Pläne für den Krisenfall - Angst vor inneren Unruhen saß bei SED-Führern und der Staatssicherheit ganz tief

Josef Stalin wurde lange Zeit als Führer des Weltproletariats und Retter der Menschheit gefeiert. Sein enger Mitarbeiter und Nachfolger Nikita Chruschtschow löste 1956 mit seiner nicht geheim gebliebenen Rede aus dem XX. Parteitag der KPdSU ein Erdbeben aus, dessen Wellen sehr schnell auch die DDR erreichten.

Beim Abhängen von Stalinbildern ist es geblieben. Der Ruf nach durchgreifenden Reformen verhallte dort ungehört.

Bilder wie die vom Volksaufstand am 17. Juni 1953 und danach aus Berlin und Leipzig und an anderen Orten wollte die SED-Führung nicht noch einmal sehen, weshalb die Menschen, die freie Wahlen, Abzug der sowjetischen Besatzer sowie Demokratie, die diesen Namen verdient, forderten, brutal bestraft wurden.

Justizministerin Hilde Benjamin, genannt das „Rote Fallbeil“, und ihresgleichen konnten den Geist des Widerstandes in der DDR nicht ganz unterdrücken.

Paraden und andere Militärspektakel waren so ganz nach dem Geschmack der SED-Führer. Die hoch bewaffnete Staatsmacht, die sich und den 40. Jahrestag der DDR überschwänglich feierte, konnte nichts gegen die friedliche Revolution in der DDR unternehmen. Kaum jemand weinte dem Honecker-Regime eine Träne nach.

Bei den blau gestempelten Militärgeldscheinen von 1955 ist Vorsicht geboten, denn sie könnten gefälscht sein.
Repros: Caspar
Während es 1956 in Polen und Ungarn brodelte, fand in Berlin die III. Parteikonferenz der SED statt. Deren Ziel war es, beruhigend auf die Bevölkerung zu wirken und die weiteren Maßnahmen auf dem Weg zum Sozialismus festzulegen. Eine schlüssige Antwort auf die Frage, wie mit dem Erbe des 1953 verstorbenen und wie ein Gott verherrlichten sowjetischen Diktators Josef Stalin umgegangen werden soll, gab es nicht. Die Staatssicherheit, die sich als „Schild und Schwert der Partei“ verstand, also der SED, war aufs höchste alarmiert. Die Spitzelberichte, die massenhaft eingesammelt wurden, sind voll von beunruhigenden Wahrnehmungen. Ein Zentrum des Widerstandes war die Universität Greifswald. Studenten und Dozenten forderten Konsequenzen aus den Nachrichten über den Terror, unter dem Stalins Freunde und Feinde zu leiden hatten und dem Millionen Menschen zum Opfer gefallen waren. Die Stasi meldete das alles nach Berlin, und von dort wurden Greifkommandos ausgeschickt. Nur durch Flucht in den Westen konnten sich die als „feindlich-negative Elemente“ verunglimpften Diskutanten der Verhaftung entziehen. Vielen gelang das nicht. Sie wurden wegen „Boykotthetze“ angeklagt und ins Gefängnis geworfen. Wer Glück hatte, durfte sich in der Produktion „bewähren“, musste also in Fabriken und Bergwerken Zwangsarbeit verrichten.
„Ein kleiner Funke genügt...“
Die Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft ging schleppend voran, die Versorgung war wieder einmal in die Krise geraten, die Industrieproduktion, die zum großen Teil als „Reparation“ sofort ins sowjetische „Bruderland“ exportiert wurde, kam ins Stocken. Doch statt die Lage klar zu analysieren und eigene Fehler unumwunden einzugestehen, versuchte die Parteiführung, sich durch Lügen aus dem Schlamassel zu ziehen. Als Ministerpräsident Otto Grotewohl 1956 von aufgebrachten Studenten der Humboldt-Universität nach Chruschtschows Geheimrede zu Stalins als „Personenkult“ umschriebene Massenverbrechen gefragt wurde, behauptete er, es habe diese nicht gegeben, sondern nur eine geschlossene Sitzung. Die Genossen seien ausreichend informiert. Wer Bescheid wissen möchte, sei „herzlich eingeladen“, der SED beizutreten und mitzudiskutieren. Ohne es auszusprechen, machte der - nach Pieck und Ulbricht - offiziell dritte Mann im Staat einen Unterschied zwischen Parteimitgliedern, denen man etwas anvertrauen kann, und dem übrigen Volk, das in Unmündigkeit gehalten wird.
Im Herbst 1956 kam es, von Magdeburg ausgehend, überall in der DDR zu Arbeitsniederlegungen. Bei den meisten Streiks spielte die miserable Bezahlung und Versorgung eine Rolle. Doch wurden, wie beim 17. Juni 1953, auch politische Forderungen erhoben. Ein Spitzelbericht formuliert das mit Blick auf die „polnischen Ereignisse“ folgendermaßen: „Die meisten negativen Diskussionen beinhalten, dass die Polen richtig handeln, denn der Lebensstandard in Polen sei sehr niedrig. Vereinzelt gibt es sogar Stimmen, dass es richtig ist, wenn Polen sich nicht mehr von der Sowjet-Union kommandieren lässt. Verschiedentlich gibt es Tendenzen, ähnliches in der DDR zu verlangen“. In Polen und Ungarn tue sich etwas, bei uns fehle nur noch der Anstoß. Ein kleiner Funke werde genügen, „um bei uns einen Aufstand anzufangen“.
Permanenter Kriegszustand
Dazu ist es nicht gekommen. Die Partei- und Staatsführung lebte die ganze Zeit in einem permanenten Kriegszustand mit dem eigenen Volk. Nach Ablösung von Stasichef Ernst Wollweber durch Erich Mielke und der Ausschaltung von vermeintlichen Parteischädlingen, gekoppelt mit Geheimprozessen, glaubte Ulbricht, fest im Sattel zu sitzen. Ablenkung auf Staatsfeinde, Saboteure, Diversanten und Wühler im Untergrund schienen ihm und Mielke das beste Mittel zu sein, den Dampf zu kanalisieren, der sich in dem zugedeckelten Kessel angesammelt hatte.
Intern wurden geheime Pläne ausgearbeitet, im Krisenfall eigene Sicherheitskräfte einschließlich der eben erst gegründeten Nationalen Volksarmee und der Kampfgruppen mit strammen SED-Genossen aufmarschieren zu lassen und Oppositionelle zu internieren. In die hoch geheimen, verniedlichend „Isolierungsobjekte“ genannten Lager für Regimegegner sollten im Fall innerer Krisen oder militärischen Bedrohung sollten unzählige Oppositionelle eingewiesen werden. Selbstverständlich war der Begriff Konzentrationslager tabu, man sprach lieber von Vorbeugungskomplexen. Innerhalb von 24 Stunden oder weniger sollten die Unterkünfte mit Stacheldraht und Wachtürmen abgesichert und als Sperrgebiete ausgewiesen werden. Als Lager standen Wohnheime, Lehrlingsunterkünfte, Messehallen, Sporteinrichtungen und Schulen, aber auch Schlösser und Burgen zur Verfügung, vorausgesetzt, sie befanden sich weiter als 60 Kilometer von der Staatsgrenze entfernt. Hinzu kamen zahlreiche Haftanstalten, die die DDR-Justiz und die Staatssicherheit quer durch die DDR unterhielten.
Stichwort Meilenstein, Erntefest, Katzensprung
In den weit über 200 MfS-Kreisdienststellen lagen bis zum Ende der DDR versiegelte Briefumschläge mit der Aufschrift „Kz 4.1.3.“ mit Angaben über Personen, welche unter diesem Kennzeichen (Kz.) auf ein bestimmtes Codewort wie Meilenstein, Erntefest oder Katzensprung von Stasi-Kommandos mit Unterstützung der Volkspolizei blitzartig und konspirativ, wie es in den Dokumenten hießt, verhaftet und in die Isolierungslager hätten eingewiesen werden sollen. Die Aktion wurde über Jahrzehnte vorbereitet und durch immer neue Befehle des Nationalen Verteidigungsrates (NVR) und von Stasi-Minister Mielke auf den aktuellen Stand gebracht. Da nach dem Ende der SED-Herrschaft nicht alle Dokumente vernichtet wurden, wie es befohlen war, sind wir gut über die hoch geheimen Sammellager informiert und wissen auch, wer dorthin „verbracht“ werden sollte.
Ungeachtet scheinheiliger Bekundungen, die DDR sei ein Friedensstaat und ihr sei nichts wichtiger als die Völkerfreundschaft und Gewaltlosigkeit im Zusammenleben der Länder gab es geheime Vorbereitungen für die blitzkriegsartige Einvernahme des „Klassenfeinds West“, der auf seinem eigenen Territorium geschlagen werden sollte. Für den Angriff gab es gemeinsam mit der Sowjetunion und den mit ihr verbündeten Staaten des Warschauer Vertrags Planspiele und Manöver, aber auch verdeckte Vorkehrungen, zu denen in der DDR auch die Herstellung von Militär- und Besatzungsgeld gehörte. Einzelheiten über Angriffe und Attentate auf westliche Politiker, die Unterwanderung von Parteien und Organisationen, Störmanöver in der Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, Manipulation der Medien und andere Machenschaften wurden erst nach dem Ende der DDR bekannt. Den Begriff „Hybride Kriegsführung“ gab es damals noch nicht, aber was Machenschaften zur Destabilisierung des „Feindes“ etwa durch Sabotage und Spionage, Beeinflussung der öffentlichen Meinung, Kauf von Politikern und andere Tätigkeiten kommt ihr schon sehr nahe.
Militärgeld für den Kriegsfall
Von der Existenz des Militärgelds wussten, so lange die SED-Herrschaft bestand, nur wenige Auserwählte. Verwendet wurden druckfrischen Banknoten von 1955, die bei einer Umtauschaktion von 1964 nicht benötigt wurden. Sie bekamen einen runden blauen Stempel mit dem DDR-Wappen und der Aufschrift MILITÄRGELD auf der linken freien Partie der Vorderseite aufgedrückt. Nach 1990 tauchten einige von den unter strenger Geheimhaltung manuell gestempelten Banknoten auf und wurden zunächst skeptisch betrachtet. Man vermutete, dass es sich um Fälschungen handelt. Dann aber wurden Dokumente bekannt, die belegen, dass es dieses Geld tatsächlich gegeben hat. In einem als Geheime Verschlusssache deklarierten und von Erich Honecker in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrats der DDR gegengezeichneten Bericht vom 23. Juni 1980 wird erklärt, „dass die Ausstattung der Nationalen Volksarmee mit Militärgeld vorbereitet ist. [...] Militärgeld soll bei Handlungen auf gegnerischem Territorium zur finanziellen Sicherung von Versorgungsaufgaben und Wehrsoldzahlungen der Nationalen Volksarmee eingeführt werden.“ Der Bedarf ergebe sich aus der Notwenigkeit, dass die Stabilität der DDR-Währung gewährleistet werden soll und „der Charakter unserer Währung als Binnenwährung auch unter Kriegsbedingungen aufrecht erhalten bleibt.“ Außerdem sollte mit der Maßnahme die Kontrolle des sozialistischen Staates über das Geldvolumen gesichert und der Geldumlauf vor schädlichen Einflüssen von außen abgeschirmt werden. Ob und wie man in „Feindesland“ mit den Scheinen bezahlen kann und es dazu passende Münzen geben sollte, geht aus dem Schreiben nicht hervor. Das Militärgeld im Wert von 4,9 Milliarden Mark wurde laut Bericht an den SED- und Staatschef Honecker in Berlin, Leipzig, Weimar, Stendal sowie Bergen auf der Insel Rügen eingelagert.
Sabotage, Attentate und Störmanöver
Ungeachtet scheinheiliger Bekundungen, die DDR sei ein Friedensstaat und ihr sei nichts wichtiger als die Völkerfreundschaft und Gewaltlosigkeit im Zusammenleben der Länder gab es geheime Vorbereitungen für die blitzkriegsartige Einvernahme des „Klassenfeinds West“, der auf seinem eigenen Territorium geschlagen werden sollte. Für den Angriff gab es gemeinsam mit der Sowjetunion und den mit ihr verbündeten Staaten des Warschauer Vertrags Planspiele und Manöver, aber auch verdeckte Vorkehrungen, zu denen in der DDR auch die Herstellung von Militär- und Besatzungsgeld gehörte. Einzelheiten über Sabotage, Attentate auf westliche Politiker, die Unterwanderung von Parteien und Organisationen, Störmanöver in der Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, Manipulation der Medien und andere Machenschaften wurden erst nach dem Ende der DDR bekannt.
Von der Existenz des Militärgelds wussten nur wenige Auserwählte. Verwendet wurden druckfrischen Banknoten von 1955, die bei einer Umtauschaktion von 1964 nicht benötigt wurden. Sie bekamen einen runden blauen Stempelaufdruck mit dem DDR-Wappen und der Aufschrift MILITÄRGELD auf der linken freien Partie der Vorderseite aufgedrückt. Nach 1990 tauchten einige von den unter strenger Geheimhaltung Stück für Stück gestempelten Banknoten auf und wurden zunächst skeptisch betrachtet. Man vermutete, dass es sich um Fälschungen handelt. Bald wurden Dokumente bekannt, die belegen, dass es dieses Geld tatsächlich gegeben hat. In einem als Geheime Verschlusssache deklarierten und von Erich Honecker DDR gegengezeichneten Bericht vom 23. Juni 1980 wird erklärt, „dass die Ausstattung der Nationalen Volksarmee mit Militärgeld vorbereitet ist. [...] Militärgeld soll bei Handlungen auf gegnerischem Territorium zur finanziellen Sicherung von Versorgungsaufgaben und Wehrsoldzahlungen der Nationalen Volksarmee eingeführt werden.“ Der Bedarf ergebe sich aus der Notwenigkeit, dass die Stabilität der DDR-Währung gewährleistet werden soll und „der Charakter unserer Währung als Binnenwährung auch unter Kriegsbedingungen aufrecht erhalten bleibt.“ Außerdem sollte mit der Maßnahme „die Kontrolle des sozialistischen Staates über das Geldvolumen gesichert und der Geldumlauf vor schädlichen Einflüssen von außen abgeschirmt“ werden. Ob und wie man in „Feindesland“ mit den Scheinen bezahlen kann und ob es dazu passende Münzen geben wird, geht aus dem Schreiben nicht hervor.
Militärgeld und Blücherorden
Das Militärgeld im Wert von 4,9 Milliarden Mark wurde in Berlin, Leipzig, Weimar, Stendal sowie Bergen auf der Insel Rügen eingelagert. „Die Standorte gewährleisten eine kurzfristige Bereitstellung an die Truppenteile und Verbände. Bei der Vorbereitung der Einführung von Militärgeld wurde davon ausgegangen, dieses mit dem geringsten Aufwand zu bewältigen. So wurde in Übereinstimmung mit dem Präsidenten der Staatsbank der DDR die 1970 zur Vernichtung vorgesehenen Geldzeichen der Emission 1955, die noch nicht im Umlauf waren, durch den Aufdruck ,Militärgeld' zu diesem Zweck eingesetzt. Dadurch konnte auf einen Neudruck verzichtet werden, wodurch ein Kostenaufwand von ca. 13 Mio Mark sowie 285 t Wertpapier eingespart wurden".
Wäre im Westen die Existenz von Militärgeld und auch von Einsatzplänen der NVA und weiteren Einheiten bekannt geworden, hätte das dem Ansehen der DDR geschadet. Es liegt nahe, dass von dem Militärgeld Imitationen zum Schaden der Sammler angefertigt wurden und werden, denn die einfache Markierung stellt für Betrüger keine Hürde dar. Sammlern sei daher empfohlen, fragliche Stücke auf ihre Echtheit zu überprüfen und/oder einen Fachmann für Geldscheine zu konsultieren.
DDR-Strategen und die hinter ihnen stehenden Sowjets, ohne die nichts Relevantes im Ostblock lief und schon gar keine Planungen für den Einmarsch in die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, dachten an alles, sogar an einen neuen Kriegsorden. Der nach dem preußischen Generalfeldmarschall der Befreiungskriege von 1813 bis 1815, Gebhard Leberecht von Blücher, benannte „Blücher-Orden für Tapferkeit“ wurde nie verliehen, weil es glücklicherweise zu keinen Kampfhandlungen auf gegnerischem Territorium kam.
Die Verordnung über die Stiftung des Blücher-Ordens und einer Blücher-Medaille für Tapferkeit vom 18. September 1968 wurde aus guten Gründen nicht veröffentlicht. Die Ausführungen in den Klassen Gold, Silber und Bronze waren für heldenhaften Einsatz in Kampfhandlungen, für mutige sowie initiativreiche und erfolgreiche Truppenführung sowie für andere hohe Leistungen zur Verteidigung der DDR gedacht, so die interne Begründung. Bemerkenswert ist, dass der mit Blüchers Porträt geschmückte und in zwei Versionen hergestellte Orden nicht die übliche Sternenform nach sowjetischem Vorbild besitzt, sondern die eines Kreuzes. Warum diese Form gewählt wurde und von wem die Entwürfe stammen, müsste noch untersucht werden. Der Staatsrat führte 1982 wurde der Dienstgrad „Marschall der DDR“ als höchsten militärischen Dienstgrad in der DDR ein, die Ernennung sollte im Verteidigungszustand oder für außergewöhnliche militärische Leistungen erfolgen, der dann aber zu unser aller Glück nicht eingetreten ist.
9. Dezember 2025