Wiedersehen in fünf Jahren
Das Märkische Museum am Köllnischen Park in Berlin ist leer geräumt, so dass jetzt Umbauarbeiten beginnen können



In fünf Jahren soll man nach Auswechslung eines altersschwachen Fahrstuhls bequem auch zum Turm des Märkischen Museums gelangen, der auch Teil des Ausstellungsrundgangs wird.



Der Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Joe Chialo, der künstlerische Direktor des Stadtmuseums Berlin, Paul Spies (rechts), und die Managementdirektorin des Stadtmuseums Sabine Stenzel (links) übergaben die Schlüssel an Birgit Möhring von der BIM. Sie freuen sich auf spannende Jahre des Umbaus und die Neueröffnung des Märkischen Museums in fünf Jahren. Die Wilsnacker Glocke hinter ihnen wurde eingehaust.



Leer und unwirtlich sind im Moment die früheren Schauräume, bald schon verrichten Handwerker hier ihre Erneuerungsarbeit.



Ludwig Hoffmann hatte sich Bauten der märkischen Backsteingotik und der Renaissance zum Vorbild genommen, und so gibt es auch kapellenartige Räume mit Spitzbogengewölben und solche mit edler Holzverkleidung, die aus Renaissanceschlössern und Patrizierhäusern stammen könnten.



Bis auf die Wilsnacker Glocke in der Großen Halle ist alles im Museum ausgeräumt. Für das Marmordenkmal Theodor Fontanes im Hintergrund wird noch ein neuer Platz gesucht.



Im Innenhof hat man die an den Wänden befestigten Skulpturen vorsorglich entfernt. Allerdings bleibt das barocke Hausschild der Kurfürstlichen Akzisekasse am Ort. Nach Abschluss der Bauarbeiten kommen die meisten Objekte wieder an ihren alten Platz. Viele Stücke wurden aus Abrisshäusern geborgen..



Ausgelagert wurden zahlreiche Exponate, und auch die im Jugendstil gestalteten Arbeitsplätze des Frisiersalons Haby, in dem sich Kaiser Wilhelm II. den Bart zwirbeln ließ, muss fünf Jahre auf sein Comeback warten. Das Marinehaus daneben wird zeitgleich wie das Märkische Museum fit für das 21. Jahrhundert gemacht.



Der Vernichtung entgingen vor langer Zeit diese in eine Feldsteinmauer eingelassenen Köpfe (Schlussteine) aus der Barockzeit. Andere bekommen im Ephraimpalais unweit der Nikolaikirche im gleichnamigen Viertel Asyl. Beide Häuser und das als Biedermeiermuseum genutzte Knoblauchhaus gehören zur Stiftung Stadtmuseum. Diese ist im Humboldt Forum mit interessanten Exponaten und Arrangements vertreten, die die Beziehungen von Berlin in die weite Welt veranschaulichen. (Fotos: Caspar)

Im Märkischen Museum der Stiftung Stadtmuseum Berlin am Köllnischen Park und dem gegenüber stehenden Marinehaus haben für die nächsten Jahre vor allem Architekten und Bauleute das Sagen. Fast zeitgleich mit dem sanierungsbedürftigen Pergamonmuseum entsteht, umgeben von viel Grün, ein neues Museums- und Kreativquartier, das Kraft, Kultur und Schwung in die Gegend bringt, wie Museumsdirektor Paul Spies am 25. Oktober 2023 bei der Übergabe der Schlüssel an Birgit Möhring, Geschäftsführerin der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), erklärte.

Bei der anschließenden Führung bestand die Möglichkeit, in die leer geräumten Säle zu schauen. Sie hatte Berlins Baustadtrat Ludwig Hoffmann als Ort einer Zeitreise durch die vergangenen Jahrhunderte mit dem Interieur einer Kirche und eines Klosters, eines Rathauses und eines Patrizierhauses gestaltet, und so soll sich das Museum auch wieder zeigen. Da man zur Kaiserzeit noch nicht an gehbehinderte Menschen gedacht hat, werden sie nach dem Einbau eines Fahrstuhls barrierefrei in alle Räume und Etagen gelangen. Alles, was nicht niet-und nagelfest ist, bekam in den vergangenen Monaten Asyl in den Museumsdepots. Lediglich die tonnenschwere Wilsnacker Glocke in der Großen Halle wurde, weil man sie nicht bewegen wollte, eingehaust, und auch einige in die Wände eingelassenen Grabplatten aus Stein werden durch Verkleidungen geschützt.

Dank für Hilfe vom Bund und Land

Wenn alles nach Plan geht, dann kann man ab 2028 das von Dach bis Keller sanierte und in ein Ausstellungs- und Werkstattgebäude und Begegnungsstätte verwandelte Marinehaus und ein Jahr später das nach Plänen von Ludwig Hoffmann erbaute und 1908 eröffnete Märkische Museum besichtigen. „Wir freuen uns, mit dem Museums- und Kreativquartier einen innovativen Standort für das Stadtmuseum Berlin zu schaffen, der dazu einlädt, die Stadt und seine Geschichte zu erleben, zu verstehen und aktiv mitzugestalten“, sagte Spies und dankte dem Bund und dem Land Berlin für die Bereitstellung der finanziellen Mittel. Alle Baumaßnahmen sind mit dem Denkmalschutz abgestimmt, Ludwig Hoffmanns Raumkonzeption wird größtmöglich beachtet und dort wiederhergestellt, wo die Rundgänge unterbrochen waren. Einige bisher unzugängliche Räume und der Turm, von dem man eine herrliche Aussicht auf die Innenstadt hat, werden wieder begehbar sein. Das Museum wird künftig von seinen Schätzen mehr als bisher zeigen können. Bis zur Wiedereröffnung werden markante Exponate in einer Auswahl im Ephraimpalais und in der Nikolaikirche zu sehen sein.

Im Wechselspiel von Märkischem Museum und Marinehaus soll gemeinsam mit der Stadtgesellschaft ein Ort entstehen, in dem Experimente gewagt sowie Ausstellungen und Programme neu gedacht werden. Im Marinehaus, das ebenfalls leer geräumt ist, entsteht ein offener, diskursiver, gegenwarts- und zukunftsorientierter Treffpunkt, in dem spartenübergreifend und experimentierfreudig Berlin und seine künftigen Entwicklungen thematisiert werden. Joe Chialo, Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, betonte bei der Schlüsselübergabe, mit dem zeitgemäß ausgestatteten Stadtmuseum und neuen Flächen im Marinehaus entstehe gemeinsam mit der Alten Münze am anderen Ufer der Spree ein neues kulturelles Herz der Stadt.

Verschlossene Räume werden zugänglich

Das in der Mischung von Neogotik und Neorenaissance erbaute Märkische Museum wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt, blieb aber stehen. Manche Räume in dem damals als von der Architektur- und Kunstkritik gefeierten Museum waren bisher verschlossen. Sie werden wie der knapp 60 Meter hohe Turm in den Ausstellungsrundgang eingebunden und sind über einen Fahrstuhl zugänglich. Weitere Maßnahmen, die vom Berliner Architekturbüro SSP Rüthnick Architekten geleitet werden, betreffen die Erneuerung der in die Jahre gekommenen technischen Gebäudeausrüstung und Klimaanlage und die Anpassung der Ausstellungsflächen an einen zeitgemäßen Standard. Paul Spies versicherte, dass in dem unter Denkmalschutz stehenden Haus nichts ausgewechselt wird. Lediglich würden die Innenräume samt Fußböden und Fenstern aufgefrischt und besser ausgeleuchtet. „Wir fühlen uns bei allem, was wir unternehmen, Ludwig Hoffmann verpflichtet. Dass nach ihm andere Stile gepflegt wurden, ändert nichts an seiner epochalen Leistung“, sagte Paul Spies auf die Frage, wie die Öffentlichkeit der Kaiserzeit den ungewöhnlichen Bau aufgenommen hat. Sehr gut sei die Reaktion gewesen, Berlin war stolz und ist es auch heute, eine solche Schatzkammer des Lebens, Wissens und der Kultur zu besitzen.

Das Märkische Provinzialmuseum, so der frühere Name des Märkischen Museums, entstand 1874, weil sich Berliner Bürger Sorgen um den „schönsten Schmuck des Vaterlandes“ machten, wie Karl Friedrich Schinkel ein halbes Jahrhundert zuvor die Lage der Bau- und Kunstdenkmale des Landes bezeichnete. Viele, zum Glück nicht alle Kunstschätze waren in der Gründerzeit nach der Reichseinigung von 1871 dem Bauboom und Erneuerungswahn zum Opfer gefallen und wurden als „Plunder von damals“ auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen. Auf Nimmerwiedersehen wären Objekte aus Stein, Holz oder Metall verschwunden, hätten nicht geschichtsbewusste Berliner zugegriffen, um sie vor der Vernichtung zu bewahren. So kamen Hauszeichen, Grabsteine und anderen Hinterlassenschaften ins Museum, dazu geschnitzte Altäre und bemalte Heiligenfiguren, die den Bildersturm der nachreformatorischen Zeit überstanden hatten, sowie Möbel, Geschirre, Gemälde, Haushaltsgegenstände, Dokumente, archäologische Fundstücke und andere Objekte.



26. Oktober 2023