Knobelsdorff - Schadow – Schinkel – Menzel
Berliner Künstler betätigten sich vor und nach 1800 im Nebenberuf erfolgreich auch als Gestalter von Medaillen



Adolph Menzel hat sich intensiv mit Friedrichs dem Großen befasst und alle verfügbaren Bildquellen und Beschreibungen über ihn und seine Zeit studiert. Ob auch Münzen und Medaillen darunter waren, ist nicht überliefert.



Der Entwurf für die Medaille von 1745 auf die Schlacht von Hohenfriedberg wird Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff zugeschrieben.





Abraham Abramson schuf 1770 und 1785 Medaillen nach Entwürfen von Daniel Chodowiecki anlässlich Aufnahme französischer Hugenotten in Kurbrandenburg und zur Hundertjahrfeier des Edikts von Potsdam aus dem Jahr 1785, mit dem Kurfürst Friedrich Wilhelm französische Glaubensflüchtlinge ins Land holte.



Das „künftigen Geschlechtern zur Nachahmung“ auf dem Berliner Kreuzberg errichtete Denkmal geht auf eine Idee von Karl Friedrich Schinkel zurück. Die in der Königlichen Eisengießerei zu Berlin gefertigte Neujahrsplakette auf das Jahr 1820 zeigt die Gesamtansicht sowie Figuren, die je eine Schlacht in den Befreiungskriegen symbolisieren.



Die ihm „zu Lieb und Ehren“ geschaffene Medaille mit einer lateinischen Umschrift – übersetzt - „Johann Wolfgang von Goethe seines Alters 66 Jahre“ auf der Vorderseite und einer griechisch verfassten Widmung – übersetzt - „Wohlan o Flügel, mir liebe, des Dichterrosses“auf der Rückseite fand den Beifall des Dichters.



Die dem preußischen Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher 1816 gewidmete Medaille aus Berliner Eisenkunstguss trägt Schinkels Signatur und die des Medailleurs Friedrich Anton König d. J.



Die nach einem Entwurf des 25-jährigen Adolph Menzel gefertigte Gutenberg-Medaille von 1840 trägt die Signaturen LOOS für den Hersteller und KÖNIG für den Stempelschneider.



Figurenreich und realistisch aufgefasst schildert die von Adolph Menzel gestaltete Medaille von 1839 den Übertritt des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. zur evangelischen Konfession am 1. November 1539 in der Spandauer Nikolaikirche. Signiert ist die Medaille vom Graveur Christoph Pfeuffer sowie Gottfried Bernhard Loos, der königlich-preußischen Münzrat und Inhaber einer Prägeanstalt war, in der zahlreiche Medaillen zur Erinnerung an Ereignisse und Gestalten der Vergangenheit und Gegenwart produziert wurden.



Der Stempel der Medaille auf den Staatsminister Philipp von Ladenberg wurde von Friedrich Anton König geschnitten und bei Loos geprägt. Dass der Entwurf von Menzel stammt, konnte nur indirekt ermittelt werden. (Fotos/Repros: Caspar)

Es ist wenig bekannt, dass sich der preußische Maler und Architekt Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff auch als Münz- und Medaillendesigner betätigt hat. Seine Bildnisse des dreizehn Jahre jüngeren Kronprinzen Friedrich entstanden auch mit Blick auf die im Falle eines Thronwechsels schnell und zuverlässig zu schneidenden Münz- und Medaillenporträts. Der Vergleich zwischen Knobelsdorffs Porträts einerseits und Gold- und Silbermünzen und Medaillen aus den ersten Jahren der Regentschaft Friedrichs II., des Großen, ist verblüffend. Es wird daher von Münzforschern nicht ausgeschlossen, dass Stempelschneider, die den Preußenkönig nicht oder nur wenig zu Gesicht bekamen, sich ihrer als Vorlage bedient haben. Auch Porträts des Hofmalers Antoine Pesne und anderer Künstler haben diesem Zweck gedient. Üblich war es, auf den Prägestücken die Namen der Stempelgraveure oder nur Initialen zu vermerken. Wer wissen will, wer der „Erfinder“ war, muss die numismatische Literatur studieren und wird, wenn er Glück hat, fündig.

Der vielbeschäftigten und mit 54 Jahren viel zu früh verstorbenen Knobelsdorff hatte im Sommer 1745 den Auftrag erhalten, eine Medaille anlässlich des Sieges seines Königs am 4. Juni 1745 in der Schlacht von Hohenfriedberg zu schaffen. Diese mit der Signatur L. H. B des Stempelschneiders Ludwig Heinrich Barbiez signierte Medaille zeigt das nach rechts gewendeten Brustbild Friedrichs II. und Viktoria auf einem Sockel sowie eroberte Fahnen und Waffen und zwei Gefangene, ähnlich denen, die an Schlüters Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm im Hof des Schlosses Charlottenburg um Gnade bitten. Auf der Medaille erkennt man Zeichen der Anstrengung, die der im Krieg gegen Österreich befindliche König hinter sich hat. Charakteristische Merkmale, vor allem die in gerader Linie verlaufende Nase und die Falten zum Mund, hatte Knobelsdorff bereits auf Gemälden aus der Zeit um 1735 festgehalten. Spätere Münzen und Medaillen und die vielen Altersbildnisse zeigen den um seine äußere Erscheinung wenig besorgten König zahnlos, mit eingefallenen Wangen und den charakteristischen großen Augen.

Zur Unkenntlichkeit entstellte Porträts

Während sich Friedrich II. in jungen Jahren noch um sein Münzbildnis gekümmert hat und sich als Landesherr die Gepräge vorlegen ließ, um sie gelegentlich abzulehnen, was die der Einschmelzung entgangenen Originale zu besonderen numismatischen Raritäten werden ließ, kümmerte er sich im Alter herzlich wenig um die Wiedergabe seines mager werdenden Kopfes und überließ Entscheidungen seinen Beamten. Dies ist um so erstaunlicher, als der Herrscher, wie auch seine massiven Eingriffe in das Schaffen Knobelsdorffs und anderer Architekten zeigen, sonst sehr genau bestimmte, wie seine eigenen Schlösser und die Häuser seiner Untertanen zu bauen sind. Dass er ungeachtet ziemlich lebenswahrer Vorlagen auf Münzen und Medaillen häufig bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurde, hat den „Alten Fritzen“ wenig gekümmert. Vertrat er doch die Ansicht, die Gepräge hätten so schön zu sein als es „practicable“ ist. Die Kosten für qualitätvolle Arbeiten, wie sie nach Knobelsdorffs und Pesnes Vorlagen in der Frühzeit seiner Regenschaft hergestellt wurden, waren ihm wohl einfach zu hoch. Hier machte er die Mode anderer Potentaten nicht mit, die mit geschönten Münz- und Medaillenbildnissen mit der „Histoire métallique“ exquisite Selbstdarstellung betrieben.

Zu den Berliner Künstlern, die ebenfalls Medaillen entwarfen, gehören der Maler und Grafiker Daniel Chodowiecki sowie der Bildhauer Johann Gottfried Schadow, der Architekt, Maler und Designer Karl Friedrich Schinkel und der Maler und Grafiker Adolph Menzel. Die Französische Gemeinde zu Berlin gab 1772 und 1785 zwei Medaillen heraus, die mit Allegorien und frommen Widmungen ihren Dank an das Herrscherhaus für ihre Aufnahme in Brandenburg-Preußen feiern. Gestalter der Medaillen war der aus einer hugenottischen Familie stammende Daniel Chodowiecki, der kein Honorar nahm. Die mit Stempeln des Graveurs Abraham Abramson geprägten Medaillen sollten zwei Reichstaler und 12 Groschen kosten. Der Erlös wurde „zum Besten der Armen“ verwendet. Dass Medaillen für wohltätige Zwecke verkauft werden, war nicht ungewöhnlich. So kam der Reinerlös einer von Henri-François Brandt geschaffenen Medaille von 1821 mit der Ansicht des von Karl Friedrich Schinkel entworfenen Berliner Kreuzbergdenkmals Invaliden der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 zugute.

Goethes Kopf und Pegasus

Bei der Würdigung seiner Denkmäler unter freiem Himmel sowie der Büsten und allegorischen Figuren, aber auch der Zeichnungen und Karikaturen wird übersehen, dass Johann Gottfried Schadow auch eine Medaille mit dem nach rechts gerichteten Kopf von Johann Wolfgang von Goethe geschaffen hat. Der Berliner Akademiedirektor nutzte seinen Aufenthalt in der thüringischen Residenzstadt im Februar 1816 für die Arbeit an einem „Profilchen“ des berühmten Dichters, dem er auf der Rückseite das geflügelte Dichterross Pegasus hinzufügte. In seiner 1849 veröffentlichten und 1987 von Götz Eckardt neu herausgegebenen und kommentierten Autobiographie „Kunstwerke und Kunstansichten“ schildert Schadow, wie er zu dem Auftrag kam und was er aus ihm gemacht hat. Der Bildhauer war nach Weimar gereist, um mit Goethe Einzelheiten der Gestaltung seines Rostocker Blücher-Denkmals zu besprechen. Es ging um die von Goethe formulierte Widmung „In Harren und Krieg, / In Sturz und Sieg, / Bewusst und groß! / So riss er uns / von Feinden los“ und das Aussehen der beiden Sockelreliefs.

Als am 6. Februar 1816 August von Goethe, der Sohn des Dichters, dem in Weimar weilenden Schadow bei der Betrachtung der Goetheschen Münz- und Medaillensammlung vorschlug, das Profil seines Vaters in Wachs zu modellieren, war dieser dazu gern bereit. Ursprünglich als Wachsrelief oder, fachlich gesprochen, Wachsbossierung geplant, weitete sich der Auftrag zu einer veritablen Gussmedaille aus, und so notierte Schadow in seinem Lebensbericht: „An demselben Morgen saß Herr v. Goethe zu dem Profil in Wachs, wozu ich nachher einen Pegasus modellierte. Diese bilden zusammen eine Medaille, welche ein dutzendmal in Metall gegossen ward und sicher daher nur in wenigen Münzsammlung befindet“. Mit Blick auf frühere Differenzen fragte Schadow bei Goethe an, ob ihm das Bild eines Pegasus auf der Rückseite genehm wäre. „Die gegossene Medaille welche auf der einen Seite Dero porträt haben soll betreffend, schlage ich vor, auf deren Rückseite den geflügelten pegasus abzubilden; haben Sie was dagegen? Oder wünschen Sie was anders?“ Goethe schrieb zurück, er sei mit der Rückseite sehr wohl zufrieden und fügte hinzu: „...verzeihen Sie die Bemühung, die Ihnen dadurch zuwächst“.

Wir wissen, dass Schadow mit den Probeabgüssen, die der Berliner Kupferschmied Henniger in Bronze und in Kupfer anfertigte, nicht zufrieden war. Der Bildhauer bedauerte mit Blick auf die in der Renaissance entwickelte Meisterschaft beim Medaillenguss, „wir sind wahrlich in diesem Handwerke gegen die alten Nürnberger und Florentiner gar viel zurück. Indessen setzen wir unsere Versuche fort“. Die Sache kam 1816 zum guten Abschluss. Schadow schickte zehn Bronzeabgüsse und zwei Wachsmodelle nach Weimar und schrieb im Begleitbrief an August von Goethe: „Das hat nun bis Ende des Jahres gewährt u. was lange währet, sollte gut werden, indessen sind, was die Abgüsse in Metall betrifft, solche nicht das geworden, was es sein müsste, indem wir heutigen Tages hierin zurück sind - schwerlich werden sie Ihrem Herrn Vater recht sein, der schönere Sachen aus der guten Italiäner Zeit hat - die Leute verstanden das gar gut!“

Blücher als Hercules teutonicus

Johann Wolfgang von Goethe war von dem „ernst Gesichte“ angetan, „das in Weiten und in Fernen / nimmer will Entbehrung lernen“, und bat Schadow um weitere Wachsabformungen in Rahmen und unter Glas, die er nach ein paar Wochen erhielt. Ein Exemplar schenkte Goethe 1819 seiner ihm freundschaftlich verbundenen „Muse“ und Briefpartnerin Marianne von Willemer als Dank für eine Schachtel getrockneter Mirabellen. Der Dichter gab einige Metallgüsse weiter an ihm nahe stehende Personen. Wie Lothar Frede in seinem Buch über das klassische Weimar in Medaillen (1959) schreibt, sollen 1829 bei der Feier von Goethes 80. Geburtstag Gipsabgüsse der 1816 von Schadow abgenommenen Dichtermedaille verschenkt worden sein, wobei man nur die Altersangabe LXVI (66) in LXXX (80) umgeändert hat.

Karl Friedrich Schinkels Aufstieg an die Spitze der preußischen Bauverwaltung war kometenhaft, sein Fleiß immens, seine Ideen sprühend, sein Oeuvre kaum überschaubar und sein Nachleben bis heute gewaltig. Eine der eindrucksvollsten preußischen Medaillen des frühen 19. Jahrhunderts geht auf seinen Entwurf zurück und vermerkt ihn auch als Urheber. Gestiftet von der Stadt Berlin, ehrt die von Friedrich König dem Jüngeren modellierte und in der Königlichen Eisengießerei Berlin gefertigte Medaille den preußischen Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher. Der Held der Befreiungskriege ist als „Hercules teutonicus“, gut sichtbar an dem um seine Schultern gelegten Löwenfell, das auch den unverwundbaren Heros der antiken Sage zierte. Auf der Rückseite tötet der Erzengel Michael ein Ungeheuer, das wohl das niedergerungene napoleonische Imperium symbolisieren soll. Solche Allegorien waren in Schinkels Zeiten beliebt und wurden von dem Geheimen Oberbaurat, so sein offizieller Titel, auch für Denkmäler zur Erinnerung an die Helden der Befreiungskriege und als Schmuck von Kirchen verwendet. Eine ähnliche Figur schmückt das Portal der als Museum der Berliner Bildhauerkunst vor und nach 1800 genutzten Friedrichswerderschen Kirche im Herzen der deutschen Hauptstadt.

Junger Maler musste Geld verdienen

Dass sich Adolph Menzel in jungen Jahren als Werbegrafiker und Gestalter von Medaillen versuchte, ist wohl nur Kennern des Berliner Malers und Grafikers bekannt. Um sein damals wohl noch schmales Einkommen zu verbessern, entwarf er 1835 und 1836 Ehrenmedaillen des Lübecker und des Bremer Senats sowie eine Medaille von 1838 auf die Aufnahme des damaligen Kronprinzen und ab 1740 preußischen Königs Friedrich II. in die Freimaurerloge. Zu nennen sind ferner die von dem aufstrebenden Künstler gestalteten Medaillen von 1839 auf das dreihundertjährige Jubiläum der Einführung der Lutherschen Reformation in Kurbrandenburg sowie von 1840 auf das Gutenbergfest in Leipzig anlässlich der Vierhundertjahrfeier der Erfindung der beweglichen Letter und damit des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg. Des weiteren hat Menzel eine Medaille zu Ehren des für Domänen und Forsten zuständigen preußischen Ministers Philipp von Ladenberg von 1839 und zwei Entwürfe für den Baumeister Karl Friedrich Schinkel geschaffen, wie Werner Hansen in den „Beiträgen zur brandenburgisch-preußischen Numismatik“ (Numismatisches Heft Nr. 27, 2019, herausgegeben vom Numismatischen Arbeitskreis Brandenburg-Preußen in der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin e. V. gegr. 1843) berichtet. Menzel war von der eigenen Leistung als Medaillendesigner wenig überzeugt, bemerkt Hansen , weil ihm die Rücksichtnahme auf die „Medailleur-Technik“ wenig behagte, „dass ich für immer dergl. Anträge zurückwies.“ Der Verfasser der auf der Auswertung Menzelscher Korrespondenzen und Entwurfszeichnungen beruhenden Studie hat acht Projekte aus den Jahre 1835 bis 1840 ermittelt, kann sich aber auch vorstellen,dass sie nicht die einzigen sind. Mit Entwürfen für Holzstiche für eine später in vielen Auflagen publizierte Biographie des preußischen Königs Friedrich II. und umfangreichen Vorstudien beschäftigt, hat Menzel später Entwürfe für Medaillen nicht mehr gezeichnet.

Da der junge Menzel nach dem Tod seines Vaters für seine Familie sorgen musste, war er nicht nur als Medaillendesigner, sondern auch als Werbegrafiker tätig, bevor ihm um 1840 der Durchbruch als Grafiker und Maler historischer, namentlich preußischer Themen und Beobachter von Zeitereignissen des Lebens um ihn herum gelang. Werner Hansen zufolge war es nicht einfach, die von Menzel zwischen 1835 und 1840 entworfenen Medaillen zu identifizieren, weil sie Hinweise auf ihn nicht enthalten. Er habe seine Themen ansprechend gestaltet und die Anlässe angemessen, bisweilen virtuos bewältigt, schreibt Hansen.

Der Künstler, der nach 1840 als Gestalter von Grafiken und Gemälden zur preußischen Geschichte und insbesondere der Friedrichs II. berühmt wurde, folgte dem klassizistischen Kanon „mit einem eher strengen Bildaufbau und nach Möglichkeit mit Personal und Symbolik aus der Antike“. Ein Individualstil lasse sich bei Menzel anhand der bekannten Exemplare nicht feststellen. Beim Thema „Berliner Künstler als Medaillengestalter im Nebenberuf“ lassen sich vermutlich weitere Beispiele finden, auch was Beratertätigkeit für Produzenten von Medaillen, die zu Zeiten von Johann Gottfried Schadow und Kollegen einen Höhenflug erlebten.

28. Juni 2023