Von Schwaben nach Schmalkalden
In Sachsen-Anhalt und in Thüringen wurden silberne Belege für mittelalterliche Geldproduktion gefunden



Die mittelalterlichen Händleinheller schafften es aus Hall (Schwäbisch Hall) im Süden des Römisch.deutschen Reichs bis nach Thüringen in dessen Mitte. Die Hand auf den Silberlingen ist ein redendes Wappen.



Wo und wie Münz- und andere Schätze versteckt und geborgen werden, hat die Menschen schon immer interessiert. Die mittelalterliche Miniatur zeigt, wie Geld vergraben wird und wie oben der Pflug ein Gefäß mit Münzen freilegt.



Der Holzschnitt „Von schatzfynden“ aus dem spätmittelalterlichen Narrenspiegel warnt vor Schatzsucherei. denn sie ist des Teufels. Daneben schütten zwei Männer Erde auf einen Topf mit Münzen, es kann aber auch sein, dass sie ihn frei legen.



Der zweiseitig geprägte Silberdenar aus dem Fund bei Lübz im Landkreis Jerichower Land zeigt den Kopf von Bischof Hunfried.

Fotos: Caspar, AiD 5/2024

Münzen erweisen sich oft als aufgeschlagene Geschichtsbücher.
Sie berichten über Ereignisse und Gestalten, über die Urkunden und Chroniken oft schweigend hinweggehen. Die Zusammensetzung der Funde mit manchmal mehreren hundert Geldstücken lässt Rückschlüsse auf weitreichende Handelsbeziehungen, aber auch Kriege und Katastrophen zu. Oft hat man das über Generationen mühsam zusammen gesparte Vermögen eingemauert, im Holzfußboden oder an einem markanten Baum in der Hoffnung versteckt, es nach Abwendung der Gefahr wieder an sich nehmen zu können. Das ist häufig nicht geschehen, und so kommen bei archäologischen Grabungen, Abriss- und Baumaßnahmen, in der Landwirtschaft, auch bei Pflegearbeiten im Wald und anderen Gelegenheiten manch ein Münzfund ans Tageslicht. Wo immer die Schätze oder auch Einzelstücke auftauchen werden sie in Datenbanken erfasst.

Redende Wappen
Wenn Münzen und Medaillen zu bestimmen sind, spielen Wappen, sofern vorhanden, eine große Rolle. In der heraldischen Literatur sind diese Hoheitszeichen ausführlich beschrieben und abgebildet. Häufig taucht dabei der Begriff „redende Wappen“ auf. Sie begegnen uns auf zahlreichen Prägungen und versinnbildlichen den Namen einer Stadt oder Herrschaft. Wir begegnen ihnen in Gestalt von Tieren, Pflanzen oder Waffen, manchmal auch nur mit einem Buchstaben. Ein wichtiger Grund für die Umwandlung eines Namens in ein Bild mag gewesen sein, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung des Lesens und Schreibens nicht kundig war, wohl aber wissen wollte und sollte, woher ein Denar, Pfennig oder Groschen, ein Dukat oder Taler stammt. In der nördlichen Altstadt von Schmalkalden im Bundesland Thüringen haben Archäologen bei Grabungen im Bereich der mittelalterlichen Stadtmauer Reste eines wohl größeren Schatzes mit Münzen aus der Reichsmünzstätte Schwäbisch Hall gefunden, kenntlich an einer Hand, die bis heute in Verbindung mit einem Kreuz im Wappen der Stadt nordöstlich von Stuttgart erscheint. Der kleine Metallklumpen konnte auseinander genommen werden, und er ergab sieben dünne Silbermünzen mit der charakteristischen Hand, mit der die durch die Salzgewinnung reich gewordene Stadt Hall (seit dem 15. Jahrhundert Schwäbisch Hall) seine Geldstücke gezeichnet hat. Die früheste Erwähnung der Haller Pfennige stammt aus dem späten 12. Jahrhundert. Auf beiden Seiten erkennt man einmal die Innenfläche einer Hand und zum anderen das Kreuz mit Umschriften wie AHLLE oder HIAILILALI. Die Hand verschaffte dem zweiseitigen Silberpfennig den Namen Händleinheller.

Hand, Kreuz und Punkte
Wie M. Seidel, M. Grosch und H. Biebler in eine Bericht der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“ Heft 5/2024 berichten, konnten vier Münzen repariert werden. Der schlechte Zustand der anderen Geldstücke war dafür nicht geeignet. Die Prägungen zeigen die namensgebende Hand auf der Vorderseite und ein Kreuz mit Punkten auf der Rückseite. Die Umstände der Auffindung würden nahe legen, dass die Münzen ursprünglich in Rollen gewickelt waren und es sich um den zufällig überlieferten Ausschnitt eines umfangreicheren Schatzes handelt. Dieser sei offenbar beim Bau eines Turms oder beim Abtragen von Erdmaterial erfasst und zerstreut worden. Eine Vorstellung vom Umfang solcher hochmittelalterlicher Schatzfunde könnten zwei Münz-Ensembles vermitteln, die in Hildburghausen und in Saal an der Saale im Landkreis Rhön Grabfeld zu Tage kamen und aus mehr als 600 beziehungsweise 1620 Münzen bestanden. „Zusammen mit einem halben Dutzend Neufunden einzelner Handheller aus Rettungsgrabungen und Detektorprospektionen in Südthüringen erweist sich der Raum zwischen der Rhön und dem Thüringer Wald zunehmend deutlicher als integraler Teil des Umlaufgebietes dieser zwischen 1175 und 1220 zunächst in Schwäbisch Hall, später auch in Nürnberg, Ulm oder Konstanz geprägten silbernen Handelsmünzen“, fassen die Autoren ihren Beitrag zusammen.

Denare und Hochrandpfennige
An anderer Stelle von „Archäologie in Deutschland“ wird berichtet, dass zwei ehrenamtlichen Mitarbeitern des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt bei Lübz im Landkreis Jerichower Land (Sachsen-Anhalt) bei Waldarbeiten mehrere Silbermünzen in die Hände fielen. Bei einer bald darauf durchgeführten Nachuntersuchung konnten weiterer Münzen geborgen werden, schreiben H. Gärtner und D. Petzold. Das Münzdepot besteht aus etwa 300 Magdeburger Denare und Hochrandpfennige, die im 11. Jahrhundert in der Elbe Saale Region verbreitet waren. Die Prägungen entstanden unter dem Erzbischof Hunfried von Magdeburg aus der Zeit zwischen 1040 und 1051. Bedeutsam sei die frühe Erwähnung der Stadt Magdeburg in der Umschrift auf der Rückseite. Anhaftungen an zwei Münzen lassen auf einen ehemaligen Behälter aus organischen Material schließen. Warum der ehemalige Eigentümer seine im Boden versteckten Münzen nicht mehr an sich nehmen konnte, bleibt auch bei diesem und vielen anderen Schätzen offen.

18. Januar 2025