Fortuna ist nicht allen hold - Glücksspiel mit Zahlen und die Hoffnung auf schnelles Geld stürzte manche Leute ins Unglück



Viele Leute haben Freude am Karten- und Würfelspiel und denken nicht an Verluste, die sie dabei erleiden können. Deshalb rät Sebastian Brant in seinem Buch „Narrenspiegel“ von 1494 davon ab, sich auf diese „Kurzweil“einzulassen, an der auch Frauen und sogar Geistliche teilnehmen. Die Grafik aus der Pfalz wirbt für sagenhafte Gewinne beim Lotto.



Das Spottbild aus dem 18. Jahrhundert zeigt auf drastische Weise, wie es Spielern und Kneipengängern ergehen kann, wenn sie das richtige Maß überschreiten.



Lottozettel wie dieser Berliner Schein aus dem Jahr 1768 waren wie die damaligen Banknoten leicht zu fälschen, weshalb man bald dazu überging, bessere Vorlagen auszugeben und Kontrollen zu verstärken.



Die Grafiken zeigen, wie so genannte kleine Leute ein Lottobüro stürmen und dort in der Hoffnung auf viele Taler ihre letzten Groschen zu lassen. Der Straßenverkauf von Losen war schon im 19. Jahrhundert üblich.



Man möge sich nicht auf das Glück verlassen, sondern es sich mit Fleiß verdienen, mahnt der hochseltene Lottodukat aus dem späten 18. Jahrhundert mit dem Kopf des pfälzischen Kurfürsten Carl Theodor und der Fortuna mit dem Segel.



Die Medaille von 1767 aus Brandenburg-Ansbach mit Ansicht der Bruckberger Porzellanfabrik ist ein Beleg dafür, dass deutsche Landesfürsten für das Glücksspiel geworben haben.





In Österreich billig gemachte Marken mit dem Kopf von Kaiser Franz Joseph und dem Doppeladler wurden beim Spiel eingesetzt.

Fotos/Repros: Caspar

Die Lotterie ist eine „Erfindung“ der Renaissance und der Barockzeit.
Davor aber wurde um Geld und Gut gewürfelt und gezockt, und mancher Spieler verlor Haus und Hof, Land und Leute. Dagegen konnten Kirche und Obrigkeiten noch so sehr wettern, der Erfolg ihrer Warnungen und Verbote hielt sich in Grenzen. Ausgehend von Italien, wurde in der Hoffnung des Staates auf satte Gewinne in vielen europäischen Haupt- und Residenzstädten das von den einen geliebte, von andern als Teufelszeug gehasste Glücksspiel eingeführt. Das geschah 1763 noch vor dem Ende des Siebenjährigen Kriegs auch in Berlin, der Haupt-und Residenzstadt der preußischen Monarchie. Die Einwohnerzahl der Hohenzollernmonarchie war um zehn Prozent geschrumpft, Städte und Dörfer waren zerstört, Handel und Manufakturwesen lagen am Boden. Die kümmerliche Lage, so Friedrich II. in einer Denkschrift, habe ihn genötigt, „seine Zuflucht zu der allergenauesten Haushaltung“ zu nehmen. Jede Geldquelle sollten genutzt werden, um der Wirtschaft aufzuhelfen.
Da kam Friedrich dem Großen der italienische Abenteurer und Hochstapler Antonio di Calzabigi gerade recht. Er gewann den ihn für den Plan, in Preußen nach italienischem Vorbild eine Lotterie einzuführen, um Geld in die Staatskasse zu spülen. Riesige Summen sollten es sein. Der Monarch, der Hoffnungen auch in die wundersame Herstellung von künstlichem Gold setzte, war begeistert und ließ sich auf den Deal, wie wir heute sagen würden, ein. Bald stellte sich heraus, dass die Ergebnisse bei Weitem hinter den Erwartungen zurück blieben.

Einnahmen blieben hinter Erwartungen zurück
Mit dem Ziel, die Bevölkerung noch stärker zu schröpfen oder - freundlicher ausgedrückt - an den Staatsausgaben und Staatsschulden zu beteiligen, richtete König Friedrich II. von Preußen das Zahlenlotto ein. Doch blieben die Einnahmen hinter seinen Erwartungen zurück. Nicht in Preußen, sondern in anderen Fürstentümern hat man Lottogründungen durch Medaillen gewürdigt.Das Dekret über die Schaffung einer „Königl. Preußischen Lotterie“ wurde am 8. Februar 1763 in Leipzig veröffentlicht. Der zum Finanz- und Commerzienrat ernannte Calzabiegi richtete überall in den preußischen Staaten Lottoeinnahmestellen ein. Bis Juni 1763 zählte man allein in Berlin schon 47 solcher Kontore. Der König erfuhr bald, dass es dort nicht immer mit rechten Dingen zugeht und Geld unterschlagen wird. Er schickte Polizei und Justiz aus, dem auch seinem Prestige abträglichen Unfug Einhalt zu gebieten.
Nachdem am 16. Juni 1763 in den „Berlinischen Blättern“ die Eröffnung der Lotterie verkündet worden war, fand am 31. August 1763 die erste Ziehung statt. Kurz zuvor hatten die Gazetten auf nicht näher bezeichnete „beträchtliche Vorteile“ für Teilnehmer an dieser ersten Ziehung hingewiesen. Sie fand unter militärischer Bewachung und großem Zulauf der Berliner in der Wilhelmstraße statt. Ein Waisenknabe zog fünf in Etuis verborgene Nummern, öffnete sie unter den Augen des Publikums und von Beamten und las sie vor. Nicht in Preußen, sondern in anderen Herrschaftsgebieten wurde das Lotto auch durch Münzen und Medaillen gewürdigt. So ließ Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz einen undatierten, wohl aber aus dem Jahr 1767 stammenden Dukaten mit seinem Bildnis und der Glücksgöttin Fortuna mit einem Segel in den Händen prägen. Der so genannte Lotteriedukat wurde anlässlich der Gründung des Glücksspiels in Mannheim geprägt und zählt zu den besonderen Raritäten dieser Gattung. In Brandenburg-Ansbach hat man im gleichen Jahr eine Medaille mit dem Bildnis des Markgrafen Alexander und der Ansicht der Bruckberger Fayencemanufaktur ausgegeben. Das Silberstück war der kleinste Gewinn einer Lotterie zugunsten dieser Keramikfabrik. Da es den Wert von ungefähr einem Gulden hatte, wurde dieser „Trostpreis“ auch zum Bezahlen verwendet.

Hauptgewinner war und ist der Staat
Die Aussicht, durch Ziehung einer bestimmten Zahlenkombination zu schnellem Reichtum zu gelangen, hat die Menschen offenbar so fasziniert, dass sie viel, manchmal ihr letztes Geld freiwillig zu den Lotterieeinnehmern trugen, wohl wissend, dass die Chance denkbar gering ist, es durch Fortunas Vermittlung vermehren zu können. Beteiligen konnte man sich an der Lotterie schon mit wenigen Groschen, doch wer mehr Geld einsetzte, dem winkten auch höhere Auszahlungen. Ab und zu wurde das „Große Los“ gezogen. Die Aussicht darauf hat die Lottosucht immer neu angestachelt und viele Leute ins Unglück gestürzt, weil sie sich verzockt und ihr letztes Geld verloren hatten. Hauptgewinner war - und ist auch heute - der Staat.
Als man in Preußen erkannte, welche zum Teil verheerende Folgen die Lotto- und Spielsucht hat und dass sich Familienväter ihretwegen in Schulden stürzen und sich sogar das Leben nehmen, wurde das Glücksspiel für einige Zeit verboten. In wieweit es sich durchsetzen ließ, kann nicht gesagt werden, denn neben der offiziellen Lotterie gab es in privaten Kreisen und am königlichen Hof Karten-, Roulette und andere mit Geldeinsätzen verbundene Spiele, bei denen viele Groschen, Taler und Dukaten über die Tische gingen und die einen glücklich machten und die anderen verzweifeln ließen. Bei solchen Spielen hat man Spielmarken, Rechenpfennige oder auch Medaillen aus Kupfer, Silber oder Gold eingesetzt, die nicht selten mit Fortuna, der antiken Göttin des Glücks geschmückt wurden. Lange hatte das Lottoverbot nicht Bestand, denn der Staat wollte ungern auf Einnahmen aus dieser Quelle verrichten. Bis heute fließen dem Fiskus Millionen und Milliarden aus Lotterien, Spielkasinos, Wettbüros usw. zu. Die Erträge etwa aus der Glücksspirale kommen Aufgaben in der Denkmalpflege zugute, und solche aus anderen Wettarten werden von karitativen und sozialen Diensten genutzt.

Als Gewinn winken auch Sachwerte
1864 wurde in Köln eine Dombau-Lotterie eingerichtet, deren Erträge für die Fertigstellung der mittelalterlichen Kirche verwendet wurden. Insgesamt kamen zwischen 1842 und 1880 für den Dom durch Spenden, Lottogewinne und andere Geldquellen rund 6,5 Millionen Taler zusammen, was etwa 20 Millionen (Gold-)Mark entsprach. Die Restaurierung des Dresdner Zwingers wurde in den 1920er Jahren ebenfalls durch eine Lotterie mitfinanziert. Nach der Bombardierung der Elbmetropole im Februar 1945 kamen die Erträge der Wikingerflotte dem Wiederaufbau des barocken Bau- und Kunstdenkmals zugute. Wer in den frühen 1950er Jahren an einer Lotterie zum Wiederaufbau des östlichen Teile der Stadt teilnahm und Glück hatte, durfte eine Wohnung in der Stalinallee beziehen. Auch für die Schaffung des Tierparks wurden Lotterielose verkauft.
Bei den Lotterien ging es nicht immer nur um Geld, sondern vielfach auch um Sachwerte wie Silberschmiedearbeiten, Textilien, Möbel oder Porzellan, das damals sehr teuer und nur für wohlhabende Leute erschwinglich war. Heute werden auch Autos, Häuser, Renten und weitere Werte verlost, und wenn jemand ein Haus zu einer Million Euro gewonnen hat, aber nicht dort wohnen möchte, kann er es in bares Geld verwandeln. Manchmal waren das „vergiftete Geschenke“, denn arme Leute, wie auf einen satten Geldbetrag gehofft hatten, wurden mit Sachwerten abgespeist und mussten nun versuchen, sie in Taler, Mark und Pfennig umzurubeln, was mit Verlusten verbunden war. So oder so wurde und wird auch heute das Lotterie- und Glücksspiel als spannende Angelegenheit wahrgenommen. „Mit ein wenig Glück sind Sie schon morgen Millionär – und Sie tun noch etwas Gutes für die Allgemeinheit“ heißt es in der Werbung. Dass das Fiebern auf den Gewinn und jedesmal die Enttäuschung, wenn das Glück nicht zugeschlagen hat, großen Schaden anrichten kann, geben Psychologen zu bedenken, beachtet wird die Warnung dann aber kaum.

LITERATURHINWEIS
Das Buch von Wolfgang Paul „Erspieltes Glück. 500 Jahre Geschichte der Lotterie und des Lotto“ wurde 1978 von der Deutschen Klassenlotterie Berlin zum 25. Jahrestag der Wiedererrichtung des Zahlenlotto in Berlin (West) herausgegeben, ist reich illustriert und hat 297 Seiten.

13. September 2025