„Mit Aug und Hand fürs Vaterland“
Schützentaler und -medaillen betonen Selbstbewusstsein und Wehrbereitschaft und sind ein interessantes Sammelgebiet





Das Kaiser-Jubiläums-und Österreichische Bundesschießen von 1898 und weitere Turniere dieser Art waren zur Zeit von Franz Joseph I. die Prägung von Medaillen wert.





Schützenmedaillen oder Schützentaler – hier mit dem Bekenntnis „Dem Land zum Schutz, dem Feind zum Trutz“ - sind nicht nur in der Schweiz beliebte Sammelobjekte. Sie sind gut dokumentiert und werden heute mit neuen Bildern und Inschriften herausgegeben.



In Volkskundemuseen wie hier im bayerischen bergen und an anderen Orten sind reich mit Münzen und Medaillen behängte Schützenketten zu sehen.





Der Regensburger Glückshafengulden von 1568 und der Frankfurter Schießtaler sind frühe Beispiele für die Dokumentation eines Stahl- oder Stückeschießens auf geprägtem Metall.



Die Stadt Straßburg bekundete ihre Stellung im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation unter anderem durch Schützentaler und Medaillen von 1590, bei denen Kanonen besonders ins Auge fallen.





Zur Einweihung des neuen Schießhauses 1678 in Dresden veranstaltete Kurfürst Johann Georg II. ein Herkulesschießen. Die sechseckige Klippe von 1719 mit dem Monogramm Augusts des Starken und Pfeilen wurde an Teilnehmer eines Schießturniers anlässlich der Fürstenhochzeit in Dresden vergeben.



Mit dem 1906 eingeweihten Bismarckdenkmal in Hamburg ist die Medaille auf das Deutsche Bundesschützenfest von 1909 geschmückt. (Foto/Repros: Caspar)

Österreich-Sammler kennen die unter der Regentschaft von Kaiser Franz Joseph I. geprägten Schützentaler und -medaillen, die zur Auszeichnung erfolgreicher Teilnehmer und ganz allgemein zur Erinnerung an solche Turniere geprägt wurden. Losungen wie „Mit Aug und Hand fürs Vaterland“ oder „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern“ nach dem Rütlischwur in Friedrich Schillers Drama „Wilhelm Tell“ bekräftigen Patriotismus, Traditionsverbundenheit, Selbstbewusstsein und Wehrbereitschaft. Dargestellt ist der Kaiser mit seinem Brustbild und auch stehend in bergiger Gegend, dazu erkennt man altertümlich gekleidete Schützen, die ein Gewehr oder eine Armbrust halten. Verbunden sind diese Bilder mit dem gekrönten Doppeladler oder Stadtansichten. Von diesen Raritäten gibt es besonders teure Abschläge aus Gold im Gewicht von vier oder fünf Dukaten, aber auch solche aus Kupfer. Bei manchen Ausgaben ist ihr Wert „2 Gulden“ aufgeprägt, doch bezahlt haben dürfte damals niemand mit diesen sorgsam gestalteten Erinnerungsstücken. Die für Meisterschützen und erlauchte Gäste geprägten Goldmedaillen erreichen im Handel bedeutende Preise, doch auch bei „normalen“ Stücken müssen Sammler bisweilen tief in die Tasche greifen. Alle diese Schützen- und Preismedaillen bilden ein kleines, aber feines Sammelgebiet, für das der Münzhandel interessante Angebote bereit hält (Aktuelle Preisangaben siehe Money trend Heft 5/2023, S. 95-125).

Franz Joseph I. ließ über diese Schützentaler und -medaillen hinaus weitere Gedenkmünzen prägen. Genannt seien ein Doppeltaler von 1857 zur Vollendung der Südbahn mit damals noch gewöhnungsbedürftigen Darstellungen technischer Errungenschaften, und zwar einer Eisenbahn und eines Dampfbootes, ferner zur Wiederaufnahme des Bergbaus in Kuttenberg (1887), zur Erinnerung an den Beginn der Talerprägung in Tirol unter Erzherzog Sigmund des Münzreiche (1884) und aus weiteren mit der Geschichte und Ökonomie des Landes verbundenen Gründen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich das Deutsche Reich damals mit der Ausgabe von Gedenkmünzen zurück hielt, dafür aber eine umfangreiche Medaillenproduktion entwickelte, die vor allem der Verherrlichung des deutschen Kaisers und der Bundesfürsten diente, aber auch wichtige politische, wirtschaftliche und kulturelle Ereignisse würdigte und in Katalogen gut dokumentiert ist. Die Prägung von regelrechten Gedenkmünzen wurde im Reich von Kaiser Wilhelm II. erst 1901 nach einer Änderung des Münzgesetzes aufgenommen.

Stark und selbstbewusst

Die Schweiz gehörte lange Zeit zum Römisch-deutschen Reich. Ihre offizielle Loslösung erfolgte erst nach dem Dreißigjährigen Krieg im Westfälischen Frieden von 1648. Lange davor hatten verschiedene Kantone sowie einige Städte ihre Reichsfreiheit erkämpft. Der Zusammenschluss der drei Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden 1291 spielt in der Geschichte der Alpenrepublik eine große Rolle und ist auch ein beliebtes Thema auf Münzen und Medaillen. Dieser Ewige Bund vergrößerte sich im Laufe der Zeit durch Beitritt von Luzern, Zürich, Glarus und Zug. Indem sich ihm zu Beginn des 16. Jahrhunderts Basel, Schaffhausen und Appenzell anschlossen, entstand die Eidgenossenschaft der 13 Orte. Sie wurde so stark und selbstbewusst, dass sich die Habsburger zu ihrer Anerkennung bequemen mussten. Treue Katholiken wie die römisch-deutschen Kaiser taten sie dies mit Zähneknirschen. Denn inzwischen fanden in der deutschen Schweiz die Thesen der Kirchenreformatoren Calvin und Zwingli Anerkennung, und es kam zu Spannungen zwischen ihnen und den Katholiken. Im Zusammenhang mit den französischen Revolutionskriegen entstanden 1798 die Helvetische Republik und 1803 ein Staatenverbund aus 19 souveränen Kantonen, zu denen alsbald noch drei weitere hinzu traten. Auf dem Wiener Kongress 1814/15 wurde die Schweiz als souveräner Staat anerkannt. Sie verpflichtete sich zu dauernder Neutralität und bewahrte diesen Status ungeachtet zweier Weltkriege bis heute.

Auf den Münzen der Schweiz kommen Wappenschilder mit und ohne Krone vor, aber auch Monogramme und Kreuze, aus denen sich das Schweizer Kreuzwappen entwickelte. In den Wappen -schildern sind Bären, Schafe und Ziegen, ja auch Drachen und der Reichsadler mal mit einem, mal mit zwei Köpfen vertreten. Ihn auf Münzen darzustellen, war üblich, denn man sah im kaiserlichen Reichsoberhaupt denjenigen, der die Städte und Herrschaften im Falle eines Falles vor Invasoren schützt. Schaut man Schweizer Münzen und Medaillen an, dann sind dort eindrucksvolle Veduten abgebildet, durch die sich die Städte als prosperierende Gemeinwesen präsentieren, und es kommen auch Münzen mit Händen vor, die in Freundschaft verschlungen sind.

Eher Tod als Knechtschaft

Erwähnt sei als weiteres Motiv der legendäre Rütlischwur. Der Gründungslegende der Schweiz zufolge schlossen sich Vertreter von Uri, Schwyz und Unterwalden auf dem Rütli, einem Ort am Vierwaldstättersee, gegen die Habsburger in Gestalt eines bösen Vogts zusammen. Friedrich Schiller fasste die legendäre Szene in seinem Schauspiel „Wilhelm Tell“ mit diesen berühmten Worten zusammen: „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, / in keiner Not uns trennen und Gefahr. / Wir wollen frei sein, wie die Väter waren, / Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben / Wir wollen trauen auf den höchsten Gott / Und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen“.

Die Schweiz hatte und hat allen Grund, sich um ihre Eigenständigkeit zu sorgen und ihre Bewohner zur Wachsamkeit und in allzeitiger Verteidigungsbereitschaft zu halten. Die seit 1855 bis heute mit Unterbrechungen geprägten so genannten Schützentaler beschwören die Wehrhaftigkeit der Schweizer Bevölkerung und ihren Willen, keine gegen Einmischung von außen zuzulassen. Da die Auflagen dieser relativ klein sind, müssen Sammler tief in die Tasche greifen, wenn sie die Serie vollständig haben möchte. Aus der Literatur geht hervor, dass es innerhalb der Lateinischen Münzunion zu Problemen wegen der Ausgabe der Schützentaler gab. Weil sie das Geldvolumen unmäßig anschwellen ließen, wurde die Emission 1885 abgebrochen.

In mittelalterlichen Kostümen

Zwischen 1934 und 1939 wurde die Tradition mit neuen Werten zu 100 und fünf Franken wiederbelebt, und ab 1984 kommen Schützentaler regelmäßig aus Gold und Silber als private Prägungen mit mittelalterlich oder andersartig kostümierten Schützen heraus. In dem Buch „Die Schützentaler und Schützenmedaillen der Schweiz“ befasst sich Jürg Richter mit der Geschichte und den historischen Hintergründen der Schützentaler und Schützenmedaillen der Alpenrepublik. Erfasst werden mehr als 2500 Taler und Medaillen von den Anfängen im frühen 17. Jahrhundert bis ins Jahr 1960. Der Katalog erfasst sowohl gravierte Einzelstücke als auch Medaillen, die eine Auflage von mehreren tausend Exemplaren erlebten. Bei häufigeren Stücken hat der Verfasser eine Verfügbarkeit am Markt ermittelt. Das hilft Sammler abzuschätzen, wie häufig oder selten eine bestimmte Medaille heute wirklich ist. Damit wurde der Katalog zu einem unentbehrlichen Referenzwerk zur Bestimmung und Bewertung von Schützentalern und Schützenmedaillen der Schweiz.

Spitzenstücke unter den älteren Schützenmedaillen sind die anlässlich eines großen Schützenturniers im Jahr 1590 in Straßburg geprägte Ausgaben. Zu sehen sind auf ihnen das Stadtwappen und eine Kanone, die Umschrift SOLIVS VIRTVTIS FLOS PERPETVVS wird mit „Die unvergängliche Blüte einer einzigen Tugend“ übersetzt. Eine andere mit mehreren Wappen geschmückte Medaille aus dem gleichen Jahr zeigt einen Kanonier und sein Geschütz vor der Straßburger Stadtansicht. Die Freie und Reichsstadt war Regensburg zeigt auf einem Guldentaler von 1586 einen Knabe nach dem Stahlschießen, der Lose aus zwei Töpfen zieht. Die Sachsen waren fleißig, wenn es um runde oder mehreckige Medaillen anlässlich von Schießwettbewerben ging. Eine sechseckige Medaille mit dem Monogramm des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs Friedrich August I./August II. wurde 1719 anlässlich einer in Dresden prunkvoll gefeierten Fürstenhochzeit und eines dabei veranstalteten Vogelschießens geprägt und an Teilenehmer vergeben. Sachsensammler kennen weitere Ausgaben dieser Art aus dem 17. und 18. Jahrhundert, darunter auch Talerklippen von 1678 „bey Einweihung des neueröffneten Schießhauses in Dresden“, von 1697, 1697 und 1705 auf das Herkulesschießen und von 1740 auf einen weiteren Schießwettbewerb.

Mit Ruhe und viel Glück

Ab und zu werden diese numismatischen Raritäten im Münzhandel angeboten. Waren sie schon zur Ausgabezeit selten, weil nur für einen kleinen Teilnehmerkreis beschränkt, so sind sie es heute um so mehr. In seinem „Handwörterbuch der gesammten Münzkunde“ (Halle 1811) erwähnt Carl Christoph Schmieder Schießgulden, Schießklippen und Schießtaler aus Frankfurt am Main, Augsburg und Regensburg sowie auf dem Herzogtum Gotha mit einer Vogelstange, auf die geschossen wird und auf der Rückseite der Darstellung der Glücksgöttin Fortuna, denn zu diesem Sport brauchte man nicht nur eine gut gebaute Büchse, sondern gute Augen, eine ruhige Hand und eine gehörige Portion Glück.

1. Mai 2023