Reformen mit Hindernissen
Was die Reichsmünzordnungen zu bedeuten hatten und welchen Erfolg Maßnahmen gegen Fälscher hatten



Der farbige Holzschnitt von 1511 symbolisiert mit den Wappenschildern auf den Flügeln des Reichsadlers die Vielzahl geistlicher und weltlicher Fürstentümer und Reichsstädte und zeigt, wie zersplittert das Römisch-deutsche Reich ist.



Der 1486 kreierte Guldengroschen, der den Tiroler Erzherzog Sigmund den Münzreichen stehend und reitend zeigt, war das Vorbild des Talers und zugleich das silberne Äquivalent des Goldguldens. Der halbe Guldengroschen zeigt Sigmund den Münzreichen im Prtofil und als stolzen Reiter.



Die sächsischen Kurfürsten schlugen aus ihren Silbergruben im Erzgebirge viel Kapital und prägten Unmengen großer und kleiner Münzen, hier ein Halbtaler von 1500 Johannes dem Täufer. In der Umschrift werden Friedrich der Weise und seine Brüder Georg und Johannes erwähnt, die Angabe von Jahreszahlen war damals neu.



Das Spottbild zeigt, wie Kipper und Wipper zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) aus dem guten alten Silbergeld minderwertige Münzen herstellen.



Münzmandate sind interessante Zeugnisse für das Auf und Ab der Münz- und Geldgeschichte im Römisch-deutschen Reich und darüber hinaus. In ihnen haben Monarchen und städtische Magistrate – hier ein kaiserliches Münzmandat von 1665 - auch vor fremden und minderwertigen Geldstücken gewarnt und zu Ehrlichkeit im Umgang mit Geld ermahnt.



Im 18. und 19. Jahrhundert wurde die Zersplitterung des deutschen Münzwesens mehr und mehr zur Last und war ein ernstes Hindernis für die Entwicklung von Handel und Wirtschaft. Die Antwort war 1750 die Schaffung des preußischen Reichstalers. Fünf Stück gingen auf den goldenen Friedrichs d'or.



Die Herstellung von Goldgulden, Talern und kleinen Werten unterlag strengen Regeln, die in Reichs- und anderen Münzordnungen festgelegt waren. Doch haben Münzstände immer wieder Mittel und Wege gefunden, sie zu umgehen und vor allem mit illegalen Mitteln bei kleinen Werten „Kasse“ zu machen.



In Österreich hat man Konventionstaler mit dem Porträt der Kaiserin Maria Theresia geschmückt. Die Grazer Ausgabe unterstreicht mit der Zahl X hinter der Jahreszahl 1765, dass zehn solcher Taler auf die kölnische Mark gehen.



Die 1871 im neuen Deutschen Reich eingeführte Einheitswährung Mark und Pfennig musste sich manchen Spott gefallen lassen. Nebenher noch umlaufendes Geld wurde nach und nach eingezogen. (Fotos/Repros: Caspar)

Die von Kaiser Karl dem Großen initiierte Münzreform hatte nicht lange Bestand, schon bald waren große und kleine geistliche und weltliche Fürsten im Besitz des Münzrechts. Seit dem 13. Jahrhundert kamen Freie und Reichsstädte hinzu, die aus gegen Geldzahlung und gute Dienste mit diesem einträglichen und prestigeträchtigen Privileg „begnadet“ wurden. Das Durcheinander im Münz- und Geldwesen rief nach Reformen, denn geordnete Verhältnisse in der Geldwirtschaft waren dringender denn je. Was damals geprägt wurde, erfreut heute Händler und Sammler, denn zum Glück ist trotz der sich immer wiederholenden Einziehungen und Einschmelzungen noch vieles erhalten geblieben, und bei Ausgrabungen kommen zur Wohle der Wissenschaft immer wieder interessante Münzfunde ans Tageslicht.

Nach manchen vergeblichen Anläufen kam 1524 in Esslingen eine zuvor auf dem Nürnberger Reichstag eingesetzte Kommission zu einer Übereinkunft. Mit der Esslinger Münzordnung begann die neuzeitliche Periode der deutschen Münzgeschichte. Seit 1521 verhandelt , legte sie die Gleichberechtigung des silbernen Guldengroschen, auch Joachimsthaler, Thaler oder Taler genannt, mit dem Goldgulden fest. Angesichts des allgemeinen Goldmangels war ein silbernes Äquivalent dringend notwendig geworden. Der neue Reichsguldiner sollte 29,93 Gramm wiegen und einen Feingehalt im Gewicht von 27,41 Gramm enthalten. Festgelegt wurde die Ausgabe von ganzen und halben Talern sowie Vierteltalern, Zehnern (1/10 Taler) Groschen (1/21 Taler), Halbgroschen und Gröschlein im Wert von 1/42 und 1/84 Talern. Gestattet wurde auch die Prägung von Pfennigen und Hellern.

Rechnung nach der Kölnischen Mark

Die nach der Esslinger Reichsmünzordnung hergestellten Münzen sollten das Wappen des jeweiligen Münzstandes auf der einen sowie Namen und Titel des Kaisers und den doppelköpfigen Reichsadler auf der anderen Seite zeigen. So gut alles ausgedacht war, so wenig haben sich Fürsten und Städte nach der Esslinger Münzordnung gerichtet, von Ausnahmen abgesehen. Da das auf süddeutschen Vorschlägen beruhende Regelwerk zu wenig die Belange der norddeutschen Münzstände berücksichtigte, war ihm kein Erfolg beschieden, weshalb 1551 und 1559 in Augsburg zwei weitere Reichsmünzordnungen verhandelt und beschlossen wurden.

Grundlage aller Berechnungen war die Kölnische Mark im Gewicht von rund 233 Gramm, und so heißt es gleich im Paragraph 1 der Reichsmünzordnung, „daß solch gemein Reichs Müntz im Namen, Stuck und Gehalt, auff ein fein Marck Silbers Colonischen Gewichts gesetzt und ausgetheilt werden soll.“ Wichtig war die Festlegung, dass die in zahllosen Münzstätten hergestellten Sorten auf Probationstagen auf ihre Qualität, das heißt nach des Reiches Schrot und Korn (Gewicht und Feingehalt) geprüft werden sollen. Die Münzmeister mussten Belegstücke in versiegelte „Fahrbüchsen“ werfen und darüber Buch führen. Der Inhalt wurde bei den vom Kreiswardein vorgenommenen Prüfungen (Valvationen) gesichtet und bewertet. Wenn man feststellte, dass die Probestücke nicht den Vorschriften entsprechen, hat man die ganze Partie verboten. In extremen Fällen wurden die betreffenden Münzschmieden auch geschlossen und die verantwortlichen Mitarbeiter mit Geldbußen und/oder Landesverweis belegt und in schweren Fällen auch an Leib und Leben bestraft.

Schwere Strafen für Münzfälscher

Da der Stand der Metallverarbeitung und der Prägetechnik niedrig war, konnte bei „kreativer“ Auslegung der Vorschriften viel zusätzlicher Profit erwirtschaftet werden. Fürsten und Städte als Auftraggeber oder Besitzer der Münzstätten an dem Münzbetrug sahen ihren Untergebenen nicht selten den Münzbetrug nach und reagierten erst, wenn der Skandal nicht mehr zu vertuschen war. Da das Gewicht und der Feingehalt der einzelnen Sorten von Münzstätte zu Münzstätte leicht differierten, haben Aufkäufer die schweren Stücke eingesammelt und zum Einschmelzen weiterverkauft, während die leichten, manchmal auch durch Beschneiden etwas leichter gemachten Münzen weiter im Umlauf waren. In der Zeit der Kipper und Wipper zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs und dann noch einmal am Ende des 17. Jahrhunderts nahm die Geldverschlechterung solche Ausmaße an, dass die kaiserliche Zentralgewalt sowie die Fürsten und Städte massiv einschreiten mussten. Sie taten das allerdings erst, als sie genug Geld verdient hatten und minderwertige Münzen zurück in die Staats- und Stadtkassen flossen und großen Schaden anrichteten.

Regelwerke in turbulenten Zeiten

So gut alles erdacht war, so wenig haben sich viele Fürsten und Städte nach der Esslinger Münzordnung gerichtet. Da die auf süddeutschen Vorschlägen beruhenden Vorschriften zu wenig die Belange der norddeutschen Münzstände berücksichtigten, war ihr kein Erfolg beschieden, weshalb 1551 und 1559 in Augsburg weitere Reichsmünzordnungen verhandelt und beschlossen wurden. Zwischen der Esslinger Münzordnung und späteren Regelwerken lagen turbulente Jahrzehnte. Sie waren von der Lutherschen Reformation und den Religionskriegen, von blutigen Bauernunruhen und die Abwehr der nach Europa vordringenden Türken, aber auch durch einen Aufschwung von Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst geprägt.

Die Augsburger Reichsmünzordnung von 1551 brachte frischen Wind in die Münz- und Geldverhältnisse des Reiches. Sie berücksichtigte, dass inzwischen unzählige verschiedenartige Kleinmünzen wie Kreuzer und Batzen im Umlauf waren und bestimmte deren Wertverhältnisse. Auf dem Augsburger Reichstag von 1548 erging der Auftrag, eine neue Reichsmünzordnung auszuarbeiten. Jetzt sollte der Guldiner beziehungsweise Reichstaler 72 Kreuzer oder 18 Batzen gelten, und acht Stück sollten von dieser hochwertigen Silbermünze auf die kölnische Mark gehen. Unterteilt wurde sie in Halb- und Viertelstücke und weitere Werte. Die alten Taler wurden mit 68 Kreuzern zu niedrig bewertet, außerdem war den nördlichen Regionen des Reiches die Verwendung des süddeutschen Kreuzers fremd.

Durcheinander beim Kleingeld

Die Augsburger Münzordnung von 1551 ließ sich nicht umsetzen, weshalb an einer Verbesserung gearbeitet wurde. Neu eingeführt wurde durch die Reichsmünzordnung von 1559 der Guldiner oder Guldentaler 60 Kreuzern, doch wurden weiterhin die höherwertigen Reichstaler und ihre Teilstücke im täglichen Geldverkehr verwendet. Im Bereich des Münzgoldes hat man den alten Goldgulden durch den Dukaten ersetzt. Ein heilloses Durcheinander gab es bei den Kleinmünzen, denn bei ihnen ließ sich noch am meisten Profit machen. Da sich der gute alte Taler nicht so ohne weiteres durch eine leichtere und billigere Version, den Guldentaler, verdrängen ließ, wurde er 1566 durch einen Zusatz zur Augsburger Münzordnung 1551 wieder zugelassen.

Kaiser und Reich hatten allen Grund, mit ihren Münzordnungen gegen das „betriegliche pregen aller Reichsmüntzen“ vorzugehen. Im Abschied des Reichstags zu Speyer 1570 wurde gefordert, mit Mandaten und anderen Deklarationen gegen schlechte goldene und silberne Münzen vorzugehen. Künftig sollten diese Stücke weder angenommen noch ausgegeben werden. Sie sollten eingesammelt und „nach ihrem rechten Wert“ in gute Reichssorten aufgewechselt werden. Auf diese Weise dürften Unmengen großer und kleiner Geldstücke im Schmelztiegel verflüssigt worden sein. Kurfürsten, Fürsten und Stände, Städte und anderen Obrigkeiten wurde befohlen, „allenthalben in ihren Steten, Landen und Gepieten, sonderlich auf den Jahrmärkten ernstlich Aufmerkens zu haben und zu inquiriren, damit kein Reichs güldene und silberne Müntz, noch auch rohe Silber aus dem Reich zu Wasser und zu Lande verführt, noch auch verpotene güldene und silberne Müntzsorten eingeführt“ werden. Verstöße gegen dieses Gebot sollten mit „ernstlicher Straff“ belegt werden, was immer man darunter verstand. Konfiszierte Münzen wurden von der Obrigkeit „verwahrlich“ genommen. Das hatte zur Folge, dass da und dort in Archiven Dokumente zum Thema „Münzverbrechen“ samt leichte Belegstücken und solche aus minderwertigem Metall abgelegt wurden. Sie sind einzigartige Quellen der Kultur-, Justiz- und Kulturgeschichte und zeigen, dass die Regierungen in diesem Bereich nicht mit sich spaßen ließen. Überliefert sind Akten von Prozessen, die für die Angeklagten oft mit der Todesstrafe endeten.

Zinnaischer und Leipziger Münzfuß

Um die Ausgaben für das Heer und die Landesentwicklung bestreiten zu können, aber auch fremdes Geld abzuwehren und dem eigenen besseres Ansehen zu verschaffen, schlossen Brandenburg mit Kursachsen 1667 im Kloster Zinna (Landkreis Teltow-Fläming) eine Konvention ab. Der Zinnaische Münzfuß, dem sich 1668 die braunschweigischen Herzöge anschlossen, legte die unveränderte Prägung der guten alten Reichstaler fest. Kleinere Werte aber sollten „leichter“ ausgebracht werden. Beliebtestes Nominal war nun der Gulden oder Zweidritteltaler, dessen Prägung in den genannten Territorien nach einheitlichem Standard, jedoch unterschiedlichem Design erfolgte. 1690 wurde der Zinnaische Münzfuß durch einen in Leipzig geschlossenen Vertrag durch den etwas leichteren Leipziger Münzfuß ersetzt, um eine Abwanderung besserer Sorten in fremde Schmelztiegel zu verhindern. Beide Abmachungen waren ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur deutschen Münzeinheit, die erst 1871 durch die Schaffung der Mark im neu gegründeten Kaiserreich möglich wurde.

Niedergang von Handel und Wandel

Mit Blick auf die Mühen des Großen Kurfürsten und ganz allgemein die Verhältnisse im Römisch-deutschen Reich schrieb Emil Bahrfeldt in seinem Grundlagenwerk über das Münzwesen der Mark Brandenburg im 17. Jahrhundert, seine wiederholten Versuche, geordnete Münzverhältnisse zu schaffen, seien auf außerordentliche Schwierigkeiten gestoßen, die nicht in den ungünstigen Verhältnissen des eigenen Landes lagen, sondern in denen ganz Deutschlands und darüber hinaus nach dem Dreißigjährigen Krieg. „Die politische Zerrissenheit, der Niedergang von Handel und Wandel, der Verlust an Nationalvermögen, die Schwächung des ganzen Wirtschaftslebens, weiter die sinkende Ausbeute der Silbergruben unseres Vaterlandes, das Steigen der Silberpreise, die Geldkalamitäten, das Entstehen zahlreicher Heckenmünzen, in denen der gute alte Taler eingeschmolzen und in geringhaltige Scheidemünze umgeprägt wurde, die Verpachtung der Münzen - das alles waren Hindernisse, die einer Ordnung der Münzverhältnisse im ganzen Reiche entgegenstrebten, sie verhinderten.“ Der Altmeister der brandenburgisch-preußischen Münzkunde fügt hinzu, den Fürsten sei nur Selbsthilfe übrig geblieben. Ihre Patente, Edikte und Mandaten in Münzsachen „legen ein beredtes Zeugnis davon ab, wie sie sich dieser Münzkalamitäten zu erwehren trachteten.“

Preußischer Reichstaler

Als der preußische König Friedrich II., der Große, 1740 den Thron bestieg, fand er ein ziemlich unterentwickeltes Münz- und Geldwesen in seinem Reich vor. Da es keine nennenswerte Edelmetallvorkommen besaß, mussten das zur Münzprägung notwendige Edelmetall teuer importiert werden. Angesichts der Knappheit an eigenem Geld bezahlte man mit ausländischer Währung, darunter auch mit französischen Münzen. Der junge König wollte von diesem „Franzgeld“ und anderen fremden Sorten unabhängig sein und aus einer straff organisierten Münzprägung natürlich auch Profit herausschlagen. Angesichts der unbefriedigenden Währungsverhältnisse drang Friedrich II. auf eine umfassende Erneuerung des preußischen Münzwesens. An seine Seite stellte er einen profunden Fachmann - Johann Philipp Graumann, der im Dienst des Herzogs Karl von Braunschweig-Wolfenbüttel, eines Schwagers Friedrichs II., für das Finanz- und Münzwesen zuständig war. Graumann wurde mit der Ausarbeitung einer Münzreform beauftragt, die im Jahre 1750 per Edikt verkündet wurde und nach Graumann benannt ist. Friedrich II. bemerkt darin „höchstmissfällig“, dass die von seinen Vorfahren erlassenen Münzverordnungen nicht den gewünschten Effekt haben. Schlechte und im Gewicht verminderte Münzen würden die Einnahmen und das Eigentum der Untertanen schmälern, und es bestehe Verwirrung in der Kaufmannschaft. Mit der nun eingeleiteten Münzreform soll das „sehr verfallene Müntz-Wesen in gute Ordnung“ gebracht werden. Sie legte unter anderem fest, dass jede preußische Münzstätte einen eigenen Kennbuchstaben erhielten. Das Berlin verliehene A wird dort bis heute verwendet. Durch die Graumann’ sche Reform wurde ein neuer Münzfuß aus der Taufe gehoben, der 14-Taler-Fuß. Vierzehn Reichstaler mit einem Gewicht von 22,27 Gramm und einem Feinsilbergehalt von 16,70 Gramm sollten aus der kölnischen Mark zu 233,8 Gramm gewonnen werden. Gegenüber dem alten, schweren Taler nach dem Reichsmünzfuß von 1566, bei dem neun Stück auf die kölnische Mark gingen, waren die preußischen Reichstaler mit dem königlichem Bildnis und dem von Fahnen flankierten Adler erheblich leichter. Geteilt wurde der Reichstaler in Halb-, Drittel- und Viertelstücke, hinzu kamen Sechstel- und Zwölfteltaler und kleinere Werte. In Gold wurden der Doppelfriedrichs d’or, Einfriedrichs d’or und ½ Friedrichs d’or geprägt. Sie galten zehn, fünf und 2 ½ Taler. Dass Friedrich II. die neue Münze „Reichstaler“ nannte, entsprach einer strategischen Überlegung. Der Name sollte dem preußischen Geld zusätzliche Anerkennung im Reich verschaffen und seine Akzeptanz erhöhen, was allerdings gelang nur bedingt gelang. Um zu verhindern, dass die neuen Münzen beschnitten werden, bekamen sie einen gekerbten Rand.

Beliebtes Zahlungsmittel in Afrika

Als Nachfolger des guten alten Reichstalers wurde der Konventionstaler ab 1750 in den österreichischen Ländern und später in Bayern, Süddeutschland, Sachsen und weiteren Teilen des Römisch-deutschen Reichs eingeführt. Dass zehn Stück auf die Kölnische Mark gehen, hat man mit der römischen Ziffer X ausgedrückt. Bekannteste Konventionsmünze ist der Maria-Theresien-Taler, der auch in anderen europäischen und außereuropäischen Territorien als Handelsmünze und Zahlungsmittel diente und bis weit ins 20. Jahrhundert ein beliebtes Zahlungsmittel in Afrika und Asien war. Im 19. Jahrhundert wurde die Zersplitterung des deutschen Münzwesens mehr und mehr zur Last, zu einem ernsten Hinderungsgrund für die Entwicklung von Handel und Wirtschaft und zur Überwindung der Grenzen im Deutschen Bund, einer nach den Befreiungskriegen gebildeten lockeren Vereinigung großer und kleiner Fürstentümer und Freier Städte unter Vorsitz des österreichischen Kaisers.

Die Herstellung einheitlicher Verhältnisse im Münzwesen sowie bei den Maßen und Gewichten vollzog sich bis zur Reichseinigung von 1871 in mehreren Stufen nicht ohne Widerstand einiger Fürstentümer, die auf ihre Souveränität und damit auf das einträgliche der Münzprägung pochten. Bereits 1833 war unter preußischer Führung jedoch ohne Österreich der Deutsche Zollverein gegründet und am 1. Januar 1834 in Kraft gesetzt worden. Mit ihm verwandelte sich der Deutsche Bund in ein geschlossenes Wirtschaftssystem, dem allerdings noch einheitliche Münzen, Maßen und Gewichte fehlten. Mit Blick auf die Lösung dieses Problems verpflichteten sich die Mitgliedsländer des Zollvereins, „dahin zu wirken, daß in ihren Landen ein gleiches Maß-, Münz- und Gewichtssystem in Anwendung komme und hierüber sofort besondere Verhandlungen einleiten zu lassen“. Die Gründung des Zollvereins war für einige Länder so wichtig, dass sie auf Gedenktalern den Segen dieses Zusammenschlusses für Handel und Verkehr feierten.

Vereinheitlichung in mehreren Stufen

Dem Zollverein waren regionale Vereinbarungen Preußens mit benachbarten Ländern in Norddeutschland sowie solche in Süddeutschland vorangegangen. Der Versuch der Regierung in Berlin, ihn als Vehikel zu benutzen, um auch eine einheitliche deutsche Münze zu schaffen, wurde vor allem von den süddeutschen Staaten abgelehnt. Sie befürchteten eine „Verpreußung“ des Deutschen Bundes und den Verlust ihrer Rechte und Einflussmöglichkeiten. Die verworrenen Währungsverhältnisse vor allem im süddeutschen Raum wurden 1837 durch den Münchner Münzvertrag zunächst zwischen Baden, Bayern, Frankfurt am Main, Hessen-Darmstadt, Nassau und Württemberg, später mit Sachsen-Meiningen, Hohenzollern, Hessen-Homburg und Schwarzburg-Rudolstadt verbessert. Aus der kölnischen Mark zu rund 232 Gramm gewann man 24 ½ Silbergulden, von denen jeder 60 Kreuzer wert war. Dabei wurde, erstmals in der deutschen Münzgeschichte, ein dezimaler Feingehalt von 900/1000 festgelegt, Außerdem erhielten die Münzen den gleichen Durchmesser und eine sich ähnelnde Wappengestaltung in Kombination mit dem Bildnis des jeweiligen Regenten. 1838 wurde mit der Dresdner Münzkonvention ein weiterer Schritt zur Münzeinheit vollzogen. Vertragspartner waren unter preußischer Führung Sachsen, Kurhessen, Sachsen-Weimar sowie die „Guldenländer“ Bayern, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau und Frankfurt am Main und später weitere Mitglieder des Deutschen Bundes. Der Dresdner Vertrag verband die beiden Geldsysteme, wobei man den im norddeutschen Raum geltenden Taler und den süddeutschen Gulden in ein festes Verhältnis setzte. Gemeinsame Hauptsilbermünze war der Doppeltaler, eine mit 37,1 Gramm recht schwere und unhandliche Münze, die nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet wurde. Auf den Silberstücken hat man vermerkt, dass sie den Wert von 3 ½ Gulden besitzen, während sich umgekehrt süddeutsche 3 ½ Guldenstücke als Zweitalerstücke zu erkennen gaben. Im Volksmund bürgerte sich für den Doppeltaler der Spitzname Champagnertaler ein, wohl weil eine Flasche dieses prickelnden Getränks ungefähr zwei Taler kostet.

Bei den Verhandlungen in Dresden hat man über den Namen der noch zu schaffenden Gemeinschaftswährung diskutiert – As nach einer römischen Münze, Einer, Mark, Neugulden, Neupfennige oder Cent standen zur Diskussion. Doch konnte man sich nicht einigen. Interessant ist, dass zu jenem frühen Zeitpunkt die Mark, eine in der frühen Neuzeit kreierte Silbermünze der Hansestädte, als Namensgeber im Gespräch war. Auf sie kam man nach der deutschen Reichseinigung 1871 zurück, als eine Bezeichnung für das neue Geld gesucht wurde.Nach der Ausrufung des preußischen Königs Wilhelm I. zum deutschen Kaiser am 18. Januar 1871 in Versailles bei Paris wurde im neu gegründeten Deutschen Reich die Mark als Einheitswährung aus der Taufe gehoben.Nach der Ausrufung des preußischen Königs Wilhelm I. zum deutschen Kaiser am 18. Januar 1871 in Versailles bei Paris wurde im neu gegründeten Deutschen Reich die Mark als Einheitswährung aus der Taufe gehoben.

Beim Ringen um die deutsche Münzeinheit setzte sich vor allem Sachsen dafür ein, die zu schaffende Währung Mark zu nennen. Das entsprach dem Wunsch nach einem Nominal, das sich mit seinem Namen grundsätzlich vom Taler oder Gulden unterscheidet und eine neue Entwicklung markiert. Mit der Geburt der Mark wurde das Nebenherbestehen von acht Münzsystemen überwunden. Die von Deutschland als Sieger festgelegten französischen Reparationsleistungen in Höhe von fünf Milliarden Francs setzten sich aus Warenlieferungen sowie Zahlungen in Form von Bargeld, Goldbarren und Wechseln zusammen. Der Edelmetallzufluss ermöglichte es dem Deutschen Reich, eine umfangreiche Goldmünzenproduktion aufzulegen. Die Kontributionszahlungen kurbelten die deutsche Wirtschaft an, der Geldzufluss hatte die berühmt-berüchtigten Gründerjahre zu Folge, in denen Unternehmen und Aktiengesellschaften entstanden, viele jedoch nach kurzer Scheinblüte in sich zusammenbrachen. Die Gründerjahre in Berlin waren gekennzeichnet durch einen Bauboom sondergleichen. Die neue Reichshauptstadt entwickelte sich zur Millionenmetropole, hier schlug das wirtschaftliche Herz des neuen Zentralstaates, hier schlugen auch die Banken ihre Zentralen auf.

Das Münzgesetz vom 4. Dezember 1871 verfügte die Einführung einer neuen Währung zu Mark und Pfennig mit den Worten: „Es wird eine Reichsgoldmünze ausgeprägt, von welcher aus Einem Pfunde feinen Goldes 139 ½ Stück ausgebracht werden. Der zehnte Teil dieser Goldmünze wird Mark genannt und in hundert Pfennige eingeteilt.“ Mit ihrem Name bezog sich die neue Währung auf eine sehr alte Silbermünze, die in Hamburg, Lübeck, Wismar und Lüneburg geprägt wurde. Als Münzgewicht ist die Mark seit dem 9. Jahrhundert für Skandinavien und seit dem 11. Jahrhundert für Deutschland bezeugt. Im Mittelalter stand die kölnische Mark zu 233,85 Gramm über allen anderen deutschen Gewichten. Die Reichsmünzordnung von 1524 erhob sie gar zum Grundgewicht im Heiligen römischen Reich deutscher Nation.



20. November 2023