Gut gemeint ist nicht immer gut
Warum in der Kaiserzeit manche Münzentwürfe verworfen wurden

Für den Fünfundzwanziger von 1909 wurden zahlreiche Entwürfe eingereicht, doch zur Massenprägung hat es nur die „jugendstilige“ Ausgabe geschafft.

Die Ausgabe des Bremer Fünf-Mark-Stücks von 1904 ohne Perlkreis ist selten und sehr teuer, 1906 kam die reguläre Münze heraus.

Von der bekannten Drei-Mark-Münze von 1915 auf die Zugehörigkeit der Grafschaft Mansfeld zu Preußen gibt es eine sehr teure Probe mit Frakturschrift.

Von der Norm weicht die Mark-Probe Zwei-Mark-Stück mit dem Motto „Einigkeit macht stark“ so sehr ab, dass es nicht ausgegeben wurde.

Die Goldmünzen der Weimarer Republik wurden nur probeweise geprägt und sind daher extrem selten und teuer. Mit Germania-Köpfen taten sich damalige Künstler schwer. Alle dem Reichskunstwart vorgelegten Proben und Modelle blieben auf der Strecke.

Diese Fünfziger von 1926 sehen gut aus, existieren aber nur als Probeabschläge.
Fotos: Caspar
Ausgesprochen reizvoll und immer für Überraschungen gut ist das Gebiet der Probemünzen, Abschläge auf abweichendem Metall oder andere nicht der Norm entsprechender Gepräge. Sie kommen regelmäßig in Auktionskatalogen und Händlerverzeichnissen vor, und wenn man sich mit ihnen befasst, erfährt man interessante numismatisch und kulturhistorisch aufschlussreiche Geschichten.
Für die Probemünzen des 1871 gegründeten Deutschen Reichs gibt es das ausgezeichnete Buch von Rudolf Schaaf aus dem Jahr 1979. Der Autor hat unzählige Stücke erfasst, die unsere Kenntnisse von der Münzprägung im deutschen Kaiserreich und der Zeit danach durch viele Motive und Abarten bereichern. Der Katalog berücksichtigt Stücke auch aus der frühen Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Da seither weitere Ausgaben bekannt wurden, wäre eine Aktualisierung dieses verdienstvollen Werkes nötig. Was vor der deutschen Reichseinigung von 1871 an einschlägigen Geprägen entstand und was auch das Ausland in dieser Hinsicht zu bieten hat, wartet noch auf seine systematische Aufarbeitung.
Auf der Strecke geblieben
Würde man die Münzgeschichte systematisch nach Stücken durchforsten, die auf der Strecke blieben, bekäme man eine stattliche Serie zusammen. Belege sind reichlich aus der deutschen Kaiserzeit sowie davor und danach überliefert. Sie unterstreichen das Bemühen, das Einerlei bei der Gestaltung des Hartgeldes und das Schema Kopf/Wappen zu überwinden. Dazu gab es um 1900 eine breite, von Künstlern und Sammlern getragene Bewegung, die mit Blick auf die Münzen etwa in Österreich, Frankreich oder den USA neue Formen und Motive bei den deutschen Kurs- und Gedenkmünzen forderte und tatsächlich einiges erreichte.
Um sich nicht auf wenig sachverständige Finanzbeamte verlassen zu müssen, wurde 1909 ein Preisausschreiben für ein vom Üblichen abweichendes Fünfundzwanzig-Pfennig-Stück veranstaltet. Was zahlreiche Künstler vorlegten, ist in Form von Probemünzen und Beschreibungen überliefert. Die eingereichten Münzbilder mit Adlern, Kronen, Pflanzen und anderen Motive fanden jedoch bei der Jury keine Gnade. Lediglich schaffte es ein „jugendstilig“ anmutendes 25-Pfennig-Stück in die Massenprägung, wurde aber von der Bevölkerung und dem Handel abgelehnt. Da es zu massenhafter Einschmelzung kam, sind die übrig gebliebenen Ausgaben heute gesuchte Raritäten.
Mühen um künstlerische Impulse
Nicht verwirklicht wurden Kurs- und Gedenkmünzen wie die Varianten für die Drei-Mark-Stücke zur Hundertjahrfeier der Universitäten Berlin (1910) und Breslau (1911) sowie zur Hundertjahrfeier der Befreiungskriege (1913) und der Angliederung der Grafschaft Mansfeld an Preußen (1915), um nur preußische Münzen zu erwähnen, denn auch in anderen Bundesstaaten, allen voran Bayern und Sachsen, mühte man sich, der Münzprägung neue künstlerische Impulse zu geben. Wenn das hier und dort gelang, war das eine löbliche Ausnahme, denn die meisten Groß- und Kleinmünzen der Kaiserzeit sind ausgesprochen konventionell, ja steril gestaltet.
Das sollten sie eigentlich nicht sein, denn auch unter Politikern und bei Numismatikern gab es Unmut über das Geld der Kaiserzeit, wie Diskussionen über die Drei- und Zwei-Mark-Stücke von 1913 zur Hundertjahrfeier der Befreiungskriege zeigen. Als sie mit dem reitenden König Friedrich Wilhelm III. bei der Verkündung seines Ausrufs „An Mein Volk“ auf der Vorderseite und dem preußischen Adler im Kampf gegen die „französische Schlange“ auf den Markt kamen, war die Begeisterung gering. Von Blechmarken und Kinderspielzeug ohne Kunstwert war die Rede.
Bremer Fünfer ohne Perlkranz
Manchmal schlüpften Modelle durch die Kontrollen, und so erregte ein Bremer Fünf-Mark-Stück von 1904 Aufsehen, auf dessen Wappenseite der obligatorische Perlkranz fehlt. Sammler bekamen von der Sache Wind, und auch die numismatischen Zeitschriften berichteten über den Fall. Die auf Vorrat geprägten Silberstücke wurden eingezogen und durch solche mit dem Perlrand ersetzt. Dennoch gelangten einige Exemplare ohne diesen in Sammlerhände, und wenn sie heute im Münzhandel angeboten werden, erzielen sie exorbitante Preise.
Wie probehalber angefertigte oder ausgesonderte Münzen den Weg aus den Prägeanstalten in Sammlerkreise und den Handel antreten konnten, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Sicher haben dabei gute Beziehungen von Sammlern zu Münzstätten und ihren meist schlecht bezahlten Mitarbeitern eine Rolle gespielt. Aus der Geschichte ist bekannt, dass es sich in Russland wohlhabende Münzfreunde mit guten „Verbindungen“ zu Münzdirektoren einiges kosten ließen, um in den Besitz nachgeprägter zu kommen.
Malerisch-bewegter Stil
Bemerkenswerte künstlerische und technische Impulse für die Erneuerung der Münz- und Medaillenkunst kamen aus Frankreich, Österreich und anderen Ländern, wo ein ungewohnter malerisch-bewegter Stil die vom Klassizismus geprägte starre Form, die die auf glänzendem Grund wie aufgeklebt wirkenden Bildnisse und allegorischen, meist antikisierenden Figuren überwand. Die 1915 unter dem Einfluss des Berliner Münzkabinettsdirektors Julius Menadier gegründete Gesellschaft „Freunde der deutschen Schaumünze“ mühte sich mit einer umfangreichen Edition von Medaillen um neue Inhalte und Formen, die allerdings stark von Ereignissen und Gestalten des Ersten Weltkriegs bestimmt waren.
Nach dem Sturz der Monarchie im November 1918 und der Gründung der Weimarer Republik wurden im republikanischen Deutschland neue staatliche Flaggen, Münzen und Medaillen, Geldscheine, Briefmarken, Siegel und ähnliches gebraucht. Die bisherigen Symbole Kronen, Zepter, Reichsapfel und Ordensketten hatten ausgedient. Es bestand großer Bedarf, die Republik auf neuartige Weise darzustellen. Hierzu Vorschläge zu unterbreiten, Wettbewerbe auszuschreiben, Künstler zu fördern, Geld bereitzustellen und Projekte auf den Weg zu bringen, war Aufgabe eines neuen Amtes, das beim Reichsinnenministerium angesiedelt und auch für „Großbauten des Reiches“ und offizielle Feiern im Berliner Reichstagsgebäude zuständig war.
Frei durch Vernunft
Von 1920 bis Februar 1933 war er Kunsthistoriker Edwin Redslob als Reichskunstwartes dafür zuständig. Die von ihm Förderpolitik bezog sich unter anderem auf „gediegenes neues Geld in hoher Qualität“ und richtete sich gegen „unverständliche“ Symbolik. Volkstümlichkeit im besten Sinne wurden angestrebt und manchmal auch erreicht. Auf wenig Gegenliebe stießen zahlreiche, dem Reichskunstwart vorgelegte Entwürfe mit dem Kopf der Germania, der Symbolgestalt der Deutschen. Obwohl es zahlreiche Probeprägungen dieser Art gibt, schaffte es kein einziges Modell bis zur Massenprägung. Redslob und andere befanden, die Bildnisse seien kalt und unglaubwürdig.
Viele Stücke sind Material- und Motivproben und deuten auf eine experimentierfreudige Zeit. So kommen die bekannten Drei-Mark-Münzen von 1922 aus Aluminium auch als Abschläge auf Silber-, Nickel- und Kupferronden pur oder mit verschiedenen Metallplattierungen vor. Für das Jahr 1922, in dem die Geldentwertung bereits stark vorangeschritten war, sind Fünf-Mark-Stücke aus aluminiumplattiertem Kupfer oder einer Nickel-Legierung überliefert, ja es gibt auch Jahr ein Tausend-Mark-Stück aus Aluminium beziehungsweise Silber mit dem Kopf von Friedrich Schiller und der seinem Gedicht „Die Künstler“ entnommenen Umschrift „Frei durch Vernunft, stark durch Gesetze“.
11. März 2025