Winzige Auflagen, hohe Preise
Was von massenhaft auf den Markt strömenden Münzen zu halten ist





Die silberne Euromünze von 2003 zur Zweihundertjahrfeier der Einführung des Franc durch Napoleon Bonaparte und dem Zehn-Euro-Stück des Vatikan von 2023 mit dem Doppelbildnis der Päpste Franziskus und Benedikt XVI. Zu bekommen, dürfte nicht einfach und vor allem nicht billig sein.





Die Volksrepublik China und die Sowjetunion beziehungsweise Russland vermarkten ihre Edelmetallvorkommen auch mit Hilfe von Münzen, die niemals an der Ladenkasse vorkommen, sondern nur geprägt wurden und werden, um die Staatskasse zu füllen.





Weder der sechsjährige Napoleon II. noch der „Lulu“ genannte Napoleon IV. gelangten auf den französischen Thron, so sehr sie sich und ihre Anhänger darum bemühten.





Mit Mac Mahon wird Frankreich bestraft, gibt die ins Deutsche übersetzte Randschrift auf der als Fünf-Francs-Münze ausgegebenen Spottmedaille zu verstehen. „Die Franzosen sind vereint unschlagbar“lässt sich die Schrift um den aus der Zeit nach 1789 übernommenen Genius der Revolution übersetzen. (Fotos: Caspar)

Wer moderne Münzen sammelt hat die Qual der Wahl. Monatlich kommen überall auf der Welt Dutzende neuer Münzen heraus, von denen sich viele bei näherem Hinsehen als Pseudomünzen von fragwürdiger Qualität erweisen. Auf Münzmessen sowie im Internet und Münzhandel werden die Stücke angeboten, mit denen man nicht bezahlen kann, denn ihr Metallwert liegt weit über dem liegt, was auf diesen Stücken mit Zahl und Währungseinheit angegeben ist. Oft ist die Auflage äußerst gering, was die Preise in die Höhe treibt. Viele Stücke bekommt man erst mit langer Verzögerung und einem erheblichen Aufpreis, wenn überhaupt. Wir erleben das aktuell auch bei deutschen Euromünzen, die zwar wortreich vom Bundesministerium der Finanzen und in der Presse angekündigt werden, nach langem Warten aber erst in Sammlerhände gelangen, wenn überhaupt. Sammler haben dann ein Mehrfaches des eingeprägten Wertes bezahlt, doch geht ihre Hoffnung auf Wertsteigerung, die die Werbung verspricht, in der Regel nicht in Erfüllung.

Krumme Jahrestage

Schauen wir nur in die Kataloge mit Euromünzen, dann sehen wir, dass viele Staaten ausgesprochen kreativ sind, wenn sie mit Hilfe von teuren Gedenkmünzen in kleiner Auflage aus Silber. Gold und Platin Kasse zu machen versuchen. Finanzleute, Historiker und Künstler sind dabei, Anlässe und Themen für solche Emissionen zu finden und zur Prägereife zu bringen. Sie schrecken nicht davor zurück, „krumme“ Jahrestage und fragwürdige Jubiläen zu bemühen ,und beachten nicht, dass die inflationäre Ausgabe solcher Münzen, die eigentlich Medaillen sind, dem Anliegen schadet, nämlich herausragende Ereignisse und Gestalten der Geschichte und Gegenwart zu würdigen und für die Nachwelt zu erhalten, denn das macht sie attraktiv und sammelwürdig. Sicher ist es gut gemeint, wenn auf Kurs- und Gedenkmünzen Tiere und Pflanzen, Bauwerke und, um nach Deutschland zuschauen, sogar Musikinstrumente verewigt werden.

In der Vergangenheit sind Vertriebsfirmen von Münzen und Medaillen aus Marketinggründen mit dem Begriff Münze recht lax umgegangen, weil sich „Münzen“ besser verkaufen lassen als Medaillen, und wenn sie noch so interessant gestaltet sind. In den letzten Jahren ist man bei der Definition vorsichtiger geworden und nennt, um den Begriff Medaille nicht verwenden zu müssen, diese lediglich Prägung oder Gedenkprägung. Daran ist nichts zu kritisieren. Nun ist es an den Massenmedien, stets die korrekten Bezeichnungen zu verwenden und nicht „Äpfel mit Birnen“ zu verwechseln, also Medaillen zu Münzen zu erklären.

Kaiser ohne Land

Bereits in der Vergangenheit hat man mit so genannten Münzen manchen Unfug angerichtet. Als Frankreich-Sammlerin wundern sich, wie viele irreguläre Münzen dort im 19. Jahrhundert geprägt wurden, und meinen dubiose Ausgaben mit Bildnissen von Thronanwärtern und anderen Personen, die nur so tun, als würden sie das Land beherrschen. Diese „Münzen“ im Wert von fünf Francs geben manches Rätsel auf. Nach dem Ende der Herrschaft Kaiser Napoleons I. 1814/15 versuchten seine Anhänger, den wieder an die Macht gelangten Bourbonen das Wasser abzugraben, deren letzter König Ludwig XVI. 1793 hingerichtet worden war. Die wieder an die Macht gelangte Herrscherfamilie mit König Karl X. an der Spitze war sehr unbeliebt, weil sie die Errungenschaften aus der napoleonischen Zeit rückgängig machte. Um die Sehnsucht nach ihr zu unterstreichen, hat man 1816 Napoleon II., den minderjährigen Sohn des ersten Kaisers, auf Propagandaprägungen verewigt, obwohl er weder als König von Rom, wie der ihm von seinem König verliehene Titel lautete, noch als Kaiser der Franzosen regiert hat. Es kommen überdies die gleichen Werte von1831 mit dem Bildnis eines Königs Henri V. vor, den es nur in der Fantasie seiner Freunde und Förderer gab.

Immer daran denken...

Es kommen darüber hinaus ähnliche Machwerke zu Ehren des Marschalls Marie Edme Patrice Maurice, Marquis de Mac-Mahon, sowie von Léon Gambetta vor, für die auch numismatische Werbung gemacht wurde. Ab und zu bietet der Münzhandel dies Sonderlinge an, und wenn man systematisch sucht, wird man weitere Belege dafür finden, wie oft bei ihnen der Wunsch der Vater des Gedanken war. Mac Mahon wurde von seinen Gegnern auf der Medaille in Gestalt eines Fünf-Francs-Stücks als machtgieriger Politiker verspottet, der mit Hilfe der Kirche und der Monarchisten ans Ruder kommen will. Gambetta war als Politiker ein Streiter für Revanche gegenüber dem Deutschen Reich, das 1870/71 das kaiserliche Frankreich vernichtend geschlagen hatte. Sein Ausspruch „Immer daran denken, niemals davon sprechen!“ wurde zum geflügelten Wort.

29. Dezember 2023