Orden, Titel, Macht und Ländereien
Wie Potentaten aller Art ihre Gefolgsleute belohnten und wer von Hitler profitierte



Preußens König Wilhelm I., ab 1871 deutscher Kaiser, ließ sich nicht lumpen, wenn es um die Belohnung seiner Getreuen – links Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke und rechts Reichskanzler Otto von Bismarck - mit Orden, Titeln, Geld und Landbesitz ging.



Am 30. Januar 1933 wurde Hitler von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Ihn „einzurahmen“ und zu zügeln, gelang weder Hugenberg noch Franz von Papen (hier am 1. Mai 1933 mit Hitler und Goebbels).



Hitlers bescheiden Berghof genanntes Anwesen auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden kostete den Staat viele Millionen Reichsmark.



Der Berliner Senat will das herunter gekommene und sanierungsbedürftige Waldhaus am Bogensee, einst Sommersitz und Liebesnest von Goebbels, nicht mehr haben und sucht nach einem Käufer.

  

In Göring Jagdschloss Carinhall konnte nichts teuer und protzig genug sein. Von dem Anwesen in der Schorfheide sind nur Trümmer erhalten. Die Ausstattung und viele vom Reichsmarschall zusammengeraubte Kunstschätze sind unauffindbar.



Großzügig mit Aufträgen sowie einem Gut und Atelierhaus in Jäkelsbruch bei Wriezen (heute Landkreis Märkisch-Oderland) hat Hitler den von ihm besonders geschätzte „Staatsbildhauer“ Arno Breker bedacht (hier an einer Büste von Speer arbeitend). Nach 20jähriger Haft im Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau stilisierte sich Speer als „Gentleman-Nazi“ und als einer, der sich die Hände nicht blutig gemacht hat. An der Legende schrieben eifrig in der frühen Bundesrepublik Deutschland geschichtsvergesse Krawalljournalisten und Pseudohistoriker.

Fotos/Repros: Caspar, Bundesarchiv

Alte Kameraden, Heerführer und Nazifunktionäre,
aber auch Künstler und Wissenschaftler pflegte Hitler nicht nur mit Orden und Titeln auszuzeichnen, sondern auch mit Gütern und Schlössern. Hinzu kamen beträchtliche Dotationen in mehrstelligen Reichsmark-Beträgen. Der Diktator zahlte sie in der Erwartung, dass sich die Empfänger als überzeugte Nationalsozialisten voll und ganz für seine Kriegs- und Vernichtungsziele einsetzen. Die Verteilung von Dotationen, also Geschenken in Form von Geld- und Sachzuwendungen, war Teil des Prinzips von Geben und Nehmen, das schon in der Antike praktiziert wurde. Mit der Gewährung von Vergünstigungen aller Art, von Posten und Beförderungen wurden Abhängigkeiten und Verpflichtungen geschaffen, denen sich die „Begnadeten“ nicht ohne weiteres entziehen konnten.
Namhafte Geschenke in Form von Bargeld und Ländereien waren lange vor Hitler üblich, und schon damals hat man von den guten Gaben aus der Hand eines Königs oder Kaisers kein besonderes Aufheben gemacht. Auch nach dem Ende der Hitlerherrschaft durften sich hohe SED- und Staatsfunktionäre in der DDR über Zuwendungen aller Art, Jagdschlösser und Jagdreviere und ungehinderten Zugang zu Waren aus dem verhassten Westen, aber über eine „gehobene“ Arzt- und Krankenversorgung und Auslandsreisen freuen, von denen der „DDR-Normalo“ kaum zu träumen wagte. Sie lebten wie „Gott in Frankreich“, und ihnen stand ein Heer von Bediensteten, Spitzeln und Bewachern zu Gebote. In einem goldene Käfig sitzend, wussten sie nicht und wollten es auch nicht wissen, wie es denen „da unten“ geht.
Frankreichs aus ganz kleinen Verhältnissen stammender Kaiser Napoleon I. „erhob“ Verwandte, Heerführer und Zivilpersonen in den Adelsstand. Herzöge bekamen jedes Jahr 200.000 Francs aus der Staatskasse, Grafen 30.000 Francs und Barone 15.000 Francs. Seine Familie stattete er großzügig mit Einkünften und Ländereien in eroberten Gebieten aus, ja er machte seine Brüder und einige Marschälle auf Kosten der alteingesessenen Dynastien zu Königen und Landesfürsten. Den Begünstigten wurden goldene Ketten angelegt, und sie bedankten sich durch Ergebenheit und Loyalität, die allerdings im Fall von Napoleon I. nur solange standhielt, wie er an der Macht war.
Bedeutende Dotationen erhielten nach dem Krieg von 1866 der preußische Ministerpräsident und spätere Reichskanzler Otto von Bismarck sowie der Kriegsminister Albrecht von Roon, der Chef des Generalstabs Hellmuth von Moltke und andere Heerführer. Nach dem Krieg von 1870/1871 gegen Frankreich wurde Bismarck der Sachsenwald nahe Hamburg als Dotation zugewiesen. Das Schloss Friedrichsruh wurde zur Pilgerstätte von Anhängern des „Eisernen Kanzlers“, wie man Bismarck nannte. Ein Museum erzählt aus seinem Leben.

Hindenburg und Mackensen wurden geschmiert
Bereits 1933 hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg, Hitlers Steigbügelhalter bei der Errichtung der NS-Diktatur, eine Dotation in Höhe von einer Million Reichsmark (RM) erhalten. Er bekam die Domäne Langenau, die schon früher in Besitz der Familie Hindenburg war, und den Forst Preußenwald nahe Gut Neudeck (heute Ogrodzieniec, Woiwodschaft Ermland-Masuren in Polen). Beide Geschenke wurden von Hitler und Göring für steuerfrei erklärt. Die Reichsregierung übernahm außerdem Ausbau und Sanierung des Gutes. Es wird vermutet, dass der greise Reichspräsident, der eigentlich vom „böhmischen Gefreiten“ Hitler wenig hielt, in Erwartung solcher Zuwendungen empfänglich für den Entschluss gemacht wurde, ihn zum Reichskanzler zu ernennen. Die Rechnung von konservativen und monarchistischen Spitzenpolitkern wie Hugenberg und von Papen ging nicht auf, Hitler und seine Bande einzurahmen und aufzufangen. Auch der greise Generalfeldmarschall des Kaiserreiches August von Mackensen konnte sich über eine Schenkung von 350.000 RM in bar und zehn Quadratkilometer Grundbesitz freuen. Als „nützlicher Idiot“ half er, den Diktator für seine Kreisen erträglich zu machen. Angehörige des Adels und Hochadels erhielten Posten in Ministerien, in der SS und SA sowie in Gliederungen der Nazipartei und hielten, von Ausnahmen abgesehen, bis zum bitteren Ende zu ihrem obersten Befehlshaber. In den Genuss bedeutender Dotationen kam Reichsmarschall Hermann Göring, der sechs Millionen RM und dazu den riesigen „Jagdhof“ Carinhall samt Wald in der Schorfheide bekam und prachtvoll ausbaute. Propagandaminister Josef Goebbels bezog den „Waldhof am Bogensee“ bei Wandlitz im heutigen Landkreis Barnim. Die Stadt Berlin schenkte ihm das Gelände zunächst nur mit einer Blockhütte darauf, aus der ein dreiflügeliges Gebäude sowie Gästehaus, Wach- und Wirtschaftsgebäude und Bunker entstanden. Während von Görings Residenz kaum noch ein Stein steht, wurde der ehemalige Landsitz von Goebbels nach 1945 in die von der SED kontrollierte FDJ-Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ umgewandelt. Sie überlebte die DDR nicht. Den unter Denkmalschutz stehenden, jedoch stark sanierungsbedürftigen Waldhof und weitere leer stehende Gebäude aus DDR-Zeiten würde der Berliner Senat wegen der immensen Unterhaltskosten am liebsten verschenken oder abreißen.

Berghof als zweite Reichskanzlei
Sich selber „gönnte“ Hitler, der durch seine Tantieme für sein Buch „Mein Kampf“, aus dem Verkauf von Briefmarken mit seinem Kopf und aus anderen Quellen zum mehrfachen Millionär geworden war, aber so tat, als sei er ein einfach lebender „Volksgenosse“ wie andere auch, beträchtliche Dotationen. So nahm er zu seinem Geburtstag am 20. April 1944 ein Geldgeschenk von knapp zwei Millionen RM an, das SS-Leute gesammelt hatten. Der aufwändig mit Haupt- und diversen Nebenhäusern sowie Tunneln ausgestattete Berghof auf dem Obersalzberg war so etwas wie die kleine Reichskanzlei. Der Diktator wusste seine Gäste durch die prachtvolle Umgebung sowie die aufs Modernste ausgestatteten Wohn- und Verwaltungsbauten zu beeindrucken. Beim Ausbau spielte Geld keine Rolle, und es wurde auch keine Rücksicht auf die Anwohner genommen. Reichsleiter Martin Bormann, als Chef der Parteikanzlei die graue Eminenz in Hitlers Entourage und auch Verwalter des Obersalzbergs, drohte Unwilligen mit der Einweisung ins Konzentrationslager. Da in Parteikreisen Unklarheit darüber herrschte, was denn der Berghof eigentlich ist, ließ Bormann alle Reichs- und Gauleiter am 5. Oktober 1938 wissen: „Der Berghof ist Privatwohnung und Privathaushalt des Führers, der dort vor allem Aufenthalt nimmt, um ungestört und in Ruhe arbeiten zu können. Aus diesem Grunde wünscht der Führer, dass von Besuchen jeder Art Abstand genommen wird, sofern nicht eine besondere festgelegte Einladung des Führers vorliegt“.
Was sich „unterhalb“ der Führerebene hinsichtlich der Geschenke an alte Parteigenossen und neue Gefolgsleute abspielte, soll am Beispiel der Residenz des Massenmörders Reinhard Heydrich nahe Prag gezeigt werden. Nach der Besetzung der Tschechei 1938 floh der jüdische Industrielle und Besitzer des Gutes Panenské Břežany, worauf die deutschen Besatzer das Anwesen konfiszierten. Das Schloss war zunächst Wohnsitz des Reichsprotektors im Protektorat Konstantin von Neurath und ab 1941 seines Nachfolgers SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich. Er war einer der Organisatoren der „Endlösung der Judenfrage“, der mindestens sechs Millionen Menschen zum Opfer fielen. Im Oberen Schloss residierte der NS-Staatssekretär und SS-Gruppenführer Karl Hermann Frank.
Nach Heydrichs Tod durch ein Attentat tschechischer Widerstandskämpfer am 27. Mai 1942 lebte seine Witwe Lina Heydrich mit den Kindern bis zum Kriegsende 1945 weiterhin auf dem Gut. Ihr zu Diensten waren Häftlinge der Konzentrationslager Theresienstadt und Flossenbürg. In den frühen 1950er Jahren geriet sie in die Schlagzeilen, weil sie Witwen- und Waisenbezüge nach dem Bundesversorgungsgesetz verlangte, denn ihr Mann sei wie ein Soldat in einer „Kampfhandlung“ gefallen. Lina Heydrich wurde von einem Gericht, das nach den Buchstaben des Gesetzes ging und die Verbrechen des SS-Führers nicht bewerten wollte, eine Witwenrente in Höhe von 1000 DM monatlich zuerkannt.

Guderians überzogene Forderungen
In dem Buch „Der Zweite Weltkrieg – Dokumente“ (Berlin-Ost 1989) findet sich inmitten von Weisungen und Befehlen zur Durchführung des Krieges sowie Berichten und Briefen von hohen Militär über die zunehmend schlechte Lage an den Fronten auch eine in das Bild von Korruption und Machtmissbrauch im NS-Staat passende Anfrage des Reichsstatthalters im Wartheland östlich der Oder mit Posen als Hauptstadt, Arthur Greiser, an den auch Dotationen aller Art zuständigen Reichsminister und Chef der Reichskanzlei Hans-Heinrich Lammers. Es ging um überzogene Forderungen von Generaloberst Heinz Guderian für ein ihm von Hitler zugesagtes Gutes östlich der Oder (heute Polen). Lammers war Nutznießer des Systems „Geben und Nehmen“, denn er erhielt von Hitler neben einer Schenkung in Höhe von 600 000 RM auch ein Jagdhaus in der Schorfheide. Offenbar waren die Angebote für Landbesitz für Guderian und seine Frau nicht gut genug. Sie verglichen sie mit dem, womit andere Militärs und Funktionäre bereits dotiert worden waren.
Der für Massenmorde im 130 km von Posen entfernten Vernichtungslager Chelmno (Kulmhof) verantwortliche Greiser wandte sich mit diesen Worten an Lammers: „Indem ich ihnen mit Vorstehendem Kenntnis von dem bisherigen Stand der Angelegenheit gebe, nehme ich Veranlassung, einmal grundsätzlich zu dieser Frage Stellung zu nehmen und bitte Sie, mir hierzu die Meinung und möglichst die Entscheidung des Führers einholen und bekannt geben zu wollen. Es geht m E. (meines Erachtens) nicht nach auf keinen Fall an, dass schon bei der ersten Dotation Landflächen in einer derartigen Größe vergeben werden. Ich muss offen gestehen, wo sollen wir dann mit den Dotationen für die Feldmarschälle und noch andere Bedachte verbleiben, wenn die erste Dotation an einen Generaloberst schon mit rund 7000 Morgen vergeben wird. Wenn das so weitergeht, wird ein großer Teil meines Gaugebietes bezüglich der landwirtschaftlich genützten Fläche an Dotationsinhaber vergeben, die naturgemäß nicht den Ehrgeiz haben, hier zu wohnen und mit ihren Familien den Verdeutschungsprozess zu verstärken, sondern diese Dotation lediglich als Sommersitz und als Einnahmequelle betrachten.“ Greisers Intervention nutzte nichts, denn der Panzergeneral und Chef des Generalstabs des Heeres Guderian erhielt von Hitler das 947 Hektar große Gut Deipenhof im Kreis Hohensalza/Warthegau. Nach dem Ende der Naziherrschaft zeichnete Altnazi Guderian eifrig am Bild der angeblich „sauberen“ Wehrmacht und erhielt mit dieser Lüge viel Beifall.

3. Juni 2025