Kronjuwelen und Münzhumpen
Kunstschätze werden jetzt von der „Stiftung Hohenzollernscher Kulturbesitz“ verwaltet

Die Kronjuwelen und andere Kostbarkeiten bleiben nach Beilegung des Vermögensstreites mit den Hohenzollern, wo sie schon lange zu bestaunen sind – im Schloss Charlottenburg, im Schloss Köpenick und an anderen prominenten Orten.

Kostbare Möbel aus Elfenbein erinnern an die Ausbeutung und Versklavung fremder Völker. Im Schloss Oranienburg ist eine Garnitur aus dem Besitz des Gouverneurs der Niederländischen Westindien-Kompanie Johann Moritz von Nassau-Siegen. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm erwarb die Stücke 1652. Ausgesprochene Luxusgüter waren auch die Erzeugnisse der 1763 von Friedrich II. gegründeten Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin.

Münzgefäße und anderen Silbersachen, aber auch kostbar gestaltete Tabatièren und Kronjuwelen aus Gold, alte Porzellane und Prunkmöbel, Gemälde und Gobelins können weiterhin im Berliner Schloss Charlottenburg bestaunt werden.

Wie viele andere Kunstwerke ist auch diese Tabakdose mit dem Bildnis Friedrich II. eine Leihgabe des Hauses Hohenzollern. Die vor Jahren angedrohte Rücknahme ist jetzt gegenstandslos.

Friedrich II. wollte jeden nach seiner Fasson selig werden lassen. Der König von Preußen hielt die Berliner für faul, die lieber stehlen als anständig zu arbeiten. Dokument dieser Art bleiben weiterhin im Geheimen Staatsarchiv Berlin-Dahlem.

Das „S“ auf dem roten Bucheinband weist auf die königliche Bibliothek im Potsdamer Neuen Palais. Die Bücher im Schloss Sanssouci, das auf einem Weinberg errichtet wurde, erhielten ein „V“ für vigne=Weinberg.

Die mit Talern und Medaillen geschmückten Münzhumpen sind Zeugnisse dafür, dass die Hohenzollern sie und auch silberne Möbel und Tafelgeschirr als Teil des Staatsschatzes betrachteten. Im Fall von großer Not wurden die Preziosen dem Schmelztiegel übergeben, um aus dem Metall neues Geld herzustellen. Das ist während der Schlesischen Kriege unter Friedrich II. Mitte des 18. Jahrhunderts und nach Preußens Niederlage von 1806/7 im Krieg gegen Frankreich geschehen. Was übrig blieb, wird in Schlössern und Museen gezeigt.
Fotos: Caspar
Seit der Fürstenabfindung von 1926 hat das ehemalige Kaiser- und Königshaus derer von Hohenzollern mit der öffentlichen Hand um den Besitz zahlloser Kunstschätze aus ihren ehemaligen Schlössern gestritten. Im Mai 2025 zog Prinz Georg Friedrich von Preußen, der Chef des Hauses Hohenzollern, einen Schlussstrich unter den auch ihn belastenden Rechtsstreit mit den Ländern Brandenburg und Berlin sowie dem Bund und verkündete einen Neuanfang. Es ging um Kronjuwelen, Gemälde, Skulpturen, Porzellane sowie Tafelsilber, Münzhumpen, Medaillen und andere Objekte aus Edelmetall, ferner um Bücher und Archivbestände von großem Wert und historischer Bedeutung. Seit langer Zeit werden sie in Schlössern, Museen und Bibliotheken verwahrt, gezeigt und gepflegt.
Ein Teil der in die neue Stiftung Hohenzollernscher Kunstbesitz zu überführenden Objekte stammt aus dem 1877 eröffneten Hohenzollernmuseum im Berliner Schloss Monbijou unweit der Museumsinsel. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, wurde der Bau aus der Barockzeit 1959 abgerissen. Die Museumsgüter wurden, wo weit sie sich in der DDR befanden, auf Schlösser und Museen in Berlin und Brandenburg verteilt, und kaum jemand wusste, woher sie eigentlich stammen. Die im Berliner Schloss Charlottenburg, in Potsdam, Rheinsberg, Oranienburg, Königs Wusterhausen und an anderen Orten ausgestellten Preziosen bleiben unverändert am angestammten Platz. Von der noch vor Jahren angedrohte Rücknahme von Leihverträgen, ausgeräumten Vitrinen und der Suche nach Ersatzstücken ist nach der Einigung keine Rede mehr.
Entschädigung – ja oder nein?
Im Alter von 18 Jahren übernahm Georg Friedrich, ein Urenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. 1994 das Erbe der Familie und damit zahlreiche damit noch ungelöste Fragen. Er machte Ansprüche nach dem „Gesetz über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können“ von 2004 geltend. Danach muss der Staat unter bestimmten Bedingungen Entschädigungen zahlen und „bewegliche Sachen“, also Kunstschätze und Museumsgüter, möglichst zurückgegeben. Gestritten wurde nicht nur, welche Objekte infrage kommen, sondern auch über Ansprüche der Hohenzollern auf Immobilien. So ging es um ihr Wohnrecht im Potsdamer Schloss Cecilienhof, das 1945 international bekannt wurde als Ort der Verhandlungen der Siegermächte über das weitere Schicksal Deutschlands und die Aufteilung Europas in eine östliche und eine westliche Hemisphäre.
Irgendwelche Entschädigungen in Millionenhöhe kamen für die Länder Brandenburg und Berlin nicht infrage. Deren Rechtsvertreter verwiesen auf die dubiose Rolle des ehemaligen Kronprinzen Wilhelm und seiner Brüder bei der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 und ihre Nähe zu Hitler und andere Nazigrößen. In den Medien und der Geschichtsliteratur wurden sie als Hitlers Steigbügelhalter und Stimmenfänger bezeichnet, und es wurde auch die Befürchtung ausgesprochen, das ehemalige Herrscherhaus könne Einfluss auf die Geschichtsforschung und die Präsentation von Ausstellungen in seinem Sinne nehmen und dafür sorgen, dass unliebsame Details aus der über fünfhundertjährigen Geschichte der Dynastie unter den Teppich gekehrt werden.
Rückforderungen waren keine gute Idee
Das aber wurde von den beteiligten Institutionen strikt zurückgewiesen. Sie vertraten den Standpunkt, laut Gesetz kämen staatliche Ausgleichsleistungen für Personen und ihre Nachkommen nicht infrage, weil sie das NS-System in „erheblichen“ Maße gefördert haben. Wörtlich heißt es im Paragraphen 1, Absatz 4: Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt, wer „dem nationalsozialistischen oder dem kommunistischen System in der sowjetisch besetzten Zone oder in der Deutschen Demokratischen Republik erheblichen Vorschub geleistet hat.“
Mit ihren Rückforderungen hatten sich die Hohenzollern einen Bärendienst erwiesen. Denn nun wurde öffentlich darüber diskutiert, wie sehr sich der damalige Kronprinz Wilhelm, der älteste Sohn von Kaiser Wilhelm II., vor und nach 1933 als Hitlers willige Helfer betätigt und diesem nach eigenem Bekunden mindestens zwei Millionen Wähler verschafft hat. Der Kronprinz tat dies in der Hoffnung, mit Hilfe der Nazis irgendwann die Monarchie wiederherstellen zu können. Hitler allerdings betrachtete die Hohenzollern und ihresgleichen nur als „nützliche Idioten“ und war nicht bereit, ihnen einen Zipfel Macht abzugeben. Im Zweiten Weltkrieg verbot er Angehörigen des Hochadels den Dienst in der Wehrmacht, weil er im Falle ihres „Heldentodes“ keine gekrönten oder ungekrönten Märtyrer haben wollte.
Des Kronprinzen Einsatz für Hitler
Kronprinz Wilhelm machte nach dem Ende der Monarchie 1918 in der Weimarer Republik Stimmung gegen „Schweinerepublik“ und scharte alte Kameraden – Monarchisten, Militaristen, Alldeutsche und Stahlhelmleute – um sich. Er suchte die Nähe zu den Nationalsozialisten und prahlte gegenüber US-Medien damit, bei der Reichspräsidentenwahl 1932 dem Kandidaten der NSDAP, Adolf Hitler, mindestens zwei Millionen Stimmen verschafft zu haben. Ausnahmsweise gestattete das Familienoberhaupt Ex-Kaiser Wilhelm II. seinem Sohn August Wilhelm, genannt Auwi, die Mitgliedschaft und in der NSDAP und der SA, ihrer blutbesudelten Schlägertruppe, denn Hitler sei „der Führer einer starken, nationalen Bewegung, gleichgültig, ob uns diese Bewegung in allen Einzelheiten gefällt oder nicht. Das, was er führt, verkörpert nationale Energie“, und nur diese könne „uns Deutsche wieder aufwärts führen.“ Indem sich Mitglieder des deutschen Hochadels vor Hitlers Karren spannen ließen, verschafften sie ihm Ansehen im In-und Ausland. Nach dem Krieg fiel dem einen oder anderen Prinzen diese Kollaboration auf die Füße, im Osten mehr und im Westen weniger oder überhaupt nicht.
Während des Zweiten Weltkriegs gratulierte „Wilhelm der Letzte“, komfortabel im holländischen Exil als Ex-Kaiser residierend, Hitler gönnerhaft zum Sieg über Frankreich. Wie sein Vater feierte auch Kronprinz Wilhelm am 26. Juni 1940 Hitler „Blitzsiege“ so: „Mein Führer! Ihrer genialen Führung, der unvergleichlichen Tapferkeit unserer Truppen […] ist es gelungen, in der unvorstellbar kurzen Zeit von knapp 5 Wochen Holland und Belgien zur Kapitulation zu zwingen, die Trümmer des englischen Expeditionscorps in das Meer zu treiben. […] Mit dem heutigen Tage ruhen die Waffen im Westen, und der Weg ist frei für eine endgültige Abrechnung mit dem perfiden Albion [womit England gemeint war, H. C]. In dieser Stunde von größter historischer Bedeutung möchte ich Ihnen als alter Soldat und Deutscher voller Bewunderung die Hand drücken. Gott schütze Sie und unser deutsches Vaterland.“ Solche Lobessprüche hatte nach 1945 unangenehme Folgen für die Hohenzollern, denn die Niederlande beschuldigten Wilhelm II. der Nazi-Kollaboration und konfiszierten seine Habe als „Feindvermögen“. Rund 15 000 Einzelobjekte wurden niederländisches Staatseigentum. Im deutschen Osten konnten die Hohenzollern und andere ehemals „führende“ Familien nicht erwarten, dass man ihnen Großgrundbesitz, Schlösser und Kunstschätze belässt.
Verfahren beendet, Rechtsfrieden erreicht
Unliebsame Erörterungen dieses dunklen Kapitels in der Familiengeschichte ahnend, zog der in Potsdam als Unternehmer lebende Prinz Georg Wilhelm im Namen seiner Familie 2023 die Klage zurück. Seit Herbst 2024 wurde alles mit dem Ergebnis neu verhandelt, dass die allermeisten Kunstschätze in den Museen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, in der der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und im Deutsches Historisches Museum Berlin verbleiben.Die gemeinnützige Stiftung Hohenzollernscher Kulturbesitz wird fortan sämtliche Objekte verwalten. Kulturstaatsminister Wolfgang Weimer erklärte, die Einigung sei ein gewaltiger Erfolg für den Kulturstandort Deutschland und die kunstinteressierte Öffentlichkeit. Hundert Jahre habe es Unsicherheit über Objekte gegeben, die für die Geschichte Preußens und Deutschlands von zentraler Bedeutung sind. Endlich sei Rechtsfrieden erreicht und ein Verfahren beendet, das viel Kraft und Geld gekostet hat.
18. Mai 2025