Goldenes Florenz, mit Blut besudelt Berliner Münzkabinett und Skulpturensammlung widmen der Pazzi-Verschwörung von 1478 eine Ausstellung



Blick in die bis September 1926 im Münzkabinett im Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel laufenden Pazzi-Ausstellung.



In Florenz spielten sich 1487 gewaltsam ausgetragene Machtkämpfe ab. In der Kathedrale brachten die Meuchelmörder Giuliano de Medici um und wurden dafür grausam bestraft.
(Foto: Hans-Jürgen Caspar)



Das Alexander Hesse zugeschriebene Gemälde aus der Zeit um 1840 zeigt, wie das Attentat auf die Medici-Brüder stattgefunden haben könnte.



In Florenz wurde Ende des 13. Jahrhunderts der Florin aus der Taufe gehoben, eine Goldmünze, die überall in Europa unter verschiedenen Namen nachgeahmt wurde.



Die von Bertoldo da Giovanni geschaffene Gussmedaille von 1487 schildert, wie Giuliano de Medici bei einem Gottesdienst durch Messerstiche der Pazzi-Attentäter stirbt und wie sein Bruder Lorenzo in die Sakristei der des Doms zu Florenz flieht.



Lorenzo de Medici ließ überall sein Bildnis aus Terrakotta aufstellen. Die Büste ist eine Kopie aus dem 19. Jahrhundert. Sandro Botticelli hat den ermordeten Lorenzo mit halb geschlossenen Augen gemalt.



Die Medaille auf Lorenzo de Medici stammt von einem unbekannten Künstler, der mit einer Allegorie geschmückte Bronzeguss auf Poliziano ist ein Werk von Niccolo Fiorentino.



Raffaele Sansoni Riario, der Großneffe von Papst Sixtus IV., wurde im Alter von 16 (!) Jahren Kardinal. Da er Zeuge der der Pazzi-Verschwörung, wenn nicht gar Mittäter war, hat man auch ihn ihn verhaftet und der Komplizenschaft verdächtigt, dann aber freigelassen. Die Büste aus Terrakotta kam 1904 als Schenkung von James Simon in die Berliner Skulpturensammlung. Leonardo da Vinci zeichnete den Messerstecher Bernardo Bandini am Strick hängend. Dem Kardinal blieb dieses Schicksal erspart.



Wilhelm Bode, ab 1914 von Bode, holte die so genannte Pazzi-Madonna nach Berlin. Das Werk von Donatello stammt aus dem Pazzi-Palast, der Ende des 19. Jahrhunderts dem Gebäude der Nationalbank in Florenz weichen musste. Das Marmorrelief des ermordeten Giuliano de Medici sollte sicherstellen, dass er unvergessen bleibt. Beide Kunstwerke befinden sich im Besitz der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin.

Fotos Caspar und Repros aus dem besprochenen Buch

Das Münzkabinett, die Skulpturensammlung und das Museum für Byzantinische Kunst
der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz zeigen bis zum 20. September 2026 die Sonderausstellung „Die Pazzi Verschwörung. Macht, Gewalt und Kunst im Florenz der Renaissance“ auf. Die Dokumentation in den Ausstellungsräumen des Münzkabinetts im Bode-Museum ruft dramatische, geradezu filmreife und auch verfilmte Ereignisse im Goldenen Florenz des Jahres 1487 und ihre Folgen in Erinnerung und zeigt dazu passende Bilder, Skulpturen sowie Münzen und Medaillen und Münzen. In Florenz tobte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ein blutiger Machtkampf zwischen der aus einer Apothekerfamilie („de Medici“) stammenden, reich und einflussreich gewordenen Handels- und Bankier-Dynastie Medici und der adelsstolzen Familie Pazzi, war in der festlich vom Trio „I signi“ mit Musik dieser Zeit umrahmten Ausstellungseröffnung im Gobelinsaal des Bode-Museums zu hören. Antje Scherner, die Direktorin der Skulpturensammlung und Museums für Byzantinischen Kunst, Bernhard Weisser, der Direktor des Münzkabinetts, Neville Rowley, Kurator der Gemäldegalerie, und Karsten Dahmen, Kurator am Münzkabinett, ordneten die ausgestellten Kunstwerke in ihre Zeit ein und unterstrichen, dass viele von ihnen, ähnlich wie bei Medaillen, zwei Seiten haben - eine glänzend-erfreuliche und eine abgrundtief-blutige Seite, was sie für uns heute interessant und zum Nachdenken über unser Woher und Wohin anregend macht.

Ehrgeiz, Eifersucht und Hass
Getrieben von Ehrgeiz und Eifersucht, Neid und Hass, haben Pazzi-Leute am 26. April 1478 die Brüder Lorenzo und Giuliano de Medici bei der Messe in der Kathedrale von Florenz überfallen. Kardinal Raffaele Sansoni Riario hatte dazu das Stichwort gegeben. Wie auf der im Auftrag von Lorenzo de Medici von Bertoldo di Giovannio geschaffenen Medaille zu sehen ist, kam Giuliano bei dem Anschlag durch Messerstiche ums Leben, sein Bruder Lorenzo konnte sich in Sicherheit bringen. Während in einem Oktogon mit dem Kopf von Lorenzo Medici obenauf der Gottesdienst stattfindet, stürzen sich bewaffnete und hier unbekleidet dargestellte Verschwörer auf Giuliano de Medici und ermorden ihn. Die ähnlich gestaltete Rückseite schildert, wie sich Lorenzo in die Sakristei fllieht. Unter der Köpfen der Brüder liest man die lateinischen Worte SALVS PUBLICA und LUCTVS PVBLICVS (Öffentliches Wohl und Öffentliche Trauer). Von der für diese Zeit recht ungewöhnlichen Medaille sind nur 19 Stück bekannt, zwei liegen in Berlin. Die eine gelangte 1869 aus der Sammlung Benoni Friedlaender ins Münzkabinett, die zweite ist einen Schenkung von James Simon aus dem Jahr 1904 an die Skulpturensammlung.

Dem Jüngling ging der Atem aus
Der Ablauf des Mordanschlags ist durch den Zeitgenossen Angelo Poliziano überliefert. „Kaum hatte der Priester die Kommunion vollendet, wurde ein Zeichen gegeben und Bernardo Bandini, Francesco di Pazzi und einige andere Verschwörer umzingelten Giuliano. Bandini rammte ihm als erster das Schwert in die Brust und erstach den Jüngling. Der tödlich Verwundete versuchte einige Schritte zu fliehen. Ich war nahezu bei ihm. Dem Jüngling ging der Atem aus, und er stürzte zu Boden. Francesco stach immer wieder mit dem Dolch auf den am Boden Liegenden ein. So brachten sie den unschuldigen Jüngling um.“ Die Meuchelmörder stürzten sich, so schreibt Poliziano weiter, auch auf Lorenzo de Medici. Antonio Maffei habe ihn an der linken Schulter gehalten und auf seine Kehle gezielt. Lorenzo habe seinen Mantel um den linken Arm gewickelt und sein Schwert gezogen. Bernardo Bandini sei noch nicht zufrieden mit seiner Arbeit gewesen. Er eilte hinter Lorenzo her, der sich mit einigen wenigen Glücklichen in das in die Sakristei geflüchtet hatte.

Damnatio memoriae
Nach der Niederschlagung des Staatsstreichs übte Lorenzo, genannt der Prächtige, an den Attentätern und auch an unbeteiligten Personen blutige Rache. Die Leichen der Hingerichteten wurden geschändet und zur allgemeinen Abschreckung öffentlich zur Schau gestellt. Man malte von den Leichen auch Spottbilder an die Hauswände. Die Familie Pazzi verfiel der schon in der Antike geübten Damnatio memoriae, mit der das Andenken an sie getilgt wurde. Überall in Florenz wurden mit Hammer und Meißel das auf sie verweisende Delphin-Wappen und Inschriften getilgt. Nicht angetastet wurden in der Franziskaner-Kirche Santa Croce die Reliefs und Wappenschilder der Pazzi aus farbig glasierter Terrakotta. An den in der Ausstellung durch Medaillen vertretenen Papst Sixtus IV. aus der Familie Rovere konnten sich die Medici nicht wagen, obwohl er von Rom aus die Verschwörer unterstützt hatte. Der Chronist Stefano Infessura urteilte über ihn, er habe keine Liebe zu seinem Volk empfunden, sondern nur Wollust, Geiz, Prunksucht und Eitelkeit gekannt, und er habe zahllose Menschen in seinen Kriegen sterben lassen. Der Stifter der Sixtinischen Kapelle in Rom begünstigte die Pazzi-Verschwörer, die seiner Familie in Florenz Macht verschaffen sollten. Unter diesem Papst trieb der Nepotismus schlimme Blüten, denn er machte seine Neffen (Nepoten) zu Kardinälen, um seine Stellung in der Herrscherwelt von damals auszubauen. Dem Heiligen Vater konnten man nichts anhaben, er blieb außen vor und beobachtete von Rom aus die Dinge im fernen Florenz.

Flucht nach Konstantinopel
Unangreifbar war auch für Sultan Mehmet II. Fatih, zu dem der Messerstecher Bandini und weitere Verschwörer nach Konstantinopel geflohen waren. Der Sultan lieferte die Verschwörer an die Medici aus, die sie grausam hinrichten ließen. Lorenzo de Medici beauftragte Sandro Botticelli mit einem Gemälde, das seinen ermordeten Bruder mit halb geschlossenen Augen zeigt und unterstreicht, dass er unvergessen ist. Von sich ließ Lorenzo Büsten anfertigen und in Florenz und Assisi aufstellen, um zu zu zeigen, dass er die Macht in festen Händen hält.
Indem die Ausstellung im Bode-Museum zu einem Streifzug durch die ältere Münz- und Medaillengeschichte Italiens einlädt, macht sie neugierig auf weitere Zeugnisse der antiken, mittelalterlichen und neuzeitlichen Numismatik und auf Geschichten hinter ihnen.
Das Buch zur Ausstellung erschien im Battenberg Bayerland Verlag Regenstauf ein von Karsten Dahmen, Neville Rowley und Kay Usenbinz verfasstes, reich illustriertes Buch (125 Seiten, ISBN 978-3-866456-271-7, 35 Euro). Es schildert, wie in in der Handels- und Kunstmetropole Florenz die mit den Medici konkurrierenden Pazzi die Verschwörung von 1478 angezettelt haben und welchen Niederschlag dieses Ereignis in der Malerei, Skulptur und Numismatik hatte. Gezeigt werden Münzen und Medaillen aus dem 15. und 16. Jahrhundert und solche der Päpste. Zu erfahren ist auch, warum sich der Berliner Museumsdirektor und Renaissance-Spezialist Wilhelm von Bode und der Sammler und Mäzen James Simon so intensiv um italienische Kunstwerke aus dieser Zeit bemühten und was die Königlichen, ab 1918 Staatlichen Museen zu Berlin ihnen verdanken.
Der Ausstellung ist ein ähnlich großer Erfolg wie bei der voran gegangenen Dokumentation zum Thema Falschmünzerei und Münzfälschung zu wünschen. Sie regt an, anhand uralter Kunstwerke Geschichte und damit auch heutige Machenschaften in der Politik und Gesellschaft kritisch zu hinterfragen und sich über unser Woher und Wohin klar zu werden. Offensichtlich ist die Lernfähigkeit von uns Menschen unterentwickelt, denn sonst würde es heute nicht wieder blutige Kriege und selbstzerstörerische Konflikte wie zu Zeiten der Pazzi-Verschwörung, nur viel umfassender und gefährlicher geben.

26. Oktober 2025