Was ist normal, was ist selten?
Neuer Katalog stellt die seit 2022 geprägten 2-Euro-Münzen vor und zeigt auch, was sie wert sind

In nunmehr 16. Auflage erschien unlängst das Buch von Mario Kamphoff „Die 2.Euro-Münzen. Katalog der 2-Euro-Umlauf- und Gedenkmünzen aller Euro Staaten“. Hier findet man alle Kurs-und Gedenkmünzen, die seit 2002 herausgegeben wurden.

Die belgische Waterloo-Münze von 2015 ist ein Beispiel, wie eine Emission aus politischen Gründen wieder vom Markt verschwindet und doch irgendwie präsent ist.

Der bronzene Löwe auf dem 1820 errichteten Waterloo-Denkmal schmückt einen künstlichen Hügel über dem ehemaligen Schlachtfeld, das Napoleon I. als Verlierer verließ. Die entscheidende Niederlage seines Kaisers haben hat Frankreich nie verwunden, und deshalb wurde auch die Ausgabe einer Gedenkmünze zu zwei Euro verhindert.

In der Staatlichen Münze Berlin fließen frisch geprägte Euromünzen in rote Metallkisten. Vor hier aus geht es zu den Zählmaschinen und Verpackungsanlagen. Die In verplombten Säcken verstauten Geldmengen werden an die Bundesbank und vor dort in Umlauf gegeben. Ständige Kontrolle der blitzblanken Geldstücke ist Pflicht, ebenso werden in einem bestimmten Turnus abgenutzte Stempel durch neue ersetzt.
Fotos/Repro: Caspar
Seit längerer Zeit werden in den sozialen Medien angeblich hochseltene 2-Euro Münzen zu astronomischen Reisen angeboten. Ob jemand für eine ganz normale Münze tausende Euro bekommen hat, ist nicht bekannt und wird auch nicht vorkommen. Ganz bestimmt gibt es unter den seit 2002 herausgegebenen Geldstücken auch solche, die exorbitante Preise erzielen. Das sind dann aber Stücke, die in winziger Auflage meist von Kleinstaaten herausgegeben wurden, die dem Euro Verbund angehören und mit der Emission einiges Geld verdienen. Infrage kommen Emissionen von Andorra, Malta, Monaco, San Marino oder des Vatikan, die tatsächlich selten sind und von Sammlern teuer bezahlt werden. Doch gibt es auch Ausgaben, die aus welchen Gründen auch immer von anderen Staaten klein gehalten wurden und werden und ebenfalls stolze Preise erzielen. Was in den vergangenen 23 Jahren seit Einführung des Euro geprägt wurde, ist in der Münzliteratur vermerkt. Die numismatischen Fachzeitschriften listen die Novitäten sorgfältig auf. Die Frage ist immer, was „selten“ bedeutet. Bei deutschen Reichsmünzen würde man Auflagezahlen von 85 000 oder 100 000 nicht in diese Kategorie tun, bei solchen auf den genannten Euro-Staaten tut man es aber. Das kann angesichts der immensen Zahl an Sammlern, die auch diese Stücke haben wollen, auch nicht anders sein.
Wenn man das Thema Euro-Münzen überblickt, kann einem geradezu schwindlig werden, denn es ist schwer, halbwegs noch die Übersicht zu behalten. Mario Kappelhoff, der Autor des 2-Euro-Katalogs, hat diese Übersicht. Sein Nachschlagewerk erschien 2025 im Battenberg Bayerland Verlag GmbH Regenstauf in nunmehr 16. Auflage, hat 374 Seiten und ist durchgehend farbig illustriert (ISBN 978-3-86646-260-1). Erfasst und bewertet werden Kurs- und Gedenkmünzen aus 24 Staaten – von Andorra bis Zypern – mit dazu gehörigen Etuis, Klappkarten, Münzkarten und weiterem Zubehör. Dass von dem Nachschlagewerk mittlerweile 16 Auflagen erschienen sind, zeigt das große Interesse an dem Thema. Es ist gut geeignet, das Sammeln speziell dieser Münze anzufachen, und es zeigt auch, dass Länder mit der Zeit gehen und inzwischen auch Geldstücke mit Farbauflagen ausgeben.
Fertige Auflage wieder eingeschmolzen
Unter den in den Katalog beschriebenen und abgebildeten 2-Euro-Münzen gibt es manche Kuriosität. So schreibt Mario Kamphoff, dass Belgien im Jahr 2015 eine 2-Euo-Münze auf die Schlacht von Waterloo ausgeben. Ein Großteil der Münzen mit dem Löwendenkmal war schon geprägt. Doch ein Veto von Frankreich, das 1815 in jener Schlacht vernichtend geschlagen wurde, verhinderte die Ausgabe, weshalb die Münzen mussten vernichtet wurden (Katalog S. 71). Bis Dezember 2017 ging man davon aus, dass es keine Münzen dieser Art mehr gibt.Als eine echte 2-Euro-Münze „Waterloo“ in einer Münzkarte von einem Onlineshop für 6000 Euro zum Verkauf angeboten wurde, war die Aufregung groß. Die Rarität war nicht lange online. Was mit ihr geschah und ob es weitere entwendete Münzen gibt, ist nicht bekannt. Übrigens ist die erwähnte Münze nicht erste und die letzte, die auf verschlungenen Pfaden ein Prägeanstalt verlässt, das hat es zur Freude der Sammler immer wieder gegeben und wird sich kaum vermeiden lassen. Erinnert sei nur an die 1999 in Berlin auf Vorrat geprägten Euro-Münzen (Katalog D1a) mit falsch ausgerichteten Europasternen, die in die Außenwelt gelangten und teuer bezahlt werden.
Der Katalog teilt mit, aus welchen Anlässen die 2-Euro-Münzen geprägt wurden, was auf ihnen zu sehen ist und wo sie in welcher Auflage hergestellt wurden. Wir erfahren auch, wer die Münzen gestaltet hat und was die winzige Zeichen bedeuten, mit denen sich Künstler und Prägeanstalten auf ihnen zu erkennen geben. Wer sich für Gestalten und Ereignisse der Geschichte, Kunst und Kultur interessiert oder sich auf Bauwerke, Tiere und Pflanzen, Schiffe, Wappen, Allegorien und weitere Motive spezialisiert, kann mit den 2-Euro-Münzen in der Hand eine Reise durch die Vergangenheit und Gegenwart unternehmen und von ihnen aus rückwärts gehend weitere Nominale und auch Medaillen für seine Sammlung aufspüren. Von seltenen Ausnahmen und Probemünzen abgesehen sind die in dem Katalog vorgestellten und in hohen Auflagen emittierten Münzen relativ preiswert zu bekommen. Überdies gelangt das eine oder andere Stück als Souvenir von Auslandsreisen nach Deutschland, und wenn man etwas Besonderes haben möchte, helfen Münzhändler und Angebote auf Messen und Börsen weiter.
Vielfältige Themen und Motive
Kursmünzen im Wert von einem und 2 € sowie Cent Münzen gibt es seit 2002. Die ersten Gedenkmünzen kamen zwei Jahre später auf den Markt. Ihre Themen und Motive sind so vielfältig, dass man auf ihrer Grundlage spezifische Münzsammlungen anlegen kann. Viele Euro Münzen kommen nach Deutschland und in die Hände von Sammlern über den Tourismus. Ein Blick in den Katalog zeigt, dass man auf diesem Weg eine oder andere Rarität ergattert hat. Er nennt die aktuellen Auflagezahlen inklusive solche in der Prägequalität polierte Platte, die seltener und teurer sind als die Normalausgaben. Der Verfasser bewertet der einzelnen Münzen nach aktuellen Marktpreisen vor, doch das er das nicht immer tun kann, fehlt da und dort eine solche, auf einen hohen Preis deutende Angabe. In einer Übersicht zeigt der Verfasser, welches die seltensten 2-Euro Umlauf- und Gedenkmünzen sind.
Insgesamt erweist sich der Katalog als hervorragende Grundlage, um sich im Dschungel der ausufernden Euro-Prägungen zurecht zu finden. Es gibt Länder wie Deutschland, die sich auf diesem Gebiet Zügel anlegen und die Münzprägung nicht als Möglichkeit betrachten, dem Staatshaushalt neues Geld zuzuführen. Andere Länder sind da weniger wählerisch und bringen nahezu jeden Monat ein neues Motiv auf den Markt. Sich dort zurechtzufinden, ist für Sammler und solche, die es werden wollen, eine große Herausforderung. Manche Münzfreunde haben es aufgegeben, den Novitäten nachzujagen und geben sich mit dem zufrieden, was sie preiswert und eher durch Zufall im Handel oder auf Münzbörsen bekommen. Die Auflagen der meisten Euromünzen sind riesig, der Katalog gibt millionenfache Stückzahlen an. Diese „Normalos“ im Internet oder in den (un)sozialen Medien als Raritäten und einmalige Wertstücke anzupreisen und enorme Preise zu verlangen, ist eine Frechheit. Ich frage mich, wann gegen diesen Unfug und den Missbrauch eingeschritten wird, der vor allem Anfänger verunsichert und einen Schatten auf alles wirft, was mit Münzen und Medaillen zu tun hat.
Münzen als Auslaufmodell
Bei der Durchsicht des Katalogs und seiner Benutzung bei der Bestimmung von 2-Euro-Münzen drängt sich die Frage auf, wie lange Münzen noch ausgegeben und im Zahlungsverkehr verwendet werden. Vor 2600 Jahren „erfunden“ und in unendlich vielen Formen und Varianten geprägt, sind sie ein Auslaufmodell, denn es sieht so aus, als würden sie wie auch Banknoten irgendwann verschwunden sein, jedoch nur noch als historische Zeugnisse weiter existieren. Sicherlich wird es noch in ein paar Jahrzehnten eine Münzprägung geben. Bis dahin aber werden noch zahllose Münzen die Prägeanstalten verlassen. Und es wird sicherlich auch weitere Auflagen des hier vorgestellten Katalogs mit neuen Ausgaben geben. Dem Autor und dem Verlag sei für das gelungene Nachschlagewerk gedankt. Ihm ist eine weite Verbreitung unter Sammlern und solchen, die es werden wollen, zu wünschen.
26. April 2025