Glück beim Schatzfinden
Wovon bei Ausgrabungen und auf dem freien Feld entdeckte Münzen erzählen und was bei ihnen zu beachtet ist



Wer sich im späten Mittelalter auf die Suche nach Münz- und anderen Schätzen machte, kann nur ein Narr sein, lautet die Botschaft eines Holzschnitts im „Narrenschiff“ des Sebastian Brant aus dem Jahr 1494. Nach Münzen und Schätzen zu graben wurde als Teufelswerk angesehen, und auch das Münzsammeln war in der Barockzeit in den Augen vieler Menschen das Steckenpferd von Verrückten.



Die im bayerischen Nassenfels gefundenen Münzen aus dem 16. und 17. Jahrhundert und der Rosenkranz bilden eine bemerkenswerte Einheit, die so häufig nicht vorkommt. Bei anderen Gelegenheiten hat man geprägtes Silber und Gold zusammen mit Schmuck und Tafelgeschirr aus Edelmetall gefunden. Wer sie entdeckt, muss den Fund den zuständigen Behörden melden, professionelle Ausgräber sind dazu von Amts wegen verpflichtet.





Münzschätze gehören in die Hand der Archäologen und Numismatiker, sie privat einzubehalten und gar stückweise zu vermarkten ist verboten. In der Regel kommen Münzfunde als Klumpen vor, die sich erst nach sorgfältiger Restaurierung bestimmen lassen. Der in der ostbrandenburgischen Stadt Altlandsberg bei Bau- und Erdarbeiten entdeckte Fund wiegt etwa 2,35 Kilogramm und besteht aus 7.450 Münzen aus dem 13. bis frühen 15. Jahrhundert. Der Schatz – hier die Prager Groschen - dürfte im Zusammenhang mit den Hussitenkriegen, die auch die Mark Brandenburg heimsuchten, in einem Tontopf vergraben worden sein.



Nicht nur Münzen kommen bei Ausgrabungen zum Vorschein, auch Haushaltsgegenstände, Schmuck und andere Hinterlassenschaften. Für die Regionalgeschichte besonders aussagekräftige Fundstücke aus Keramik, Metall, Holz und anderen Materialien, aber auch menschliche Gebeine sowie mittelalterliche und neuzeitliche Münzfunde werden im Archäologischen Landesmuseum im Paulikloster zu Brandenburg an der Havel gezeigt. Die Silberlöffel stammen aus einem im brandenburgischen Beeskow entdeckten Schmuckdepot mit 80 Objekten aus der Zeit zwischen 1500 und 1650. Es könnte sich um den Besitz eines Goldschmieds handeln.



Zu den herausragenden Funden im Land Brandenburg gehören die im Paulikloster ausgestellten Goldmünzen aus der Zeit Friedrichs des Großen, die vor einigen Jahren in Ziesar (Landkreis Potsdam-Mittelmark) entdeckt wurden.



Eine archäologische und kulturhistorische Sensation ist der Schatz, der 1998 entdeckt wurde und in der Alten Synagoge mit weiteren Zeugnissen jüdischen Lebens in Erfurt gezeigt wird. Die Unesco hat dem lange in Vergessenheit geratenen und heute als Museum genutzten Gotteshaus 2023 den Welterbetitel verliehen.



Die französischen Gros tournois sind hochwertige Silbermünzen, von denen die Bezeichnung „Groschen“ abgeleitet wurde. Sie fanden große Verbreitung und vielfältige Nachahmungen außerhalb ihres Ursprungslands. (Repros: Caspar, AiD 1/2024 und Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Erfurt)

Münzen werden bei allen möglichen Gelegenheiten gefunden - in Häusern und an Mauern hat man sie versteckt, an markanten Stellen in Wäldern und auf Feldern, an Straßenrändern, bei der Verlegung von Leitungen und dem Straßenbau, in Talmulden und auf Bergkuppen. Die Beweggründe, warum man Münzen manchmal zu tausenden Exemplaren verborgen hat, waren vielfältig. In erster Linie waren Kriege und Katastrophen ein Grund, warum man sich von seinem Vermögen für vermeintlich kurze Zeit getrennt hat. Viele Menschen kamen nicht mehr dazu, es wieder in ihren Besitz zu bringen, und das Versteck geriet in Vergessenheit und kam erst hunderte Jahre später wieder ans Tageslicht. Nur selten gelang es den Archäologen und Historikern, die Besitzer auszumachen. In der Regel gelingt es nur, die Umstände zu bestimmen, etwa Bedrohung durch fremde Soldaten und Furcht vor Raub im Dreißigjährigen Krieg und anderen Katastrophen.

Die Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“ (AiD), die regelmäßig über Münzfunde berichtet, beschreibt in ihrem Heft 1/2024 einen in der Ortsmitte von Nassenfels (Landkreis Eichstätt) entdeckten Münzfund mit bemerkenswertem Inhalt. Ein Keramikgefäß enthielt einen Rosenkranz mit 60 Perlen aus Korallen und 22 Münzen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Der Rosenkranz besitzt fünf Anhänger, darunter auch einen herzförmigen Kreuzanhänger aus rotem Stein sowie eine Pilgermedaille, die auf eine Wallfahrt nach Rom im Jahre 1625 hinweist. Unter den Münzen ragt eine Goldmünze des Salzburger Erzbischofs Wolfgang Theodor von Reitenau heraus, der von 1587 bis 1612 regierte. Frühestes Geldstück ist ein Philippstaler aus dem Jahre 1572.

Die Zusammensetzung der Geldstücke zeigt, wie vielfältig der Umlauf damals war, denn es lagen in dem Schatz auch Geldstücke aus Polen, Italien und der Stadt Straßburg. Die Fundstelle liegt am Rand der mittelalterlichen und neuzeitlichen Marktsiedlung auf einem Grundstück, das im Urkataster als eine Art umfriedeter Garten eingezeichnet ist, schreiben J. Fritsche und D. Albert in ihrem Kurzbericht. Auch wenn die genauen Umstände unklar seien liege der Schluss nahe, dass hier eine hochrangige Persönlichkeit aus dem Bistum Eichstätt während des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648), in dem Eichstätt und das Umland belagert und zerstört wurden, seinen Besitz in Sicherheit brachte. Warum der Unbekannte ihn nicht wieder an sich brachte, lässt sich wie in vielen ähnlichen Fällen nicht mehr sagen.

Römische Denare kiloweise

Bei archäologischen Untersuchungen im Augsburger Stadtteil Oberhausen wurde ein ungewöhnlich großer Silberschatz entdeckt. Er enthält umfasst knapp 5600 römische Denare aus dem 1. und 2. Jahrhundert, wiegt mehr als 15 Kilogramm und ist der bisher der größte je in Bayern entdeckte römische Münzschatz. Der Fundort befindet sich auf dem ehemaligen Produktionsgelände eines Automobilzulieferers . 2021 hatten Archäologen das Gelände wurde vor dem Bau eines neuen Wohngebietes untersucht. Der Fundort ist ein altes Flussbett, das sich etwa 200 Meter von einer Fundstelle entfernt, an der römische Waffen, Werkzeuge, Schmuck und Keramik mit einem Gesamtgewicht von rund 400 Kilogramm geborgen wurden. Die Zusammensetzung belegt, dass „Augusta vindelicum“, so der lateinische Name von Augsburg, der älteste Militärstützpunkt im heutigen Bayern war. Die ältesten Münzen stammen aus der Zeit von Kaiser Nero, der von 54 bis 68 nach Christus herrschte und sich nach einer Palastrevolution selber umbrachte, die jüngsten Münzen sind von Kaiser Septimius Severus, der von 193 bis 211 regierte.

Pfennige, Groschen, Gulden

In bedeutender Münzschatzfund kam bei Baggerarbeiten auf dem Gelände des Schlossgutes in Altlandsberg (Landkreis Märkisch-Oderland) ans Tageslicht. In einem spätmittelalterlichen Keramikgefäß fanden die Archäologen 13 Prager und Meißner Groschen aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, aber auch elf 11 rheinische Goldgulden aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Hauptmasse besteht aus mehr als 7.000 silbernen Hohlpfennigen aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Der Fundort auf dem Domänenhof gehörte im 15. Jahrhundert zum Vorfeld der Stadtbefestigung. Der Schatz könnte dort im Jahr 1432 während des Einfalls der aus Böhmen kommenden Hussiten in die Mark Brandenburg und der Belagerung und Zerstörung der Stadt durch die Aufständischen verborgen worden sein. Sie nannten sich nach Jan Hus, dem 1415 in Konstanz am Bodensee als Ketzer verbrannten Geistlichen und Rektor der Prager Universität, und versetzten halb Europa in Angst und Schrecken.

In der Alten Synagoge an der Erfurter Waagegasse wird neben vielen anderen Hinterlassenschaften der Jüdischen Gemeinde der 1998 in unmittelbarer Nähe entdeckten Erfurter Schatz gezeigt, eine Sammlung von herausragenden Zeugnisse mittelalterlicher Gold- und Silberschmiedekunst sowie von 3141 Silbermünzen und 14 gestempelten Silberbarren in Form von runden Gusskuchen. Es wird vermutet, dass der unbekannte Besitzer dieses außerordentlichen Vermögens ein Geldhändler war. Rätselhaft ist, warum er fast ausschließlich so genannte Turnosen der französischen Könige Philipp III. (reg. 1270-1285) bis Philipp VI. (reg. 1328-1350) beiseite legte und nicht auch die ähnlich guten Groschen deutscher Prägeherren berücksichtigt hat. Die von ihm gesammelten Münzen weisen fast alle dieselbe Gestalt auf. Auf der Vorderseite erkennt man ein Gebäude mit einem Kreuz darüber, während die Kehrseite ein großes Kreuz besitzt. Die Legenden auf beiden Seiten enthalten den Namen des jeweiligen Prägeherren und den Hinweis, dass diese Münze aus Tour stammt. Dort hatte König Ludwig IX. (reg. 1226-1270) eine neuartige Münze, den Gros tournois, aufgelegt.

Meldung bei der Bodendenkmalpflege

Überall im Lande sind legale und illegale Ausgräber dabei, das im Boden schlummernde Kulturerbe ans Tageslicht zu holen. Die einen erwarten neue Erkenntnisse über das Zusammenleben und die Wirtschaft unserer Vorfahren, andere hoffen, aus einen Schatz bares Geld zu machen. Doch wie mit dem Fund umgehen? Wenn jemand alte Reichspfennige neben einem verrosteten Fahrrad aufstöbert, muss den Fund nicht an die Bodendenkmalpflege melden. Anders sieht es bei historisch und archäologisch wichtigen Objekten aus, der nach uralten Regularien dem Staat gehören und in einem Museum oder einem Münzkabinett restauriert, bestimmt und oft auch publiziert werden. Um Konflikten mit dem Gesetz aus dem Weg zu gehen, sollten relevante Entdeckungen der Bodendenkmalpflege gemeldet und sie lieber einmal mehr als zu wenig zu Rate gezogen werden, denn oft kommen bei Nachuntersuchungen weitere Objekte ans Tageslicht.

In Deutschland wird die Frage unterschiedlich beantwortet, wer Eigentümer von Boden und anderen Funden ist. In einigen Bundesländern erhalten Entdecker einerseits und Eigentümer des Grundstücks oder Hauses andererseits, in dem der Schatz verborgen war, jeweils die Hälfte des Schatzes. In Sachsen wird jede Fundmünze bei ihrer Entdeckung Landeseigentum. Es gibt auch Mischformen aus beiden Vorschriften, wobei sowohl die Einstufung des wissenschaftlichen Wertes als auch Art und Alter der Fundstelle für die Klärung der Eigentumsfrage von Belang sind. Es kann vorkommen, dass die Archäologen einen Fund für die Forschung als nicht besonders relevant einstufen und freigeben, was dann den Handel und die Sammler freut.

Die Zahl derer, die mit Metalldetektoren nach Funden aller Art suchen, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Die Bayerische Staatsregierung geht per Gesetz gegen Raubgrabungen vor. Ganz auszuschließen sind sie leider nicht, so wie die schärfsten Gesetze auch Mord und Totschlag, Raub, Betrug und andere Delikte nicht verhindern können. Bayern war bisher für Raubgräber aller Art ein wahres Paradies, denn sie konnten fast unbehelligt im Boden ruhende Schätze ausgraben und vermarkten. Historiker, Numismatiker und andere Fachleute sowie Heimatfreunde liefen dagegen Sturm. So beschloss die Staatsregierung im August 2022 eine Änderung des Denkmalschutzgesetzes und die Einführung des Schatzregals, das anderswo schon lange gilt. Es verbietet unter anderem den Einsatz von Metalldetektoren auf Flächen mit ausgewiesenen Bodendenkmälern und regelt auch Entschädigungsfragen.

29. Januar 2024