„Geld stinkt nicht“
Im Vierkaiserjahr 69 nach Christus war Vespasian siegreich, erließ eine Latrinensteuer und baute das Kolosseum in Rom



Kaiser Vespasian grenzte sich in seiner Herrschaftszeit von 69 bis 79 nach Christus von seinem despotischen Vorgänger Nero ab und gewann durch die erfolgreiche Konsolidierung des Reiches und seiner Finanzen nach Jahren des Chaos und der Willkür bei seinen Untertanen Dank und Anerkennung.





Würde es nicht Münzen mit dem Kopf des Vitellius und weiterer Kaiser und Kaiserlinge, wie Goethe einmal schrieb, wüssten wir kaum etwas von ihnen. Die Denare zeigen Galba und Otho sowie Sinnbildern ihrer Herrschaft.



In Rom sind noch die eindrucksvollen Reste des Kolosseums zu bestaunen. Die Festspiel- und Sportarena wurde 72 nach Christus unter Vespasian begonnen und nach nur acht Jahren von seinem Sohn Titus vollendet.





Das unter Vespasian begonnene Kolosseum in Rom ist auf einem von Kaiser Domitian seinem Bruder Titus gewidmeten Sesterz gewidmet. Der vom so genannten Cäsarenwahn befallene Gott-Kaiser Domitian fiel 96 einem Mordanschlag zum Opfer. Unter Titus wurde der Riesenbau im Jahr 80 vollendet. Eine von Antonio Cavino in Padua geschaffene Medaille (Paduaner) aus dem 16. Jahrhundert greift die Motive der antiken Bronzemünze auf.



Wer sich zum Sklaven des Geldes macht und das „Goldene Kalb“ anbetet, erwirbt nicht unbedingt Glück und Zufriedenheit. Der Teufel verteilt auf dem Bilderbogen aus dem 19. Jahrhundert Geld, aber Hintergrund wartet der Tod. Denn durch Melken eines Goldesels und Wetten auf Gewinn aus Glücksspiel und Börsenspekulation hat man schon vor Jahrhunderten als problematisch und Unglück bringend gegeißelt.





Sie mögen noch so reich und glücklich sein, irgendwann holt der Tod die Menschen zu sich. „Geld macht arm und reich, der Tod macht alle gleich“, heißt es in einem alten Sprichwort. Deshalb wird den Menschen geraten, fromm und mildtätig zu sein, solange sie am Leben sind, und sich von Habsucht, Geiz und Wucher fern halten. Der Holzschnitt zeigt, wie sich die Menschen bekämpfen, wenn es ums Geld geht.







Zum Thema Geld hat Johann Wolfgang von Goethe manch Nachdenkliches geschrieben. Er verstand etwas von Geld, und dies nicht nur als Weimarer Minister und Sammler alter Münzen und Medaillen, sondern auch was die Wirkungen auf die Menschen betrifft, die Verführbarkeit durch Geld und Gold betrifft. David Hansemanns Ausspruch, dass beim Geld die Gemütlichkeit aufhört, hat bis heute seine Gültigkeit nicht eingebüßt.



In Kaisers Zeiten war Sparen groß gefragt, heute wird diese Art des Umgangs mit Geld kritischer gesehen. (Fotos/Repros: Caspar)

Zweikaiser- oder Zweikönigsjahre sind nichts Besonderes, weil es nach einem Thronwechsel stets hieß „Der König ist tot, es lebe der König“. Wir kennen das Dreikaiserjahr 1888, in dem der deutsche Kaiser Wilhelm I. und sein krebskranker Sohn Friedrich III. kurz nacheinander starben. Kaiser Wilhelm II. hielt sich bis zur Novemberrevolution 1918 auf dem Thron. Ein Dreikaiserjahr gab es auch in Russland, als 1762 Peter III. der Zarin Elisabeth folgte und mit Preußen Frieden schloss. Nachdem aber der unbeliebte und wohl auch verrückte Peter III. nach nur sechsmonatiger Herrschaft noch im gleichen Jahr ermordet worden war, bestieg seine Gemahlin Katharina II., genannt die Große, den Thron. Sie ging als Reformerin in die Geschichte ein, hat sich aber auch durch Unterdrückung von oppositionellen Bestrebungen die Hände blutig gemacht. Ihr Sohn Zar Paul I. war ein machtgieriger, von seinem Gottesgnadentum überzeugter Despot, der 1801 von seinen eigenen Leuten umgebracht wurde.

Ein Vierkaiserjahr gab es 69 nach Christus im Römischen Reich. Unter bürgerkriegsartigen Umständen stritten sich vier machtbewusste Männer um die Nachfolge des berüchtigten Kaisers Nero, der ein Jahr zuvor durch Selbstmord geendet war. Zuerst wurde der schon recht betagte Servius Sulpicius Galba von der Garde auf den Schild gehoben. Als Kaiser versuchte er, von seinem Vorgänger Nero verteilte Geldgeschenke in Höhe von 2,2 Milliarden Sesterzen zurück zu erlangen. Das brachte Beamte, Soldaten und das Volk gegen ihn auf, die auf solche Gunsterweisungen nicht verzichten wollten. Gegen Galba regte sich alsbald Widerstand, und als er sich mit einer Sänfte durch Rom tragen ließ, stürzten sich abtrünnige Soldaten auf ihn und schlugen ihn tot.

Streit um Herrschaft und schmähliches Ende

Nach Galba stritten sich Otho, Vitellius und Vespasian um die Herrschaft. Doch Othos Rückhalt bei den Legionen war nicht stabil, sein Kaisertum dauerte nur drei Monate, und auch die kurze Herrschaft des Vitellius verlief blutig und ohne Glück. Obwohl sich Vitellius von seinen Untertanen feiern ließ und prahlerische Reden hielt, regten sich Kritik und Widerstand. Das Ende des Trunkenbolds und Großmauls war ausgesprochen unkaiserlich, denn seine Widersacher haben ihn öffentlich gefoltert und seine Leiche in den Tiber geworfen. Alle diese und spätere Imperatoren bekundeten ihren hohen Rang durch Prägung von Münzen mit ihrem Bildnis und gaben sich als Vater des Vaterlandes aus. Der Handel bietet die Geldstücke aus edlem und unedlem Metall regelmäßig an.Da es große Seltenheiten gibt, dürfte es Sammlern schwer fallen, Belegstücke von a l l e n Kaisern in ihren Besitz zu bekommen, denn sie müssen viel Geduld aufbringen und ebenso viel Geld einsetzen.

Als letzten gelang es Vespasian, dem aus der Familie Flavier stammende Feldherrn aus Neros Zeiten, noch im gleichen Jahr 69 den römischen Thron zu besetzen. Der Realpolitiker war zehn Jahre an der Macht, ihm gelang es, die desolaten Staatsfinanzen zu stabilisieren. Indem er an die Politik des Kaisers Augustus anknüpfte, grenzte er sich deutlich von seinem despotisch und chaotisch herrschenden Vorgänger Nero ab. Er reduzierte die Staatsschulden und brachte ein reges Bauprogramm auf den Weg. Die Mittel dafür wurden durch die Wiedereinführung von Steuern, Steuererhöhungen und neue Steuern aufgebracht. Der Kaiser förderte Kunst und Literatur und sicherte seine Stellung durch Integration hochrangiger Familien im Senat. Durch geschickte Propaganda in eigener Sache avancierte er zu einem auch beim Volk beliebten und geachteten Monarchen. Nach dem Tod des Siebzigjährigen erhob der Senat ihn als Divus augustus zum Gott. Sein Sohn Titus beendete als Oberbefehlshaber der römischen Soldaten den Jüdischen Krieg, in dem Jerusalem&xnbsp;und der Tempel zerstört wurden. In Rom wurde ihm zu Ehren der Titusbogen an der Via Sacra und ein weiterer Bogen am Circus Maximus geehrt. Die Kriegsbeute diente der Finanzierung der Bautätigkeit in Rom.

Alte und neue Steuern

Titus vollendete 80 nach Christus Kolosseum, in seine Regierungszeit fiel der Ausbruch des Vesuv im Jahr 79. Dessen Lava begrub Herculaneum und Pompeji und tötete unzählige Menschen. Titus ging als derjenige in die Geschichte ein, der seinem Reich Wohlstand und Stabilität bescherte, aber auch viel Leid über die Juden brachte. Es versteht sich, dass Münzen zur Erinnerung an den Sieg in Judäa mit Inschriften wie „Iudaea capta“ oder „Iudaea devicta“ geprägt wurden. Vespasian und Titus zu Ehren hat man in Rom Triumphbögen errichtet. Der Titusbogen ist der früheste seiner Art. Er feiert die Aufnahme seines Namensgebers in den Kreis der Götter und schildert die römische Sicht auf den Sieg über Judäa.

Dem aus einer Familie von Steuereintreibern stammende Vespasian wird der berühmte Ausspruch „Pecunia non olet - Geld stinkt nicht“ zugeschrieben. Er soll den Satz zu seinem Sohn Titus beim Anblick von Münzen gesagt haben, die durch eine Latrinensteuer in die Staatskasse geflossen waren. In Erinnerung an den Kaiser werden bis heute in Frankreich öffentliche Toiletten (Urinale, Pissoires) auch Vespasiennes genannt. Gering dürften die Einnahmen aus der Toiletten-, Harn oder Latrinensteuer nicht gewesen sein, denn überall in Römischen Reich gab es öffentlichen Bedürfnisanstalten, und es wurde peinlich darauf geachtet, dass man nur dort gegen einen kleinen Obolus sein „Geschäft“ verrichtet und nicht auf öffentlichen Plätzen oder Gartenanlagen. Da Vespasian im Unterschied zu seinen Vorgängern und Nachfolgern einen sparsamen Lebensstil pflegte, nannten seine Untertanen ihn verächtlich auch Heringshändler, was ihn aber nicht anfocht.

Reges Bauen und Wirtschaftsförderung

Der Kaiser machte sich einen guten Namen durch rege Bautätigkeit und Wirtschaftsförderung in seinem Riesenreich. Vor allem die Hauptstadt Rom profitierte von gewaltigen Investitionen, die Vespasian in die Wege leitete. Er ließ das Kapitol wieder aufbauen, das während des Bürgerkriegs anno 69 zerstört worden war. Ein unter seiner Ägide errichteter Friedenstempel sowie ein monumentales Amphitheater, das wir heute als Kolosseum kennen, aber auch Straßen, Brücken und Wasserleitungen quer durch das Riesenreich sind wichtige Zeugnisse für den wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung unter seiner Regentschaft und der seiner Nachfolger. Im Unterschied zu seinen Vorgängern und manchem seiner Nachfolger starb Vespasian eines natürlichen Todes an den Folgen einer Durchfallerkrankung. Der klassische Ausspruch über das geruchslose Geld meint, dass es egal ist, aus welchen Quellen die Finanzen sprudeln, wichtig sei es, dass sie es tun. „Pecunia non olet“ sicherte dem als pragmatisch und energisch geschilderten Vespasian einen Platz in der Literatur über geflügelte Wörter. Dort sind unzählige Aussprüche über Geld und Gold zu finden. Bei den meisten sind die Verfasser nicht bekannt, genannt seien „Geld regiert die Welt“ oder „Wo Geld ist, da ist der Teufel; wo keins ist, da ist er zweimal“. Aus dem Persischen kommt die Botschaft „Magst du auch Geld und Gut endlos zusammentragen, du wirst doch nackt und bloß zuletzt ins Grab getragen“, aus dem Arabischen kommt „Zahlst du das Geld, dann kommt auch die Braut“, und aus dem Chinesischen mit Blick auf Kungeleien im Justizwesen „Das hohe Tribunal steht jedem offen. Doch nur, wer Geld hat, darf auf Erhörung hoffen.“ Im Sprüchebeutel finden sich Weisheiten wie diese: „Wer den Groschen nicht ehrt, ist des Talers nicht wert“ und „Wer den Groschen nicht ehrt, hat selbst nicht viel Wert“ oder „Im Übrigen kann man auf Erden / viel schneller, als man es gedacht, / vom Tausender zum Groschen werden. / Mein Herr, das kommt oft über Nacht“, schrieb, um einen Autor von heute zu erwähnen, der Dichter und Kabarettist Robert T. Odeman.

Mittel zu Freiheit und Knechtschaft

Antike Redner und Autoren rieten zur Vorsicht, denn Geld macht nicht glücklich. „Geld ist die Königin der Welt, schafft alles dir: ein reiches Weib, Kredit und Freunde, Adel, alles! Die Überredung wohnt auf deinen Lippen und Venus schmückt mit ihrem Gürtel dich“, schrieb Horaz in seinen Episteln, und er fügte hinzu „Dem Wachsen des Geldes folgt die Sorge.“ In seinen Satiren schrieb der Dichter Juvenal „Um verlorenes Geld und Gut werden die aufrichtigsten Tränen geweint“. Und Cicero wusste: „Die Menschen verstehen nicht, welch große Einnahmequelle in der Sparsamkeit liegt. Keine Festung ist so stark, dass Geld sie nicht einnehmen kann.“ „Es ziemt sich, dem Geld zu gebieten, nicht ihm zu dienen“ ist von Seneca überliefert.

Aus dem Englischen kommen Spruchweisheiten wie diese: „Wer mehr ausgibt als er sollte, wird nichts zum Ausgeben haben, wenn er möchte“ und „Besser ohne Abendessen zu Bett gehen, als mit Schulden aufzuwachen“. Der italienische Historiker, Staatsmann und Niccolò Machiavelli, der das Prinzip „Der Zweck heiligt die Mittel“ vertrat, wies seine Zeitgenossen darauf hin, es komme nicht auf die Größe des angehäuften Vermögens an, „sondern auf seine rechte Verwendung“. „Gott will nicht, dass man nicht Geld und Gut haben und nehmen soll, oder, wenn man’s hat, wegwerfen solle, wie etliche Narren unter den Philosophen und tolle Heilige unter den Christen gelehrt und getan haben“, war Martin Luthers Meinung über den Umgang mit Geld. Der gut verdienende Professor und Kirchenmann war überzeugt: „Wer kein Geld hat, dem hilft nicht, dass er fromm ist“, und meinte damit, dass gutes und gottgefälliges Leben auch materiell abgesichert werden muss.

Der englische Dichter William Shakespeare wusste, wo Geld vorangeht, seien alle Wege offen, und der französische Philosoph Jean Jacques Rousseau hielt fest, solange er noch Geld in seiner Börse habe, sei seine Unabhängigkeit gesichert. „Das Geld, das man besitzt, ist das Mittel zur Freiheit, dasjenige, dem man nachjagt, das Mittel zur Knechtschaft“, stellte im 18. Jahrhundert der Göttinger Schriftsteller und Physiker Georg Christoph Lichtenberg fest. Sein Zeitgenosse Christoph Martin Wieland riet zur Mäßigung, als er sagte: „Genieße, was du hast, als ob du heute noch sterben solltest; aber spar es auch, als ob du ewig lebtest. Der allein ist weise, der, beides eingedenk, im Sparen zu genießen, im Genuss zu sparen weiß“. Der französische Aufklärer Voltaire wusste, es sei leichter über Geld zu schreiben als es zu verdienen.

Wo die Gemütlichkeit aufhört

Johann Wolfgang von Goethe fasste die Wirkungen von Geld und Gold auf die Menschen und ihre Hinwendung zu Reichtum und damit verbunden Macht auf klassische Weise zusammen. „Wie feuchten Ton will ich das Gold behandeln, / Denn dies Metall lässt sich in alles wandeln“, sagt der Geiz im zweiten Teil des „Faust“. Wie Goethe haben auch andere kluge Leute Nachdenkliches über Geld und Gold hinterlassen. Er wusste, wie man mit unsauberen Methoden aus Geld Geld machen kann, und er sah in ihm eine Metapher für Lug und Betrug im Umgang mit Geld und anderen Werten. „Fürsten prägten so oft auf kaum versilbertes Kupfer / Ihr bedeutendes Bild; lange betrügt sich das Volk. / Schwärmer prägen den Stempel des Geists auf Lügen und Unsinn; / Wem der Probierstein fehlt hält sie für redliches Gold“, heißt es in den Venezianischen Epigrammen Nummer 56.

„Bei Geldfragen hört die Gemütlichkeit auf, da muss bloß der Verstand uns leiten“ erklärte der Bankier, Abgeordnete und 1848 für ein paar Monate preußische Finanzminister David Justus Ludwig Hansemann. Die zum geflügelten Wort gewordene Warnung fiel am Vorabend der Revolution im Zusammenhang mit der Forderung des preußischen Königs Friedrich Wilhelms IV., der Landtag möge Kredite ohne Wenn und Aber gewähren, ohne dass er Einfluss auf die Regierungsgeschäfte erhält. Manche Sprüche haben eine moralisierende Tendenz, der erhobene Zeigefinger ist nicht zu übersehen. Die Weisheiten mögen bei denjenigen gut ankommen, die wenig Geld haben, andere aber ignorieren die Warnungen vor den Gefahren, die von Geld und Macht ausgehen können. Die Geschichte lehrt, dass manche Großverdiener mit ihrem vielen Geld nicht zurecht kamen und am Ende in Einsamkeit und Depression landeten. Denn schon Albert Einstein und Mahatma Gandhi wussten: „Die besten Dinge im Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt“ und „Reich wird man erst durch Dinge, die man nicht begehrt.“

22. Januar 2024