Bitte nicht putzen – Münzen
und Medaillen mögen es nicht, wenn man ihnen Gewalt antut

Die Patina auf diesem Sesterz des Kaisers Nero aus dem
Jahr 65 nach Christus ist ein untrügliches Echtheits- und Altersmerkmal.

In der Ausstellung des Berliner Münzkabinetts im Bode-Museum kann man das numismatische Erbe aus zweieinhalb Jahrtausenden bewundern, hier ein bayerischer und ein sächsischer Taler, die für Halsschmuck verwendet wurden.

Man tut sich und der Numismatik keinen Gefallen, würde
man diese nachgemachte Römermünze aus Silber aus der Umrahmung nehmen. Besser
ist es, den Zustand so zu belassen, wie er ist.
Fotos: Caspar
Immer wieder ist lesen und zu hören, dass Menschen Münzen und Medaillen misshandeln und
entwerten, indem sie sie putzen und Henkel mit der Zange abkneifen. Sie tun das
in dem Glauben, den Stücken etwas Gutes anzutun. Jeder Münzsammler kennt das:
Man bekommt ein unansehnliches Geldstück, das so stark verschmutzt ist, dass
man ihm mit mehr oder weniger scharfen Putzmitteln zu Leibe rücken möchte. Doch
Halt – der Schaden wird bei der Prozedur größer sein als der Nutzen. Ich kenne
das Problem, habe selber in jungen Jahren, als ich mit dem Münzensammeln
begann, meine numismatischen Lieblinge geputzt, damit sie schön blank aussehen.
Erst später erfuhr ich, dass man das unterlassen soll.
Unlängst hörte ich von einem Fall, dass eine Frau
kostbare und teure Münzen ihres verstorbenen Mannes mit Putzwolle aus Metall
(!), mit der man sonst nur Pfannen und Töpfe bearbeitet, vor der Einsendung in
eine Auktion so schlimm bearbeitet hat, dass die Konturen verschwanden. Die
Münzen waren fast wertlos. Das muss für die die Frau, die es nur gut gemeint
hat, ein großer Schock gewesen sein. Mein Rat ist: „Finger weg, nichts
verändern, bloß nicht putzen und schmirgeln“.Wer sich unbedingt an numismatische
Kostbarkeiten wagt, sollte zuvor an billigen Objekten die Folgen seines
Eingriffs studieren.
Weder Silberbesteck noch Messinglampen
Münzen sind weder Silberbesteck noch Messinglampen. Beim Putzen
verschwinden feinste Reliefs und Details
auf Nimmerwiedersehen, und außerdem wird vor allem bei Stücken aus unedlem
Metall die Patina, die ja ein wichtiges Echtheits- und Altersmerkmal ist,
beseitigt. Wertverlust und letztlich wenig Freude an numismatischen
Hinterlassenschaften sind die Folge.. Schon Johann Wolfgang von Goethe, der ein
passionierter Münzen- und Medaillensammler und Kenner dieses Metiers war,
wusste um den Wert gealterter Oberflächen, denn er formulierte im „Faust“: „Das
ist es ja, was man begehrt / Der Rost macht erst die Münze wert“.
Was aber tun, wenn Silber-, Kupfer- und andere Münzen so stark
angelaufen und unansehnlich sind, dass ihr Anblick geradezu weh tut? Wie kann
man Zersetzungsprozesse aufhalten, und welche Mittel gibt es, den Sammelstücken
zu einem passablen Aussehen zu verhelfen? Rat gibt Wolfgang Mehlhausen,
Berliner Münzenhändler und bekannter Fachautor auf numismatischem Gebiet, in
seinem im Battenberg Bayerland Verlag Regenstauf erschienen „Handbuch zur
Münzenpflege“. Das in fünfter Auflage erschienene und reich illustrierte Buch
hat 173 Seiten und kostet 16,90 Euro (ISBN 3-924861-56-0).
Nach Hinweisen auf die Erhaltungsgrade von Münzen – zwischen gut und
Stempelglanz beziehungsweise Polierter Platte - befasst sich der Autor mit den
gängigsten Münzmetallen und ihren Legierungen, um sich dann mit dem Reinigen,
Säubern und Konservieren der Münzen sowie mit den sehr diffizilen und auch
umstrittenen Methoden zu beschäftigen, alte Geldstücke zu reparieren, etwa wenn
man Ösen entfernt, Löcher stopft, krumme Stücke gerade klopft oder sie gar
nachgraviert.
Metalle, die sich nicht vertragen
Wolfgang Mehlhausen will Sammlern die Furcht vor der Reinigung von
Münzen nehmen, und wer Freude am Experiment hat, könne das alles erlernen,
schreibt er und gibt zu bedenken, dass man aus
einem schwachen Erhaltungsgrad leider keinen besseren „zaubern“ kann,
denn was weg ist, ist weg. Man kann aber einiges tun, um stark verschmutzten
Stücken vorsichtig zu reinigen, und man sollte auch einige Regeln beachten,
untereinander nicht verträgliche Metalle voneinander zu trennen. Der Ratgeber
endet mit einer kleinen Chemikalienkunde und Hinweisen zum Aufbewahren von
Münzen. Hier diskutiert Mehlhausen Sinn und Unsinn von Münzverpackungen und
Münzalben. Wer originalverpackte Novitäten bekommt, sollte sie nicht aus der
Umhüllung nehmen, aber die Entscheidung liegt bei jedem von uns.
Ganz und gar ist vor der Entfernung von Henkeln abzuraten. Sie
wurden in alter Zeit angelötet, um die
Münzen oder Medaillen als Schmuck an Schützen- und Halsketten zu tragen. Sollte
das jemand es wirklich so sehr stören, sollten die Henkel fachmännisch von
einem Restaurator oder Juwelier entfernt werden. In Angeboten des Münzhandels
wird auf wertmindernde Henkelspuren hingewiesen. Da es auch leicht gebogene, in der Barockzeit auf dem
Taschenwerk hergestellte Münzen gibt, sollte man sie in diesem historischen
Zustand belassen und sie nicht mit dem Hammer gerade klopfen. Auch das kann nur
schaden. Auch alte Vergoldungen sollten respektiert werden.
29. August 2025