Das Haus in der Münzgasse
Nur noch ein Straßenname erinnert an die lange Geldgeschichte von Frankfurt am Main





Die 1840 eröffnete Frankfurter Münze war auf das Beste ausgestattet, was damals bei der Herstellung von Münzen und Medaillen zur Verfügung stand. Die Eröffnung der Fabrik wurde mit einem schmucklosen Doppelgulden gefeiert, der auch an die Fünfhundertjahrfeier des Münzrechts der Freien und Reichsstadt erinnert.





Frankfurt hat herrliche Münzen und Medaillen hinterlassen und wusste sich auch als Krönungsstadt mit prachtvollem Panorama in Szene zu setzen. Pars pro toto steht die Klippew von 1600 mit dem Bild einer mittelalterlichen Turnose und der Taler von 1772 mit der Stadtansicht für die reiche numismatische Vergangenheit der Stadt am Main.



Die in der Mainmetropole geprägten so genannten fürstprimatischen Münzen wie dieser Taler von 1808 geben ihre Herkunft nicht preis.







Für Frankfurt war es eine Ehrensache, 1849 an den vor hundert Jahren hier geborenen Johann Wolfgang von Goethe zu erinnern, zehn Jahre Später folgte Friedrich von Schiller.



Otto von Bismarck prügelt auf der bayerischen Karikatur aus den 1866 annektierten Gebieten für Preußen alles heraus, was nur herauszuholen ist.



Die von Harry Maximilian Buchberger geschaffenen Medaillen der in Frankfurt ansässigen Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte zeigen Frankfurter Münzen und das Innenleben der Geldfabrik.



Nach der Reichseinigung von 1871 hatte Frankfurter Münze alle Hände voll zu tun, die außer Kurs gesetzten und in großen Mengen eingelieferten Geldstücke einzuschmelzen und aus ihnen neues Reichsgeld zu prägen. Dazu stand an der Münzstraße eine modern eingerichtete Fabrik zur Verfügung, die erst 30 Jahre zuvor erbaut worden war. Mit dem C gekennzeichnet, stammt der Doppeltaler von 1867 aus der Frankfurter Geldfabrik. (Fotos/Repros: Caspar)

Die Freie Stadt Frankfurt am Main nutzte bis zu ihrer Annektion im Deutschen Krieg von 1866 durch Preußen ihr aus dem Mittelalter stammendes Münzrecht, um ihre Sonderstellung im Deutschen Bund und Tagungsort der Nationalversammlung durch silberne Gedenkmünzen und Kursmünzen im Wert von einem und zwei Talern zu betonen. Dass sie 1849 und 1859 die Dichter Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich von Schiller mit Gedenkdoppelgulden ehrte, verdient besonders hervor gehoben zu werden, denn andere Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes konnten sich dazu nicht aufraffen. Die Medaillen zum einhundertsten Geburtstag beider Künstler erreichten nicht so viele Menschen, wie es die Gedenkmünzen vermochten.

Hervorzuheben ist ein Frankfurter Gedenkdoppelgulden von 1855 auf die Dreihundertjahrfeier des Augsburgischen Religionsfriedens. Dieser war am 25. September 1555 auf dem Reichstag in Augsburg zwischen Kaiser Ferdinand I. in Vertretung des in Spanien weilenden Karl V. und den Reichsständen geschlossen worden. Das Dokument enthielt außer der Verkündung eines allgemeinen Landfriedens eine politische Kompromissformel, mit der religiöse Streitigkeiten beendet wurden. Nach ihr bestimmten die jeweiligen Regenten, welche Glaubensgrundsätze und Riten in ihren Ländern gelten sollen – katholische, protestantische oder reformierte. Die Formel „Cuius regio, eius religio“ wurde knapp einhundert Jahre später im Westfälischen Frieden von 1648 am Ende des Dreißigjährige Kriegs beendet wurde, noch einmal ausdrücklich bestätigt.

Frankfurter Kurs- und Gedenkmünzen des 19. Jahrhunderts zeigen mit einer Ausnahme keine Porträts tragen, sondern kombinieren den einköpfigen Adler mit Inschriften, Stadtansichten oder dem Bildnis der Stadtpatronin Francofurtia. Kaiserbildnisse gab es solange, wie das Römisch-deutsche Reich bestand und das Reichsoberhaupt in der Stadt am Main gekrönt wurde. Die Krönungsmedaillen mit Kaiserköpfen sowie Symbolen seines Amtes und frommen Sprüchen stellen ein eigenes, in der Literatur gut dokumentiertes Sammelgebiet dar.

Fürstprimas und Großherzog

Nach dem wenig glamouröse Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation 1806 hatte Frankfurt seine Stellung als Krönungsstadt eingebüßt. Ganz unbedeutend war sie aber nicht, denn hier residierte Carl Theodor von Dalberg, der Fürstprimas des Rheinbundes. Er war ursprünglich Bischof von Konstanz, Worms und Regensburg. Als Erzbischof von Mainz gehörte der Geistliche dem Kollegium der deutschen Kurfürsten an und hatte das Amt eines Reichserzkanzlers inne. Dalberg wurde Großherzog von Frankfurt und Herr über einige ehemalige geistliche Territorien. Man hat ihm verübelt, dass er sich als Fürstprimas des Rheinbundes zu einem Handlanger von dessen Schöpfer, Kaiser Napoleon I. von Frankreich, machen ließ. Die Beziehungen zu dem damals mächtigsten Mann in Europa brachten Dalberg zunehmend in ein schiefes Licht, vor allem in jener Zeit, das sich überall in deutschen Landen Widerstand gegen die französischen Besatzer und die Kriege ihres Kaisers regte. Nach dem Sturz Napoleons I. verlor Dalberg seine Großherzogswürde und war nur noch Bischof von Regensburg, wo er 1817 starb und beigesetzt wurde.

Die fürstprimatische Zeit unter Carl Theodor von Dalberg blieb in der langen Geschichte von Frankfurt am Main eine kurze Episode. Auf dem Wiener Kongress 1815 erhielt die Stadt seine Selbstständigkeit zurück und wurde Mitglied des Deutschen Bundes. Indem dieser Zusammenschluss aus 35 großen und kleinen Fürstentümern und vier Freien Städten unter österreichischem Vorsitz Frankfurt zu seinem Sitz machte, avancierte die Mainmetropole zur heimlichen Hauptstadt des Bundesstaates. In den Revolutionsjahren 1848/49 kam in der Frankfurter Paulskirche die Nationalversammlung zusammen und beriet über eine demokratische Verfassung, die den Fürsten einen Teil ihrer Macht nehmen wollte und auf die Einigung Deutschlands unterm preußischen Adler orientierte.

Grundrechte des deutschen Volkes

In den Revolutionsjahren 1848/49 war die Mainmetropole vor politischen und militärischen Zugriffen jener Feudalmächte sicher, denen das Parlament gegen den Strich ging und die sich von ihm nicht das kleinste Stückchen Macht nehmen lassen wollten. Bereits im Dezember 1848 wurden nach kontroverser Diskussion die „Grundrechte des Deutschen Volkes“ verabschiedet, die in die Reichsverfassung vom 28. März 1849 einflossen. So fortschrittlich und zukunftsorientiert die sogenannte Paulskirchen-Verfassung war, gemessen an den damaligen feudalen Verhältnissen, so wenig ließ sie sich verwirklichen.

Nach einjähriger Arbeit tagte die Nationalversammlung zum letzten Mal am 30. Mai 1849 in der Paulskirche und löste sich bald darauf auf. Otto von Bismarck, der preußische Ministerpräsident und spätere Reichskanzler, hatte manche Gründe, Frankfurt zu grollen, zu ducken und nach dem Sieg Preußen und seiner Verbündeten 1866 im Krieg gegen Österreich und einige mittel- und süddeutsche Staaten auf ein provinzielles Niveau zurückzuschrauben. Als preußischer Gesandter beim Deutschen Bund in Frankfurt tätig, hatte er nach eigenem Bekunden wenig erfreuliche Begegnungen mit Vertretern des Paulskirchenparlaments und Personen, die Preußen nicht freundlich gesonnen waren. Jahrzehnte später lagen ihm die, wie er schrieb, „harten Zusammenstöße mit dem österreichischen Vertreter“ immer noch schwer im Magen.

Fürstentag war Schlag ins Wasser

Als 1863 in Frankfurt ein Fürstentag abgehalten wurde, in dem es um die Reformierung des Deutschen Bundes und die Frage ging, wer dort den Ton angeben soll, Österreich oder Preußen, veranlasste Bismarck nur mit Mühe König Wilhelm I. von Preußen, dieser proösterreichischen Versammlung fernzubleiben. Der Fürstentag kam auf Einladung des österreichischen Kaisers Franz Joseph vom 16. August bis 1. September 1863 im Frankfurter Bundespalais, dem Palais Thurn und Taxis, zusammen. Eine der Versammlung vorliegende Reformakte zielten auf die Umwandlung des Deutschen Bundes in einen Bundesstaat mit einem Direktorium als Regierung ab. Überdies gab es Pläne zur Vereinheitlichung des Rechts, der Außen- und Sicherheitspolitik. Da Preußen fehlte und andere Staaten sich nicht unter den österreichischen Adler stellen wollten, kam eine Einigung nicht zustande. Der Fürstentag erwies sich als ein Schlag ins Wasser.

Während Preußen nach dem Deutschen Krieg von 1866, in dessen Ergebnis das vernichtend geschlagene Österreich aus dem Deutschen Bund ausschied, bei den Kriegsgegnern Sachsen, Bayern, Baden, Württemberg und Hessen-Darmstadt Milde walten ließ, weil er sie als künftige Verbündete in einem weiteren Krieg gegen Österreich beziehungsweise Frankreich oder gegen beide Länder zusammen brauchte, rechnete Bismarck in Übereinstimmung mit Wilhelm I. mit Hannover, Kurhessen und Nassau sowie Frankfurt gnadenlos ab. Die Mitgliedsstaaten des bisherigen Deutschen Bundes wurden mit einem Federstrich annektiert und dem preußischen Staat zugeschlagen. König Georg V. von Hannover, Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von Hessen-Kassel und Herzog Adolf von Nassau verloren ihren Thron und mussten ins Exil gehen. Obwohl es im neutral gebliebenen Frankfurt einflussreiche Kreise gab, die für einen Anschluss an Preußen plädierten, gingen Truppen Wilhelms I. anmaßend und unbarmherzig gegen die Stadt vor und brachten deren Bewohner gegen sich auf.

Am 18. Juni 1866 besetzt, sollte die Stadt in kürzester Zeit erst sechs und dann noch einmal 25 Millionen Gulden Kriegskontributionen an Preußen zahlen. Dazu waren die Bürger weder bereit noch in der Lage. Frankfurts Bürgermeister Carl Constanz Victor Fellner, lange für die Finanzen der Stadt und daher auch für die Münzprägung zuständig, war kein grundsätzlicher Gegner eines in friedlichen und rechtlichen Bahnen verlaufenden Anschlusses an Preußen. Seine Bemühungen aber, zwischen der Stadt und dem rüde auftretenden preußischen Militär zu vermitteln, scheiterten. In eine aussichtslose Position gedrängt, beging es Selbstmord. Seinem Sarg folgten tausende Frankfurter, von den Besatzern misstrauisch beobachtet. Frankfurt schickte sich zähneknirschend in sein Schicksal als preußische Provinzstadt, die aber als Handels- und Bankenmetropole eine glänzende Zukunft vor sich hatte.

Ein paar Jahre Galgenfrist

Die bis 1879 in der Mainmetropole geprägten Pfennige, Markstücke und Goldmünzen tragen den Buchstaben C als Zeichen für die dritte Münzstätte in Preußen. Nach ein paar Jahren war sowohl in Frankfurt als auch in Hannover und Darmstadt die Galgenfrist beendet, denn alle weiteren Aufträge wurden von der Berliner Münze und den anderen Prägeanstalten in Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden und in Hamburg erledigt. Selbst das bevölkerungsreiche Preußen konnte sich auf Dauer drei Münzstätten nicht leisten. Die gut ausgestattete Anstalt an der Berliner Unterwasserstraße reichte vollkommen aus.

Einem Bericht des Obermünzwardeins im Ruhestand Julius Mittmann (1851.1940), einem früheren Mitarbeiter der Frankfurter Münze, ist zu entnehmen, dass die Auflösung der Münze in Frankfurt am Main gegen das Votum der örtlichen Handelskammer erfolgte. Hingegen wurde eine von den ortsansässigen Bankhäusern unterschriebene Eingabe positiv beantwortet, die Frankfurter Münzprobieranstalt beizubehalten. Wie Mittmann in den „Berliner Münzblättern“ (Dezember 1929) schrieb, war er 1874 in der Berliner Münzverwaltung „per Handschlag“ als Münzeleve eingestellt worden, also als Lehrling. Er erfüllte alle Voraussetzungen wie Abiturexamen und die Verpflichtung seines Vaters, ihn zwei Jahre zu unterhalten. Die Ausbildung begann mit dem Erlernen der Methoden zur Feingehaltsbestimmung, „wie sie an preußischen Münzstätten üblich waren. – Hand in Hand mit dieser praktischen Tätigkeit ging die theoretische an der Friedrich-Wilhelms-Universität (der heutigen Humboldt-Universität zu Berlin, H. C.): Besuch von Kollegs für Chemie, Physik und Nationalökonomie“.

Entscheidung am grünen Tisch

Nach seiner Einstellung als Münzprobierer hatte Mittmann von 8 bis 13 und von 15 bis 19 Uhr zu arbeiten „wozu nicht selten Ueberstunden kamen, denn die Münzstätten waren infolge der 1871 begonnenen Münzreform voll beschäftigt. Es war jedoch zu befürchten, daß es damit ein baldiges Ende haben würde – die Herren am grünen Tisch in Berlin hatten sich nämlich gründlich geirrt. Sie hatten 1871 auf Grund statistischer Nachweise aus den sechziger Jahren errechnet, daß die Münzreform, d. h. die Einführung der Goldwährung, mindestens 10 Jahre dauern würde, hatten aber nicht die technischen Fortschritte nach dem deutsch-französischen Krieg vorausgesehen.“ Die Beschleunigung der Arbeit sei durch Einsatz von neuen Justier- und Prägemaschinen erfolgt, so Mittmann weiter. Aus diesem Grunde hätten sich in der zweiten Hälfte des Jahres 1876 die Prägeaufträge verringert, „was mich bezüglich meiner definitiven Anstellung nicht gerade hoffnungsvoll stimmte“.

Die Hoffnung auf ein Fortbestehen der Fabrik zerschlugen sich bald. 1877 hatte man damit begonnen, die in großen Beständen in der Reichsbank liegenden Taler zu demonetisieren, wie Mittmann schreibt, also einzuschmelzen, um das Material als Silberbarren zu verkaufen. Wegen des Rückgangs der Silberpreise verfügte Reichskanzler Otto von Bismarck wohl über das ihm unterstehende Reichsschatzamt eine Unterbrechung der Einschmelzungen, worauf die davon noch nicht betroffenen Taler wieder dem Verkehr zugeführt wurden und sich die Münzquote pro Einwohner des Deutschen Reiches erhöhte. Die Entwicklung hatte zur Folge, dass die Münzen in Hannover und Frankfurt nicht mehr benötigt und 1878 und 1879 aufgelöst wurde, wobei die dort tätigen Beamten, soweit sie nicht in der Berliner Münze oder bei einer anderen Behörde „einrangiert“ werden konnten, am 1. April 1880 zur Disposition gestellt wurden.

Leiter einer Probieranstalt

Die Maßnahme betraf auch Mittmann, doch hatte er Glück, denn er erhielt den Posten eines Leiters der Münzprobieranstalt, die aufgrund einer Eingabe der Frankfurter Handelskammer eingerichtet wurde. An dieser Tätigkeit hatte der Wardein offenbar wenig Freude, denn der Betrieb musste sich finanziell selbst tragen, und das war bei den minimalen Gebühren für die Feingehaltsbestimmung von Barren und anderen Edelmetallgegenständen unmöglich. Da die Probieranstalt defizitär war, war ihr Überleben kritisch. Als sich ihr Wirkungskreis erweiterte, konnte Mittmann in seiner Laufbahn bleiben. Die Chancen, in der Beamtenhierarchie aufzusteigen, waren nicht gut, und so übte Mittmann 28 Jahre lang die mäßig bezahlte Tätigkeit eines Münzbetriebsassistenten aus, bis er nach Berlin auf die Stelle eines Münzwardeins berufen wurde und diese bis zu seiner Pensionierung 1920 als Obermünzwardein innehatte. „Die Frankfurter Probieranstalt aber blieb bestehen, bis 1917 der letzte verfügbare Beamte zum Kriegsdienst eingezogen wurde und die Verhandlungen zwischen Handelskammer und Regierung um Weiterführung der Anstalt sich zerschlugen“. Julius Mittmanns aufschlussreichem Bericht ´über das Ende der königlich-preußischen Münze zu Frankfurt am Main wäre noch hinzuzufügen, dass Edelmetall mitten im Ersten Weltkrieg in der deutschen Münzemission bis auf die in großer Stückzahl hergestellten Fünfzig-Pfennig-Stücke mit dem Kaiseradler und einige in geringer Auflage geprägte Gedenkmünzen keine Rolle mehr spielte und Gold und Silber fast aus der Öffentlichkeit verschwunden waren, weshalb auch Objekte aus Edelmetall kaum noch zum Probieren eingesandt wurden.

16. September 2024

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