Womit man im alten Berlin bezahlte
Archäologen wurden am Molkenmarkt und in der Rathausstraße fündig



Vom alten Molkenmarkt und seiner Bebauung ist außer einigen Kellern und Fundamentresten nichts mehr erhalten.



Auf dem Gelände des Molkenmarktes sollen noch in diesem Jahr die Grabungen beendet werden. Die vier bis fünf Meter tiefen Gruben werden nach genauer Vermessung und Kartierung zugeschüttet, auf dem Gelände erhebt sich in den kommenden Jahren ein neues Wohnquartier.



Obwohl die Archäologen in einer Grube am Molkenmarkt nur diese fünf Geldstücke gefunden haben, gelten diese als Schatz.



Unter den Fundmünzen in der Rathausstraße ragt ein sächsischer Gulden von 1691 hervor.



Denare, Pfennige und Groschen brandenburgischer Markgrafen und Kurfürsten und der preußischen Könige sowie auswärtiger Fürsten und Städte klapperten in den Geldbörsen der Berliner.

Fotos/Repros: Volkmar Otto, Landesdenkmalamt, Caspar

Bevor Bauarbeiter in Altstädten anrücken,
sind Archäologen mit Spaten, Spachteln, Pinseln und manchmal auch Baggern dabei, alte Mauern und Gewölbe freizulegen. Sie bergen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren und rekonstruieren ihr Leben sowie historische Situationen. So werden Einsichten gewonnen, über die Chroniken und Urkunden kaum etwas verlauten lassen. Die Siedlungsreste aus Keramik, Glas, Metall, Stein sowie Holz, Knochen und anderem organischem Material, die bei Ausgrabungen im Zusammenhang mit der 2020 eröffneten Berliner U-Bahn-Linie 5 von Hönow zum Hauptbahnhof ans Tageslicht kamen, besitzen eine große Aussagekraft und werfen ein Licht auf die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte und die Lebenswirklichkeit im alten Berlin.
Bei Ausgrabungen am Molkenmarkt im Herzen Berlins, nur wenige hundert Meter von der Rathausstraße entfernt, haben Archäologen fünf brandenburgische Denare und einen halben Denar in einer mittelalterlichen Grube gefunden. Die Pfennige zeigen auf der Vorderseite askanische Markgrafen zwischen zwei Türmen. Nach Worten von Projektleiter Eberhard Völker könnten sie Otto IV. oder Otto V. darstellen, die im 13. Jahrhundert die Mark Brandenburg regierten. Die flachen Silberlinge wiegen weniger als ein Gramm und sind in der numismatischen Literatur gut erfasst.

Neues Stadtquartier in Sicht
„Wir haben das erste Mal am Molkenmarkt diese kleinen Münzschatz bergen können“, sagt Eberhard Völker. „Seit 2019 finden hier am Ort eines neuen Stadtquartiers Ausgrabungen statt. Die Münzen verraten einiges darüber, womit die ,Urberliner' bezahlt haben. Mit dieser Summe konnte man vielleicht ein Brot kaufen.“ In einer Tiefe von vier Metern kamen mittelalterliche Mauern und andere Befunde zum Vorschein. Bevor das neue Quartier mit über 450 Wohnungen entsteht, werden die alten Grundmauern und Gewölbe genau vermessen und kartiert. Unter den etwa 300.000 Objekten sind auch urgeschichtliche Stücke. Sie berichten, dass schon vor 8000 bis 10000 Jahren Menschen in der Gegend des heutigen Berlin gelebt habe. Der Molkenmarkt ist der der älteste Platz Berlins und blickt auf rund 800 Jahre zurück. Die aus dem 18. Jahrhundert stammende Bebauung wurde ein Opfer des Zweiten Weltkriegs. Auf den zugeschütteten Trümmern entstand entstand eine breite Magistrale, die in die Leipziger Straße mündet. Im Vorfeld von Neubaumaßnahmen haben die Archäologen das Areal systematisch und schrittweise in drei bis fünf Metern Tiefe auch mit einem Bagger freigelegt. Dabei war aber auch viel Handarbeit mit Schaufeln, Sieben, Spachteln und Pinseln. Es wird erwartet, dass eine Auswahl der Fundstücke im neuen Ausstellungshaus PETRI Berlin auf dem ehemaligen Petriplatz mit weiteren Ergebnisse der Ausgrabungen in Berlins Mitte gezeigt werden.
Zu den vor einigen Jahren im Bereich der Rathausstraße entdeckten Hinterlassenschaften d er Ur-Berliner gehören 1450 vollständig oder nur in Resten erhaltene Münzen als Belege für den alltäglichen Kleingeldverkehr im alten Berlin, und sie unterstreichen einmal mehr, dass man in uralten Zeiten nichts dabei fand, sich neben einheimischen auch auswärtiger Sorten zu bedienen. Einige Fundstücke kann man im PETRI Berlin betrachten (siehe auch Eintrag auf dieser Internetseite Rubrik Berlin-Brandenburg vom 30. Juni 2025).

Goldring und Kinderstiefel
Zu den spektakulärsten Funden gehört ein Goldring mit Schmuckstein aus der Zeit um 1400. Ein solches Objekt aus dieser Zeit war bisher nicht Zeit bekannt, weshalb er von den Archäologen den Namen „Berliner Ring“ erhielt. Gefunden wurden auch mit Silber beschlagene Gürtel, zahlreiche Objekte aus Leder und Reste von Bekleidung, ferner Ofenkacheln, Keramiktöpfe und damals sehr teures Fensterglas. Kinderstiefel und Seidenbänder deuten darauf hin, dass hier durchaus wohlhabende Berliner gelebt haben. Die meisten Fundstücke werden beim Landesdenkmalamt im Stadthaus nahe dem Molkenmarkt und in einem Depot in Charlottenburg eingelagert.

11. August 2025