Goldriesen als Staatsreserve -
Preußens Soldatenkönig ließ große Medaillen prägen, bis auf eine sind alle verloren

Mit gewaltigem Druck und menschlicher Kraftanstrengung gelang es seit der Renaissance, große und kleine Münzen und Medaillen sauber zu prägen. Am ehemaligen Berliner Kunstgewerbemuseum, dem heutigen Martin-Gropius-Bau in Berlin, schildert ein Relief, wie ein Münzmeister in ein Buch schaut und sein Geselle Münzen auf der Spindelpresse prägt.

In Berlin wurden Spindelpressen auch zur Herstellung der goldenen und silbernen Riesenmedaillen des Soldatenkönigs eingesetzt. Dieses von Peter Paul Werner geschaffene und im Wiener Münzkabinett befindliche Prachtexemplar wiegt 348,64 Gramm, was einem Wert von etwa hundert Dukaten entspricht. Auf der Rückseite ist ein Feldlager mit Truppenschau dargestellt.

Nur wenige brandenburgische Goldmünzen aus dem 16. Jahrhundert wie dieser hochseltene Portugaleser des Kurfürsten Johann Georg zu zehn Dukaten.

Das barocke Talerfass im Schloss Königs Wusterhausen ist über und über mit kurbrandenburgischen und anderen Silbermünzen geschmückt. Dieses Gefäß und andere preußische Goldschmiedearbeiten konnten nach 1806 vor dem Schmelztiegel bewahrt werden.

In der Renaissance-Zeit liebte man, sich mit goldenen Gnadenpfennigen zu schmücken. Das Münzkabinett zeigt im Bode-Museum die als Schmuck und zur Auszeichnung genutzten Kostbarkeiten.

Das wohlhabende Sachsen leistete sich eine umfangreiche Goldmünzenprägung. Von dem Reitertalern ließ Kurfürst Johann Georg I. zu Geschenk- und Auszeichnungszwecken 1628 prächtige Zwanzig-Dukaten-Stücke herstellen.
Fotos/Repros aus dem erwähnten Buch: Caspar
Wenn in Brandenburg-Preußen Gold- und Silbermünzen geprägt wurden, dann musste das Edelmetall teuer eingekauft werden. Bergwerke wie in Sachsen, Thüringen, Braunschweig oder Mansfeld waren in der „Streusandbüchse des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation“nicht vorhanden. So sind die Auflagen der frühen Taler und Dukaten gering, was sie zu numismatischen Raritäten macht. Da Münzen und Medaillen bei fürstlicher Selbstdarstellung eine große Rolle spielten, beschäftigten die Hohenzollern wie andere Herrscherhäuser Stempelschneider, die ansprechende Münzen und Medaillen schufen.
Angesichts steigender Preise auf den internationalen Silbermärkten wurde die brandenburgische Münzproduktion um 1700 gedrosselt. Sie verzeichnete nach der Krönung von 1701 zwar einen gewissen Anstieg, weil Kurfürst Friedrich III. seine Rangerhöhung als König Friedrich I. in Preußen neben kostbaren Medaillen auch durch Gold- und Silbermünzen mit königlichem Adler, Krone, Monogramm und Schwarzem Adlerorden unterstreichen wollte. Doch besaß die Münzproduktion keinen nennenswerten Umfang. Die wenigen erhalten gebliebenen Dukaten, Taler und andere Raritäten erzielen besten Erhaltungen exorbitante Preise.
Sparen und Plusmachen
Nach dem Tod Friedrichs I. 1713 und der Thronbesteigung des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. brachen für Künste und Wissenschaften in Preußen harte Zeiten an. Der ganz auf seine Riesengarde fixierte Herrscher schaffte die elende Günstlingswirtschaft seines Vaters ab und ging daran, den maroden Staatshaushalt rigoros zu sanieren. „Sparen und Plusmachen“ war die Devise des persönlich sparsam lebenden Monarchen, der es allerdings auch verstand, barocke Pracht zu entfalten, wenn es ihm politisch in den Kram passte, etwa bei Familienfeierlichkeiten oder Staatsbesuchen befreundeter Monarchen, ganz zu schweigen von den alljährlich stattfindenden Truppenschauen. Der König plünderte sein eigenes Kabinett und ließ 319 zum Teil sehr schwere Münzen und Medaillen aus Gold zur Tilgung der von seinem Vater übernommenen Schulden einschmelzen, verschonte aber antike Münzen aus unedlem Metall.
In Preußen und anderen wenig von Bodenschätzen begünstigten Ländern musste man sich damit abfinden, dass Gold und Silber nur durch Kauf und Handel herbeigeschafft werden können. In der Barockzeit in Berlin und anderswo unternommene Versuche, die Edelmetalle auf künstlichem Wege zu erzeugen, schlugen fehl. Die wirtschaftliche Situation des preußischen Agrarstaates ließ sich nur durch straffe Organisation und Innovation verbessern lässt. Sogar Seidenraupen ließen die Hohenzollern für sich arbeiten, um bei den teuren Seidenstoffen nicht auf Importe angewiesen zu sein. Wie sich zeigte, war diesem Wirtschaftszweig, der im späten 18. Jahrhundert durch Ausgabe von Prämienmedaillen und Geldgeschenken gefördert wurde, nur mäßiger Erfolg beschieden.
Kampf gegen Schlamperei
Instruktionen des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. und seiner Regierung zeigen, dass die bisherige Schlamperei in der Wirtschaft und auch im Münzwesen nicht länger geduldet wurden. „War es vor 50 Jahren noch die Regel, dass die Münzmeister den Staat betrogen, so fühlt man sich beim Lesen der Akten von etwa 1720, dass Münzmeister und Wardeine mit peinlicher Ängstlichkeit jeden Schein unehrlichen Handelns zu vermeiden suchten; sie wussten wohl, dass sie das leicht um ihren Hals bringen konnte“, schreibt Friedrich von Schrötter, der profunde Kenner der brandenburgisch-preußischen Münzgeschichte.
Der Herrscher machte bei ertappten Dieben nicht viel Federlesens und ließ sie selbst bei vergleichsweise geringen Vergehen zur allgemeinen Abschreckung gnadenlos hinrichten. Sie wurde auch durch die besonders grausame Exekution zweier Diebe erreicht, die sich an den im Berliner Schloss aufbewahrten Schätzen aus Gold und Silber sowie anderen Preziosen vergriffen hatten. Hofschlosser Daniel Stieff und Castellan Valentin Runck wurden nach peinlichen Verhören 1718 zum Tode verurteilt und unter großem Zulauf der Bevölkerung aufs Rad geflochten und grausam exekutiert. Es nutzte nicht, dass die „armen Weiber dieser unglücklichen Ehe=Männer“, wie es in der umständlichen Beschreibung des Spektakels heißt, „um Gnade schryen, dass es einen Stein jammern mögen“. Wegen Mitwisserschaft wurden die Ehefrauen der Verbrecher ins Spinnhaus auf die Festung Spandau geschickt. Ihr Vermögen wurde eingezogen, die Familien waren für immer ruiniert.
Der gekrönte Kunstbanause Friedrich Wilhelm I. dürfte den Diebstahl der 176 Goldstücke aus seiner Münzsammlung verkraftet haben, hatte er doch selber die berühmte Kollektion seines Vaters und Großvaters bald nach seiner Thronbesteigung um eine stattliche Anzahl besonders schwerer Goldmünzen und –medaillen erleichtert, um damit die übernommenen Staatsschulden ein wenig zu mindern. Manche Stücke sollen den Wert von tausend Talern und mehr gehabt haben, und stellten jedes für sich ein großes Vermögen dar. Die Sammlung erlitt schweren Schaden, aber immerhin bewies der Herrscher so viel Pietät, dass er die antiken Münzen, die seine Vorfahren gesammelt hatten, vor dem Schmelztiegel bewahrte.
Geprägt und wieder eingeschmolzen
In einem Beitrag für das der Zweihundertjahrfeier des preußischen Königtums gewidmeten Hohenzollern-Jahrbuch 1901 beschrieb Julius Menadier, der Direktor des Berliner Münzkabinetts, wie es bei diesen Einschmelzungen zugegangen ist. Der König hatte Riesenmedaillen mit Durchmessern von 87 bis 132 Millimetern prägen lassen. Von Peter Paul Werner mit dem Königsbildnis und einem Blick auf die zum Manöver angetretene Truppen geschmückt, gehören sie nicht zu den herausragenden Kunstwerken der Barockzeit. Aber sie erfüllten den Wunsch des Königs, sich vor der Welt als großer Befehlshaber und Feldherr zu präsentieren. Hingegen stellte ihre Herstellung auf einer gewaltigen Spindelpresse eine große technische Leistung dar.
Da mit Hilfe einer mit langen Schwungarmen bewegten Schraube ein großer Druck ausgeübt werden musste, kam es vor, dass die Stahlstempel Risse bekamen oder zersprangen. Friedrich Wilhelm I. habe sich nicht damit begnügt, schreibt Menadier, silberne Medaillen herzustellen, vielmehr gab er Goldmedaillen in beträchtlicher Zahl in Auftrag. „In einem seltsamen Gegensatze zu der von ihm befohlenen Einschmelzung der schweren goldene Medaillen der alten fürstlichen Sammlung hat der König diese Riesen vorzugsweise in Gold, und zwar bis zu einem Gewichte von 500 Dukaten, ausprägen lassen. Der erste Befehl der Art erging am 6. November 1723 und betraf die Ausprägung von nur 3 goldenen neben 20 silbernen Stücken.“ Es folgten weitere Goldmedaillen zu 500, 400, 300 Dukaten, 200 und 150 Dukaten. Menadier kam beim Addieren auf Medaillen im Gesamtgewicht von 6426 Dukaten, wobei ein Dukat mit etwa 3,5 Gramm zu berechnen ist.
Die sich über mehrere Jahre hinstreckend Prägeaktion, bei der mehrere hundert dieser Goldgiganten zusammen kamen, kostete laut Menadier über 18389 Taler. Da Sammler und andere Personen am Kauf nicht interessiert waren, verschwanden sie bis auf ein Exemplar irgendwann im Schmelztiegel. Wie durch ein Wunder überstand im Wiener Münzkabinett eine Goldausgabe im Wert von hundert Dukaten. Sie war in der mit vielen numismatischen Kostbarkeiten ausgestatteten Ausstellung „Goldgiganten - Das große Gold in der Münze und Medaille“ zu sehen, die 2010 und 2011 im Berliner Bode-Museum gezeigt wurde und zu der ein von Bernd Kluge und Michael Alram herausgegebenes Buch erschien (384 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen, ISBN 978-3-88609-689-3).
Geld zum Fenster hinausgeworfen
Die mit fürstlichen Bildnissen und Wappen sowie frommen Sprüchen versehenen goldenen Riesen dürften im täglichen Zahlungsverkehr nicht vorgekommen sein. Vielmehr dienten sie fürstlicher Repräsentation und wurden als besonders auffällige und kostbare Geschenke verteilt oder zur Tributzahlung verwendet. Mit ihnen erkaufte man sich bei fremden Mächten Wohlwollen. Wenn Not am Mann war, hat man sie zur Begleichung von Schulden oder Kriegskosten eingeschmolzen. Die Einschmelzung der preußischen Goldriesen war mit hohen Verlusten verbunden, denn ihre Herstellung war teuer, und das dafür aufgewendete Geld war quasi zum Fenster hinaus geworfen. Ähnlich verhielt es sich mit dem von den Hohenzollern mit erheblichem finanziellen Aufwand angeschafften Staatsschatz in Form von Gold- und Silbergeschirren und ebensolchen Möbeln. In den Schlesischen Kriegen ließ Friedrich Il, der Große, diese Preziosen zur Bestreitung seiner Militärausgaben einschmelzen. Auf die Idee, Edelmetall als einfache Barren einzulagern, wie man es heute tut, ist damals niemand gekommen.
Ein feste Burg ist unser Gott
Als man 1630 in Sachsen, dem Stammland der Lutherschen Reformation, die Hundertjahrfeier der Augsburgischen Konfession feierte, wurden ebenfalls ähnlich gestaltete Gedenkmünzen geprägt. Die Umschrift auf der Vorderseite NOMEN DOMINI TURRIS FORTISSIMA lässt sich frei nach Luthers berühmtem Choral mit „Ein feste Burg ist unser Gott“ übersetzen. Deutsche Fürsten hatten 1530 anlässlich des Reichstags in Augsburg ihr Glaubensbekenntnis formuliert, mit dem sie sich in einen Gegensatz zur katholischen Kirche brachten. Es fällt auf, dass nicht Luther auf den Gold- und Silbermünzen erscheint, sondern sein Landesherr Friedrich der Weise und dessen Nachfolger Johann Georg I. Offenbar zögerte man, das Bildnis des Reformators auf einer offiziellen kursächsischen Münze darzustellen, hingegen hatte man mit Luthers Bildnis auf Medaillen kein Problem. Da Kursachsen dank des Fleißes seiner Einwohner, reicher Bodenschätze und einer florierenden Wirtschaft ein wohlhabendes Land war, konnten seine Herrscher mit edlen Gold- und Silbermünzen brillieren. Sie bilden ein populäres Sammelgebiet, das gut erforscht ist und für das der Münzhandel interessante, manchmal recht preiswerte Angebote bereit hält.
1. Dezember 2025