Kaiser mit Gardehelm
Was hinter einer nur probeweise geprägten Kriegsverdienst-Medaille mit dem Bildnis Wilhelms II. steckt

  

Die in der Versteigerung der Firma Leu in Zürich im Mai 2025 angebotene Silbermedaille nach einem Entwurf von Emil Weigand existiert nur als seltener Probeabschlag. Zur Ausgabe kam eine Version mit der Widmung KRIEGER VERDIENST.



Mit seinem Gardehelm geschmückt, erscheint Kaiser Wilhelm II. auf den zwischen 1890 und 1902 in Berlin geprägten Silbermünzen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft im Wert von einer halben bis zwei Rupien.



Die Stempel der Münzen für die deutsche Kolonie Neuguinea wurden von Emil Weigand (Paradiesvogel) und Otto Schultz geschnitten.



Der Verein für die Geschichte Berlins e.V. ehrt Persönlichkeiten, die sich um die Erforschung der Berliner Vergangenheit besonders verdient gemacht haben, mit der von Emil Weigand gestalteten Fidicin-Medaille. Auf ihr liest Berolina, die Symbolfigur der Stadt, im Buch der Geschichte. Namensgeber der Auszeichnung ist Berlins erster hauptamtlicher Archivar Ernst Fidicin.



Das 1889 vor der Nikolaikirche in Spandau bei Berlin errichtete Denkmal des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. ist auf einer Medaille von Emil Weigand abgebildet.

Fotos: Til Horna (Kriegsverdienstmedaille), Caspar


Wer in Zeiten der Monarchie um Verdienste für Gott, Kaiser und Vaterland nicht mit blitzenden Ordenssternen und bunten, am Hals zu tragenden Kreuzen ausgezeichnet wurde, bekam, wenn er Glück hatte, Medaillen aus Gold und Silber. Nicht immer kamen solche auch bei der Produktwerbung gern genutzten Medaillen zur Ausgabe, denn manche existieren als Entwurf oder, wie im Falle einer vom Berliner Medailleur Emil Weigand geschaffenen „Kriegsverdienst-Medaille“ aus dem Jahr 1893 nur als Probeabschlag. Eine Nachfrage im Berliner Münzkabinett ergab, dass sie dort fehlt. Das aber habe nichts zu sagen, wie Kurator Johannes Eberhardt erklärt, weil dort vor und nach 1900 zeitgenössische Medaillen nur sporadisch gesammelt wurden.

Die unsignierte Medaille mit dem nach links gewendeten Brustbild Kaiser Wilhelms II. und der Inschrift KRIEGS VERDIENST wird im Katalog von Karl Hermann von Heyden „Ehrenzeichen der erloschenen und blühenden Staaten“ (Frankfurt a. M. 1897) unter der Nummer 192 als „Krieger-Verdienstmedaille II. Klasse (Probe-Medaille) für die Schutztruppe in den Kolonien“ beschrieben. Allerdings kam es nur zu wenigen Prägungen, denn diese Version wurde verworfen und durch eine mit der Inschrift KRIEGER VERDIENST ersetzt. Über den Sinneswandel kann man nur spekulieren; unbekannt ist, wer die Widmung verändern ließ. Wohl sollten deutsche Soldaten und Polizisten mit der Medaille geehrt werden, die in den afrikanischen Kolonien des Deutschen Reichs für „Ruhe und Ordnung“ sorgten und Widerstand der indigenen Bevölkerung mit „Feuer und Schwert“, wie man sagte, unterdrückten.

Vorbild der Medaille waren ab 1891 die Silbermünzen der 1885 gegründeten Kolonie Deutsch-Ostafrika (DOA) mit dem kaiserlichen Brustbild in der Uniform und dem Adlerhelm des renommierten, in Potsdam stationierten Regiments Garde du Corps auf der Vorderseite und dem mit einem Löwen unter der Palme geschmückten Wappen der DOA. Die Zwei-Rupien-Stücke konkurrierten mit den bekannten, in großen Stückzahlen nachgeprägten Maria-Theresien-Talern von 1780. Der am kaiserlichen Hof in Berlin hoch angesehene Emil Weigand hatte ursprünglich dem 1888 auf den Thron gelangten Kaiser die Reichskrone aufsetzen wollen. Doch bestimmte Wilhelm II. analog zu einem Porträt des Münchner Malers Franz von Lenbach den Gardehelm als Kopfschmuck. Die vorgesehene Umschrift WILHELM II. DEUTSCHER KAISER wurde in WILHELMUS II. IMPERARTOR mit dem Adler in der Mitte abgeändert.

Emil Weigand hatte seinen Beruf als Münzgraveur von der Pike auf erlernt. 1887 zum Ersten Münzmedailleur an der Königlichen Münze zu Berlin ernannt, schuf er zahlreiche Stempel für die Kursmünzen des Deutschen Reichs und einige seiner Bundesstaaten. An der Gestaltung der erst 1901 wieder zugelassenen Gedenkmünzen war er nicht mehr beteiligt. Er zog sich 1905 ins Privatleben zurück und starb, hoch geehrt, ein Jahr später. Der bekannte Numismatiker Emil Bahrfeldt schrieb in den Berliner Münzblättern März 1905, S. 39/49, Emil Weigands Werke seien in alle Welt gegangen, denn von ihm stammen die Stempel zu den Bildnisseiten der Sieges- und anderen Talern König Wilhelms I. von Preußen sowie diejenigen der Zehn- und Fünf-Mark-Stücke in Gold und der Zwei- und Fünf-Mark-Stücke in Silber Kaiser Wilhelms I. und die seiner Nachfolger Friedrich III. und Wilhelms II.

Dazu kamen laut Bahrfeldt auch Prägungen für Hamburg, Lübeck, Oldenburg, Sachsen-Altenburg und Waldeck, aber auch für Ägypten, Mexiko, Deutsch-Ostafrika, Neuguinea und Marokko. Nach der Erwähnung zahlreicher Medaillen, für die Weigand die Stempel geschnitten hat, fasste Bahrfeldt das Werk des Künstlers so zusammen: „Neununddreißig Jahre hindurch hat Emil Weigand in ununterbrochenem Schaffen und mit vielen Erfolgen seinem Berliner Amte vorgestanden. Der nun kommende Ruhestand sei dem Meister ein wohlverdienter. Aber er wird für ihn keinen Stillstand bedeuten, denn bei dem regen Interesse für seine Kunst wird er nicht aufhören, mit ihr sich zu beschäftigen und ihr zu dienen.“

14. Februar 2025