Geniale Idee Sigmunds des Münzreichen
Erzherzog von Tirol starb trotz seiner reichen Silbergruben als armer und entmündigter Mann



Die Miniatur lobt Sigmund den Münzreiche im Kreise seiner Gemahlinnen über den grünen Klee. Sie lässt nicht erkennen, welche Tiefen ihm das Leben bescherte, als alt und Opfer seiner eigenen Hybris war.





Der undatierte Goldgulden zeigt Erzherzog Sigmund den Münzreichen, der von 1439 bis 1490 lebte, in voller Rüstung und auf der Rückseite vier Wappenschilder. Die Münze wiegt 3,34 Gramm und hat einen Durchmesser von 22,2 mm. Mit der Ausgabe des Halbgulden von 1484 und des Guldengroschen von 1486 betrat Erzherzog Sigmund von Tirol Neuland. Schon bald brachten andere Fürsten, aber auch Städte solche Silbermünzen im Stil der Gotik heraus.



Sigmund von Tirol lebte von 1493 bis 1490, sein Wappenschild schmückt die Burg Hasegg zu Hall in Tirol.



Die Wiener Numismatische Gesellschaft brachte 1884 eine Medaille im Gewicht von zwei Gulden zur Vierhundertjahrfeier der Ausgabe des Guldengroschen durch Sigmund den Münzreichen, der dem Halbtaler von 1484 nachempfunden ist.



Die Ausbeute der Tiroler Bergwerke und ihre Vermünzung in Werkstätten, wie die Miniatur rechts eine zeigt, bescherte den Habsburgern viel Geld und Ansehen. Allerdings waren sie nicht Eigentümer ihrer Bodenschätze, weil sie diese an das Augsburger Handelshaus Fugger und andere Unternehmer verpachtet hatten und von diesen abhängig waren.



Die Zeichnung zeigt die Burg Hasegg in Hall in der frühen Neuzeit und links davon kaum sichtbar die Münzstätte, aus der der Guldengroschen und andere Geldstücke in die Welt gingen. Heute kann man sich im Turm der Burg informieren, wie zu Sigmunds Zeiten Münzen am Amboss geschlagen wurden. Die Münze zu Hall war weltweit der erste Ort, an dem 1571eine industrielle Art der Münzprägung mit Hilfe von Walzen gelang.



Bald nach der „Erfindung“ des Guldengroschens oder, besser gesagt, des Talers hat man diese Großsilbermünzen als Mittel zur fürstlichen Selbstdarstellung sowie zu Geschenkzwecken geprägt. Auf dem Mehrfachtaler Kaiser Maximilians I., den man den letzten Ritter nannte, wird in der Rückseitenumschrift der Kontinent Europa als Herrschaftsgebiet erwähnt. Für die Großmeister des Deutschen Ordens war der „Urvater“ des Talers von 1486 so wichtig, dass sie ihn einhundert Jahre später nachahmten und sich auf ihnen wie Sigmund stehend beziehungsweise reitend darstellen ließen.



Nachfolger der Tiroler Guldengroschen von 1486 waren unter anderem die ab 1500 geprägten Klappmützentaler aus Kursachsen und die Joachimsthaler, die die Grafen Schlick in Sankt Joachimsthal in großen Stückzahlen prägen ließen. (Fotos: Caspar)

Als Erzherzog Sigmund (Sigismund) von Tirol, genannt der Münzreiche, anno 1486 eine ungewöhnlich große und schwere Silbermünze als Äquivalent zum Goldgulden prägen ließ, hieß sie noch anders - Moneta Nova, Neue Münze, Großer Pfennig, Uncialis (nach dem Gewicht von etwa einer Unze - 32 Gramm) oder Guldengroschen. Der Name Taler wurde erst im Verlauf des 16. Jahrhunderts von den im Auftrag der Grafen Schlick im böhmischen Sankt Joachimsthal geprägten Joachimsthalern abgeleitet und auf die ganze Münzgattung übertragen, die uns bis heute als Dollar geläufig ist. Mit der Ausgabe des ungewöhnlich großen und schweren Guldengroschens begann ein neuer Abschnitt in der europäischen und internationalen Münz- und Geldgeschichte. Gab es bisher nur dünnes und kleines Silbergeld in Pfennig- oder Groschengröße, das man am Amboss mit kleinen Stempeln herstellte, so musste man jetzt für die großen Silberstücke schwere Stempel und Hämmer, im Laufe des 16./17. Jahrhunderts auch Spindelpressen einsetzen.

Luxusleben auf Pump

Sigmund baute seine Residenz Innsbruck großartig im spätgotischen Stil aus und war durch seine glänzende, freilich auch sehr teure, luxuriöse Hofhaltung berühmt, die auf Pump, also mit geborgtem Geld finanziert wurde. Obwohl ihm 50 illegitime Kinder nachgesagt werden, entsprangen seinen zwei Ehen kein legitimen Nachkommen, blieb in damaliger Sicht kinderlos. Nach der 31 Jahre währenden Ehe mit Eleonore von Schottland vermählte sich der 56jährige Witwer 1484 mit der erst 16jährigen Katharina von Sachsen. Die Ehe der ungleichen Partner verlief unerfreulich und blieb ebenfalls kinderlos. Als Sigmund 1496 starb, gelüstete ihn, noch einmal kräftig im eigenen Geld zu greifen. Eilig schaffte man die mit seinem Bildnis geschmückten Guldengroschen herbei, so dass „sein gnad in ain silber“ fassen konnte. Bei der Totenmesse flankierten drei Becken mit Gold- und Silbermünzen den Sarg.

In der Spätzeit seiner Herrschaft zeigten sich bei Sigmund Anzeichen zunehmenden Vergreisung. Es ließ eine ausufernde Günstlingswirtschaft zu. Sogenannte „bösen Räte“ bereicherten sich schamlos und sollen ihm geraten haben, sein Land für 50 000 Gulden an Bayern zu verpfänden, um drängende Geldprobleme zu lösen. Das war damals nicht unüblich, auch andere Potentaten gaben aus diesem Grund Landesteile und Bauwerke in andere Hände. Jetzt trat Kaiser Friedrich III. als Oberhaupt der Habsburgerdynastie auf den Plan. Er brachte seinen bis dahin in Saus und Braus lebenden Verwandten dazu, dass er 1490 abdankte und die Regentschaft an Friedrichs Sohn Maximilian, den späteren römisch-deutschen Kaiser, übertrug. Man billigte ihm eine Art Rente in Höhe von 200 Gulden pro Woche zu. Damit war der ehemals reiche Mann zu einem armen Almosenempfänger geworden, der keine großen Sprünge mehr machen konnte. Sigmund hinterließ einen riesigen Schuldenberg von 500 000 Gulden.

Persönliche und politische Krisen und Katastrophen

Von persönlichen und politischen Krisen und Katastrophen im Leben des Tiroler Erzherzogs ist auf den Münzen nichts zu sehen, die in der Burg Hasegg zu Hall in Tirol in großen Stückzahlen geprägt wurden. Sie zeigen den Landesherrn stehend in voller Rüstung oder auch sein Brustbild mit einer gezackten Krone, dazu Wappenschilder als Symbole für die gebiete, die er sein eigen nannte. Dass über ein Jahrhundert später die aus dem Haus Habsburg kommenden Hoch- und Deutschmeister auf ihren Münzen die Motive neu verwendet haben, ist ein ungewöhnlicher Vorgang, denn sie waren aus der Zeit gefallen, und man schmückte seine Geldstücke mit anderen Bildern.

Das von Sigmund entwickelte Münzsystem bestand aus dem Sechser, Pfundner (12 Kreuzer), Halbguldiner (30 Kreuzer) und Guldiner oder Guldengroschen (60 Kreuzer). Bemerkenswert ist das Bemühen, den Landesfürsten lebenswahr zu porträtieren. Diese Neuerung entsprach dem Geist der Renaissance, für sie gab es Vorbilder in Italien, wo man Münzen und bald auch Medaillen mit realistischen Bildnissen schmückte. Dass der Guldengroschen den gleichen Wert wie der Goldgulden hat, wurde durch Übernahme des Vorderseitenbildes mit dem stehenden Landesfürsten unterstrichen. Der Halbguldiner von 1484, sozusagen der „kleine Bruder“ des Guldengroschen von 1486, zeigt Sigmund mit einer strahlenförmigen Krone, und auch auf dem undatierten Zwölf-Kreuzer-Stück (Pfundner) ist er im Profil dargestellt. Auf eine Namensgebung des neuen Nominals, etwa „Ein Guldengroschen“, hat man verzichtet. Erst im 18. Jahrhundert wurde es üblich, auf den Münzen kundzutun, welchen Wert sie haben.

Silberne Äquivalent für den Goldgulden

Die von ihm mit der Jahreszahl 1486 versehenen Guldengroschen waren die Antwort des Tiroler Landesherren auf geringer werdende Goldvorkommen in Osteuropa und Probleme mit dem Nachschub aus dem Orient. Zu Sigmunds Zeiten stand noch nicht das viele Edelmetall aus der Neuen Welt, also Amerika, sowie aus Afrika zur Verfügung, das zur Abwicklung von Handel und Wandel, zur Bezahlung teurer Kriege und fürstlicher Hofhaltungen, aber auch zur Durchsetzung politischer Ziele durch Korruption und Bestechung benötigt wurden.

Indem Sigmund seine eigenen Silbervorkommen erschloss und nutzte, schrieb er Geldgeschichte. Wurden für den täglichen Zahlungsverkehr bisher nur groschengroße Silbermünzen beziehungsweise für die Begleichung größerer Summen und im Fernhandelsverkehr Silberbarren und Goldmünzen verwendet, so eigneten sich die neue Großsilbermünze und ihre Teilstücke gut, um Geldgeschäfte bequem durchzuführen, die die sich stark entwickelnden Ware-Geld-Beziehungen an der Schwelle zur Neuzeit mit sich brachten.

Die steigende Bedeutung des Schwazer Silberbergbaues und der Umstand, dass in Hall im Zusammenhang mit der Produktion und dem Handel mit Salz große Umsätze getätigt wurden, waren Gründe, warum Sigmund 1477 seine Münzstätte von Meran nach Hall am Inn verlegte. Die Münzprägung anfangs unter Zuhilfenahme italienischer Spezialisten erfolgte bis 1567 im Ansitz Sparberegg an der Südostecke der Haller Oberstadt. Als dort ein Damenstift einzog, zog die Münzstätte in die Burg Hasegg, die bis heute zu den besonderen Sehenswürdigkeiten von Hall gehört und ein sehenswertes Münzmuseum besitzt.

Viele Stücke wurden eingschmolzen

Ursprünglich mögen die numismatischen Neulingen in größeren Stückzahlen hergestellt worden sein, doch nur wenige Exemplare sind bis auf unsere Zeiten überliefert. Man hat viele im Laufe der Jahrhunderte eingeschmolzen, um Material für neue Münzen und Silbergerät zu gewinnen. Erst als in der Barockzeit Taler und andere zeitgenössische Münzen als Sammelgegenstand entdeckt wurden, hat man das eine oder andere alte Stück, vor allem wenn es repräsentativen Charakter besaß, besonders gestaltet oder mit einer interessanten Geschichte verbunden war, vor der Vernichtung bewahrt. Jetzt kamen gedruckte „Talerkabinette“ in Mode, Kataloge mit Beschreibungen der Guldengroschen, Taler und ähnlich großen und schweren Silbermünzen, die in Kriegs- und Notzeiten vor feindlichem Zugriff versteckt wurden und immer wieder bei Abriss- und Bauarbeiten sowie auf dem freien Feld beim Pflügen ans Tageslicht kommen.

Die Stadt Bern brachte 1494 einen Guldengroschen mit der Figur des Heiligen Vinzenz mit Buch und Palmenzweig in den Händen und dem zweifachen Wappenkranz um einen Bären und einen Adler heraus. Die Ähnlichkeit mit dem Haller Vorbild von 1486 war bei diesem und weiteren Silberstücken gewollt, um Ebenbürtigkeit zu unterstreichen. So weist der undatierte Taler des Herzogs Antoine von Lothringen mit dem rückseitigen Wappenkranz auf das Haller Vorbild hin. Die kurz vor und nach 1500 geprägten Guldengroschen aus den Bistümern Sitten und Salzburg, aus Hessen, Sachsen und Württemberg sowie aus Österreich, Ungarn und anderen Staaten sind Meisterwerke spätgotischer Stempelschneidekunst. Repräsentativen Charakter haben die Taler und Doppeltaler, auf denen der römisch-deutsche Kaiser Maximilian I. reitend oder mit seinem Brustbild dargestellt ist, kombiniert mit den Wappenschildern der von ihm beherrschten oder beanspruchten Länder. Dass von diesen und weiteren Talern gelegentlich Nachprägungen und Nachgüsse, Doppelstücke und sogar Abschläge auf viereckigen Schrötlingen, die so genannten Klippen, hergestellt wurden, unterstreicht die Rolle, welche sie als Geschenk- und Verehrpfennige spielten, wie man damals sagte.

26. Juli 2023