Schönster Platz in neuem Glanz Sanierter Gendarmenmarkt ist jetzt barrierefrei und wurde um eine breite Promenade erweitert

  

Der Umbau des Gendarmenmarktes kostete 21 Millionen Euro. Die Mittel stammen aus dem Bund-Länder-Förderprogramm zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, ergänzt durch Landesmittel.



Die Postkarte aus der Kaiserzeit zeigt, wie der Gendarmenmarkt ausgesehen hat, bevor die Nationalsozialisten ihn zu einem Aufmarschplatz gemacht haben.



Ein berühmter Anwohner, der Dichter und Jurist E. T. A. Hoffmann, ist auf und neben dem Gendarmenmarkt mit Tafel einer und einer Figur aus Bronze präsent.



Der Bau des Kuppelturms der Deutschen Kirche gelang erst im zweiten Anlauf. Halb in die Höhe gezogen, brach er am 28. Juli 1781 in sich zusammen. König Friedrich II. entließ den Architekten Karl von Gontard und betraute Georg Christian Unger mit dem Weiterbau.



Friedrich Schiller mit Dichterlorbeer, Schriftenrolle und langem Mantel und die Assistenzfiguren zu seinen Füßen fanden in der Kaiserzeit großen Beifall und sind heute beliebte Fotomotive. Der Bronzeabguss spielte bei der Rekonstruktion des Denkmals eine große Rolle.

Fotos/Repros: Caspar

Der Berliner Gendarmenmarkt
gilt als der schönste Platz von Berlin, und er ist einer mit vielen Namen. In der Barockzeit hieß er Linden-Markt, Mittelmark, Friedrichstädtischer Markt und Neuer Markt. 1799 erhielt er den Namen Gendarmenmarkt, weil hier die Ställe des 1736 vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. gebildeten Kürassierregiments Gens d’armes stationiert waren. Nach der Wiedervereinigung 1990 erhielt er seinen alten Namen zurück.Nachdem 1871 das von Reinhold Begas geschaffene Schillerdenkmal vor Karl Friedrich Schinkels Schauspielhaus, dem heutigen Konzerthaus, aufgestellt war, kam mit Schillerplatz als weiterer Name hinzu. Die Bezeichnung galt nur für das unmittelbare Umfeld des Marmordenkmals und hat sich nicht durchgesetzt.
Weil man in der DDR nicht an das preußische Garderegiment erinnern wollte, nannte man den Raum zwischen dem Deutschen und dem Französischen Dom wegen der in der Nähe befindlichen Akademie der Wissenschaften Platz der Akademie. Alte Bilder zeigen den Gendarmenmarkt als einen mit Blumen und viel Grün geschmückten Platz. Er wurde in der Zeit des Nationalsozialismus in einen unwirtlichen Aufmarschplatz umgewandelt, und so war es auch in DDR-Zeiten, wo er mit steinernen Bodenplatten bedeckt war. Gusseiserne, alten Vorbildern nachgebildete Kandelaber spendeten Licht, da und dort luden steinerne Bänke zum Verweilen ein, rot gefärbte, durch Ketten verbundene Poller grenzten den Platz zu den Straßen hin ab.

Zeit- und Kostenrahmen eingehalten
Die Deutsche und die Französische Kirche mit ihren aus der Spätzeit Friedrichs des Großen angefügten Türmen verleihen dem Platz in Berlins altem Zentrum Größe und Kontur. Dass die Kirchen manchmal auch „Dome“ genannt werden, ist nicht korrekt, weil sie keine Bischofskirchen sind. Der Irrtum hat mit der französischen Bezeichnung „le dome“ für Kuppel zu tun. Im Zweiten Weltkrieg zerbombt, wurde er 1987, das heißt noch in DDR-Zeiten, zur 750-Jahrfeier Berlins mit seiner eindrucksvollen Randbebauung wiederhergestellt. Erich Honecker sonnte sich bei der Eröffnung des nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel erbauten Schauspielhauses (heute Konzerthaus Berlin) als großer Bauherr und Kunstversteher, und das machte auch im deutschen Westen Endruck. Die Französische Kirche beherbergt das Hugenottenmuseum mit Hinterlassenschaften der im späten 17. Jahrhundert nach Berlin eingewanderten französischen Glaubensflüchtlingen. In der Deutschen Kirche auf der gegenüber liegenden Seite des Platzes wird eine Ausstellung zur deutschen Parlamentsgeschichte seit der Revolution von 1848 gezeigt.
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, die Bürgermeisterin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Franziska Giffey, und die Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt Ute Bonde, haben am 13. März gemeinsam mit Christopher Schriner, Bezirksstadtrat Bezirk-Mitte, und Christoph Schmidt, Geschäftsführer der Grün Berlin GmbH, den Gendarmenmarkt nach rund zweijähriger Bauzeit wiedereröffnet. Kai Wegner sagte in der Feierstunde: „Der Gendarmenmarkt ist einer der schönsten Plätze Berlins, ja sogar Europas. Die umfangreiche Sanierung ist ein hervorragendes Beispiel für nachhaltige Stadtgestaltung und die Entwicklung Berlins zu einer klimagerechten Stadt. Der Gendarmenmarkt ist außerdem nun barrierefrei zugänglich und auch optisch aufgewertet worden.“ Verkehrssenatorin Ute Bonde erklärte, die Berliner hätten zwei Jahre auf den Gendarmenmarkt verzichten müssen, das Warten aber habe sich gelohnt, denn er sein schöner denn je geworden.

Neue Technik unterirdisch verlegt
Der Gendarmenmarkt ist nach zwei Jahren Bauzeit barrierefrei zugänglich und wurde auch optisch aufgewertet. Unter den Steinplatten steckt viel neue Technik, denn der Stadtraum bekam ein innovatives Regenwassermanagement und ist damit ein Vorbild für Maßnahmen zur Schaffung einer klimaangepassten Schwammstadt. Die rund 21 Millionen Euro teuren Baumaßnahmen betrafen auch Fernwärmeleitungen sowie einen Tunnel unter der Charlottenstraße. Durch die Fugen zwischen den Fußbodenplatten sickert Regenwasser, das über eine Substratfilteranlage gereinigt und an den darunterliegenden Boden abgegeben wird. Der heller und freundlicher wirkende Gendarmenmarkt zeigt, dass auch an historischen Orten Maßnahmen zur Klimaanpassung möglich sind. So ist der Gendarmenmarkt ein Beispiel für nachhaltige Stadtentwicklung, denn Denkmalschutz, Klimaanpassung sowie Belange des Tourismus und der Wirtschaftsförderung ergänzen sich nach Aussagen der Landesregierung auf vorbildliche Weise.
Der Umbau des Gendarmenmarktes erfolgte im Zeit- und Kostenrahmen, was in Berlin nicht selbstverständlich ist. Der Platz und die angrenzende Charlottenstraße wurden zukunftsgerichtet saniert und weiterentwickelt. Die oberirdisch verlaufenden Versorgungsleitungen wurden dank neuer Strom-, Trink- und Abwasserleitungen unter die Fläche gelegt. Bei den Großveranstaltungen, Classic Open Air-Konzerten und dem Weihnachtsmarkt werden elektrischer Strom und sowie Wasser aus aufklappbaren Stationen entnommen. Diese Serviceeinrichtungen sind auf dem weiten Areal kaum zu sehen. Das Versorgungsnetz erstreckt sich über fünf Kilometer und ist autark über Unterflurverteiler nutzbar. So finden künftig alle Veranstaltungen ohne provisorische Verkabelung und Stolperfallen statt.

Barrierefreie Gestaltung
Auf 14.000 Quadratmetern wurde erstmals eine barrierefreie Gestaltung mit Pflaster und Platten unter Beibehaltung des vorhandenen Pflasterrasters realisiert. Sorgfältig restauriert und saniert, ist auch die historische Ausstattung des Platzes mit Bänken und Kandelabern nach historischen Vorbildern. Sie verbessern die Lichtverhältnisse in bislang schlecht erschlossenen Arealen. Auch die angrenzende Charlottenstraße erfuhr im Zuge der Sanierung eine Aufwertung. Der Gehweg zwischen Mohrenstraße und Jägerstraße wurde von fünf auf acht Meter erweitert und schafft nun eine großzügige Promenade, die den Gendarmenmarkt ergänzt. Statt reiner Verkehrsfläche bietet die Charlottenstraße mit ihren Cafés und Restaurants nun erweiterten Raum zum Flanieren und Verweilen. Die Maßnahmen steigern zudem die Sicherheit für Fußgänger, ältere Menschen sowie Familien mit Kindern und Personen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.
Ein besonderer Hingucker auf dem Gendarmenmarkt ist das marmorne Schiller-Denkmal. Die Aufstellung wurde Ende 1988 nach einem Kulturgüteraustausch zwischen West- und Ostberlin möglich. Der Berliner Magistrat hatte 1871 eine „Concurrenz-Ausschreibung“ für ein Schillerdenkmal aus Bronze veröffentlicht. Der Dichter sollte stehend dargestellt werden. Den Zuschlag erhielt der erst 33jährige Reinhold Begas, der in Weimar lebte und später Berlin mit zahllosen Denkmälern und Freiplastiken beglückte. Er entwarf eine Standfigur, umgeben von vier allegorischen Personen, die auf einer Brunnenschale sitzen. Die Jury bestimmte das Monument zur Ausführung nicht in Bronze, sondern in Marmor. Während der Dichter in die imaginäre Ferne blickt, richten die Personifikationen der Lyrik (mit Harfe), Dramatik (mit Dolch), Philosophie (mit Schriftenrolle) und Geschichte (mit Schreibtafel mit den Namen von Shakespeare, Michelangelo, Beethoven, Lessing, Kant und Goethe) ihre Augen aufs Publikum. Vor allem die schweigsamen Damen hatten es der Jury angetan: „Diese vier weiblichen Figuren sind von hoher Schönheit und ihre allegorische Bedeutung so tief empfunden, dass niemand, selbst der Ungebildete, nicht zweifeln wird, was der Künstler mit ihnen hat aussprechen wollen.“ Spötter behaupteten, die vier Frauen seien die einzigen Berlinerinnen, die den „Rand“ halten und meinten damit den Mund.

Schiller aus Marmor und Bronze
Im Jahr 1936 wurde das Schillerdenkmal vom Gendarmenmarkt entfernt. Die Nazis brauchten Raum für ihre Aufmärsche und Feiern, und Schiller stand bei ihnen wegen seiner freiheitlichen Gedanken („Gehn Sie Europens Königen voran./ Ein Federzug von dieser Hand, / und neu erschaffen wird die Erde. / Geben Sie Gedankenfreiheit“, Don Carlos, 3. Akt, 10. Auftritt). Die Dichterfigur aus Marmor wurde abgebaut und überstand den Zweiten Weltkrieg im späteren Westteil der Stadt. Von dem Monument samt Sockel, Brunnenschalen und Assistenzfiguren wurde 1941 ein Bronzeabguss hergestellt, wobei man das Material von dem ihnen verhassten, an den 1922 ermordeten Außenminister Walther Rathenau erinnernden Rathenaubrunnen im Volkspark Rehberge verwendete.
Der Bronzeabguss steht auf einer kleinen Anhöhe im Schillerpark (Wedding) in einer noch aus der Kaiserzeit stammenden festungsartigen Kulissenarchitektur. Bei den Restaurierungsarbeiten Mitte der 1980er Jahre leistete diese Kopie gute Dienste. Die im Tierpark Friedrichsfelde verwahrten Sockelfiguren waren stark beschädigt und verstümmelt, während der Sockel samt Reliefs verschollen war, so dass die Bildhauer des damaligen VEB Stuck und Naturstein alle Hände voll zu tun hatten, die fehlenden Teile analog zu jener Bronzekopie sowie nach Fotos und Zeichnungen neu anzufertigen. Da das Schillerdenkmal im Winter nicht eingehaust werden kann, zeigte es in den vergangenen Jahren in bedenklich-hässlichem Zustand, denn Moos und Schmutz hatten den Marmor angegriffen. Zu hoffen ist, dass das von Umweltschäden gereinigte und konservierte Denkmal so bleibt und nicht wieder eindreckt, wie die Berliner zu sagen pflegen.

Mehr Stein als Sein
Die mit großem Tam-Tam gefeierte Neugestaltung des Gendarmenmarkts stößt auf heftige Kritik. „Mehr Stein als Sein“ überschreibt die Berliner Zeitung am 18. März 2025 einen Bericht von Peter Neumann. Von neuer Steinwüste ist die Rede, und es wird gefragt, warum man zur Kaiserzeit mehr Grün gepflanzt hat als die Grünen von heute. Frühere Bilder zeigen Rasen, Blumen und viele Bäume; das hätte als Vorbild dienen können. Was auf dem Platz passierte, sei weder aus ästhetischen und denkmalpflegerischen noch aus klimaresilienten Gründen zu begreifen, schreibt der Landesvorsitzende der CDU Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet. Andere Kritiker sehen eine hässliche Betonwüste im DDR-Stil der 70er Jahre und – noch schlimmer – die Gestaltung aus NS-Zeiten. Von ökologischem Irrsinn und Grauen aus Stein und Beton schreiben sie. Hier seien Menschenfeinde am Werk gewesen. 14.000 Quadratmeter zeigen sich wie schon zuvor wieder als fast durchgehend gepflasterte Steinwüste.
Kritiker der Kritiker wenden ein, dass die Planungen für den Gendarmenmarkt auf das Jahr 2006 zurück gehen, als der rot-rote Senat unter Klaus Wowereit an der Macht war. Von Erderwärmung und Hitzekoller war damals noch nicht die Rede, eher von Übersichtlichkeit und Sicherheit bei Open-air-Veranstaltungen. Selbst Kai Wegner, der Regierende Bürgermeister von heute, habe das nicht rückgängig machen können. Es wird bemängelt, dass die Fassung von 1936, als die Nazis alles Grün von der vom Gendarmenmarkt entfernten, um einen Aufmarschplatz für ihre Zwecke zu gewinnen, von der DDR und jetzt vom Berliner Senat übernommen wurde. Jetzt ist zu hoffen, dass im Rahmen von Nachbesserungen wenigstens Kübelpflanzen aufgestellt werden und die am Rand des Gendarmenmarktes in der Nähe der Deutschen Kirche übrig gelassenen und vielleicht neu gepflanzten Bäume eines Tages große Kronen bekommen und Schatten spenden werden.

19. März 2025