Blick in sächsische Münzwerkstatt
Annaberger Bergknappschaftsaltar entging im frühen 16. Jahrhundert dem Bildersturm



In der Barbarakirche zu Kutna Hora (Kuttenberg, 70 km von Prag entfernt) blieben Wandmalereien aus dem späten 15. Jahrhundert mit Darstellungen von Männern erhalten, die am Amboss eine nach der anderen Münze mit Handstempeln die nach der Umschrift GROSSUS PRAGENSIS benannten Prager Groschen prägen.



Sächsische Schreckenberger und ähnliche Geldstücke bilden ein interessantes Forschungs- und Sammelgebiet. Ihnen hat man in der Barockzeit „Groschenkabinette“ gewidmet.



Religiöse Eiferer schlugen in Kirchen nun Klöstern alles kurz und klein, was sie für Ausflüsse des verhassten Papsttums und des Heiligenkultes hielten und nicht in der Vorstellungswelt von Luther und seinen Mitstreitern hielten.



Wie es im sächsischen Bergbau zugeht, ist auf dem Mittelteil der Rückseite des Annaberger Bergknappschaftsaltars dargestellt.



Der 1521 vollendete Bergknappschaftsaltar wird Hans Hesse zugeschrieben. Ein Seitenflügel zeigt kostbar gewandete Münzknechte bei der Arbeit. Ein Geselle bringt die noch unfertigen Ronden herbei. Die Tafeln schildern die damalige Erzgewinnung und -verarbeitung: aber auch, wie man das Erz zerkleinert und gewaschen und danach verhüttet hat. Gestiftet wurde der Altar von den Münzern und Schmelzern, die sich vom Maler gebührend feiern ließen.



Das Wappen der Bergstadt ehrt die Heilige Anna, die ihre Tochter Maria und das Jesuskind im Schoß hält. Zwei Bergleute in traditioneller Tracht mit dunkel gefassten „Arschleder“ flankieren die Schutzpatronin von Annaberg.



Das mehrteilige Relief „Freiberger Silberrausch 2018“ erinnert anlässlich des ersten Silberfundes 1168 und der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortsnamens 1218 an die Silbergewinnung und -verarbeitung in Freiberg und zeigt wie man im Mittelalter und der frühen Neuzeit das Edelmetall gewonnen und in klingende Münze verwandelt hat.

Fotos/Repros: Caspar/Schuhmacher

Am 25. April 1499
legten die sächsischen Herzöge Georg der Bärtige, Heinrich und Friedrich sowie der Bischof Johann von Meißen den Grundstein für die Annenkirche zu Annaberg. Das monumentale Gotteshaus, das in den vergangenen Jahrzehnten durchgreifend restauriert wurde, ist eine der bedeutendsten spätgotischen Kirchen Sachsens und zugleich steinernes Zeugnis für den Reichtum, der sich dort aufgrund der bedeutenden Silberfunde im Erzgebirge angesammelt hatte. Dieses „Berggeschrei“ war eine der wichtigsten Grundlagen für die herausragende Stellung der Wettiner im Konzert der deutschen Reichsfürsten. Die Schreckenberger Groschen und bald auch die sächsischen Klappmützentaler, die aus dem in großen Mengen abgebauten Edelmetall geschlagen wurden, sind begehrte Sammelstücke.
Die Bergleute und Münzarbeiter haben sich in der Annenkirche mit dem Bergknappschaftsaltar ein bemerkenswertes Denkmal gesetzt. Gott, die Dreifaltigkeit und alle Heiligen und mit ihnen auch sich selbst zu ehren und ihre Arbeit realistisch, jedoch auch religiös überhöht darzustellen, lag in der beginnenden Neuzeit im Trend. Die Gewerke ließen es sich viel Geld kosten, um ihr Andenken bis in alle Ewigkeit vorteilhaft zu bewahren. Den gleichen Zweck hatten aufwändig dekorierte Grabmäler, die von wirklichen oder nur angemaßten Leistungen der Verstorbenen erzählen.

Lautes Berggeschrei im Erzgebirge
Im 13. Jahrhundert erscholl im Erzgebirge ein lautes „Berggeschrei“, wie man damals sagte. Bergleute, Glücksritter, Händler und Vagabunden kamen von überall in das damals noch recht unwirtliche Gebiet mit reichem Baumbestand. Die Siedler bekamen von den Markgrafen und später den Kurfürsten Bergnutzungsrechte und wurden mit Privilegien belohnt, mussten aber den zehnten Teil ihrer Ausbeute ihnen entrichten. Historiker haben für die Jahre 1361 und 1363 im Freiberger Zentralrevier eine durchschnittliche Silbermenge von 3,6 beziehungsweise 2,45 Tonnen errechnet. Die meisten daraus gefertigten Münzen existieren nicht mehr, aber zur Freude der Händler und Sammler blieben manche erhalten. In der Zeit nach Luthers Thesenanschlag von 1517 zogen fanatische Bilderstürmer durch Kirchen und Klöster und haben Heiligenfiguren, Altarbilder und andere Kunstwerke zerstört. Reformatorische Theologen und Obrigkeiten, die Luthers Lehre angenommen hatten, riefen zur Vernichtung herrlicher Kunst-und Bücherschätze auf und glaubten, damit ein gottgefälliges Werk zu tun. Solche Bilderstürmerei kamen im Römisch-deutschen Reich einschließlich der Schweiz und den Niederlanden, aber auch in Schottland und England vor. Was erhalten blieb, wird heute in Gotteshäusern und Museen ehrfürchtig betrachtet. Das gilt auch für farbige Kirchenfenster, die man in maßlosem Reinigungseifer zerschlagen hat. Manchmal hat man die Glasmalereien nicht angetastet, weil der Ersatz durch durchsichtiges Material zu teuer war. Nachdem sich seit der Zeit der Aufklärung die Einstellung zur sakralen Kunst gewandelt hatte, war man glücklich, dass nicht alle vernichtet wurden.

Der Heiligen Anna gewidmet
Zum Glück haben prachtvolle Altäre in der nach Plänen des Baumeisters Konrad Pflüger errichteten und um 1525 fertig gestellten dreischiffigen Annaberger Hallenkirche die Zeiten des Bildersturms überstanden. Die der heiligen Anna, der Großmutter von Jesus Christus und Schutzpatronin der Zünfte sowie des Handels und Gewerbes und neben der Heiligen Barbara auch der Bergleute, gewidmete Kirche wurde ab 1499 erbaut und reich mit Altären ausgestattet. Annaberg erlebte einige Jahrzehnte eine große Blüte, kenntlich an seinen Sakral- und Profanbauten. Nachdem aber die Silbergruben erschöpft waren und die Stadt durch Brände und Kriegsdrangsdalen geschädigt war, ging es mit ihr abwärts. Die Annenkirche blieb, wie Heinrich Magirius in einer Beschreibung von 2002 feststellt, im Wesentlichen unversehrt als „einziges sichtbares Zeugnis des anfänglichen glanzvollen Aufstiegs“.
Nach der 1539 auch in Annaberg eingeführten Reformation verzichteten radikale Bilderstürmer auf die Beseitigung von Altären und Heiligenfiguren. Vielmehr sorgten wohlhabende Familien und einflussreiche Gewerke für den Erhalt der von ihnen gestifteten Bilder und Skulpturen werke, weil sie herausragende Bedeutung in der Selbstdarstellung spielten und ursprünglich auch sehr viel Geld gekostet hatten. Am repräsentativsten ist der Knappschafts- oder Bergaltar mit reichem Schnitzwerk auf der Vorderseite und den über vier Tafeln verteilten Einsichten in die schweren Arbeit der Bergleute sowie der Münzpräger auf der Rückseite.

Kollekten, Legate und Erbschaften
Die Bergknappschaft, ein Zusammenschluss der in Bruderschaften organisierten Bergleute, ließen sich ihren Altar die stattliche Summe von 500 Goldgulden kosten. Die Vereinigung unterstützte ihre Mitglieder nicht nur bei Krankheiten und Unfällen, sondern finanzierte auch die Ausstattung von Kapellen, Altären und Beichtstühlen sowie die Tätigkeit von Priestern. Die Mittel dafür kamen durch Kollekten, Legate und Erbschaften zusammen. Der Umstand, dass die Arbeit der Bergleute künstlerisch nur selten gewürdigt wurde, verleihe dem mehrteiligen Gemälde großen kulturgeschichtlichen Wert, stellte 1908 Ernst Oswald Schmidt in seinem Buch „Die St. Annenkirche zu Annaberg. Ein Führer durch ihre Geschichte und ihre Kunstdenkmäler“ fest.
Wer den Bergknappschaftsaltar bezahlte, hatte auch Einfluss auf die Darstellungen und sorgte dafür, dass neueste Montantechnik verewigt wurde. Kaum erkennbar schreitet im Mittelfeld links oben der Heilige Wolfgang als Schutzpatron der Bergleute daher. Dargestellt ist auch die Legende von der Auffindung des Erzes durch den Propheten Daniel. In der Kleidung eines Bergknappen ist Daniel dabei, neben einem Baum mit der Spitzhaue ein Schürfloch in das Erdreich zu schlagen. Unter dem Mann liest man zur Erklärung das Wort „Knappius“. Während das Mittelfeld und der linke Altarflügel sowie die Predella von Bergleuten in schlichter Tracht bevölkert werden und auf der Predella eine Frau mit der Erzwäsche beschäftigt, womit wir ein frühes Bildbeispiel für Frauenarbeit besitzen, verarbeiten auf dem rechten Flügel zwei festlich gekleidete Münzpräger in einer Werkstatt das Silber zu klingender Münze. Der Maler hat das Fachwerkhaus aufgeschnitten, um dem Betrachter einen Blick in die Werkstatt zu gewähren. Sie ist nicht irgendeine rauchige Schmiede, sondern wird mit kostbarem Mosaikfußboden und teuren Butzenscheiben als Arbeitsplatz der hochangesehene Zunft der Münzarbeiter charakterisiert.

Anleitung zur Geldherstellung
Was sich in solchen Münzstätten tat, liest sich in der berühmten Weltchronik von Sebastian Münster von 1544 unter Berufung auf den „hocherfahrenen Georg Agricola“, seines Zeichen Arzt in Joachimsthal, der Münzstätte der Grafen Schlick und Namensgeber des Talers, und Autor des mit vielen Holzschnitten versehenen zwölfbändigen Werks „De re metallica“, folgendermaßen: „Wann der Müntzer Gelt machen will auß Gold oder Sylber / wirfft er solche Metall gantz lauter in ein Tigel /und thut zum Gold ein zusatz von Sylber / unnd zum Sylber etwas Kupffers so viel alß jhm gebürt auß fürgeschriebnen Gesatz des Königs oder eins Fürsten oder einer Statt / unnd so daß Metall im Fewr zergangen ist / schütt der Müntzer das geschmoltzen Gold oder Sylber in ein Eysen Instrument / das viel langer Gruben oder Kanälen hat / das lange Stenglin darauß werden / die hämmert er darnach / unnd macht breite oder schmale Blächer darauß / dick oder dünn / (je) nachdem die Müntz dick oder dünn werden soll. Er zerhawet auch solche Bläch in viel kleiner Blächlin / unnd die von Gold seind die wigt er / dergleichen thut er mit den grössern Sylbern stucken /darauß Taler oder Dickpfennig werden sollen / damit sie jhr just Gewicht haben. Aber was kleine Sylberne Pfennig werde(n) sollen / in denen halt man das Gewicht nicht so eben / ist auch nicht viel daran gelegen / es wird jhnen mehre die zahl auff ein Gulden Sylber stücklin / treibt sie noch mehr mit dem Hammer / wärmt sie im Fewr so oft es noth thut / macht sie Rotund (rund) / unnd damit sie gantz weiß werden/ was von Sylber ist / seüdt (siedet) er sie mit Saltz unnd Weinstein / stempffts (stempelt) darnach / unnd schlecht (schlägt) darein Wapen / Geschrifft unnd andere Zeichen.“ Interessant an diesem Text sind die Unterschiede, die man zwischen Gold- und großen Silbergeld einerseits und Kleinmünzen aus Kupfer andererseits machte, bei dem man nur dafür zu sorgen hatte, dass eine bestimmte Zahl das vorgeschriebene Gewicht erreichte.

25. März 2025