Aufgeschlagenes Geschichtsbuch
Rainer Albert legt Katalog der Münzen der Römischen Republik in dritter erweiterter Auflage mit aktuellen Bewertungen vor



Aus der Römischen Republik stammende Denare und weitere Münzen einschließlich des so genannten Schwergeldes aus der Zeit um 280 vor Christus hat Rainer Albert in seinem vorzüglich gestalteten und mit vielen Registern und münzgeschichtlichen Erläuterungen versehenen Katalog erfasst. Ein bärtiger Kopf des in die Vergangenheit und die Zukunft blickenden Gottes Janus schmückt die in Rom gegossene Aes-grave-Münze aus der um 241-217. Auf der Rückseite erkennt man den Bug eines Schiffes (Prora), was als Hinweis auf einen Seesieg der Römer über die Karthager 241 vor Christus gedeutet wird (Kat Albert Nr. 91).



Der Denar des Titus Carisius zeigt die Göttin Juno Moneta und Prägewerkzeuge (Albert Nr. 1435).



Die Ermordung des Julius Caesar war so spektakulär, dass Künstler ihn noch um 1800 fantasievoll ausgemalt haben.



Sehr selten ist der Denar des Caesar-Mörders Brutus (Nr. 1617), für den Liebhaberpreise verlangt werden.



Auf dem mit CAESAR gezeichneten Denar zertritt ein Elefant eine Schlange, auf der Rückseite sind von Priestern benutzte Zeremonialgeräte zu sehen. Der Elefant wird als Caesars Symbol gedeutet, der rigoros gegen seine Feinde vorgeht.



Der Denar mit der Inschrift ROMA stammt aus dem südlichen Italien (Albert Nr. 306).

Fotos/Repros: Caspar

Die Geschichte des Münzensammelns
reicht bis in die Renaissance zurück. Beliebt waren vor 600 Jahren weniger die Münzen des antiken Griechenlands, von denen man erst wenige kannte, sondern vielmehr die der Römer, vor allem der römischen Kaiser. Von ihnen wusste man in der Zeit der Rückbesinnung auf die klassische Antike das eine oder andere biographische Detail. Man kannte die Machtkämpfe und dass der eine Kaiser friedfertig und milde war (oder gewesen sein soll) und der andere als blutrünstiges Scheusal in die Geschichte einging. In fürstlichen Dynastien war es Usus, ihre Ahnengalerien bis in die Zeit des Römischen Reichs, manchmal sogar in ältere Perioden zurückzuführen. Mit den Jahrhunderten kamen zum Teil beträchtliche Münzschätze ans Tageslicht. Mit ihnen gewann die Numismatik neue Erkenntnisse über die Silber-, Gold- und Kupfermünzen der Römischen Republik und deren von Glanz und Elend sowie inneren Spannungen und Kriegen geprägte Geschichte. Über Ereignisse und Gestalten wurden gelehrte Abhandlungen verfasst, und auch bei den Münzen herrschte schon frühzeitig an dicken Büchern kein Mangel.

Kaiser und Kaiserlinge
Was vor den römischen Kaisern und Kaiserlingen geprägt wurde, um ein Wort der Verachtung von Johann Wolfgang von Goethe über blutbesudelte Despoten zu verwenden, geriet seit der Zeit der Aufklärung in den Blick der Forscher und Sammler, die oft beides in einer Person waren. Sie sorgten dafür, dass Licht in das Dunkel der antiken Münzgeschichte fiel und ergänzend zu den schriftlichen und gegenständlichen Quellen viel darüber bekannt wurde, wie erst gegossenes, dann aber massenhaft geprägtes Metall für den Götterkult, aber auch im Kampf führender Geschlechter um die Macht im Staat eingesetzt wurde. Als haltbares Medium auch in ferne Länder transportiert, erzählten sie vom Leben in der Römischen Republik und seit Kaiser Augustus im Römischen Reich und machten dessen Herrscher und manchmal auch deren Familienangehörige bekannt. Viele Münzen überliefern Namen, die sonst in Dokumenten und Inschriften kaum oder nicht vorkommen.

Leider wird in Geschichtsbüchern das kunstvoll mit Bildnissen, Götterfiguren, Tieren, Pflanzen, Bauwerken und anderen Motiven und zudem mit lateinischen Inschriften versehene Geld nur am Rande erwähnt, wenn überhaupt. Dass es mit vollen Händen für „Brot und Spiele“, Tempel und Paläste, Brücken, Häfen, Straßen und Wasserleitungen über lange Strecken und das Luxusleben derer ausgegeben wurde, die die Macht im Staate hatten, verdient seine Würdigung auch außerhalb der numismatischen Literatur. Die Wissenschaft und Publizistik sollten auf die gute Möglichkeit nicht verzichten, die Welt der Antike über ihre großartigen Zeugnisse der Kunst, Architektur und Kultur hinaus über ihr Geld zu erschließen und so auch junge Leute für unser Woher und Wohin zu interessieren.

Münzen zum Sprechen gebracht
Einer, der diese Münzen zum Sprechen bringt und an vielen Stellen die Gründe für ihre Ausgabe nennt, ist Rainer Albert. Dem bekannten Numismatiker und Chefredakteur des Numismatischen Nachrichtenblatts und der MünzenRevue verdanken wir das Buch „Die Münzen der Römischen Republik. Von den Anfängen bis zum Prinzipat (4. Jahrhundert v. Chr. bis 27 v. Chr.)“, das unlängst im Battenberg-Gietl Verlag Regenstauf in dritter Auflage erschienen ist. Es hat 328 Seiten und zahlreiche schwarz-weiße Fotos und kostet 39,90 Euro (ISBN 978-3-86646-239-79).

Gegenüber den ersten Auflagen hat der Verfasser weitere bekannt gewordene Münzen aufgenommen und ganz zum Schluss zur Abrundung auch die des so genannten Bundesgenossenkriegs von 91 bis 88 vor Christus angefügt. Die umfangreiche Literatur, auf die er sich stützt, ist im Anhang aufgelistet. Dort findet man auch die Konkordanzen zwischen den Nummern im Katalog von Michael H. Crawford (1974) und denen von Rainer Albert sowie eine Übersicht der in der Römischen Republik gebräuchlichen Münznominale vom Aes grave und As bis Uncia und Victoriat. Zu Beginn gibt der Verfasser Hinweise zur Benutzung des Katalogs und der Deutung der verwirrend vielen Namen, die auf den Münzen erscheinen, sowie zu ihrem Ausgabejahr. Als Orientierung sind für Münzhändler und Sammler die Preisangaben wichtig, die sich nach der Seltenheit und dem Erhaltungszustand richten und manchmal nur mit dem Kürzel LP für Liebhaberpreis genannt werden können. Dazu schreibt Albert, die in diesem Katalog angegebenen Preise für zwei Erhaltungsgrade sollten als „Spanne gesehen werden, in der sich der individuelle Preis bewegen kann.“

Bronze, Silber, Gold
Bei den Römern dominierte anfangs Bronze als Metallgeld, und so beginnt Alberts Buch mit den runden beziehungsweise rechteckigen Bronzebarren, die in zehn Wertstufen ausgegeben wurden. Viel schöner, viel praktischer und handlicher war das Silbergeld, das ab 211 in Form der Denare ausgegeben wurde. Anfangs wurden sie bei den griechischen Verbündeten der Römischen Republik in Unteritalien gefertigt. Um 269 vor Christus wurde die Produktion nach Rom in die Nähe des Tempels der Juno Moneta verlagert. Die ersten dort geprägten Silbermünzen ehren auf der Vorderseite den legendären Herkules und weisen auf der Rückseite auf die Legende, wonach die mythischen Zwillinge Romulus und Remus von einer Wölfin gesäugt wurden. Zahllose Geldstücke sind mit dem behelmten Kopf der Roma als Personifikation des römischen Staates und seiner Hauptstadt geschmückt. Ihre Macht wird durch einen geflügelten Helm unterstrichen.

Goldmünzen spielten in der Römischen Republik noch nicht die Rolle, die sie im Römischen Kaiserreich zur Begleichung bedeutender Beträge erhielten. Mit dem etwa ein halbes Jahrtausend lang geprägten Denar erschufen sich die Römer eine Silbermünze, die ein ausgesprochen interessantes Sammel- und Forschungsgebiet bildet. Rainer Albert führt sie der Reihe nach auf und kommentiert, wo es möglich ist, den Anlass ihrer Ausgabe. Das für die Herstellung der Münzen zuständige Dreimännerkollegium, lateinisch Tres viri monetales, bestimmte das Aussehen der Münzen und wie ihre eigenen Verdienste auf ihnen gerühmt werden.

Mittel der politischen Reklame
Vermutlich wüsste man von vielen Personen nichts, würden nicht Münzen ihre Namen überliefern. Sie dokumentieren Episoden der Familiengeschichte der zu den damaligen Eliten gehörenden Münzmeister und ihre vornehme Herkunft, machen also, klein wie sie sind, politische Reklame. Als Mittel der Auseinandersetzungen zwischen den führenden Parteien und Personen in der Römischen Republik genutzt, bekamen sie in den Machtkämpfen zwischen den Anhängern und Gegnern Julius Caesars und nach seiner Ermordung 44 vor Christus zwischen Markus Antonius und Octavian (dem späteren Kaiser Augustus) erhebliche Bedeutung als Propagandamittel, das die Menschen damals verstanden und heute aber erst erschlossen werden muss, was Rainer Albert auf verständliche Weise tut. Der berühmte Denar mit den zwei Dolchen erinnert dran, dass Brutus an den Iden des März das Vaterland von einem Alleinherrscher – Caesar - befreit hat, wie der Mitverschwörer Cassius, ein Schwager des Brutus, schrieb.

Die Angehörigen der führenden Familien in Rom setzten ihr Antlitz mit Bedacht n i c h t auf die Münzen, das tat erst Julius Caesar. Bis dahin war es Usus, dass Geldstücke auf diese Art der Verherrlichung verzichteten. Caesar leistete sich diesen Stilbruch, und seine Anmaßung und Machtgier hier und bei anderen Gelegenheiten wurde ihm zum Verhängnis. Seine Gegner verübelten ihm, mit der Tradition gebrochen zu haben und sich wie eine Art König über alle stellen zu wollen, indem er sein Bildnis an die Stelle setzte, die auf Münzen bevorzugt Gottheiten einnahmen. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass Brutus das gleiche tat, was man dem ermordeten Caesar vorwarf. Bei den Münzen der römischen Kaiserzeit nahm niemand mehr Anstoß, dass die jeweiligen Caesaren und ihre Familienangehörigen Münzen mit ihrem Bildnis schmückten.

Wegweiser in die Antike
Ergänzend sei hier auf einen Wegweiser von Florian Haymann hingewiesen, der 2024 im Battenberg Gietl Verlag Regenstauf in zweiter überarbeiteter Auflage erschien - „Antike Münzen sammeln – Einführung in die griechische und römische Numismatik, Exkurse zu keltischen und byzantinischen Münzen“ (171 Seiten, zahlreiche farbige Abb., ISBN 978-3-86646-248-9). Das Buch, das sich wie das von Rainer Albert an Antikensammler und solche, die es werden möchten, wendet, beginnt mit Hinweisen auf die Geschichte der Numismatik und des Münzensammelns und die Entwicklung von Preisen und Prioritäten früher und heute, um dann auf die Metallgewinnung, Metallverarbeitung und Prägetechnik in antiker Zeit einzugehen.

Der Verfasser gibt nicht nur Hinweise für den Kauf und Verkauf von Antiken und worauf man bei ihrer Bewertung achten sollte, also Erhaltung, Patina, Sauberkeit der Prägeweise, Beschädigungen und so weiter. Er rät, gewisse Moden, die kommen und gehen, nicht mitzumachen, also nicht teures Geld auszugeben, nur weil das konkurrierende Sammler tun oder weil ein bestimmtes Thema gerade en vogue ist. Um an antiken Münzen Freude zu haben, rät Haymann, sich sogenannten Randgebieten zuzuwenden und lieber weniger, aber dafür gut zu kaufen, denn auch in diesem Bereich gilt „Viel hilft nicht viel.“ Weiter geht es zu Themen wie Erhaltungsgrade, Fälschungen und Manipulationen und das vor allem bei den alten Römern so wichtige Thema der Paduaner, die in der Renaissance gefertigt und heute als eigenständige Schöpfungen italienischer Stempelschneidekunst gut bewertet und bezahlt werden. Bei Angeboten z. B. im Internet sollte man sich nicht auf Fotos und Beschreibungen verlassen, sondern danach trachten, die Stücke von allen Seiten zu betrachten. Plastikbehälter mit Echtheitszertifikat, die so genannten Slabs, bieten keine absolute Garantie, denn auch sie können, wie vieles andere, gefälscht werden. Teure und seltene Stücke sollte man nur bei Mitgliedern eines Händlerverbandes kaufen, die für die Echtheit ihrer Stücke einstehen und bei begründetem Zweifel Fälschungen zurücknehmen.

2. Januar 2025