Als „Amis“ mit der Reichsmark konkurrierten
Außer Münzen, Banknoten und Plastikkarten kommen Zahlungsmittel auch in anderen Formen vor

Amerikanische und andere Zigaretten avancierten im Nachkriegsdeutschland zu einer Art Nebenwährung, mit der man dringend benötigte Lebensmittel und andere Verbrauchsgüter kaufen, aber auch Dienstleistungen bezahlen konnte.

Aus der Bronzezeit stammen die Beile, Ringe und anderen Objekte, die im Museum für Vor- und Frühgeschichte im Neuen Museum auf der Berline4r Museumsinsel. Sie taten bei Tausch- und Handelsgeschäften, aber auch als Grabbeigaben und an Opferstätten gute Dienste. Da die gelochten und auf Schnüren aufgezogenen Bronzemünzen der Chinesen einen relativ geringen Wert hatten, bezahlte man im Reich der Mitte größere Beträge mit silbernen Barren in Form von kleinen Schuhen, Booten oder anderen Gegenständen.

Im mittelalterlichen Westeuropa hat man Metallbarren zur Bezahlung größerer Summen verwendet. Ihr Feingehalt und Gewicht wurde durch eingeschlagene Stempel – hier ein Beispiel aus der Stadt Einbeck – beglaubigt. Das russische Teeziegelgeld – hier ein Wert von drei Kopeken - diente nicht nur als Geldersatz, sondern konnte auch in heißem Wasser aufgelöst und getrunken werden.

Die für Europa, wo man nur Münzen aus Edelmetall kannte, erstaunlichen Schilderungen des Marco Polo sind so detailliert, dass die Behauptung von Zeitgenossen und nachfolgenden Generationen, Polo sei nicht dort gewesen, als absurd zurückgewiesen werden können. Italien widmete dem Asien-Reisenden 2018 eine schöne Gedenkmünze zu 20 Euro.


Auf der Insel Yap im Westpazifik waren Steine als Zahlungsmittel beliebt, wie das zu Liebigs Fleischextrakt mitgelieferte Bild aus der Zeit um 1900 zeigt. Die mühsame Herstellung und der lange Transport von Palau nach Yap machten aus den Steinen begehrte Wertgegenstände, mit denen man Land und andere Güter erwerben konnte. Eine russische Gesandtschaft erfreut westeuropäische Potentaten mit Zobel- und anderen Fellen anstelle von Gold und Silber.

Reiche Holländer waren bereit, tausende Gulden für eine einzige Zwiebel auszugeben, und sie taten das in der Hoffnung, bei deren Weiterverkauf noch größere Profit einzustreichen. Aber auch Leute mit weniger Geld beteiligten sich an dem „Tulpenwahn“, wie man später sagte. Der Kupferstich zeigt, wie sich in Narrenkostüme gekleidete Holländer von der Göttin Flora verführen lassen und das kommende Unglück nicht sehen wollen. (Fotos/Repros: Caspar)
Geld besteht bekanntermaßen nicht nur aus Metall, Papier und neuerdings auch aus Plastikkarten, sondern aus ganz anderen Materialien. Die Rede ist von Stein-, Pelz-, Muschel- und Teegeld. Dazu gesellen sich Metallbarren, Kakaobohnen und Tiere nennen, die allesamt Geldwert besaßen und im Handel und Warenverkehr eine bedeutende Rolle spielten. Wir erinnern uns, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg im besetzten Deutschland einen schwunghaften Tauschhandel gab, bei dem zumindest in den westlichen Besatzungsmächten die so genannten „Amis“, das heißt amerikanische Zigaretten, als Nebenwährung avancierten, mit der man vieles bekam, was auf normalem Wege unerreichbar war. Mit der Einführung der Deutschen Mark 1948 in Westdeutschland, ab 1949 Bundesrepublik Deutschland, hatte der Spuk ein Ende, und das so begehrte Zigarettengeld sank in der Gunst der Deutschen.
Münzen oder allgemein Geld kommen in unterschiedlichen und oft auch exotischen Formen und Materialien vor, denken wir an das in vielen Schatzfunden liegende Hacksilber sowie an Metallbarren in Form von Ringen oder Beilen. Beachtung verdienen zum Tauschen und Kaufen verwendete Materialien von mehr oder weniger langer Lebensdauer wie Tee, Salz und Kaffee, Seide, Leder und Felle. Im Unterschied zu den seit der Antike geprägten Münzen sagen diese exotischen Formen nichts über Herrscher, Länder und Religionen aus, und mit ihnen konnte man auch keine Propaganda betreiben. Schon gar nicht konnte man das so genannte Naturalgeld künstlerisch gestalten oder mit ihm, von Metallbarren unterschiedlichster Form abgesehen, Schätze anlegen.
Schmuckgeld, Barrengeld, Warengeld
Der auch heute manchmal für die von Münzen abweichenden Geldformen gebrauchte Begriff „Primitivgeld“ ist diskriminierend, denn er stammt aus Zeiten, als sich europäische Kolonialmächte über die von ihnen unterdrückten Menschen in fernen Ländern erhoben und sie als primitiv, ungebildet und unzivilisiert diffamierten. Besser treffen Bezeichnungen wie vormünzliches Geld, Schmuckgeld, Barrengeld, Warengeld und die eingangs genannten Formen zu. Zum sogenannten Schmuckgeld werden Ringe, Armreifen, Halsketten, Fibeln, Spangen und andere Gegenstände aus Edelmetall gerechnet, die man mit Edelsteinen und Perlen verziert hat. Sie kommen immer wieder bei Ausgrabungen ans Tageslicht und unterstreichen den gesellschaftlichen Rang der bestatteten Personen.
Blicken wir nach China, dessen frühe Geld- und Münzgeschichte im Dunkeln liegt. Man nimmt an, dass münzartige Zahlungsmittel ab etwa 1200 vor Christus hergestellt wurden. Die Chinesen verwendetet kleine, messerartige oder spatenförmige Objekte aus Bronze als Zahlungsmittel, ergänzt durch Kaurischnecken, die man durchlöcherte und auf Fäden zog. Wo sie nicht zur Verfügung standen, dienten Steine und andere Gegenstände als Ersatz. Nach und nach wurden die Geräten nachempfundenen Geldstücke immer kleiner, und man verwendete schließlich flache Bronzescheiben mit viereckigen Löchern. Das geschah in einer Zeit, als die alten Griechen begannen, ihre geprägten Silber- und Goldmünzen mit Götter-, Tier- und Pflanzenbildern zu schmücken. Da die China-Münzen häufig in abgegriffener Form vorkommen, geht man von einer langen Umlaufzeit aus. Die Schriftzeichen geben an, dass es sich um eine gültige und schwere Münze handelt. Weitere weisen auf die Regierungszeit der Kaiser hin, ohne sie ausdrücklich zu nennen, denn der Name des Herrschers war heilig. So lassen sich die Inschriften als „Zeit voll Glück und Reichtum“ oder „Epoche des ungeheuren Kriegs“ übersetzen. Da China im Laufe seiner langen Geschichte von fremden Völkerstämmen wie den Tartaren, Mongolen und Mandschuren beherrscht war, finden sich auf den Bronzescheiben auch deren Schriftzeichen.
Marco Polos Bericht aus dem Reich der Mitte
Alle diese so genannten Käsch-Münzen sind gegossen. Die Prägung von Geldstücken, wie wir sie kennen, war im Reich der Mitte lange unbekannt. Im Unterschied zur preiswerten Prägemethode gestaltete sich das Gießen der Bronzemünzen als aufwändig und teuer. Da das Herstellungsverfahren einfach und das Metall bequem erhältlich war, hat man die Münzen häufig gefälscht. Chinas langsame Öffnung im 19. Jahrhundert nach Westen und die Begegnung mit Europäern brachte es mit sich, dass seine Bewohner europäische Münzen kennen lernten. Ihre Zulassung für den eigenen Geldumlauf erfolgte durch kleine Stempelungen. Der China-Reisende Marco Polo hinterließ das später in viele Sprachen übersetzte Buch „Die Wunder der Welt“, in dem sich auch Informationen über exotische Geldformen im Reich der Mitte aus Papier, Salz, Seide und Muscheln finden.
Tiere und insbesondere Felle waren in alten Zeiten als Zahlungsmittel begehrt und beliebt. Das lateinische Wort „Pecunia“ bezieht sich auf das Vieh. In Kroatien meint die bis Ende 2022 gültige Währung Kuna einen Marder. In Norwegen waren Schafspelze und in Finnland Felle von Eichhörnchen als Zahlungsmittel beliebt. Dort und in anderen Ländern bewertete man die Fuchs-, Marder-, Hermelin- und Zobelfellen unterschiedlich und setzte sie in ein festes, anerkanntes Werteverhältnis. Überliefert ist, dass sich Fürsten und adlige Grundherren in Westeuropa Abgaben ihrer Untertanen sowohl in geprägter Münze als auch mit Eichhörnchen- und Marderfellen sowie Tierhäuten auszahlen ließen, die dann weiter verarbeitet wurden und so einen nicht geringen Geldwert erhielten.
Steingeld auf der Insel Yap
Die die manchmal mühlsteingroßen Stein-„Münzen“ von der Insel Yap im Westpazifik hat man nicht im täglichen Geldverkehr verwendet sondern als Zeichen von Wohlhabenheit vor den Häusern ihrer Besitzer aufgestellt. Die Steinscheiben wurden von der 400 Kilometer entfernt Insel Palau geholt und stellten bedeutende Wertgegenstände dar. Ihre Maße bewegen sich von Handtellergröße bis zu Durchmessern von vier Metern. Kleine Scheiben hat man durchbohrt und, auf Schnüren gefädelt und ähnlich wie Muscheln bequem transportieren können. Es wird erzählt, dass man die Scheiben bis fast an die Gegenwart bei Grundstücksverkäufen oder zur Zahlung von Strafen verwendet hat.
Beliebt waren in China und dem zu Russland gehörenden Sibirien das Teeziegelgeld, das mit Hilfe von Bindemitteln aus Teeblättern gepresst wurde. Die Stücke kommen in unterschiedlichen Größen und Gewichten vor und hatten den Vorteil, dass man sie zerbrechen und, mit heißem Wasser begossen, als Tee genießen konnte. Bei den im heutigen Mexiko lebenden Azteken gab es das Kakaogeld. Überliefert ist, dass man Lebensmittel mit wenigen und Sklaven mit hundert und mehr Kakaobohnen bezahlte. Bedeutende Vermögen wurden in hunderttausenden Kakaobohnen berechnet und in einer Art Schatzkammer gebunkert. Da die Bohnen einen hohen Kauf-und Tauschwert besaßen, konnte sich zumindest das einfache Volk Kakao als Getränk nicht leisten. Es ist überliefert, dass die mandelgroßen Bohnen wie Münzen gefälscht hat. Betrüger ließen sie in Wasser aufquellen und/oder färbten sie künstlich, um aus ihnen besonders edle Sorten zu machen.
Niederländer im Tulpenfieber
Die Niederlande beziehungsweise Holland und Tulpen bilden eine untrennbare Einheit, Tulpen aus Amsterdam haben einen legendären Ruf und werden auch in einem Schlager besungen. Wenig bekannt ist, dass das aus Nordafrika importierte Liliengewächs mit den auffälligen Blüten im frühen 17. Jahrhundert Gegenstand eines Wirtschaftskrimis der Extraklasse war. Mitten in seinem durch wirtschaftliche und kulturelle Blüte, aber auch durch Ausbeutung der Kolonien und Sklavenhandel bezeichneten Goldenen Zeitalter ergriff die Niederlande ein regelrechter Tulpenwahn. Tulpen waren eine ausgesprochen exklusive Zierpflanze, die sich nur wenige Leute leisten konnten, aber viele besitzen wollten. Wie man damaligen Gemälden, Grafiken und Berichten entnehmen kann, sah man in ihnen ein Prestigeobjekt, und man war bereit, für die sie viel, sehr viel Geld auszugeben. Tulpenzwiebeln wurden wie Gold aufgewogen, und so stiegen die Preise ins Unermessliche.
Natürlich ging die Spekulation auf Dauer nicht gut, und so platzte die Blase Anfang 1637. Glücksritter, die Warnungen in den Wind geschlagen hatten, verloren viel Geld und beklagten ihr Schicksal. Manche dem der „Tulpomanie“ verfallene Personen brachten sich um und hinterließen gewaltige Schuldenberge. Nach Überwindung der Krise entwickelte sich die Tulpe zu einer für viele Leute erschwingliche Pflanze und wurde auch in unseren Breiten heimisch. Anfang Februar 1637 gab es eine Auktion in Alkmaar, bei der 99 Posten Tulpenzwiebeln rund 90.000 Gulden erzielt wurden. Der durchschnittliche Preis der versteigerten Tulpen betrug die sagenhafte Summe von 793 Gulden, doch wurden auch eine Tulpe der Sorte 'Viceroy' für 4.203 Gulden und eine „Admirael van Enchhysen“ wurde für 5.200 Gulden verkauft, das waren in Gold gerechnet mehrere Kilogramm.Die holländische Tulpenkrise wurde sprichwörtlich für das Unglück, das man durch riskante und irrationale Wetten auf Gegenstände und Werte heraufbeschwört, hinter denen keine wirkliche Arbeit und keine echten Werte stehen. Da Menschen offenbar aus Schaden nur selten klug werden, verlieren sie auch heute, auf blumige Versprechungen von Anlageberatern vertrauend und einem ungesunden, hochgefährlichen Trend folgend, viel Geld. Die Geschichte vom Tulpenfieber lehrt, Investitionen immer auch mit Blick auf Risiken und Nebenwirkungen zu bedenken sind und man nach Möglichkeit aus Schaden klug zu werden sollte.
4. Mai 2024