Glück, Wohlstand, Frieden
Königliche Eisengießerei zu Berlin erfreute ihre Kunden zwischen 1806 und 1848 mit Neujahrsplaketten



Die Nürnberger Lämmleindukaten aus der Barockzeit sind interessante, bei Sammlern begehrte Dokumente für die Nutzung von Gold als Neujahrsgeschenke.



Der kleine Engel fragt sich auf der Medaille, zu welchem Jahrhundert das Jahr 1700 gehört.



Beliebt waren und sind auch heute die Kalendermedaillen, ein ganzes Jahr und seine wichtigsten Ereignisse sowie Vorgänge am Firmament zusammenfassen.



Reinster Jugendstil ist die Medaille der Monnaie de Paris auf das Jahr 1900. Der vor einer Spindelpresse und weiteren in einer Münzstätte verwendeten Utensilien stehende Engel auf der Rückseite übergibt dem neuen Jahrhundert die Fackel.



Die Pforzheimer Hofprägeanstalt B. H. Mayer gratuliert zum Neuen Jahr 1913 und zeigt auf der Plakette, wie ein Engel den geflügelten Saturn in das neue Jahr rudert und wünscht dem neuen Jahr 1928 „Glück auf“.



Die 1804 gegründete Königliche Eisengießerei zu Berlin entwickelte sich mit der Zeit zu einem veritablen Unternehmen, das mit seinen Neujahrsplaketten Werbung in eigener Sache machte. Der Betrieb wurde 1874 eingestellt. Seine Aufgaben übernahmen andere Unternehmen in Berlin und darüber hinaus.



Eisenplaketten der Jahrgänge 1821 (Mitte), 1822 und 1823 mit dem Berliner Kreuzbergdenkmal und seinem Figurenschmuck hat man mit einem Schmuckrahmen zusammengefasst.





Patriotische Motive wie das Berliner Waffenarsenal Unter den Linden , besser bekannt als Zeughaus, samt Eisernem Kreuz sowie Kanonen und Kanonenkugeln warben 1814 für die Königliche Eisengießerei. Das tat auch die Plakette von 1815 mit dem Brandenburger Tor und einer Dampfmaschine. Die von Johann Gottfried Schadow geschaffene Lutherbüste sowie gusseiserne Grabmäler zeigen die Breite der in der Gießerei vor dem Neuen Tor hergestellten Erzeugnisse.



Medaillen aus Eisen wie diese belohnten im Ersten Weltkrieg alle diejenigen, die Gold, Silber und andere Wertgegenstände dem Vaterland geopfert haben. (Fotos/Repros: Caspar)

Das Verschenken von Münzen und Medaillen aus edlem oder unedlem Metall zum Neuen Jahr hat eine lange, in die Antike zurückgehende Tradition. Als im 15. Jahrhundert in Italien die ersten Medaillen aufkamen, haben Maler und Bildhauer herrliche Stücke geschaffen, die jeder Sammlung zur Ehre gereichen. Verbunden mit manchmal schwer zu deutenden Allegorien, mit Szenen aus der Bibel und dem Leben von Heiligen sowie frommen, moralisierenden Sprüchen entstanden haltbare Arbeiten, die man in Deutschland auch „Kontrafekt“ oder „Gedächtnuß“ nannte. Bisweilen sind auf solchen Neujahrsmedaillen ganze Kalendarien, die wichtigsten Lebensdaten des Regenten und andere Ereignisse verzeichnet.

Goldene Winzlinge aus Nürnberg

Wer es sich leisten konnte, beschenkte einander mit kostbaren Weihnachtstalern und Neujahrsmedaillen aus Silber und Gold. Sie bilden ein reizvolles Sammelgebiet, für das der Münzhandel attraktive Angebote bereit hält. Auf ihnen wird göttlicher Segen erbeten, aber auch Wünsche für Glück, Wohlstand und hat man auf ihnen durch Allegorien und Sprüche verewigt. Unter den Neujahrsdukaten findet man die so genannten Lämmlein- oder Lammdukaten im Wert von zwei, einem, einem halben sowie einem Achtel, Sechzehntel und Zweiunddreißigstel Dukaten. Herkunftsort der undatierten Goldstücke ist die damals nur dem römisch-deutschen Kaiser verpflichtete Reichsstadt Nürnberg, die auf eine ins Mittelalter zurückreichende Münzgeschichte zurück blickt und auch durch zahllose Medaillen und Rechenpfennige in Erscheinung trat.

Die in Nürnberg um das Jahr 1700 geprägten Neujahrsmünzen kamen im Zusammenhang mit dem seinerzeit als eine Art Zeitenwende diskutierten Übergang vom 17. auf das 18. Jahrhundert geprägt. Auf den Lämmleindukaten erkennt man - bei den kleinen Werten wegen ihrer Winzigkeit mit großer Mühe - das Stadtwappen und das auf der Erdhalbkugel stehende Lamm Gottes mit einer wehenden Fahne. „Die Stadt Nürnberg feiert den Beginn des neuen Jahrhunderts“ lautet die deutsche Übersetzung. Für Stempelschneider war es eine große Herausforderung, Wappen und Lamm auf den Winzlingen unterzubringen. Manche Neujahrsgeschenke sind so klein, dass dass man eine Lupe brauchte um sie zu betrachten, weshalb man sie auch Linsendukaten nannte.

Dukaten zum Jahreswechsel

Im frühen 19. Jahrhundert wurden in Hamburg unter zeitweiliger französischer Herrschaft Silbermünzen zu 32 und 16 Schilling, die Doppelmark- und Markstücke sowie kleine Werte hergestellt. Nach dem Abzug der Franzosen 1814 brachte die Freie und Hansestadt Dukaten heraus, die nach altem Brauch vor Weihnachten und zum Neuen Jahr stets mit einer neuen Jahreszahl als Geschenke für Familienmitglieder, Hausangestellte und Lieferanten geprägt wurden. Der stehende Ritter auf der einen Seite und das Viereck mit Wertangabe auf der anderen Seite ähneln holländischen Goldmünzen und sollten diesen als ebenbürtig angesehen werden. Es wird erzählt, dass manche dieser Goldstücke bald nach Jahresbeginn Juwelieren, Geldwechslern und Banken angeboten wurden, um wieder in die Schmelztiegel zu wandern. Dass nicht alle Goldstücke vernichtet wurden, zeigt die stattliche Anzahl der erhalten gebliebenen und in schöner Regelmäßigkeit vom Münzhandel angebotenen Goldstücke.

Von ganz anderer Art sind die Neujahrsplaketten, die die 1804 gegründete Königliche Eisengießerei zu Berlin für Geschäftspartner und Freunde künstlerische gestalteten Metalls in regelmäßiger Folge herausgebracht hat. Dies viereckigen Gussstücke bestehen aus geschwärztem Eisen und sind kleiner als eine Postkarte. Sie waren als eine Art Aushängeschild dieses künstlerisch und technisch überaus innovativen Betriebs, weshalb namhafte Künstler wie Karl Friedrich Schinkel und Christian Daniel Rauch für die Gestaltung dieser Kunstwerke verpflichtet, die schon bald zu begehrten Sammelstücken avancierten und in vielen Museen gezeigt werden.

Geschenke für Kunden und Freunde

Die älteste Neujahrsplakette trägt die Jahreszahl 1806 und zeigt, was für den auf Monumentalskulpturen, technisches Gerät, Gartenzäune, Friedhofskreuze sowie feingliedigen Schmuck, aber auch auf Kanonen, ihre Kugeln und andere militärische Erzeugnisse spezialisierten Gießerei wichtig ist. Mit ihren Plaketten warb der Betrieb zum Besuch des „Zyklopeninsel“ genannten Fabrikgeländes von dem Neuen Tor in Berlin. In Zeiten ihrer Blüte war die schon von Weitem an qualmenden Schloten zu erkennende Gießerei eine besondere Attraktion und hatte immer viele Besucher.

Nach der preußischen Niederlage bei der Schlacht von Jena und Auerstedt im Oktober 1806 und dem triumphalen Einzugs des siegreichen Kaisers Napoleon I. in Berlin begann eine harte, entbehrungsreiche Zeit. Die preußische Regierung rief die Untertanen auf, unter dem Motto „Gold gab ich für Eisen“ Edelmetall in Sammelstellen abzugeben. Eisen mauserte sich zu einem patriotischen Stoff, und demzufolge erlebte auch die Berliner Eisengießerei einen Boom. Zwar hatten sich die Franzosen vieler Gussformen bemächtigt, um selber das „Fer de Berlin“, also das Berliner Eisen, herzustellen. Aber das Ergebnis ihrer Bemühungen reichte an das Vorbild nicht heran. Niemand fertigte solch schöne, filigrane Güsse an wie die Berliner Fabrik.

Gold gab ich für Eisen

Nach der Bedrückung Preußens durch französische Besatzer und dem glücklichen Ausgang der Befreiungskriege erlebte die Eisengießerei ihre eigentliche Blüte. Lange Zeit war sie in Deutschland auf diesem Gebiet führend. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts traten andere Unternehmen an ihre Stelle, so die Kunstgießerei Lauchhammer, in der seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert erstmals auch Großplastiken in Eisen hergestellt wurden. Nachdem im Revolutionsjahr 1848 wesentliche Teile der Berliner Eisengießerei einschließlich der so wichtigen Gussformen vernichtet hatte, ging es mit ihr bergab. Sie zehrte von vergangenem Ruhm und schuf kaum noch Neues. Außerdem wandelte sich der Geschmack des Publikums, der von Eisen zu besseren Metallen wie etwa Bronze oder Silber überging. Im Ersten Weltkrieg gewann Eisen wieder an Ansehen, und zwar nicht als Rohstoff für Waffen und Munition, sondern auch, weil man es für alle möglichen Erzeugnisse brauchte, die vorher aus Buntmetall gefertigt wurden. Außerdem hat man Leute nach dem Motto „Gold gab ich für Eisen“ belohnt, die wie schon in den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 Edelmetall aller Art auf dem „Altar des Vaterlandes“ geopfert haben, wie es damals hieß. Eisen hatte als Werkstoff ausgedient und wurde nicht mehr wie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Herstellung von Schmuck und Skulpturen gebraucht. Für große Figuren auf öffentlichen Plätzen, wie sie Karl Friedrich Schinkel vorschwebten, eignete sich Eisen ohnehin nicht. So kam es, dass die Königliche Eisengießerei 1874 aufgrund eines Dekrets von Kaiser und König Wilhelm I. ihren Betrieb einstellen musste. Inständige Bitten der Belegschaft an den Monarchen hatten keinen Erfolg. Andere Gießereien setzten in Berlin, Lauchhammer, Gleiwitz und an anderen Orten ihre Arbeit fort.

Fälschungen und Nachgüsse

Louis Beyerhaus, Wilhelm Ludwig Beyerhaus, Henri François Brandt, Anton Friedrich König, Johann Friedrich Gottlieb Müller, Christian Carl Pfeuffer, Christian Daniel Rauch, Christian August Stilarsky und Johann Martin Voigt und weitere namentlich nicht bekannte Künstler waren an der Gestaltung der Berliner Neujahrsplaketten beteiligt und verwendeten Motive von Kollegen wie Johann Gottfried Schadow, Karl Friedrich Schinkel und Christian Friedrich Tieck. Außer der Berliner Eisengießerei brachte auch die Sayner Gießerei eine Serie ähnlich gestalteter, vor allem mit Kirchen geschmückter Plaketten heraus.

Die Berliner Neujahrsplaketten mit Darstellungen von öffentlichen Gebäude und , Kirchen, aber auch von Standbildern, Brücken und anderen Sehenswürdigkeiten waren schon im 19. Jahr ein beliebter Sammelgegenstand und sind es heute noch viel mehr. Allerdings muss man aufpassen, denn nicht alles, was auch in diesem Bereich wie echt und alt ausschaut, muss es auch sein. Es gibt viele Nachgüsse, die nur vom Kenner etwa an unscharfen Konturen und abweichenden Maßen von den Originalen unterschieden werden können. Eine Beratung im Berliner Kunstgewerbemuseum oder Stadtmuseum Berlin, das eine vollständige Plakettenserie sowie einige Modelle besitzt, und in anderen Sammlungen kann die Frage „Echt oder falsch“ schnell entscheiden. Beim Jahreswechsel und noch mehr beim Übergang von einem Jahrhundert zum anderen hat man sich Gedanken über das, was die kommende Zeit bringen wird, und dies auch mit diesen Berliner Medaillen auf das Jahr 1800 mit dem aus der Antike übernommenen Januskopf kund getan.

21. September 2023