Großes Schloss als Baustelle
Dach des Neuen Palais in Potsdam wird saniert, Empfangsbereich bekommt
einen Fahrstuhl

Das spätbarocke Neue Palais wurde schon zur Erbauungszeit eine große Fanfaronade (Prahlerei) genannt. Die Prunkräume wurden mehrfach umgestaltet und dem Zeitgeschmack angepasst. Erst zu Zeiten Kaiser Wilhelms II. hat man für ihn und seine Familie ein Bad gebaut, und es gab auch eine Art Zentralheizung. Sehr gemütlich im bürgerlichen Sinn ging es in dem Palast am Ende des Parks Sanssouci nicht zu.

Friedrich II. richtete sich in einem Seitenflügel kostbar dekorierte, aber selten bewohnte Räume ein, die, wie auch der Grotten- und weitere Säle in den vergangenen Jahren umfassend restauriert wurden.

Zum 100. Jahrestag der Novemberrevolution wurden 2018 im Neuen Palais Hinterlassenschaften aus der Kaiserzeit gezeigt.

Der König hatte eine schlechte Meinung von seinen Architekten und Bauleuten und hielt sie für Spitzbuben. Er prüfte die ihm vorgelegten Rechnungen und kürzte frei nach Belieben die auszuzahlenden Summen.

Zur Dachsanierung gehörte auch die Vergoldung der Figurengruppe samt Krone auf der Kuppel des Neuen Palais. Alle 136 Skulpturen, die ca. 3,50 Meter hoch und bis zu 4 Tonnen schwer sind, werden abgebaut und in eigens für sie hinter dem Neuen Palais gebauten Werkstätten saniert beziehungsweise durch Kopien ersetzt.
Fotos/Repro: Caspar
Eigentlich hätte sich König Friedrich II., der Große, einen solchen Prunkbau am Ende seines Potsdamer Parks Sanssouci nicht leisten können, pleite wie er und sein Land nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) waren. Doch es gehörte zum Selbstverständnis einen Fürsten von seinem Format, der Welt zu zeigen, dass Preußen nicht am Ende, sondern auf dem Weg zu neuer Größe ist.Der Bauherr Friedrich II. besaß einen eigenen Flügel mit kostbar ausgestatteten Räumen, die er nur nutzte, wenn es ein großes Familientreffen im Neuen Palais gab. Das für den preußischen Hof viel zu große Schloss mit hunderten Sälen und Zimmern wurde von den Hohenzollern bis zur Abdankung Kaiser Wilhelms II. als Sommerresidenz am 9. November 1918 bewohnt. Die junge deutsche Republik schickte dem fahnenflüchtigen Herrscher und seiner Gemahlin Auguste Viktoria bedeutende Kunstwerke und Möbel, aber auch ganz profane Gegenstände wie Waschschüsseln und Gießkannen ins holländische Exil Huis Doorn bei Utrecht hinterher.
Exkaiser musste keine Not leiden
Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg erinnerte 2018 mit der Ausstellung „Abgedankt - Das Neue Palais zwischen Monarchie und Republik", wie es hier in den aufregenden Tagen der Novemberrevolution 1918 zuging, wie eindringende Revolutionäre abgewehrt und was bald darauf in 36 Möbelwagen beziehungsweise 33 Eisenbahnwaggons dem nach Holland entwichenen Kaiser hinterher gebracht wurde. So musste er keine Not leiden. Kostbare Gemälde, Tafelsilber, Porzellan und geschliffene Gläser waren darunter, auch Bücher und eine Sammlung von Tabatièren Friedrichs II. und diverse Fotografien, auf denen der Kaiser stolz und grimmig posiert. Dazu kamen von ihm getragene Uniformen und Orden sowie Waffen und andere Hinterlassenschaften. Ein preußischer Finanzbeamter, der die Transporte organisieren musste, bemerkte, der kaiserliche Hausmarschall habe an alles gedacht und „zugleich bis in die aschgraue Zukunft des Hohenzollernhauses" geplant. Aus Klagebriefen geht hervor, wie der von ihrem Mann in Potsdam zurück gelassenen Kaiserin zumute war, als sie das Neue Palais verließ und ihren Beamten, Köchen, Lakaien, Zofen, Schneiderinnen und weiteren Bediensteten den Laufpass gab.
Die Schlösserstiftung setzt die 2008 begonnene Sanierung des Neuen Palais fort, das mit seiner vollständig erhaltenen originalen Substanz und kostbaren Ausstattung zu den bedeutendsten Schlossanlagen der Potsdam-Berliner Kulturlandschaft ist und mit weiteren Bauten und Gartenanlagen seit 1990 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes steht. Im Rahmen der Sonderinvestitionsprogramme 1 und 2 wurde und wird das 300 Meter lange Bauwerk in mehreren Bauabschnitten innen und außen umfassend instandgesetzt. Abgeschlossen sind die Baumaßnahmen am umlaufenden Sockelgeschoss samt Skulpturenschmuck, die Restaurierung des Fußbodens im Marmorsaal und der darunterliegenden Decke des Grottensaals, die Restaurierung des Unteren Fürstenquartiers, die Wiederinbetriebnahme des Schlosstheaters sowie die Sanierung des Dachs über dem südlichen Theaterflügel. In den kommenden Jahren werden die übrigen Dachbereiche des Hauses instandgesetzt und der Empfangsbereich barrierefrei neu gestaltet.
Neue Machtstellung Preußens
Ermöglicht werden die aktuell laufenden Wiederherstellungsarbeiten durch das Sonderinvestitionsprogramm 2 für die preußischen Schlösser und Gärten, das der Bund sowie die Länder Brandenburg und Berlin für die Jahre 2016 bis 2030 zur Rettung bedeutender Denkmäler der Berliner und Potsdamer Schlösserlandschaft aufgelegt haben. Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle erklärte: „Der Bau der Superlative Friedrichs II. manifestierte die neue Machtstellung Preußens, mit ihm frönte der König seiner Leidenschaft für die schönen Künste. So können wir uns heute noch an den prunkvollen Festsälen und am Schlosstheater erfreuen. Da ihn aber statische und konservatorische Probleme nicht interessierten, ist der Palast auch ein Pflegefall. Ich freue mich, dass mit der Dachsanierung und der barrierefreien Neugestaltung des Eingangsbereiches der nächste Bauabschnitt beginnt. Das ist bestens angelegtes Geld, damit auch künftige Generationen das Neue Palais in all seiner Pracht erleben können!“
Kai Schlegel, Ständiger Vertreter des Generaldirektors der SPSG, fügt hinzu: „Wenn die Sanierung des Schlosses so viel länger dauert als dessen Bau, dann braucht es neben einem langen Atem vor allem verlässliche Partner. Ich danke deshalb ausdrücklich den Ländern Brandenburg und Berlin, die gemeinsam mit dem Bund die Behebung der Schäden finanzieren. Die Baumängel im Neuen Palais beschäftigen die SPSG seit vielen Jahren. Bereits 2019 konnte die Sanierung des durchfeuchteten Sockelgeschosses abgeschlossen und der Palast endlich auf ,trockene Füße' gestellt werden. Nun geht es mit dem an vielen Stellen undichten Dach weiter. Wir richten einen neuen Empfangsbereich für unsere Gäste mit einem Fahrstuhl zum Besuch des Obergeschosses her.“
Figuren abgebaut und durch Kopien ersetzt
Die Dachsanierung umfasste die Erneuerung der Eindeckung aus Kupferblech, hinzu kamen die Instandsetzung der Dachkonstruktion aus der Erbauungszeit, ferner die Restaurierung des umlaufenden Hauptgesimses aus Naturstein samt Balustrade inklusive Skulpturenschmuck. 136 marode Figurengruppen und 64 Puttengruppen wurden durch Kopien ersetzt. In drei Räumen, die vom „Echten Hausschwamm“ befallen sind, sind aufwändige Sanierungsarbeiten nötig. Hinzu kommen Brandschutz und energetische Ertüchtigung. Planung und Baudurchführung werden in sechs Bauabschnitten bei laufendem Museumsbetrieb voraussichtlich bis 2029 dauern. Die Kosten für das Gesamtprojekt belaufen sich auf 30,8 Millionen Euro.
Mit Mitteln des ersten Sonderinvestitionsprogramms wurde im Südtorgebäude ein Besuchszentrum eröffnet, das mit Informationsangeboten, Ticketverkauf, Museumsshop, Gastronomie, Schließfächern und Toiletten die Gäste empfängt und auch Räume für die Museumspädagogik bietet. Begonnen wurden vorbereitende Sondierungen für den künftigen Aufzug. Für die Bauzeit wird das Schlosstheater zwischen 2025 und Sommer 2027 geschlossen. Die Gesamtkosten der Maßnahme sind mit 8,47 Millionen Euro beziffert. Ergänzend zum Besuchszentrum werden die Unteren Roten Kammern und die Marquis d’ Argens-Wohnung zur Verbesserung der Empfangssituation im Neuen Palais und seines Schlosstheaters denkmalgerecht umgebaut. Hier kommen Nebennutzungen des öffentlichen Besuchsverkehrs wie Info-Point, Ausgabe von Gruppenführungssystemen, Schließfächer, Garderobe, Catering-Anrichte, barrierefreie Gäste-WCs und ein Aufzug zur barrierefreien Erschließung sowohl der Museumsfläche im 1. Obergeschoss als auch des Schlosstheaters unter.
15. März 2025