grundbesitz erwerben. Doch wie sich zeigt, so lautet Goethes Facit, sind das alles Trugbilder, weil keine realen Werte hinter den von „Tausendkünstlern“ vertausendfachten Ersatzgeldern stehen.
Banknoten setzten sich langsam durch
Banknoten hatten es in der Goethezeit schwer sich durchzusetzen. Man wusste, dass im revolutionären Frankreich Millionen solcher Assignaten in Umlauf waren und sehr schnell ihren Wert verloren. Es war auch bekannt, wie schwer das Versprechen der Fürsten und Kommunen einzulösen ist, die einfach bedruckten und daher auch nicht fälschungssicheren Scheine in gute Münze aus Gold und Silber einzutauschen. Als das mit der Zeit möglich wurde, schenkte man auch dem Papiergeld mehr Vertrauen, und so konnten die Regierungen dazu übergehen, große Mengen an Metallgeld durch Kassenscheine zu ersetzen. Die Vorteile des Papiergelds bei der Begleichung größerer Summen überwog schließlich das Misstrauen in der Bevölkerung. Abgenutzte Talerscheine man sie gegen neue eingetauscht, gut erhaltene Exemplare sind heute begehrte Sammlerstücke.
Die Münzen und Medaillen der thüringischen Herzogtümer sind gut erforscht und erfreuen sich bei Sammlern großer Beliebtheit. Manche sind sehr selten und teuer. Bis zum Ende der Monarchie prägten das Großherzogtum Sachsen Weimar und Eisenach sowie die Herzogtümer Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg und Gotha so wie Sachsen-Meiningen mit den jeweiligen Landesfürsten geschmückte Reichsmünzen, die aufgrund ihrer meist geringen Auflage sehr teuer sind.
Bach und Luther
In Eisenach sind Johann Sebastian Bach, der hier 1685 geboren wurde, und Martin Luther, der auf der Wartburg das Neue Testament ins Deutsche übertrug, durch Bronzedenkmäler aus dem späten 19. Jahrhundert und Gedenktafeln allgegenwärtig. Wer in der Ausstellung des Lutherhauses nach Münzen und Medaillen sucht, die den Reformator ehren, wird enttäuscht. Das Thema scheint gering zu sein, doch man wüsste gern, womit man zur Lutherzeit bezahlt und was man für Arbeit und Dienstleistungen bekommen hat. Lediglich wird an einer Stelle vermerkt, dass man 1456 für eine Gutenbergbibel umgerechnet 14 Kühe hergeben musste, während 1713 für eine neue Bibel nur noch eine Kuh berechnet wurde. Auf der Wartburg werden an versteckter Stelle drei thüringische Brakeaten aus der Erbauungszeit gezeigt, aber eine Information über Baukosten und Löhne sucht man vergeblich.
Im Bachhaus ist neben unzähligen Gemälden, Kupferstichen, Büchern und Noten sowie Haushaltsgeräten und Möbeln auch ein Zahlbrett aus Holz ausgestellt, auf dem Taler und andere Münzen liegen, die zur Zeit von Johann Sebastian Bach umliefen und auch im Haushalt des berühmten Musikers vorhanden waren. Eine Tafel daneben informiert, dass der Thomaskantor gut verdient hat. Hinzuzufügen wäre, dass eine große Familie zu ernähren waren und viele Gäste kamen, die zu bewirten waren. So üppig waren die Einkünfte des berühmten Komponisten und Thomaskantors nicht wie die von Wolfgang Amadeus Mozart, der aber seine Taler und Dukaten so schnell ausgab wie er sie verdient hatte. Doch das ist eine andere Geschichte.
11. Oktober 2024