Aus Hall in die Welt - Am Geburtsort des Talers von 1486 im Münzmuseum auf der Burg Hasegg notiert

Stolz erhebt sich der Münzturm der Burg Hasegg über der Bergstadt Hall in Tirol. Im Münzmuseum wird die Geschichte des Talers erzählt und gezeigt, wie sich die Münztechnik entwickelt hat. Sigmund von Tirol lebte von 1427 bis 1496, das Wappenschild des Tiroler Landesfürsten mit Bindenschild und Doppeladler schmückt das Tor zur Burg Hasegg zu Hall. Ein Herold hält in der Mitte die Krone des Habsburgers.
  
Der halbe Guldengroschen von 1484 war der Vorläufer des als Äquivalent des Goldguldens geprägten Guldengroschens von 1486, mit dem Sigmund ein neues Kapitel in der Geschichte des geprägten Geldes aufschlug. Der undatierte Goldgulden zeigt Sigmund in voller Rüstung und auf der Rückseite vier Wappenschilder. Die Münze wiegt 3,34 Gramm und hat einen Durchmesser von 22,2 mm.

Die farbige Miniatur lobt Sigmund „über den grünen Klee“ und zeigt ihn mit seinen aus Schottland und Sachsen stammenden Gemahlinnen.

In der Burg Hasegg kann man die Replik des Guldengroschen von 1486 kaufen und auch auf einer Spindelpresse eine kleine, ihm nachempfundenen Souvenirmedaille prägen.

Im Haller Münzmuseum wird an einem Modell gezeigt, wie die Walzenprägung mit Wasserantrieb funktioniert hat.

Wenige Schritte weiter steht eine mächtige Spindelpresse, mit der man auch Medaillen mit großem Durchmesser und hohem Relief fehlerfrei herstellen konnte.

Im Kassenraum des Münzmuseums kann man auf einer Spindelpresse aus dem 19. Jahrhundert Souvenirmedaillen prägen.
Text/Fotos/Repros: Caspar
Sammlern neuzeitlicher Münzen ist der Taler wohlbekannt. Seine Wiege stand in der Tiroler Bergstadt Hall. Erzherzog Sigmund, von Tirol, genannt „der Münzreiche“, ließ dort 1486 das ungewöhnlich große und schwere Silberstück als Äquivalent zum Goldgulden prägen. Damals hieß die Münze noch Moneta Nova, Neue Münze, Großer Pfennig, Uncialis (nach dem Gewicht von etwa einer Unze - 32 Gramm) oder Guldengroschen. Der Name Taler wurde erst im Verlaufe des 16. Jahrhunderts von den böhmischen Joachimsthalern der Grafen Schlick auf die ganze Münzgattung übertragen und ist uns als Dollar geläufig. Die Taler mit einem Durchmesser von 40 bis 42 mm, später auch weniger, boten Raum für großartige Porträts, Wappenschilder, Stadtansichten, Heiligenbilder, Allegorien und andere Darstellungen. Mit der Ausgabe des Guldengroschens begann ein neuer Abschnitt in der europäischen und internationalen Münz- und Geldgeschichte. Gab es bis zum ausgehenden 15. Jahrhundert nur dünnes und kleines Silbergeld in Pfennig- oder Groschengröße, das man am Amboss mit Handstempeln herstellte, so musste man jetzt für die großen Silberstücke schweres Gerät und im Laufe des 16./17. Jahrhunderts auch Spindelpressen einsetzen.
Welt des späten Mittelalters
Wie die Entwicklung der Münzprägung von der Arbeit am Amboss mit Hammer und Handstempeln zur maschinellen Fertigung auf Walzen, Spindelpressen und Kniehebelmaschinen verlief und was damit produziert wurde, wird im Münzmuseum Burg Hasegg in der Tiroler Bergstadt Hall demonstriert. Wer das mit Sigmunds Wappen geschmückte Tor passiert, taucht in die Welt des späten Mittelalters ein und sieht, wie das von Bergleuten im nahe gelegenen Schwaz geschürfte Metall aufbereitet und wie „Münzknechte“ Geld mit Handstempeln und Hammer Stück für Stück am Amboss schlugen. Ausgestellt sind darüber hinaus gewaltige Spindel- und Kniehebelpressen, die diese schwere und monotone Arbeit seit der Barockzeit übernahmen. Auf einer Kniehebelpresse aus dem 19. Jahrhundert kann man mit kühnem Schwung eine kleine Souvenirmedaille prägen und sich wie ein Münzmeister fühlen.
Sigmund baute seine Residenz Innsbruck großartig im spätgotischen Stil aus und war durch seine glänzende, freilich auch sehr teure Hofhaltung berühmt. Obwohl ihm 50 illegitime Kinder nachgesagt werden, entsprangen seinen beiden Ehen kein legitimen Nachkommen. Somit blieb er in damaliger Sicht kinderlos. Nach der 31 Jahre währenden Ehe mit Eleonore von Schottland vermählte sich der 56jährige Witwer 1484 mit der erst 16jährigen Katharina von Sachsen. Die Ehe der ungleichen Paares verlief unerfreulich und blieb kinderlos. Als Sigmund 1496 starb, ohne einen Nachfolger zu haben, gelüstete ihn, noch einmal kräftig in sein eigenes Geld zu greifen. Eilig schaffte man die mit seinem Bildnis geschmückten Guldengroschen herbei, so dass „sein gnad in ain silber“ fassen konnte. Bei der Totenmesse flankierten drei Becken mit Gold- und Silbermünzen aus Haller Produktion seinen Sarg. Bestattet wurde der Erzherzog im Kloster Stams, eine vergoldete Figur erinnert dort an ihn.
Günstlingswirtschaft, Kriege, Luxusleben
In der Spätzeit seiner Herrschaft zeigten sich bei Sigmund, einem Onkel von Kaiser Maximilian I., Anzeichen zunehmenden Vergreisung. Luxuriöse Hofhaltung, ausufernde Günstlingswirtschaft sowie Streit und Kriege mit Nachbarn stürzten den Erzherzog in tiefe Schulden. Sogenannte „bösen Räte“ bereicherten sich schamlos und sollen ihrem Herrn geraten haben, sein Land für 50 000 Gulden an Bayern zu verpfänden, um drängende Geldprobleme zu lösen. Das war damals nicht unüblich, denn auch andere in Geldnot befindliche Potentaten gaben Landesteile und Bauwerke in fremde Hände.
Kaiser Friedrich III. brachte als Oberhaupt der Habsburgerdynastie seinen bis dahin in Saus und Braus lebenden Verwandten dazu, dass er 1490 abdankte und die Regentschaft an Maximilian I., den späteren deutschen König und ab 1509 römisch-deutschen Kaiser, übertrug. Man billigte ihm eine Art Rente in Höhe von 200 Gulden pro Woche zu. Damit war der ehemals reiche Fürst zu einem armen Almosenempfänger geworden, der keine großen Sprünge mehr machen konnte. Sigmund hinterließ einen riesigen Schuldenberg von 500 000 Gulden.
Silberne Guldengroschen statt Goldgulden
Die Ausgabe des Guldengroschen von 1486 waren die Antwort des Tiroler Landesherrn auf geringer werdende Goldvorkommen in Osteuropa und Probleme mit dem Nachschub aus dem Orient. Zu Sigmunds Zeiten stand noch nicht das viele Edelmetall aus der Neuen Welt, also Amerika, sowie aus Afrika und anderen Gegenden zur Verfügung, das zur Abwicklung von Handel und Wandel, zur Bezahlung teurer Kriege und fürstlicher Hofhaltungen, aber auch zur Durchsetzung politischer Ziele benötigt wurde. Das von Sigmund entwickelte Münzsystem bestand aus dem Sechser, Pfundner (12 Kreuzer), Halbguldiner (30 Kreuzer) und Guldiner oder Guldengroschen (60 Kreuzer). Bemerkenswert ist das Bemühen, den Landesfürsten lebenswahr zu porträtieren.
Von persönlichen und politischen Krisen und Katastrophen im Leben des Tiroler Erzherzogs, die auch im Museum Burg Hasegg nicht ausgespart werden, ist auf den Münzen nichts zu sehen. Sie zeigen den stolzen Landesherrn stehend in voller Rüstung oder auch sein Brustbild mit einer gezackten Krone, dazu Wappenschilder als Symbole für die Gebiete, die er sein eigen nannte oder auf die er Ansprüche erhob. Dass über ein Jahrhundert später die aus dem Haus Habsburg kommenden Hoch- und Deutschmeister auf ihren Münzen Motive aus Sigmunds Zeiten neu verwendet haben, ist ein ungewöhnlicher Vorgang, denn sie waren bereits überholt.
Landesfürst als Ritter und Reiter
Diese Neuerung entsprach dem Geist der Renaissance, für sie gab es Vorbilder in Italien, wo man Münzen und bald auch Medaillen mit realistischen Bildnissen schmückte. Dass der Guldengroschen den gleichen Wert wie der Goldgulden hat, wurde durch Übernahme des Vorderseitenbildes mit dem stehenden Landesfürsten unterstrichen. Der Halbguldiner von 1484 zeigt Sigmund mit seiner strahlenförmigen Krone, und auch auf dem undatierten Zwölf-Kreuzer-Stück ist er im Profil dargestellt. Auf eine Namensgebung des neuen Nominals, etwa „Ein Guldengroschen“, hat man verzichtet. Erst im 18. Jahrhundert wurde es üblich, auf den Münzen kundzutun, welchen Wert sie haben. Indem Sigmund seine Schwazer Silbervorkommen nutzte, schrieb er Geldgeschichte. Wurden für den täglichen Zahlungsverkehr bisher nur groschengroße Silbermünzen beziehungsweise für die Begleichung größerer Summen und im Fernhandelsverkehr Silberbarren und Goldmünzen verwendet, so eigneten sich die neue Großsilbermünze und ihre Teilstücke gut, um Geldgeschäfte bequem durchzuführen, die die sich stark entwickelnden Ware-Geld-Beziehungen an der Schwelle zur Neuzeit mit sich brachten.
Die Stadt Bern brachte 1494 einen Guldengroschen mit der Figur des Heiligen Vinzenz mit Buch und Palmenzweig in den Händen und dem zweifachen Wappenkranz um einen Bären und einen Adler heraus. Die Ähnlichkeit mit dem Haller Vorbild von 1486 war bei diesem und weiteren Silberstücken gewollt, um Ebenbürtigkeit zu unterstreichen. So weist auch der undatierte Taler des Herzogs Antoine von Lothringen mit dem rückseitigen Wappenkranz auf das Haller Vorbild hin. Die kurz vor und nach 1500 geprägten Guldengroschen aus den Bistümern Sitten und Salzburg, aus Hessen, Sachsen und Württemberg sowie aus Österreich, Ungarn und anderen Staaten sind Meisterwerke spätgotischer Stempelschneidekunst. Repräsentativen Charakter haben die Taler und Doppeltaler, auf denen der römisch-deutsche Kaiser Maximilian I. reitend oder mit seinem Brustbild dargestellt ist, kombiniert mit den Wappenschildern der von ihm beherrschten oder beanspruchten Länder. Dass von diesen und weiteren Talern gelegentlich Nachprägungen und Nachgüsse, Doppelstücke und sogar Abschläge auf viereckigen Schrötlingen, die so genannten Klippen, hergestellt wurden, unterstreicht die Rolle, welche sie als Geschenk- und Verehrpfennige spielten, wie man damals sagte.
Schätze wanderten in den Schmelztiegel
Ursprünglich mögen die numismatischen Neulingen in größeren Stückzahlen hergestellt worden sein, doch nur wenige Exemplare sind bis auf unsere Zeiten überliefert. Man hat die Schätze im Laufe der Jahrhunderte eingeschmolzen, um Material für neue Münzen und Silbergeräte zu gewinnen. Erst als in der Barockzeit Taler und andere zeitgenössische Münzen als Sammelgegenstand entdeckt wurden, hat man das eine oder andere alte Stück, vor allem wenn es repräsentativen Charakter besaß, besonders gestaltet oder mit einer interessanten Geschichte verbunden war, vor der Vernichtung bewahrt. Jetzt kamen gedruckte „Talerkabinette“ in Mode, Kataloge mit Beschreibungen der Guldengroschen, Taler und ähnlich großen und schweren Silbermünzen.
7. September 2025