"Wir werden uns niemals ergeben"
Im Sommer 1940 entkamen bei Dünkirchen rund 340 000 Briten der deutschen Gefangenschaft



Winston Churchill wies 1940 die deutschen Avancen in Richtung Sonderfrieden zurück. "Wir werden uns niemals ergeben" war sein Credo. Bis zum Sieg über Nazideutschland mussten er und seine Landsleute durch ein Tal der Tränen und des Blutes gehen.



Der deutsche Luftkrieg gegen England hatte nicht den von Hitler und seinen Militärs erhofften Erfolg, er kostete viele Menschenleben und richtete große Schäden an.

  

Auf Kriegs- und Handelsschiffen, aber auch Fischkuttern und sogar Sportbooten wurden mehrere Tage lang fast 340 000 Soldaten aus Dünkirchen und Umgebung nach England verschifft. Dass Hitler sie "laufen" ließ, fanden seine Generale überhaupt nicht gut, aber sie kamen gegen den "Größten Feldherrn aller Zeiten" (GRÖFAZ) nicht an.



Der Gedenkstein erinnert an die riskante Überfahrt britischer Soldaten im Sommer 1940 zurück in die Heimat. Die Flucht war in Nazideutschland kein Thema.



Alle Welt schüttelte den Kopf über den kurz vor dem Beginn des Zweiten Weltkriegs im August 1939 abgeschlossenen deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt, demzufolge sich Hitler und Stalin, die auf der Karikatur wie ein verliebtes Brautpaar turteln, gegenseitige Unterstützung im Kriegsfall zusicherten und insgeheim die Aufteilung Polens festlegten.

Repros: Caspar

In der Publizistik und Geschichtswissenschaft
wird da und dort gefragt "Was wäre wenn?" Gemeint ist etwa, was wäre gewesen wenn Zarin Elisabeth I. nicht 1761 gestorben wäre und ihr Nachfolger Peter III. mit dem quasi am Boden liegenden Preußenkönig Friedrich II. nicht Frieden geschlossen hätte, oder wenn die Attentate von Georg Elser beziehungsweise Graf Stauffenberg 1939 und 1944 auf Hitler erfolgreich gewesen wären. Eine solche Frage richtet sich auch an den "Fall" Dünkirchen, in dem Hitler eine kapitale Fehlentscheidung traf. Gegen den Rat seiner Militärs ließ er vom 26. Mai bis 4. Juli 1940 fast 340 000 Soldaten aus Dünkirchen an der nordfranzösischen Atlantikküste nach England entkommen.
Historiker und Publizisten grübeln darüber nach, was geschehen wäre, wenn das britische Expeditionskorps gefangen genommen worden wäre und das Königreich einen Großteil seiner besten Landstreitkräfte verloren hätte. Bald nach Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 durch den Überfall auf Polen waren die Briten, einem Beistandspakt folgend, Frankreich und Polen zu Hilfe gekommen, um Nazideutschlandzu stoppen, was allerdings nicht gelang. Hitler überrannte mit seiner Wehrmacht neutrale Nachbarstaaten und umging Befestigungswälle. Am 24. Juni 1940 ließ er sich in Paris ein als größter Feldherr aller Zeiten feiern. England stand jetzt allein da, und es machte sich hier große Furcht vor Nazideutschland breit. Man wusste, dass der Feind die Invasion der Insel vorbereitet, doch gelang die "Unternehmen Seelöwe" genannte Besetzung nicht. England durch massenhafte Bombardierung sturmreif und kapitulationsbereit zu schießen, war zum Scheitern verurteilt.

Mühsal, Schweiß und Tränen
Winston Churchill rief seine Landsleute zum unbedingten Widerstand gegen Hitlerdeutschland auf und erteilte allen defätistischen Neigungen im Lande eine klare Absage. Ein so genannter Verständigungsfrieden mit Hitler komme niemals infrage, erklärte er und machte seinen Landsleuten in ungewöhnlicher Offenheit deutlich, dass sie sich auf große Mühsal, Schweiß und Tränen einstellen müssen und nicht die Augen vor der rauen Wirklichkeit verschließen dürfen. Churchill tat dies im Wissen um deutsche Pläne, sich das Königreich wie auch andere Länder untertan zu machen und und auch die in England lebenden Juden und dorthin geflüchtete Antifaschisten zu ermorden.
Der Premierminister machte Schluss mit der verhängnisvollen Appeasementpolitik seines Vorgängers Chamberlain, der im Herbst 1938 auf Hitlers scheinheiligen Friedenszusagen hereinfiel. Churchill erteilte Abgeordneten, die Friedensverhandlungen mit den Deutschen forderten, eine unmissverständliche Abfuhr und sagte: "Sie fragen: Was ist unser Ziel? Ich kann es Ihnen in einem Wort nennen: Sieg - Sieg um jeden Preis, Sieg trotz allem Schrecken, Sieg, wie lang und beschwerlich der Weg dahin auch sein mag, denn ohne Sieg gibt es kein Weiterleben. Wir werden ausharren, wir werden in Frankreich kämpfen, wir werden auf den Meeren und Ozeanen kämpfen, wir werden mit wachsender Zuversicht und zunehmender Stärke in der Luft kämpfen, wir werden unsere Insel verteidigen, was immer es uns auch kosten möge, wir werden an den Dünen kämpfen, wir werden auf den Landungsplätzen kämpfen, wir werden auf den Feldern und in den Straßen kämpfen, wir werden auf den Hügeln kämpfen, wir werden uns niemals ergeben."

Okkupation in Windeseile
Zu ihrer Überraschung war es der Wehrmacht gelungen, ab 10. Mai 1940 die Benelux-Staaten und Teile von Frankreich sozusagen in Windeseile zu besetzen. Die Niederlande kapitulierten am 14. Mai 1940, Belgien folgte zwei Wochen später am 28. Mai 1940. Beide bis dahin neutrale Königreiche und das Großherzogtum Luxemburg wurden unter deutsche Militärverwaltung gestellt. Die Besatzer setzten hier ihre Rasse- und Vernichtungspolitik durch, der auch, um ein bekanntes Beispiel zu nennen, die nach Amsterdam geflohene Familie von Anne Frank zum Opfer fiel.
Die deutsche Generalität hatte schon die in Dünkirchen eingekesselten Engländer "im Sack" gesehen und fühlten sich durch Hitlers Haltebefehl um einen grandiosen Sieg über England betrogen, wagte aber nicht, gegen den "geliebten Führer" zu opponieren. Eine These für das Stillhalten der Wehrmacht lautet, die Eingeschlossenen hätten als Unterpfand für eventuelle Friedensverhandlungen mit London verwendet werden sollen, zu denen sich aber die britische Regierung unter Churchill nicht bereit fand. Fest steht, dass das französisch-britische Debakel im Norden verheerende Wirkungen auf Frankreichs hatte. Als die französische Armee am 22. Juni 1940 in Compiègne kapitulierte, war Hitler außer sich vor Freude, und seine Generale und die Nazipropaganda legten ihm Siegeslorbeer zu Füßen.

Debakel als Sieg umgedeutet
Bei der Evakuierung der 338.226 Briten und einiger kleiner Verbände der Franzosen wurden etwa 900 große und kleine Schiffe eingesetzt. Der Abzug unter Zurücklassung von Waffen und anderem Kriegsgerät wurde von der britischen Kriegspropaganda als Sieg gefeiert und war ein willkommener Grund, um auf die Jagd nach deutschen Exilanten zu gehen, in denen man Sympathisanten des NS-Reiches und eine Art Fünfte Kolonne vermutete. Dass Hitler seine Feinde "laufen" ließ, wurde im Deutschen Reich nicht näher kommentiert, Einzelheiten über seinen von Zeitgenossen unter der Hand als kapitaler Fehler bezeichneten Stillhalte-Befehl kamen nicht in die Öffentlichkeit. In Großbritannien wurde alles getan, um die Öffentlichkeit von dem Debakel abzulenken und in einen Sieg, um das "Wunder von Dünkirchen" umzudeuten und den unter Beschuss stehenden Landsleuten Mut zuzusprechen. Die Schlacht um Frankreich begann unmittelbar nach der Einnahme von Dünkirchen und endete bereits zwei Wochen später am 17. Juni 1940. Bis dahin hatte die französische Marine tausende französische Soldaten, die aus Dünkirchen gerettet worden waren, wieder zum weiteren Kampf nach Frankreich zurück gebracht. Nach Frankreichs Kapitulation standen Churchill und sein Land allein da, und Hitler konnte in anderen Regionen des Kontinents von Sieg zu Sieg eilen.

Ab Stalingrad ging es bergab
Zunächst sah es so aus, als könnte nichts mehr Hitler und seine Wehrmacht aufhalten. Der Diktator hatte sich im August 1939 durch den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt bei Stalin Rückendeckung für seinen Überfall auf Polen verschafft. Die Freundschaft der beiden Diktatoren und Brüder im Geiste endete mit dem Überfall am 22. Juni 1941 auf die Sowjetunion. Nach anfänglichen Siegen und Geländegewinnen ging es beim "Unternehmen Barbarossa" seit Stalingrad Ende Januar 1943 für das Deutsche Reich bergab. Von hier aus waren die Deutschen nur noch auf dem Rückzug. Der erbitterte Kampf um die "Stadt Stalins" wurde unzähligen Soldaten zum Verhängnis, weil Hitler gegen den Rat seiner Generale jeden Ausbruch aus dem Kessel verbot. Eigene Schuld am Untergang der 6. Armee sah Hitler nicht. Die zweite Wende trat ein, als die Westalliierten am 6. Juni 1944 in der Normandie landeten und die zweiter Hauptfront der Anti-Hitler-Koalition eröffneten. So konnte das so genannte Dritte Reich in weniger als einem einem Jahr besiegt werden.

3. Juli 2025