Bayern und sein Geld
Neuer Katalog über Münzen und Geldscheine von 1800 bis 1925



König Ludwig I.von Bayern griff Ideen aus Preußen für die Ausgabe von einfachen und doppelten Gedenktalern zur Beförderung des Patriotismus auf und ließ nach seiner Thronbesteigung 1825 nicht weniger als 38 Motive prägen. Sein Sohn Maximilian II. fügte fünf hinzu.



Der Verfassungstaler von 1818 war gewissermaßen ein Vorläufer der 1825 aufgelegten Talerserie.

  

Der Gedenktaler von 1826 ist, ungewöhnlich für die damalige Zeit, mit den Köpfen der Erfinder und Unternehmer Reichenbach und Fraunhofer geschmückt. Die süddeutschen Münzvereinigung war 1837 die Prägung eines Geschichtstalers wert.

  

Lola Montez entweicht auf der Karikatur nach ihrer Affäre mit Ludwig I. nach Amerika. Der Volkszorn zwang ihn im Revolutionsjahr zur Abdankung. Der Gedenktaler verschweigt die Gründe, die zur Übergabe der Krone an Maximilian II. Der sehr seltene Geschichtsdoppeltaler von 1848 dokumentiert die unter wenig ehrenvollen Umständen erfolgte Übergabe der Krone von Ludwig I. an seinen Sohn Maximilian II. Der Exkönig war mit seien Kunstprojekten weiterhin präsent.



Bavaria mit Siegeskranz und Füllhorn schmückt den Siegestaler von 1871. Nach der Reichseinigung von 1871 waren solche Gedenkmünzen 30 Jahre nicht erlaubt.

Fotos/Repros aus dem besprochenen Buch: Caspar

Bayern und sein Geld,
das ist eine lange Erfolgsgeschichte und ein weites Feld. Sammler kennen die in zahllosen Varianten und Jahrgängen von Herzögen, Kurfürsten und Königen geprägten Pfennige, Kreuzer, Groschen, Taler und Dukaten mit Fürstenbildnissen, Wappen, Allegorien und anderen Motiven. Der bekannte Münz- und Geldscheinforscher Hans-Ludwig Grabowski hat sich die von 1800 bis 1925, das heißt von der Gründung des Königreichs und dem Ende der Monarchie 1918 und bis in die Weimarer Republik hinein geprägten Münzen und das von 1836 bis zum Ende der Inflation nach dem Ersten Weltkrieg ausgegebene Papiergeld angesehen und alles Wesentliche in dem Buch „Das Geld der Bayern. Münzen, Banknoten und Staatspapiergeld für Bayern 1800 bis 1925“ dargelegt. Der Katalog mit einer instruktiven Einführung von Richard Loibl vom Haus der Bayerischen Geschichte über die nach 1800 ausgegebenen Kurs- und Gedenkmünzen erschien 2025 im Battenberg Bayernland Verlag GmbH Regenstauf, hat 228 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen und kostet 24,90 Euro (ISBN 978-3-86646-256-4). Erfasst, beschrieben und bewertet sind alle Umlaufmünzen von Kreuzern und Pfennigen bis zu einfachen und doppelten Talern, aber auch die Gulden und Dukaten und alles, was nach der Reichsgründung von Pfennigen aus Kupfer bis Zwanzig-Mark-Stücken aus Gold geprägt wurde. Das Buch führt darüber hinaus die für fleißige Schüler bestimmten Preistaler und weitere numismatische Sonderlinge einschließlich der Varianten, Proben, Muster und Abschläge auf und eignet sich bestens als Zitierwerk. Unter der Regentschaft des an Kunst und Geschichte interessierten Königs Ludwig I. und seines Sohns und Nachfolgers Maximilian II. leistete sich Bayern eine geradezu üppige Folge von 43 verschiedenen Geschichtstalern mit dem Ziel, die Anhänglichkeit ihrer Untertanen an das Königshaus und ihren Patriotismus zu fördern. Bayern steht damit einzigartig dar, kein anderer europäischer Staat hat etwas Vergleichbares vorzuweisen, schreibt Loibl. Andere deutsche Bundesstaaten haben nur gelegentlich solche Münzen prägen lassen, wobei Hannover am fleißigsten war. Ludwig I. nahm großen Einfluss auf die Themenwahl, Gestaltung und die Umschriften, genehmigte hier Entwürfe und verwarf dort andere.

Zur Erinnerung und Propaganda
Mit den Geschichtstalern knüpfte Ludwig I. an alte Traditionen an, denn schon bei den Römern und nach langer Pause seit dem 16. Jahrhundert wurden Münzen zu Propaganda- und Erinnerungszwecken geprägt. Ähnliche Aufgaben hatten Medaillen, die als „Histoire métallique“ gute Dienste zur Verherrlichung von Ereignissen und Gestalten ihrer Zeit und der Vergangenheit taten. Die einfachen und doppelten Geschichtstaler waren keineswegs neu, denn schon in den Jahrhunderten zuvor hat man Münzen zu Propaganda- und Erinnerungszwecken geprägt worden. Sie hatten ähnliche Aufgaben wie die Medaillen, die seit der Renaissance gute Dienste bei der Verherrlichung von fürstlichen und weiteren Personen sowie von wichtigen geschichtlichen und anderen Ereignissen taten. Der Konservator des königlichen Münzkabinetts in München, Franz Ignatz von Streber, wies schon 1806 den an Kunst, Architektur und der Numismatik interessierten Kronprinzen Ludwig, ab 1825 König Ludwig I. von Bayern, auf die Möglichkeit hin, bayerische Konventionstaler als Gedenkmünzen auszugeben. Doch Ludwig sah vorerst keine Notwendigkeit, auf die Münzpolitik seines Vaters Maximilian I., der 1806 König von Bayern wurde, Einfluss zu nehmen. Außerdem befand man sich im Zusammenhang mit den damaligen Kriegen in einer schwierigen Zeit, in der Gestaltungsfragen von Münzen nebensächlich waren.

Staatsbauten und Denkmalstiftungen
Nach dem Regierungswechsel 1825 war Ludwig I. geneigt, „größere Sorten der gegenwärtigen Courrent Münzen (z. B. Dukaten, Thaler und halbe do.) in historische Denkmünzen zu verwandeln“, wie es in einer Denkschrift von Streber heißt. Der König griff den Vorschlag auf, denn er setzte alles daran, um sein weitgehend agrarisch geprägtes, zudem noch in unterschiedliche Kultur- und Kirchenlandschaften geteiltes Land zu einen und fit für die Herausforderungen des neuen Jahrhunderts zu machen. Mit seinen Staatsbauten und Denkmalstiftungen bleibt der König bis heute als großer Bauherr und Förderer von Kunst und Wissenschaft und als einer im Gedächtnis, dem der Sinn nach kriegerischem Ruhm fehlte. Er wolle nicht für Jahrhunderte, sondern für Jahrtausende bauen, schrieb der König und verwandelte München in einen Ort, „der Teutschland zur Ehre gereichen soll, dass keiner Teutschland kennt, wenn er nicht München kennt“. Wenig bekannt ist, dass die Emission der Geschichtstaler auf einen in Preußen gemachten Vorschlag zurück geht. 1790 hatte Friedrich Gedicke in der Akademie der Künste anlässlich des 46. Geburtstags von König Friedrich Wilhelm II. die Prägung solcher Sondermünzen angeregt. Indem der Berliner Theologe, Pädagoge, Bildungsreformer und Direktor des Friedrichs-Werderschen Gymnasiums die hohe Kunst des Stempelschneidens bei den Griechen und Römern und die Verwendung von Münzen zu Propagandazwecken lobte, schlug er vor, diese Tradition neu zu beleben und preußische Münzen als Gedenkmünzen auszubringen. Die Rede ist in der von ihm herausgegebenen Berlinischen Monatsschrift Bd. XVI. (1790), Seite 368 bis 377, abgedruckt und stellt ein interessantes Dokument dafür dar, wie sich die Gelehrtenwelt Gedanken um die Verbesserung des Münzwesens und seine Nutzung als Mittel macht, Bildung und Kunstverstand des „gemeinen Mannes“ zu heben und mit Hilfe von geprägtem Metall die Bindung an das Herrscherhaus zu festigen.

Friedlicher Ölzweig statt blutiger Lorbeer
Friedrich Gedicke betonte, ehrenvoller als der blutigste Lorbeer sei der friedliche Ölzweig, an dem kein Tropfen Blut klebt und auf den keine Träne rinnt. Vielleicht habe man bisher zu wenig daran gedacht, wie viel Künstler wirken können, wenn sie, vom Geiste des Patriotismus belebt und voll edlen Stolzes auf ihr Vaterland die ganze Zauberkraft ihrer Kunst gebrauchen, um ihre Empfindungen den Herzen ihrer Mitbürger mitzuteilen. Es sei bekannt, wie sehr sich bei den Griechen und Römern auch die Kunst mit vielen anderen Triebfedern vereinigte, um der Seele des Bürgers eine Spannkraft zu geben, die ihn der erhabensten Gesinnungen und Taten fähig macht. Mit anderen Worten fordert Gedicke, die Kunst in den Dienst des Staates zu stellen und Künstler und Gelehrte zu gewinnen, die für ihn und seine führenden Persönlichkeiten Werbung machen. Das mag damals angebracht gewesen sein, wäre aber heute ausgesprochen suspekt und nach bösen Erfahrungen mit der „Volksaufklärung und Propaganda“ unter dem Nationalsozialismus beziehungsweise „Klassenmäßiger Erziehung der Werktätigen in der DDR“ durch die alles regulierende Staatspartei SED unmöglich. Von Hans-Ludwig Grabowski aufgelistet und bewertet, bilden die Geschichtstaler ein reizvolles Sammelgebiet. Die Serie beginnt mit einem Konventionstaler von 1825 anlässlich des Regierungsantritts von Ludwig I. und endet 1856 mit einem Doppeltaler auf die Weihe eines Denkmals Maximilians II. in Lindau. Voran gegangen war schon 1818 ein Konventionstaler auf die bayerische Verfassung, die bis zum Ende der Monarchie genau ein Jahrhundert später galt. Er wurde auch an Volksschulen ausgegeben und am Verfassungstag den Schulkindern gezeigt. Die Münze mit dem Verfassungsstein auf der Rückseite wurde auch unter Ludwig I. nachgeprägt und kommt daher recht häufig in den Angeboten des Münzhandels vor.

Varianten und Sonderausgaben
Das Buch zeigt, welche Varianten und Sonderausgaben es bei den Kurs- und Gedenkmünzen gibt und wie sie bewertet werden. Bei manchen Raritäten steht das Kürzel LP für Liebhaberpreis. Das gilt auch für exzellent erhaltene Kleinmünzen, die in der Regel abgegriffen vorkommen und unbedingt in eine gut sortierte Bayern-Sammlung gehören. Wo es möglich ist, teilt der Autor Auflagezahlen mit, aber sie sagen nur bedingt etwas über die Häufigkeit der Münzen heute ab, denn im Zuge massenhafter Einschmelzungen nach der Reichseinigung von 1871, als sich Deutschland die auf Mark und Pfennig lautende Einheitswährung gab, wurden auch bayerische Münzen unbekannter Menge auf Nimmerwiedersehen vernichtet. Hans-Ludwig Grabowski stellt in seinem Buch Münzproben vor, also Abschläge auf Silber und anderen Metallen, die nur zur Ansicht und Prüfung hergestellt wurden, nicht aber zur Ausgabe gelangten. Die Ausweitung des Katalogs auf diese Spezies ist sehr zu begrüßen und auch für andere Kataloge zu empfehlen. Denn bisher musste man Beispiele für dieses ausgefallene, aber hochinteressante und bei Sammlern beliebte Gebiet mühsam in anderen Publikationen zusammen suchen. Jetzt findet man sie im neuen Bayern-Katalog als Beispiele für das Bemühen Münchner Künstler in der Kaiserzeit, gestalterisches Neuland zu betreten und die als öde empfundenen Geldstücke durch solche mit zeitgemäßen Motiven und Schriften zu ersetzen, so wie es bereits außerhalb des Deutschen Reichs geschah. Nach dem mysteriösen Tod des in seiner Traumwelt lebenden, von einer unbändigen Baulust befallenen und daher regierungsamtlich für „wahnsinnig“ erklärten bayerischen Königs Ludwig II. am 13. Juni 1886 im Starnberger See trat dessen jüngerer Bruder als König Otto I. die Nachfolge an. Der unverheiratet gebliebene Ludwig II. hatte keine Kinder, und so war Otto sein Thronerbe, ob er wollte oder nicht. Da er an einer unheilbaren Geisteskrankheit litt, konnte er die Regierungsgeschäfte nicht ausüben. In der Öffentlichkeit trat er nicht in Erscheinung. Seine Silber- und Goldmünzen mit Jahreszahlen von 1888 bis 1913 zeigen ihn geschönt und so, als würde er niemals altern. Es gibt jedoch Fotos, die „Otto den Vergessenen“ als graubärtigen, finster dreinblickenden Mann zeigen. Der Monarch verbrachte seine traurigen Tage streng von der Öffentlichkeit abgeschirmt in bayerischen Schlössern. Repräsentative Aufgaben und Regierungsgeschäfte wurden im Namen des Königs von seinem zum Prinzregenten ernannten Onkel Luitpold wahrgenommen. Als dieser 1912 starb, übernahm dessen Sohn Ludwig die Amtsgeschäfte und machte sich 1913 als Ludwig III. zum König, obwohl Otto I. noch bis 1916 lebte. Demzufolge gab es in Bayern für drei Jahre formal zwei Könige, denn Otto wurde nie für abgesetzt erklärt.

Papiergeld wurde Makulatur
Als ausgewiesener Kenner von altem und neuem Papiergeld widmet der Verfasse den zweiten Teil seines Buches den überregionalen Papiergeldausgaben in Bayern von 1836 bis 1925. Er zeigt, wie sich Aussehen und Stückelung der Scheine in der Zeit der Monarchie und nach 1918 des Freistaats Bayern verändert haben. Ihre Emission war überaus wichtig, denn der enorme Bedarf an Geld konnte in der Zeit der Industriellen Revolution durch geprägtes Metall und Schuldverschreibungen nicht mehr befriedigt werden. Abgebildet und bewertet wird auch das Papiergeld der Regierungsbezirke Schwaben und Pfalz sowie der Zweigstelle Bayern des Reichsverkehrsministeriums, der Abteilung München des Reichspostministeriums und der Generaldirektion der bayerischen Berg-, Hütten- und Salzwerke. Die Inflation von 1922/23 machte sogar Bettler zu Millionären. Die in kurzen Abständen ausgegebenen Scheine wurden sehr schnell Makulatur und verloren rasant an Wert. Dass das Bayernbuch sie in Bild und Schrift vorstellt könnte Sammler anregen, nach ihnen zu suchen. Da die Noten immer wieder gefälscht wurden, hat man sich um schwer nachzuahmende Bilder, Schriften, Farben, Wasserzeichen und Spezialpapiere bemüht und gute Erfolge erzielt, wie der Katalog zeigt.

Beliebte Bildmotive sind Wappen, Löwen sowie Symbolfiguren für Handel und Wandel. Werden für die ganz frühen, noch bis 1917 gültigen Banknoten der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank heute Liebhaberpreise gezahlt, so muss man für wenig einfallsreich gestaltete, aber historisch interessante Belege aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg (1918) nur noch ein- oder zweistellige Beträge entrichten. Hans-Ludwig Grabowski ist für sein Werk zu danken und seinem Buch weite Verbreitung bei Münz- und Geldscheinfreunden und solchen, die es werden wollen, zu wünschen.

27. Januar 2025