Falsch datiert und aus schlechtem Silber
Wie im 18. Jahrhundert preußische Kriegs- und Besatzungskosten auf die mecklenburgischen Herzogtümer abgewälzt wurden

Herzog Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, genannt der Fromme, regierte von 1756 bis 1785. Er stellte sich im Siebenjährigen Krieg auf die Seite der Gegner Friedrichs II. von Preußen und hoffte auf die Inbesitznahme verpfändeter Ländereien und neuen Gebietszuwachs. Sein Porträtgemälde schmückt das von ihm erbaute Schloss Ludwigslust.


Das unter der Regentschaft Friedrichs des Frommen erbaute Residenzschloss Ludwigslust sieht innen überaus prächtig aus. Aber der Marmor und die vergoldeten Bronzen täuschen nur edles Material vor, bestehen jedoch nur aus bemalter Pappmaché. Dieser aus Papier bestehende Werkstoff avancierten zu einem Exportschlager. Der fromme Herzog ließ sich die Kaskade vor dem Schloss sehr viel Geld kosten, der Förderung „seiner“ Universität in Bützow fiel dagegen schmal aus.



Nicht alles, was wie Vorkriegsmünze aussieht, stammt auch aus der Zeit des 1755 verstorbenen Herzogs Christian II. Ludwigs. Sammler können sich glücklich schätzen, wenn sie Münzen „vor und danach“ bekommen, denn nach dem Siebenjährigen Krieg wurde das schlechte Geld massenhaft eingeschmolzen. Aus der Schweriner Münze stammt dieses guthaltige Silberstück zu 32 Schilling von 1764.

Friedrich der Fromme verlieh die der Universität (Pädagogium) in Bützow gewidmete Medaille für Verdienste um Künste und Wissenschaften, ein Werk des Berliner Medailleurs Abraham Aaron.

Der Strelitzer Herzog Adolf Friedrich IV. war ein skurriler, von allerlei Ängsten befallener Landesherr, dem Fritz Reuter mit „Dörchleuchting“ (1866) ein seltsames, im Detail aber nicht zutreffendes Denkmal setzte. Das Brunnendenkmal in Neubrandenburg schildert des Streit zwischen ihm und einer Bäckersfrau, deren Rechnungen nicht bezahlt wurden.

Der 1813 in Schwerin geprägte Vaterlandsgulden dokumentiert patriotische Spendenbereitschaft am Beginn der Befreiungskriege von 1813 bis 1815.

Als 1819 die Vierhundertjahrfeier der Rostocker Universität begangen wurde, kam eine vom Schweriner Medailleur Joseph Abraham Aaron geschaffene Medaille mit den mangels authentischer Vorlagen erfundenen Bildnissen der legendären Gründer Albrecht und Johannes und dem von Großherzog Friedrich Franz I. heraus. (Fotos/Repros: Caspar)
Als der preußische König Friedrich II., genannt der Große, am 29. August 1756 seine Truppen in Kursachsen einmarschieren ließ, war nicht abzusehen, dass dieser so genannte dritte Schlesische Krieg sieben Jahre dauern und sowohl Preußen als auch das Herrschaftsgebiet des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II., der sich als König von Polen August III. nannte, an den Rand des Abgrundes bringen würde. Betroffen von dem Kampf um Schlesien waren auch weitere Nachbarländer, darunter die beiden mecklenburgischen Herzogtümer Schwerin und Strelitz. Der Preußenkönig sah sich zur Eröffnung der Kampfhandlungen ermuntert, nachdem Frankreich und England um ihre amerikanischen Kolonien Krieg führten. Er wusste, dass Österreich die in den Schlesischen Kriegen von 1740 bis 1742 sowie von 1744/45 eroberte reiche Provinz Schlesien ihm wieder abjagen will.
In den ersten Schlesischen Kriegen hatte Preußen sein Territorium um ein Drittel vergrößert. Doch richtig froh konnte Friedrich darüber nicht sein, denn die Provinz war ein unsicherer Besitz, der ihm jederzeit wieder abgenommen werden konnte. Kommendes Ungemach voraussehend, stockte der Preußenkönig in den folgenden Friedensjahren seine Truppen auf, füllte den Staatsschatz, hielt Manöver ab und streckte seine Fühler nach potenziellen Verbündeten aus. Durch den Einfall in das wirtschaftlich blühende und mit reichen Vorräten ausgestattete Sachsen versuchte er sich eine günstige Ausgangsposition für den Weitermarsch nach Böhmen und damit auch den dauerhaften Besitz Schlesiens zu verschaffen. Dort sollten die feindlichen Verbündeten so schwer getroffen werden, dass sie auf ihre Pläne zu Preußens Vernichtung verzichten, war Friedrichs Kalkül.
Angesichts der hohen Verluste an Soldaten bei seinen vielen Schlachten entwickelte der König von Preußen einen regelrechten Hunger nach Soldaten. Da er das Schweriner Herzogtum als Feindesland betrachtete, ließ er mecklenburgische Landeskinder, wie man sagte, in preußische Uniformen stecken. Ohnmächtig musste der außer Landes vertriebene Herzog zuschauen, wie sich die Preußen in seinem Machtbereich breit machten und junge Männer unter ihre Knute zwangen. Dass diese wenig Lust zum Kämpfen für eine Sache hatten, die nicht die ihre war, versteht sich. Wer konnte, versteckte sich in den Städten und auf dem Dorf, doch konnten unter diesen Bedingungen natürlich auch nicht das Gewerbe und die Landwirtschaft gedeihen.
Friedrichs Verlangen nach Ruhm
Friedrich II. hätte sich mit den Ergebnissen der ersten Schlesischen Kriege zufrieden geben und seine Bauleidenschaft und andere Liebhabereien pflegen können, denn man nahm ihn als politischen Partner und Machtfaktor wahr und machte ihm kostbare Geschenke. Doch entsprach es nicht seiner Natur, die Hände in den Schoß zu legen. „Meine Jugend, das Feuer der Leidenschaften, das Verlangen nach Ruhm, ja, auch um Dir nichts zu verbergen, selbst die Neugierde, mit einem Wort ein geheimer Instinkt, hat mich der Süßigkeit der Ruhe, die ich kostete, entrissen, und die Genugtuung, meinen Namen in den Zeitungen und dereinst in der Geschichte zu lesen, hat mich verführt“, beschrieb der König seinem Freund und literarischen Berater Charles Etienne Jordan die Motive, sich in neue kriegerische Abenteuer zu stürzen und damit auch hohe Opfer an Blut und Gut zu riskieren.
Nicht nur Kursachsen wurde von preußischen Truppen heimgesucht, auch Mecklenburg hatte unter ihnen zu leiden. Der Schweriner Herzog Friedrich, genannt der Fromme, herrschte über ein Land, das schon in früheren Jahrhunderten von fremden Soldaten ausgesaugt wurde. Er schlug sich im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) auf die preußenfeindliche Seite und stellte der Reichsarmee Soldaten zur Verfügung. Auch mit dem französischen König Ludwig XV. schloss er einen Hilfs- und Unterstützungsvertrag ab, der ihm aber nicht viel half, als Truppen Friedrichs II. von Preußen, genannt der Große, in mehreren Schüben ins Land einfielen, Kontributionen und Verpflegung verlangten und junge Mecklenburger in die preußische Armee pressten. Die Kriegsschäden im Schweriner Herzogtum wurden mit der enormen Summe von 15 Millionen Talern veranschlagt, und es dauerte lange, bis sie behoben waren. Friedrich der Fromme, der beim Eindringen der Preußen nach Lübeck geflohen war, hatte sich verrechnet, als er sich gegen den mächtigen Nachbarn stellte. Denn am Ende des Siebenjährigen Krieges waren nicht Kaiser Franz I. Stephan und seine Gemahlin Maria Theresia die Sieger, sondern nach vielen Höhen und Tiefen Preußens König. Nach Schwerin zurückgekehrt, versuchte der Herzog, seinem verarmten Land auf die Beine zu helfen. Er förderte Manufakturen und das Schulwesen und sorgte nach Kräften für die Verbesserung der noch mittelalterlich anmutenden Landwirtschaft. Die alles erdrückende Leibeigenschaft auf den Rittergütern wurde offiziell erst 1822 abgeschafft, doch blieben Abhängigkeiten der Bauern von den Grundherren noch lange Zeit bestehen.
Kirchenlieder statt Kartenspiel
Unter Friedrich dem Frommen kam das zuvor blühende Theaterwesen zum Erliegen. Verboten waren Schützenfeste und andere Lustbarkeiten, stattdessen sollten die Untertanen in der Bibel lesen, sofern sie lesen konnten, und fleißig in die Kirche zu gehen. Es wird erzählt, dass Wachsoldaten ihr Kartenspiel unterbrachen, wenn der Herzog nahte, und zu seiner Freude frommen Gesängen anstimmten. In seinem pietistischen Eifer ließ der Kunstfreund und Bildersammler nackte, als unkeusch empfundene Frauen auf seinen Gemälden wie schon einige Päpste im 16. Jahrhundert übermalen. Als Fehlschlag erwies sich die vom Herzog veranlasste Gründung der Universität Bützow, weil er wegen unterschiedlicher Meinung zu religiösen Fragen Ärger mit der Rostocker Alma mater hatte. Er ließ der unbedeutenden Bützower Anstalt wenige tausend Taler zukommen, gab aber ein Mehrfaches für den Bau der wappengeschmückten Kaskade im Ludwigsluster Schlosspark und Verschönerung seiner von Schwerin nach Ludwigslust verlegten Residenz aus.
Während der noch unter der Vormundschaft seiner Mutter stehende Strelitzer Herzog Adolf Friedrich IV. – er regierte von 1752 bis 1794 und wurde durch Fritz Reuter als leicht skurrile „Dörchläuchting“ populär – gegenüber Preußen Neutralität bewahrte und damit sein kleines Land weitgehend aus dem Krieg heraus hielt, obwohl es zwischen den Kriegsparteien lag, kam es im Schweriner Herzogtum immer wieder zu Plünderungen, Brandschatzungen, Truppendurchzügen und gewaltsamen Soldatenanwerbungen. Zwar war Mecklenburg kein Hauptkriegsschauplatz, die Wirkungen des Kampfes um Macht und Ländereien lasteten aber schwer. Wenn nicht die Preußen im Lande hausten und sich nahmen, was ihnen in die Finger fiel, dann waren es die Schweden, die ebenfalls auf der Seite der antipreußischen Koalition standen, und dies obwohl eine Schwester des Preußenherrschers Königin von Schweden war.
Besatzer und Besetzte
Selbstverständlich rüttelten die Kriegsereignisse auch an den Finanzen der beiden mecklenburgischen Herzogtümer, denn die Besatzer haben die Kosten auf die einheimische Bevölkerung abgewälzt. Hinzu kam, dass die am Boden liegende Landwirtschaft und das Manufakturwesen wenig abwarfen, und auch die in die herzoglichen Kassen fließenden Steuereinnahmen ließen zu wünschen übrig. Guter Rat war teuer, und so tat man in Schwerin und Strelitz, was immer in solchen Fällen getan wurde, man setzte den Feingehalt und das Gewicht des Silbergeldes herab. Herzog Friedrich befahl zunächst, die Geldfabrikation in seiner Haupt-und Residenzstadt Schwerin ordentlich anzukurbeln, wie Michael Kunzel in seinem Buch „Das Münzwesen Mecklenburgs von 1492 bis 1872“ berichtet (Gebr. Mann Verlag Berlin 1994). Davon versprach er sich einen beträchtlichen Schlagschatz, wie man den Gewinn nannte . Wenn man das Hartgeld nur ein wenig schlechter als die Vorschrift es erlaubt ausbringt, konnte der so erzielte Profit beträchtlich sein, wie überhaupt mit der Münzprägung sehr viel Geld zu verdienen war. Preußens König Friedrich II. machte es vor, wie man mit minderwertigen „Ephraimiten“ Kriegskosten erwirtschaften kann.
Herzog Friedrich verfügte die Anfertigung von solchen minderwertigen Kriegsmünzen, doch sollten sie weder sein Bildnis noch seinen Namen tragen. Vielmehr wurde angeordnet, dafür Stempel seines Vaters Christian II. Ludwig zu verwenden, ihnen also den Anschein geben, als seien sie gutes „Friedensgeld“. Zahlreiche Drittel-, Sechstel- und Zwölfteltaler sowie kleinere Werte stammen nicht aus der Regierungszeit von Christian II. Ludwig, sondern sind Erzeugnisse aus den Jahren 1758 und danach. Auf ihnen erkennt man das feiste Brustbild „Unsers in Gott ruhenden Herrn Vaters Gnaden“, wie es in einem Dekret von Herzog Friedrich heißt. Andere Werte sind mit dem gekrönten Landeswappen und ganz einfach dem Stierkopf geschmückt. Um zu unterscheiden, was noch aus der Zeit seines Vorgängers stammt und was unterm Nachfolger geschlagen wurde, hat Friedrich der Fromme bei neu geschnittenen Stempeln winzige Veränderungen vornehmen lassen, wie Michael Kunzel in seinem Buch berichtet.
Von Schwerin nach Lübeck und Eutin
Als die Landeshauptstadt Schwerin 1759 von preußischen Truppen heimgesucht wurde, war auch die herzogliche Münze nicht mehr sicher. Das technisch gut ausgerüstete Unternehmen wurde mit fast aller Maschinerie kurzerhand nach Lübeck evakuiert. Was den Preußen in die Hände fiel, haben sie zerstört. In Lübeck, wohin der Herzog geflohen war, konnte die Geldschmiede nicht dauerhaft bleiben, und so wurde ein Ausweichquartier in Eutin gefunden. Dazu stellte der für die Stadt und ihr Umland zuständige Lübecker Bischof Friedrich August von Holstein-Gottorp ein Münzhaus gegenüber dem Schloss und weitere Immobilien zur Verfügung. Die in Eutin geprägten mecklenburgischen Kriegsmünzen fielen noch minderwertiger als die Schweriner Ursprungs aus.
Wieder in friedlichem Fahrwasser
Nach dem Siebenjährigen Krieg ging Herzog Friedrich wieder zu regulärer Münzprägung über und ließ gutes Silbergeld mit seinem Namen und Wappen prägen, um das die Kette des dänischen Elefantenordens gelegt ist, dessen Ritter er war. Kleine Werte zeigen das herzogliche Monogramm „F“ unter einer Krone. Die Abkehr vom minderwertigen Kriegsgeld war notwendig, weil man mit ihm niemand mehr hinter dem Ofen hervorlocken konnte und sich mit ihm auch keine Geschäfte tätigen ließen. Da das Land nun wieder in friedlichem Fahrwasser schwamm, wurde auch die Schweriner Münze nach neuestem technischem Standard ausgerüstet. Dazu wurden Maschinen und Geräte aus Eutin herbeigeschafft.
Das in Schwerin geprägte neue Geld reichte allerdings bei weitem nicht aus, dem Münzmangel im Lande abzuhelfen, der noch dadurch verschärft wurde, dass es in den Hamburger Silberhandel abwanderte. Die herzoglichen Untertanen und all die Ämter, Händler, Wechsler und wer sonst noch mit Geld zu tun hatte, taten alles, sich des schlechten Kriegsgeldes zu entledigen und es in neues, besseres Geld umzutauschen, was mit erheblichen Verlusten verbunden war. Die meisten Münzen aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges wanderten in die Schmelztiegel. Sammler sind heute froh, wenn sie ein übrig gebliebenen Stücke preiswert und in ordentlicher Erhaltung bekommen.
Da sich Mecklenburg-Strelitz weitgehend aus dem Krieg heraus gehalten hatte, obwohl es auch von schwedischen Soldaten bedrückt und beraubt wurde, stand es weniger lädiert als der Schweriner Landesteil da. Der Siebenjährige Krieg wirkte sich, so paradox es klingt, sogar förderlich auf Strelitzer Handel und Wandel aus. Pfiffige Kaufleute und Gewerbetreibende nutzten die Neutralität des Ländchens, um mit allen Kriegsparteien Geschäfte zu machen. Wie der Schweriner Herzog, so hat sein Strelitzer Cousin Adolf Friedrich IV. neben guthaltige Münzen auch Kriegsgeld schlagen lassen.
Was sich da vor und hinter den Kulissen abspielte und wie Berliner Unternehmer das Geschehen in der Neustrelitzer Geldfabrik bestimmten, hat Michael Kunzel ausführlich in seinem Buch anhand der Akten und zeitgenössischen Berichte dokumentiert. Er stellt fest, dass die Strelitzer Ausprägungen von 1760 bis 1762 der Schweriner Produktion minderwertigen Kleingeldes kaum nach standen. Massenhaft wurde nach dem Siebenjährigen Krieg auch im Strelitzer Landesteil das ungeliebte Geld mit dem herzoglichen Monogramm AF unter der Krone und der Wertangabe eingezogen und eingeschmolzen. Den Schaden hatten, wie immer, das einfache Volk. Da von den Geldstücken zahlreiche Varianten vorkommen, ist auf eine bedeutende Prägemenge zu schließen.
Zurück zur Natur
In der Zeit der französischen Revolution, als auch in Deutschland ungewöhnliche Fragen nach dem Woher und Wohin gestellt wurden, erregte der Physiker und Schriftsteller Georg Friedrich Lichtenberg mit der in einem Aufsatz formulierten Frage „Warum hat Deutschland kein öffentliches Seebad?“ allgemeine Aufmerksamkeit. Schwerins Herzog Friedrich Franz I. wurde von seinem Leibarzt Samuel Vogel auf die Problematik hingewiesen, obwohl sich der auch als Aphoristiker bekannt gewordene Lichtenberg eigentlich an den preußischen König Friedrich Wilhelm II., den Neffen und Nachfolger Friedrichs II., gewandt und an Pommern und Vorpommern gedacht hatte. Doch nicht er, sondern Friedrich Franz I., der seit 1785 auf dem Schweriner Thron saß, griff die Idee auf. Ihm gefiel die Aussicht, in der offenen See zu baden, und das ganz ohne die steife höfische Etikette. Das „Zurück zur Natur“ lag im Trend der Zeit, in der man empfindsame Romane las, Landschaftsgärten anlegte, Klosterruinen restaurierte und sich mit offenem Kragen in der freien Natur verlustierte.
Die Gründung eine Seebades an der Ostsee war für den Herzog so wichtig, dass er eine Medaille auf dieses Ereignis prägen ließ. Das spätbarocke Badehaus mit doppelläufiger Freitreppe steht schon lange nicht mehr, es wurde im frühen 19. Jahrhundert vom Landbaumeister Carl Theodor Severin durch ein prächtiges klassizistisches Kurhaus ersetzt, wie sich überhaupt die Gestalt von Doberan und Heiligendamm mit den Jahren stark verändert hat. Die Vorderseite des von dem in Eutin und Güstrow tätigen Medailleur Meyer Löser geschaffenen und mit seinem Namen signierten Silberstücks zeigt einen Obelisken mit dem herzoglichen Monogramm, verbunden mit der ins Deutsche übersetzten Umschrift „Aus dem Wohl der Bürger zieht er seinen Ruhm“. Von Ostseewellen und freiem Oberkörper ist auf der künstlerisch mißratenen, als Geschichtsdokument aber interessanten Medaille nichts zu finden. Dass das Baden Spaß gemacht hat, muss man sich bei dieser Medaille hinzu denken.
Spenden fürs Vaterland
Im Winter 1812/13 verlor Kaiser Napoleon I. seine Armee auf dem Rückzug aus Russland, und in deutschen Fürstentümern sowie im Ausland formierte sich Widerstand gegen den französischen Herrscher über große Teile von Europa. Sein Stern sank in den Befreiungskriegen, aus denen Russland, Österreich, England, Preußen und andere Staaten der antifranzösischen Koalition gestärkt hervor gingen. Preußens König Friedrich Wilhelm III. stellte sich mit seinem „Aufruf an Mein Volk“ an die Spitze der Befreiungsbewegung, die 1815 nach furchtbar vielem Blutvergießen in der endgültigen Entmachtung des Kaisers und der Neuordnung der Landkarte auf Grund der Beschlüsse des Wiener Kongresses endete.
In die patriotische Bewegung reihten sich Herzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg-Schwerin und Herzog Carl II. von Mecklenburg-Strelitz ein, der Schwiegervater von Friedrich Wilhelm III. Beide Herzogtümer traten aus dem 1806 von Napoleon I. geschaffenen Rheinbund aus und schlugen sich auf die Seite von Russland. Am 25. März 1813 rief Friedrich Franz I. von Schwerin seine Untertanen zu den Waffen, gefolgt von seinem Strelitzer Vetter. In dem „Aufruf zum freiwilligen Dienst in der Infanterie“ warb der Schweriner für die Schaffung eines Jägerkorps, das sich am Kampf gegen Frankreich beteiligen sollte. Wer sich dieser Truppe anschloss, musste seine Ausrüstung selbst bezahlen, und das konnten nicht viele Mecklenburger. Doch auch das von den Franzosen ausgepowerte Land konnte die Kosten auch nicht aufbringen, deshalb erließ Friedrich Franz I. einen allgemeinen Spendenappell. In den herzoglichen Ämtern wurden Sammelstellen für Bargeld sowie Tafelsilber und Leuchter, Schmuck, Medaillen und andere Wertgegenstände eingerichtet. Der Aufruf fand ein lebhaftes Echo, zählte Mecklenburg doch zu denjenigen Territorien, die unter der französischen Besatzung und der 1806 von Napoleon I. erlassenen Kontinentalsperre besonders litten, weil der so wichtige Handel mit England unterbrochen war.
Bei der Sammelaktion kamen an die 130 Kilogramm Silber zusammen. Friedrich Franz I. ging mit gutem Beispiel voran und spendete das von seiner Mutter ererbte Tafelsilber im Gewicht von rund 47 Kilogramm. In der Schweriner Münze wurden daraufhin 9918 Exemplare des sogenannten Vaterlandsguldens geprägt. Der Name kommt von der Aufschrift DEM VATERLANDE unter der Zahl 2/3, mit der gesagt wird, dass es sich bei dieser Münze um einen Zweidritteltaler handelt. Die Vorderseite trägt das traditionelle mecklenburgische Wappen unter der Krone, kombiniert mit dem Namen und Titel des Herzogs, der mit Carl II. von Strelitz und weiteren Fürsten 1815 auf dem Wiener Kongress in den Rang eines Großherzogs erhoben wurde. Der Vaterlandsgulden ist ein von Sammlern gesuchtes Zeugnis für Opferbereitschaft und Zusammenrücken in schwieriger Zeit.
7. Mai 2024