Optische Geräte in höchster Qualität
Carl Zeiss und Ernst Abbe wurden in beiden deutschen Staaten durch Gedenkmünzen geehrt





Ungewöhnlich für das 19. Jahrhundert ist der bayerische Gedenktaler von 1826 mit den Köpfen von Reichenbach und Fraunhofer, denn eigentlich waren solche Münzen nur gekrönten Häuptern vorbehalten. Dem Chemiker Justus von Liebig sollte 1927 eine Gedenkmünze gewidmet werden, doch hat man auf eine reguläre Auflage in großer Zahl verzichtet.



Mit dieser Gedenkprägung ehrte die Bundesrepublik Deutschland 1988 den hundert Jahre zuvor verstorbenen Carl Zeiss. Sie und die Münze zur Erinnerung an seinen Zeitgenossen, den Mediziner, Physiologen, Chemiker, Hygieniker und Epidemiologe Max von Pettenkofer, könnten den Grundstock für eine Sammlung zum Thema „Erfinder und Konstrukteure“ bilden.



Justus von Liebig und dem Physiker und Erfinder Philipp Reis, dem die Übertragung von Tönen über elektrische Leitungen gelang, haben beide deutsche Staaten 2003 und 1974 Gedenkmünzen gewidmet.



Das in der Kaiserzeit durch Spenden finanzierte Monument auf dem Carl-Zeiss-Platz in Jena erinnert an Ernst Abbe.





Die DDR hat Ernst Abbe und Carl Zeiss 1980 und 1988 Gedenkmünzen gewidmet. Für Sammler im zweiten deutschen Staat waren sie, wenn überhaupt, nur mit Mühe zu bekommen.



Berühmt war der von Liebig entwickelte Fleischextrakt und seine Brühwürfel, für die bunte Sammelbildchen warben, hier das auf der Insel Yap verwendete Steingeld.







Die Gedenkmünzen beider deutscher Staaten auf den Erfinder des Buchdrucks Johannes Gutenberg sowie den Konstrukteur Magdeburger Halbkugeln Otto von Guericke und den Flugpionier Otto Lilienthal schmücken Sammlungen speziell zum Thema Erfindungen. Dem Erfinder des europäischen Hartporzellans Johann Friedrich Böttger wurden 1969 und 2010 unterschiedlich gestaltete Gedenkmünzen gewidmet.(Fotos/Repro: Caspar)

Als es noch Kaiser und Könige gab, hat man Gelehrte und Künstler zwar auf Medaillen dargestellt, auf Münzen aber kamen sie nicht vor. Eine Ausnahme bildete ein Geschichtstaler, den der bayerische König Ludwig I. zu Ehren des berühmten Optikers Joseph von Fraunhofer und seines Kollegen, des Erfinders und Instrumentenbauer Georg von Reichenbach prägen ließ. Verbunden mit der programmatischen Inschrift DEM VERDIENSTE SEINE KRONEN verbindet die Münze das Bildnis des Königs, der als Mäzen und Bauherr in Erinnerung bleibt, sich aber auch als Liebhaber der Tänzerin Lola Montez bei seinen Untertanen so verhasst machte, dass er im Revolutionsjahr 1848 abdanken musste. Der Geschichtstaler trägt die Jahreszahl 1826, und wenn man sich die Biographien der beiden Wissenschaftler anschaut, sieht man, dass sie im selben Jahr starben. Demnach handelt es sich bei dieser Ausgabe um eine Art Sterbetaler, der diesen Anlass nicht preis gibt.

Gut bezahlte Münzproben

Ein Jahrhundert später hat die Weimarer Republik auch bedeutende Vertreter des Kultur- und Geisteslebens auf Gedenkmünzen gewürdigt. Zwar wurden Dichter wie Lessing und Goethe, der Minnesänger Walther von der Vogelweide , der Gründer der Universität Tübingen Graf Eberhard im Bart, der Maler Albrecht Dürer und der Staatsmann Karl Reichsfreiherr vom Stein durch Gedenkmünzen geehrt. Bei Wissenschaftlern aber hielt man sich aus unbekannten Gründen zurück. Lediglich hat man 1927 in Stuttgart probeweise ein Drei-Mark-Stück zu Ehren des bedeutenden Chemikers Justus von Liebig geprägt. Diese und andere Proben aus der Weimarer Republik werden gut bezahlt.

Als die Bundesrepublik Deutschland 1952 und die DDR 1966 mit der Ausgabe von Gedenkmünzen begannen, stand ein breites Spektrum von Anlässen und Persönlichkeiten zur Verfügung. Die Dichtern, Malern, Bildhauern, Wissenschaftlern und Politikern gewidmeten Münzen sind in großen Auflagen geprägt worden und können im Handel, aber auch bei Sammlertreffen und Münzmessen zumeist preiswert erworben werden. Dass die bundesdeutsche Gedenkmünze von 1988 den bärtigen Kopf von Carl Zeiss mit einem seiner Mikroskopen kombinierte, lag nahe. Die Jury entschied sich für das Modell von Carl Vezerfi-Clemm. Versehen mit der Randschrift OPTIK FÜR WISSENSCHAFT UND TECHNIK zeigt die Münze den Firmenchef in älteren Jahren. Auch die DDR nahm sich 1988 des einhundertsten Todestages von Carl Zeiss durch eine Sondermünze zu 20 Mark an. Gestaltet von Heinz Hoyer, zeigt sie ein Zeiss-Mikroskop ohne weiteren Zusatz. Schon 1980 war eine DDR-Münze zu 20 Mark anlässlich des 75. Todestages von Ernst Abbe geprägt worden. Es zeigt nach einem Entwurf von Volker Beier und Joachim Rieß den von dem Physiker ermittelten Strahlenverlauf, den das Licht durch ein Linsensystem nimmt.

Mikroskope, Fernrohre, Planetarien

Carl Zeiss wurde am 11. September 1816 in Weimar geboren, besuchte dort das Gymnasium und zeigte schon frühzeitig Interesse an technischen Dingen. Als Schüler besuchte er Lektionen an der Großherzoglichen Gewerbeschule in seiner Heimatstadt und ging danach, um sich als Mechaniker ausbilden zu lassen, nach Jena, wo er Ostern 1834 beim Hofmechaniker Friedrich Körner eine Lehre begann. Er eröffnete 1846 in Jena eine Werkstätte, in der er optische Geräte auch für die Universität herstellte. Er arbeitete zunächst allein, konstruierte, baute und reparierte physikalische und chemischen Instrumente, von denen vor allem seine Lupen Anklang fanden. Daneben verkaufte er Brillen, Fernrohre, Mikroskope, Thermometer, Barometer, Waagen und andere Geräte.

1847 nahm Carl Zeiss die Produktion von Mikroskopen auf, die zu einem Verkaufsschlager wurden, denn sie waren nicht nur billiger, sondern auch besser als die der Konkurrenz. Zwanzig Jahre später bot Zeiss Ernst Karl Abbe an, in seine Firma als Forschungsdirektor einzutreten. Der Mathematiker und Physiker sagte zu und wurde 1875 Mitinhaber des Unternehmens. Die Zeiss-Werke erwarben sich schnell weltweite Anerkennung für die Herstellung optischer Präzisionsinstrumente, besonders von Mikroskopen und Fotokameras. Darüber hinaus lieferte die Firma in alle Welt Fernrohre zur Himmelsbeobachtung und komplette Planetarien. 1884 gründeten Zeiss und Abbe gemeinsam mit dem Chemiker Otto Schott das Glastechnische Laboratorium Schott & Genossen, die später in Jenaer Glaswerk Schott & Genossen umbenannt wurde. Nach dem Tod von Carl Zeiss am 3. Dezember 1888 wurde Ernst Abbe Alleininhaber der Zeiss-Werke. Der sozial engagierte Unternehmer führte umfangreiche Reformen wie bezahlten Urlaub, Gewinnbeteiligung, Pensionen und den Acht-Stunden-Arbeitstag in seinem Unternehmen ein.

Patriot der Tat

Nach seinem Tod am 15. Januar 1905 charakterisierte Siegfried Czapski, sein langjähriger Mitarbeiter und Nachfolger als Bevollmächtigter der Stiftung in der Geschäftsleitung, Abbe in einer Gedenksitzung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft als einen der wärmsten Patrioten, deren Deutschland sich rühmen konnte, als einen Patrioten der Tat. „Einer der Hauptantriebe von Ernst Abbe lag in folgender Überlegung: die fortschreitende Ausbreitung der Industrie und damit des in ihr beschäftigten Personenkreises ist unaufhaltsam – also muss beizeiten dafür gesorgt werden, dass diese Personen vollwertige Mitglieder des Bürgertums bleiben oder werden und nicht etwa auf eine Stufe zum Helotentum, zur Halbsklaverei versinken.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das weltberühmte Unternehmen durch die Kommunisten gegen den erbitterten Widerstand der Belegschaft verstaatlicht, also in einen Volkseigenen Betrieb (VEB) umgewandelt. Ein Teil der Mitarbeiter floh in den Westen und baute den Betrieb im württembergischen Oberkochen neu auf. Der Betrieb musste viel für die Sowjetunion und ihre Rote Armee arbeiten. Da die Russen in der Endzeit der DDR kein mehr Geld zum Bezahlen der erhaltenen Waren hatten, stand der VEB kurz vor der Pleite - wie viele andere DDR-Betriebe auch. In den vergangenen Jahrzehnten haben die „Zeissianer“ jedoch ihre alte Weltgeltung zurück erobert.

Jena erinnerte an Ernst Abbe nicht mit einem dieser üblichen Standbilder aus Stein oder Bronze, sondern mit einem Gedenktempel, in dem seine Büste als eine Art Denkmal im Denkmal steht. Solche zumeist inwendig mit Figuren geschmückten Bauten kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Mode. Unmittelbar nach Abbes Tod trat ein Komitee zusammen und rief zur Schaffung eines ihm gewidmeten Denkmals auf. Die von namhaften Künstlern eingereichten Modelle genügten den Vorstellungen des Komitees nicht. Man wollte Abbe weder stehend noch sitzend und schon gar nicht von einem hohen Sockel auf die Passanten herab blickend ehren.

Gedenkpavillon in Jena

Nach vielen Diskussionen entstand das Abbe-Denkmal als ein an vier Seiten geöffneter Gedenkpavillon. Nicht ein Künstler zeichnet verantwortlich, sondern drei – der Architekt Henry van de Velde sowie die Bildhauer Max Klinger und Constantin Meunier. In dem nach van de Veldes Entwürfen zwischen 1909 und 1911 errichteten Pavillon auf achteckigem Grundriss steht eine von Max Klinger geschaffene kolossale Marmorbüste des Unternehmers und Menschenfreundes. Reliefs auf dem Sockel versinnbildlichen seine Lebensleistungen. Eines der Reliefs würdigt Abbes Sorge für seine Arbeiter. Von Constantin Meunieur geschaffene Bronzereliefs an den Innenwänden stellen mit figurenreichen Szenen die Industrie, den Bergbau, die Ernte und einen Hafen dar. Die beträchtlichen Baukosten von 115.000 Mark kamen, wie damals bei solchen Projekten üblich, durch Spenden der Jenaer Bevölkerung zusammen. Nach langer Vernachlässigung wurden in den 1990er Jahren der Pavillon saniert und die fehlenden Bronzetüren rekonstruiert.

28. Dezember 2024