"Das macht nach Adam Ries..."
Erzgebirgsstadt Annaberg erinnert an berühmten Rechenmeister


Wie Annaberg im frühen 17.. Jahrhundert ausgesehen hat, zeigt das Panorama mit der alles beherrschenden Annenkirche.


Die Büste an einem Haus in der Erfurter Michaelisstraße und am Wohnhaus in der Annaberger Johannisgasse erinnern an den berühmten Rechenmeister.


Die in deutscher Sprache abgefassten Lehrbücher von Adam Ries waren ausgesprochen populär und wurden fleißig auch nach seinem Tod ausgebaut und nachgedruckt. Annaberg hat dem berühmten Rechenmeister mit der von Robert Henze geschaffenen Büste ein bleibendes Denkmal gesetzt und erinnert in einem Museum in der Johannisgasse an ihn.


Der Holzschnitt von 1503 stellt Vorteile des auch von Ries propagierten Rechnens mit der Feder mithilfe arabischer Ziffern dem Rechnen auf Linien gegenüber, mit dem man nicht alle Operationen ausführen kann. Ein Handwerker oder Bauer zahlt Abgaben ein, der Mann am Tisch rechnet den Betrag „auf Linien“zusammen und benutzt dafür Rechenpfennige.

  

Bahnbrechend waren die Anweisungen des Meisters für das schriftliche Rechnen („mit der Feder“), das die Arbeit mit dem seit der Antike bekannten Abakus, einem Rechenbrett („auf Linien“), ablöste. Die Rechenpfennige aus dem 16. Jahrhundert demonstrieren, wie das Rechnen auf Linien geht. Nürnberg war ein Zentrum der Rechenpfennigschlägerei.


Anlässlich der Errichtung eines von Robert Henze geschaffenen Adam-Ries-Denkmals 1898 in Annaberg zum 400. Geburtstag des berühmten Rechenmeisters wurde eine Medaille mit seinem Bildnis und Wappen geprägt.


Spielgeld wie dieses als Österreich-Ungarn mit dem Bildnis von Kaiser Franz Joseph besteht aus billigem Material.

Fotos/Repros: Caspar


Der im sächsischen Bergbau tätige Rechenmeister Adam Ries
war im 16. Jahrhundert und später ein bekannter Mann. Seine nicht mehr in lateinischer, sondern in deutscher Sprache abgefassten Lehrbücher wie „Rechenung auff der Linihen“ (1518) oder „Rechenung auff der Linihen und Federn“ (1522) erreichten beachtliche Auflagen und wurden lange nach seinem Tod 1559 nachgedruckt. Die Traktate waren auch deshalb so populär, weil sie sich an der täglichen Praxis orientierten und von jedermann verstanden wurden. Sie sprachen Kaufleute, Wechsler, Steuereintreiber, Beamte, Gelehrte, Lehrer, Handwerker und andere Leute an, die im weitesten Sinne mit Zahlen zu tun hatten. Um die Richtigkeit einer Addition, Subtraktion oder einer anderen Operation zu bekräftigen, sagte man damals (und auch heute) „das macht nach Adam Ries/Riese“.

Unterweisung für Kinder
Das erste Rechenbuch von Adam Ries entstand 1518 und war ausschließlich für Kinder bestimmt. In der zweiten Auflage von 1525 bemerkte der Autor „Und habe vor etlichen Jaren dieses rechnbuchlein auff der linihen in truck lassen aufgehen, darinnen die kinder vor das erste in gemeyner rechnung underweyset zur begreyffunge grösserer dinge, geschickt wurden.“ Das Buch von 1525 befasst sich mit dem Linienrechnen und enthält eine Sammlung von Aufgaben aus verschiedenen Bereichen des Wirtschaftslebens sowie Preisberechnungen für Wein, Öl, Wachs, Honig, Hafer, Stroh, Alaun, Weinstein, Feigen, Gewürze, Wolle, Leder sowie Silber, Gold und andere Metalle. Als zentrale Methode wird der Dreisatz angewandt. Spezielle Kapitel sind dem Geldwechsel sowie der Berechnung des Feingehalts von Edelmetallen. An führender Stelle im sächsischen Bergbau tätig, konnte Adam Ries mit hoher Kompetenz diese Themen gut und allgemein verständlich darstellen.
Wie ein Blick auf das Titelblatt eines 1550 veröffentlichten Rechenbuches zeigt, nannte sich der Verfasser Adam Ries und nicht Riese, wie man oft liest. Die mit einem kaiserlichen Privileg gegen Raub- und Nachdrucke geschützten Rechenbücher sind mit dem Bildnis ihres Verfassers und Holzschnitten geschmückt, auf denen er das Rechnen auf Linien praktiziert. Adam Ries gehörte zu den so genannten „Cossisten“. Der Begriff wurde von cosa (die Sache) abgeleitet und meinte das, was wir heute Unbekannte nennen. Seine Einführung in die Algebra, auch „Coss“ genannt, blieb unveröffentlicht und wurde daher von der Mit- und Nachwelt nicht zur Kenntnis genommen. Das Werk, in dem erstmals das Wurzelzeichen verwandt wurde, unterstreicht einmal mehr, dass Ries einer der bedeutendsten Mathematiker seiner Zeit war.

Indisch-arabische Ziffern
Nachdem Adam Ries, aus Erfurt kommend, im Jahr 1525 geheiratet hatte, erwarb er in der sächsischen Bergstadt Annaberg das Bürgerrecht und ein Haus, in dem er eine Rechenschule eröffnete. Dort lehrte den Umgang mit Rechenpfennigen und dem Rechenbrett („auf Linien“), unterwies seine Schüler aber auch das schriftliche Rechnen („mit der Feder“) mit den damals noch gewöhnungsbedürftigen indisch-arabischen Ziffern. Neben seinen Rechenbüchern schrieb Riese ein Regelwerk für den Umgang mit Backwaren aller Art. Diese „Annaberger Brotordnung“ wurde von weiteren Städten übernommen und trug ebenfalls zur Popularität ihres Autors bei, der 1539 den Titel eines „Churfürstlichen Sächsischen Hofarithmeticus“ erhielt. Ries hat für die Annaberger Brotordnung alltäglicher Preise errechnet, „dass der arme gemeine man ym Brotkauff nicht vbersezt würde“, also übervorteilt werde. Das Regelwerk war vorbildlich für ähnliche Erlasse in weiteren Städten und machte den Namen ihres Verfassers weithin bekannt.
Mit seiner Frau Anna hatte Adam Ries mindestens fünf Söhne und drei Töchter. Seine Nachkommenschaft ist beträchtlich. Der Adam-Ries-Bund listet in seiner Datenbank mehr als 27.500 direkte Nachkommen auf. Das 1984 gegründete Adam-Ries-Museum in Annaberg-Buchholz widmet sich Leben und Werk des Rechenmeisters und sächsischen Bergbeamten. Untergebracht ist das Museum in einem von ihm bewohnten Haus und zeigt. Das Adam-Ries-Haus ist Teil der Bergbaulandschaft Annaberg-Frohnau des Unesco-Weltkulturerbes „Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří. Gezeigt werden Quellen und Dokumente aus dem Leben und Wirken des Rechenmeisters und seiner Familie, aber auch Rechenbücher und mathematische Schriften sowie alte, meist aus Sachsen stammende Maße und Gewichte sowie Münzen, die in Annaberg, dem Erzgebirge und Sachsen geprägt wurden und einen Bezug zum Bergbau in der Region haben.

Marken und Medaillen aus Nürnberg
Die oft gestellte Frage, ob es sich lohnt, Ausschau nach Rechenpfennigen, Jetons und ähnlichen Objekten zu halten, ja sie gezielt zu sammeln, kann mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden. Aus Kupfer, Messing und anderen Materialien bestehend, fungierten oft als eine Art Ersatzgeld, mit dem man Lebensmittel, Getränke und andere Erzeugnisse sowie Dienstleistungen bezahlen konnte, wenn kein kurantes Geld zur Hand war. Manche Gepräge dienten auch zur Legitimation und gestatteten das Betreten von Gebäuden. Andere hat man bei Glücksspielen verwendet und schmückte sie mit der antiken Glücksgöttin Fortuna und anderen Motiven. Wenn römisch-deutsche Kaiser und andere Herrscher gekrönt wurden oder wenn diese die Huldigung ihrer Untertanen entgegen nahmen, hat man die nach dem französischen Wort „jeter“ für „auswerfen“ benannten Jetons wegen des besonderen Anlasses auch in Silber und manchmal sogar in Gold ausgeprägt, was ihnen bis heute große Wertschätzung sichert.
In der Reichsstadt Nürnberg etablierte sich mit der Pfennigschlägerei eine regelrechte Industrie, der wir unzählige beim Rechnen auf Linien und anderen Tätigkeiten verwendete Marken und Zeichen verdanken. Beliebtes Motiv war ein am Tisch sitzender Mann, der auf den Linien vor sich Rechenpfennige ausgebreitet hat. Vielfach erkennt man auf der Rückseite das ABC. Die von der im 18. Jahrhundert gegründeten Firma Lauer hergestellten Marken und Medaillen machten Nürnberg, die bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts eigene Münzen und Medaillen ausgab, weltweit benannt und wurde auf Ausstellungen mit Preisen bedacht. Viele von Olding erfasste Rechenpfennige und Jetons zeigen zunächst den nach links gewendeten Kopf beziehungsweise das Brustbild Friedrichs II., des Großen, kombiniert mit einem galoppierenden Pferd, einem Springbrunnen und einer Friedensgöttin. Dass man in der Firma Lauer kein Problem damit hatte, den Kopf des schon lange verstorbenen Preußenkönigs Friedrich II. mit einer Friedensgöttin und der Jahreszahl 1814 zu kombinieren, unterstreicht patriotische Gesinnung nach den Befreiungskriegen. Lauer brachte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Medaillen mit Bildnissen bekannter Persönlichkeiten hervor, allen voran Kaiser Wilhelm I. und sein Reichskanzler Otto von Bismarck. Wichtige tages-, militärische und politische Ereignisse wurden von der Prägeanstalt ebenso auf Medaillen verewigt wie solche zur Erinnerung an Ereignisse und Gestalten der deutschen und ausländischen Geschichte.

9. März 2025