Nur ein Pferdekopf blieb übrig
Staatliche Münze Berlin würdigt auf Silbermedaillen das Brandenburger Tor



Frankreichs Kaiser Napoleon I., der Ende Oktober 1806 als Sieger im Krieg gegen Preußen durch das Brandenburger Tor ritt und sein Quartier im Berliner Schloss aufschlug, ließ eine mit dem Säulenbau geschmückte Medaille prägen. Sie markiert den Anfang jeder Sammlung speziell zu diesem Thema.





Napoleon I., den die Berliner „Pferdedieb“ nannten, wollte ein Triumphtor in Paris mit der geraubten Quadriga schmücken. Seine Niederlagen in den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 verhinderten die Ausführung dieses Plans. Die Figurengruppe kam 1814 nach Berlin im Triumphzug zurück.



Im Besitz der Stiftung Stadtmuseum befindet sich ein Pferdekopf aus Kupferblech, der zu der Ende des Zweiten Weltkriegs zertrümmerten Quadriga gehört.



Mit einer Serie von Medaillen mit dem Brandenburger Tor erfreut die Staatliche Münze Berlin, die auf eine ins 13. Jahrhundert zurückreichende Geschichte blickt, Berlin-Sammler und solche, die es werden wollen. Die ungewöhnlich große, aber sehr dünne Medaille feiert die seit 15 Jahren von ihr herausgegebenen Silberserie mit dem Brandenburger Tor.







Die kupferne Wagenlenkerin auf der Unzen-Medaille von 2009 und weiteren Ausgaben wird mit einem Eichenblatt auf der Rückseite ergänzt.



Auch auf regulären Kurs- und Gedenkmünzen beider deutscher Staaten ist das Brandenburger Tor abgebildet. Sie könnten den Anfang einer ihm gewidmeten Sammlung bilden. (Fotos/Repros; Caspar)

Als am 8. Mai 2023 der 78. Jahrestag des Kriegsendes in Europa und damit des Endes der Naziherrschaft gedacht wurde, richteten sich manche Blicke hinauf auf das Brandenburger Tor in Berlin, dessen kupferner, von Johann Gottfried Schadow geschaffener Bildschmuck am Ende des Zweiten Weltkriegs nur noch ein Trümmerhaufen war wie fast die ganze Stadt. Der bis 1990 tätige VEB Münze der DDR und seine Nachfolgerin, die Staatliche Münze Berlin, haben zahlreiche Medaillen herausgegeben, auf denen das „Schicksalstor der Deutschen“, wie man auch zu dem zwischen 1789 und 1791 errichteten Säulenbau am Pariser Platz auch sagt, in seiner ganzen Schönheit mit der bekrönenden Quadriga obenauf abgebildet ist.

15 Jahre Silber-Quadriga

Zu den Medaillen kann man weitere aus der Zeit der Monarchie und danach legen und kann eine stattliche Sammlung aufbauen. Ausgegeben wurden und werden Anlageprägungen aus 999/1000er Silber im Gewicht von einer Unze (31,1 Gramm) sowie zu einer halben und einer viertel Unze. Auf einer Ausgabe von 2020 ist das Brandenburger Tor mit den Beschädigungen, die es bei den Kämpfen im Frühjahr 1945 erlitten hatte. Zerschossenes Kupferblech und gekrümmte Eisenstangen lagen auf dem Tor. Von dem Schrotthaufen blieb nur ein originaler Pferdekopf übrig, der im Märkischen Museum ausgestellt ist.

Die neueste Tor-Medaille erinnert an „15 Jahre Silber-Quadriga“ auf besondere Weise. Sie wiegt wie die Vorgängerinnen eine Unze, hat aber einen Durchmesser von 69 Millimetern. Mithin beträgt ihre Stärke nur einen Millimeter. Dargestellt ist das Brandenburger Tor mit den Seitengebäuden in voller Schönheit, ergänzt durch die Friedensgöttin oder, wie man auch sagt, Siegesgöttin und einen Pferdekopf. Daneben ist die gesamte Figurengruppe abgebildet. Der Aufruf aus dem von Heinrich Hoffmann von Fallersleben verfassten Lied der Deutschen „Einigkeit und Recht und Freiheit“umschließt auf der Rückseite das dreimal abgebildete Brandenburger Tor und das dreimalige Logo der Berliner Münze, das aus einem gekrönten Bärenkopf besteht.

Friedensgöttin und ihre vier Rösser

Durch den klassizistischen Säulenbau ritten Kaiser und Könige in die Stadt, hier empfing und empfängt man Staatsgäste, hier fanden aber auch Fackelzüge der Nazis wie der am 30. Januar 1933, vor nunmehr 90 Jahren, zu Beginn der Hitlerdiktatur statt. Ende des Zweiten Weltkriegs schwer beschädigt, wurde das Brandenburger Tor zum Symbol der deutschen Teilung. Hier zogen am 13. August 1961 Grenztruppen der DDR auf und sperrten es hermetisch ab. Der Westen konnte der Abriegelung der Stadt und der innerdeutschen Grenze nur in ohnmächtiger Wut zusehen. Am 22. Dezember 1989, kurz nach dem Fall der Mauer, wurde das Brandenburger Tor offiziell wieder geöffnet und stand gleich darauf in der Neujahrsnacht zu 1990 im Mittelpunkt eines großen Freudenfestes, bei dem auch die von Johann Gottfried Schadow geschaffene kupferne Quadriga beschädigt wurde. Mühevoll wurde die Figurengruppe restauriert.

Das einzig noch erhaltene Stadttor Berlins, errichtet nach griechischem Vorbild nach Plänen von Carl Gotthard Langhans, erhielt erst 1794 seinen bekrönenden Schmuck - die überlebensgroße geflügelte Friedensgöttin Eirene, die ein mit vier prächtigen Rössern gezogenen Wagen lenkt. Langhans hatte das klassizistische Tor mit seinen fünf Durchfahrten an Stelle eines barocken Vorgängerbaues als Abschluss der Prachtstraße Unter den Linden entworfen. Der Bildhauer Johann Gottfried Schadow legte Wert auf lebenswahre Wiedergabe der Pferde und betrieb im königlichen Marstall intensive Studien. In Potsdam wurde die Figurengruppe vom Kupferschmied Jury gefertigt. Die Monumentalplastik konnte wegen des hohen Gewichts nicht gegossen werden. Daher hat man millimeterdünnen Kupferblech auf einem Holzmodell bearbeitet und über einem Eisengerippe montiert. Die zunächst geplante Vergoldung unterblieb aus Kostengründen. Ursprünglich war die Wagenlenkerin nackt. Da das aber als anstößig empfunden wurde, erhielt sie ein Kupferhemd.

„Mr. Gorbatschow, open this gate!“

Johann Gottfried Schadow und andere Berliner mussten Ende 1806 miterleben, wie Kaiser Napoleon I., der Sieger der Schlacht von Jena und Auerstedt, durchs Brandenburger Tor ritt und befahl, die Quadriga als Kunstbeute nach Paris zu schaffen. Nach der Niederlage Napoleons I. 1813 und dem Einmarsch der Verbündeten in Paris 1814 konnte der Torschmuck wieder die Heimreise antreten. Am 7. April 1814, als Preußens König Friedrich Wilhelm III. durch das Brandenburger Tor in die Hauptstadt ritt, prangte die Quadriga zur Freude der Berliner wieder am alten Ort. Die Friedensgöttin Eirene war durch Montage des Eisernen Kreuzes in die von ihr gehaltenen Stange mit dem preußischen Adler in die Siegesgöttin Viktoria verwandelt worden.

Der Forderung des US-Präsidenten Ronald Reagan am 12. Juni 1987 an den sowjetischen Staats- und Parteichef „Mr. Gorbatschow, open this gate!“ folgte zwei Jahre später nach der friedlichen Revolution in der DDR die erlösende Tat. Im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November 2019 wurde in der US-Botschaft am Pariser Platz ein Reagan ehrende Denkmal eingeweiht. Auf der Straße des 17. Juni erinnert ein in den Boden eingelassenes Relief ebenfalls an den Präsidenten, dessen Forderung damals kaum jemand für realistisch hielt.

12. Mai 2023