Gießen, formen, malen, brennen
Schadow-Gesellschaft lud zu einem Besuch der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin ein

Die Büste von König Friedrich II. als Gründer der KPM sowie Figuren und bunt bemalte Vasen locken auf dem Hof zum Besuch der Königlichen Porzellanmanufaktur.

Claudia Tetzlaff führte Mitglieder der Schadow Gesellschaft durch die Königliche Porzellanmanufaktur Berlin. Dort kann man die Produktionsanlagen, ein Museum und ein Verkaufsdepot besuchen.

Auch heute wird historisches Porzellan in der KPM mit Hilfe der alten Formen und Malvorlagen neu geschaffen.

Das aus zahlreichen bemalten Tafeln bestehende Wandbild von Alexander Kips „Germania als Beschützerin der Kunst und Wissenschaft“ wurde von Jeannine Gröpke im Rahmen des Rundganges durch die KPM gezeigt.

In Berlin erinnern Gedenktafeln an Hauswänden an Ereignisse und Gestalten der Geschichte. Die Zeptermarke zeigt ihre Herkunft aus der KPM. Die Tafel an der Fassade des Nikolaihauses Brüderstraße 13 ehrt den Unternehmer Johann Ernst Gotzkowsky, dem Friedrich II. 1763 die Manufaktur abgekauft hatte.
Fotos: Caspar
Mitglieder der Schadow Gesellschaft hatten unlängst Gelegenheit, Produktionsabläufe in der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin an der Wegelystraße unweit des S-Bahnhofs Tiergarten kennenzulernen, aber auch beim Modellieren, Brennen und Bemalen des „weißen Goldes“ mit der blauen Zeptermarke zuzuschauen. Sie erfuhren, wie die Rohmaterialien unter Zusatz von Wasser gemischt und geknetet und wie Eisenpartikel entfernt werden und was die Drehmasse von der Gussmasse unterscheidet. Während früher das biegsame Rohmaterial durch Treten mit den Füßen entlüftet wurde, tun das heute Maschinen. Würde man hier nicht sorgsam arbeiten, könnte das fragile Porzellan beim Brennen Schaden nehmen und müsste dem Ausschuss zugeführt werden. Vieles erledigen in der KPM Maschinen, aber vieles ist wie vor 250 Jahren Handarbeit, was sich auf die Preise auswirkt, die für KPM-Porzellan bezahlt werden.
Riesiges Wandbild aus der Kaiserzeit
Die in Formen gegossenen Figuren bestehen aus vielen Einzelteilen, bei Schadows berühmter Prinzessinnengruppe hat man etwa 85 Einzelteile gezählt. Ihr Brand im Elektroofen dauert eine ganze Woche. Die Gäste schauten bei der Anfertigung eines Sandmännchens aus Porzellan zu und waren auch bei der Bemalung von Figuren und Geschirren dabei. Die über zweistündige Tour endete an einem riesigen, aus zahlreichen bemalten Fliesen bestehenden Porzellanbild von Alexander Kips von 1893, das auf der Weltausstellung in Chicago gezeigt wurde und 2023 nach Berlin in die KPM zurück kam.
Preußens König Friedrich II. war ein großer Freund und Sammler von Porzellan. 1763 erfüllte er sich einen großen Wunsch, als er eine ziemlich marode Porzellanmanufaktur in Berlin kaufte. Allerdings war der Betrieb, der seit 1763 als Königliche Porzellanmanufaktur (KPM) firmiert, anfangs defizitär, so dass sich der Monarch hinsichtlich des Absatzes und Gewinns verschätze und einige unsaubere Tricks anwandte, um ihn zu steigern. „Verlassen von des Königs Gnade“ starb im Jahr 1775 in Berlin ein Mann, der zeitweilig zu den reichsten Unternehmern in Preußen zählte - Johann Ernst Gotzkowsky. Der Heereslieferant und Kunstsammler hatte im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) bankrott gemacht und ging daraufhin der Gunst Friedrichs II. verlustig. Zwischen 1761 und 1763 betrieb Gotzkowsky in der Hauptstadt eine Porzellanmanufaktur, die er vom Firmengründer Johann Caspar Wegely übernommen hatte.
Blaue Zeptermarke aus Landeswappen
Doch die Zeiten waren für das damals zu den Luxusgütern zählende „weiße Gold“ ungünstig, und als es der Fabrik besser ging, kaufte der König die Manufaktur mit dem kompletten Lagerbestand und allen Modellen für 225 000 Taler. Mit dem Erlös konnte Gotzkowsky nur einen Teil seiner immensen Schulden tilgen. Sein Haus in der Brüderstraße 13, das so genannte Nicolaihaus, und seine Sammlungen, in denen sich auch Gemälde von Rembrandt, Rubens und Raffael befanden, wurden ebenfalls verkauft.
Der König kannte sich im Geschäft der „Porzelliner“ gut aus. Er war der eigentliche Chef und engagierte das Personal, darunter talentierte Modelleure und Maler. In Anlehnung an die Meißener Schwerter verlieh er seiner Fabrik das Zepter aus dem kurbrandenburgischen Wappen. Seither wird „KPM“ mit der blauen Traditionsmarke signiert. Von 1763 bis zum Tod Friedrichs des Großen am 17. August 1786 lieferte die KPM dem König Porzellan für 200 000 Taler. Historiker haben für diese Zeit einen Reingewinn von 464 000 Talern errechnet, das waren rund 20 000 Taler im Jahr. In späteren Zeiten, als die KPM „lief“, verdoppelten sich die Gewinne. Wie beim Besuch zu erfahren war, stand es mehr als einmal um die Manufaktur nicht gut, und um zu überleben musste sie sich immer wieder erneuern, was den Stil und die Art ihrer Erzeugnisse betraf.
Juden wurden zum Kauf gezwungen
Durch Kabinettordres wurde die Einfuhr ausländischen Porzellans strikt verboten, doch erzählen die Chroniken, dass es manchen Leuten doch gelungen ist, sich Geschirr und Figuren aus anderen, nicht minder guten Manufakturen außerhalb des friderizianischen Machtbereichs zu verschaffen. Kaufkräftige Liebhaber aus dem Adel und dem reichen Bürgertum standen nicht ausreichend zur Verfügung, um das Überleben der Manufaktur zu gewährleisten. Deshalb verpflichtete der stets in Geldnöten befindliche König seine jüdischen Untertanen zum Kauf der „Zepterware“, wenn sie heiraten und ein Haus bauen wollten oder um ein Privileg baten.
Manche Familien stürzten sich wegen des ihnen aufgezwungenen „Judenporzellans“ in Schulden. Bei rund 1400 Zwangskäufen sollen 280.000 Talern zusammengekommen sein. Da das nicht ausreichte, verschärfte der König 1779 seine Maßnahme und nahm auch in Kauf, dass Juden sein Land verließen. Manche Familien boten das ihnen aufgezwungene Porzellan in Hamburg und auf anderen Märkten an und nahmen auch Verluste in Kauf. Da das dem guten Ruf der KPM nicht gut tat, hat der neue KPM-Chef Friedrich Anton von Heinitz nach dem Tod des Königs die erpresserische Praxis beendet. Allerdings musste die jüdische Gemeinde noch einen „Abstand“ von 40.000 Talern entrichten.
Monarch ließ Kinderarbeit zu
Der Monarch bestimmte, wie Services, Tafelaufsätze, Kron- und Wandleuchter und die vielen anderen Erzeugnisse der KPM aussehen sollen. Wichtig war für ihn, dass die Manufaktur rentabel arbeitet, was aber in der Anfangszeit nicht einfach war. Denn die frühen Erzeugnisse der KPM wurden ungern gekauft, und die Lager füllten sich. KPM war zu teuer und noch lange ein ausgesprochenes Luxusgut, das sich nur der König und der hohe Adel leisten konnten. In seinen Reglements bestimmte der König die Arbeitsabläufe der ihm unterstehenden KPM. Gleich nach der Gründung der Manufaktur ordnete er Kinderarbeit an. „Wenn die Porcellain-Manufaktur zum Nutzen der Fabrik Kinder gebrauche, so solle sie sie aus dem Potsdamschen oder auch anderen teutschen oder französischen Waisenhäusern nehmen“. Die Idee war nicht gut, denn unausgebildete und unwillige Kinder richteten mehr Schaden als Nutzen an.
Da der König seine Porzelliner, und nicht nur sie, für faul hielt, ließ er sich nach Stücklohn bezahlen. „Es ist besser, denen ouvriers ihre Arbeiten stückweise zu bezahlen und sie dadurch zu mehreren Fleiß zu bringen, als sie auf Pensionen arbeiten zu lassen, worauf sie nur nachlässig und faul werden“, bestimmte Friedrich II. Ein Blick auf die Lohnlisten zeigt, dass die Porzelliner gut bezahlt wurden. Bildhauer bekamen 2000 Taler im Jahr, der Manufakturdirektor 1400, ein Ofenmeister 480, ein Formengießer zwischen 192 und 216 Taler, ein Buntmaler 824 und ein Blaumaler 240 Taler.
Starke und ausgefallene Farben
Bei der KPM war der König sein bester Kunde. Er bestellte hundertteilige Services sowie aufwändig gestaltete Tafelaufsätze mit vielen mythologischen Figuren. Dazu kamen Uhrengehäuse und Tischleuchter. Für jedes der königlichen Schlösser schuf die Manufaktur ein anderes Tafelservice. Da Friedrich der Große starke und ausgefallene Farben liebte, mussten seine Maler sterbendes Blau (bleu morant), altrosa und sattes Gelb mit Dachshaarpinseln auf Tassen, Teller und Terrinen zaubern. Auch spätere Monarchen bestellten umfangreiche Lieferungen bei der KPM. Das Porzellan kam als Mitgift preußischer Prinzessinnen oder diplomatische Geschenke in andere Hauptstädte und kann dort in Museen bewundert werden. Die Kosten für jedes einzelne Stück sind enorm. Manche Kreationen stehen, was die Preise betrifft, denen für teure Autos nicht nach. Geschirre und Figuren sind Unikate. Manche Figuren wie Schadows Prinzessinnengruppe sind aus zahlreichen extra gegossenen Teilen zusammen gesetzt. Natürlich produziert die Manufaktur nicht nur Klassisches, sondern legt auch auf modernes Design wert und geht mit der Zeit. Zweite Wahl wird zu reduzierten Preisen verkauft.
16. April 2025