Kupfer statt Silber - Schwedens Talerplatten setzten sich nicht durch, viele wurden eingeschmolzen



Die vor einiger Zeit im Berliner Münzkabinett ausgestellten Kupferplatten und kleine Werte aus Schweden sind über jeden Zweifel erhaben. Dort und an anderer Stelle kann man die Echtheit von Münzen und Medaillen überprüfen lassen. Die mit Unterschriften und einem Siegel versehenen Credytif-Zedel wurden ausgegeben, um den Geldverkehr in Schweden zu erleichtern. Fälschungssicher waren Drucke nicht, und auch wenig vertrauenserweckend.



Bo Thoren hat in den 1970er Jahren die Herstellung der Talerplatten und daneben die Arbeit mit der Spindelpresse sowie weitere Tätigkeiten in Münzschmieden auf Medaille dargestellt.



Die Grafik aus der Barockzeit zeigt, wie die Plattenmünzen mit menschlicher Kraft hergestellt wurden.



Der Stich zeigt Karl XII. und seinen Finanzmanager Görtz. Dessen „Göttermünzen“ sind mit antiken Göttern sowie Sprüche wie „Wissen und Waffen“ oder „Schnell und fertig“ geschmückt.



An den gewalzten beziehungsweise mit Hammerschlägen lang, breit und dünn ausgeschlagenen Metallstücken kann man gut erkennen, wie sie zu Geld gemacht wurden. Die Platte zu einem halben Daler (Taler) stammt aus dem Jahr 1715, das gekrönte Monogramm weist auf Karl XII. Das kupferreiche Schweden prägte auch kleine Werte aus diesem Metall, hier ein unter Königin Christina gefertigte Ein-Öre-Stück von 1651.



Die Hanse- und Hafenstadt Wismar ließ 1715 aus Kanonenbronze Belagerungsklippen zu 16 Schilling fertigen. Die 1727 im russischen Jekaterinenburg hergestellten Kupferplatten vom Rubel- und Halbrubel bis zur Kopeke erwiesen als zu teuer und unpraktisch, weshalb der Plan, das im Land vorhandene Kupfer für kleine Werte zu nutzen, aufging.
Fotos/Repros: Caspar

Vor 300 Jahren leistete sich Schweden den Luxus,
statt des üblichen Silbergeldes kiloschwere Kupferplatten herzustellen. Das kupferreiche, aber edelmetallarme Schweden machte mit den „Platmynt“ aus der Not eine Tugend. Insgesamt mussten die Platmynt fünfmal geprägt werden, um aus ihnen Geld zu machen. Dazu brauchten die Münzarbeiter Scheren und Feilen sowie einen Mechanismus, der ein schweres Gewicht auf die gravierten Stempel fallen ließ. Die Prägegeräte wurden mit Wasser- oder Pferdekraft, aber auch von Menschen bewegt. Man walzte Kupferblech, beschnitt es mit Scheren und schlug an den Ecken und in der Mitte Prägestempel ein. Dass die kupfernen Ungetüme den gleichen Wert wie Silbermünzen besitzen, zeigt die in der Mitte eingeprägte Bezeichnung „Silf:Mynt“. Der König verewigte sich durch sein in den Ecken angebrachtes Monogramm samt Krone. Als Transportmittel waren Karren oder Schlitten im Einsatz, man trug kleine Summen in Rucksäcken und setzte Träger ein. Vermögende Leute bewahrten die blechförmigen Barren im Keller auf, denn man wollte den Einsturz von Fußböden und Decken nicht riskieren.

Papiergeld als Ersatz
Natürlich hatten die Talerplatten einen Haken, denn wenn das rote Metall als Äquivalent für Gold- und Silbermünzen anerkannt werden sollte, mussten die Kupferplatten weitaus schwerer und daher auch größer als das Edelmetallgeld sein. Die in Avesta und an anderen Orten gefertigten Platten waren äußerst unpraktisch. Der Transport größerer Beträge war teuer und langwierig. Um Zahlungen zu erleichtern, wurden daher schon bald sogenannte Credytif-Zedel als Ersatz ausgegeben. Die1661 erstmals emittierten Zettel mit gedruckten Erklärungen sowie Unterschriften und Stempeln gelten als die ältesten europäischen Banknoten. Von ihnen haben sich nur wenige Originale erhalten. Vorangegangen waren in China ebenfalls bedruckte und hochformatige Geldscheine, die wie die „alten Schweden“ sehr fragil , selten und teuer sind.
Von den zwischen 1643 und 1776 in großen Mengen hergestellten Kupferplatten sind die meisten als Rohstoff wieder eingeschmolzen worden. Besondere Monster waren die unter der Regentschaft von Königin Christine, der Tochter des 1632 in Lützen bei Leipzig gefallenen Königs Gustav Adolf, gefertigten Zehntalerstücke mit einem Gewicht von 19,75 Kilogramm. Von ursprünglich 26 000 Exemplaren haben nur sieben die Zeiten überdauert. Zu diesen Stücken kommen Werte zu acht, vier, zwei, einem und einem halben Taler. Mit den Jahren wurden die Emissionen immer leichter. Wog eine Eintalerplatte zu Beginn des 18. Jahrhunderts 1,1 Kilogramm, so erreichte sie 1726 nur noch 735 Gramm.

Begehrter Rohstoff
Gegen Ende des 18. Jahrhundert gab Schweden die Emission auf, dies auch deshalb, weil die Platten ins Ausland abwanderten und dort als begehrter Rohstoff für andere Zwecke verarbeitet wurden. Der Berliner Bildhauer Johann Gottfried Schadow berichtete in seinen Lebenserinnerungen, dass er für den Guss des von ihm geschaffenen Blücherdenkmals in Rostock 5000 russische Kopekenstücke beschafft hat, um sie einschmelzen zu lassen. Wie viele Kupfermünzen in Glocken und Kanonen stecken, kann nicht gesagt werden.
In der Regierungszeit des 1718 am Ende des Nordischen Kriegs gefallenen Königs Karl XII. Versuche, die Talerplatten, da sie aus wertvollem Buntmetall bestanden, das man auch zu Kanonen machen konnte, aus dem Verkehr zu ziehen. Der aus Deutschland stammende Politiker und Diplomat Georg Heinrich von Schlitz, genannt von Görtz, ließ zwischen 1715 bis 1718 groschengroße Kreditmünzen aus Kupfer prägen. Ohne Minister zu sein, erlangte Görtz fast unbeschränkte Macht. Für Karl XII. erschloss er immer neue Quellen für die Finanzierung des Nordischen Kriegs um die Vorherrschaft im Ostseeraum zwischen Schweden, Russland, Sachsen-Polen und Dänemark-Norwegen.
Görtz presste das Land aus und ließ die nach ihm benannten Taler prägen. Die zehn Münzzeichen, wie man sie nannte, suggerieren mit der „1 Daler Silf:Mynt“, dass die Kupferstücke den Wert eines Silbertalers beziehungsweise einer 756 Gramm schweren Kupferplatte haben und irgendwann gegen Silber eingewechselt werden können. Zwar wurde dieses Ersatzgeld sorgfältig geprägt, um Fälschungen vorzubeugen, aber es kam in der Bevölkerung nicht gut an.

Görtz als Sündenbock
Von den Kupfermünzen sollen 40 Millionen Stück geprägt worden sein, doch nur die Hälfte konnte eingelöst werden. Dem Baron von Görtz schlug die Wut des um sein Geld gebrachten Volks entgegen. Nach dem überraschenden Heldentod, wie man sagte, von Karl XII. bei der Belagerung von Frederikshald wendete sich das Blatt. Görtz wurde in einem Prozess zum Tode verurteilt und im Februar 1719 hingerichtet. Wieder einmal war ein Sündenbock gefunden. Der nach dem Karl XII. zeitweilig mächtigste Mann in Schweden wurde später rehabilitiert, denn man erinnerte sich, dass er nur dessen Befehle ausgeführt hatte. Die Erben des Hingerichteten erhielten die eingezogenen Güter zurück, und König Gustav III. zahlte ihnen sogar eine hohe Entschädigungssumme. Die Görtz`schen Nottaler liefen eine Zeitlang noch als Ein-Öre-Stücke um, worauf auch Abnutzungsspuren deuten. Sehr gut erhaltene Exemplare tauchen relativ selten auf und werden daher von Sammlern gut bezahlt.
Auch Russland, vor über 300 Jahren Schwedens schärfster Konkurrent im Ostseeraum, hat versucht, seine Kupfervorkommen zu vermarkten. In Jekaterinenburg wurde nach dem Tod Peters des Großen (1725) das Erz in schwergewichtige Rubel und Kopeken verwandelt. Aus einem Pud Kupfer (16,38 Kilogramm) hat man zehn Rubel gewonnen. Offenbar hat sich die Mühe nicht gelohnt, denn die Emission wurde schon bald wieder eingestellt. Die Herstellung der russischen „Plita-Platten“ folgte dem schwedischen Vorbild. Auch hier hat man fünfmal Prägestempel eingeschlagen - die Nominalbezeichnung in der Mitte und viermal der russische Doppeladler in den Ecken. Die Produktion der unhandlichen Rubelplatten sowie kleinerer Nominale (Halbrubel, 10, 5 und 1 Kopeke) hat sich nicht bewährt und wurde bald eingestellt.

Augen auf beim Münzenkauf
Die quadratischen Originale sind große numismatische Raritäten. Von ihnen gibt es im 19. Jahrhundert angefertigte Nachprägungen, die so genannten Novodely, die der Münzhandel als solche ausweist. Bei Kaufangeboten etwa im Internet ist eine genaue Prüfung nötig, solchen aus dem seriösen Münzhandel und aus alten Sammlungen kann man trauen. Hier wie bei anderen Offerten gilt der auch an dieser Stelle immer wieder betonte Grundsatz „Augen auf beim Münzenkauf“. Erwähnt sei, dass auch andere Länder schwergewichtige Plattenmünzen herausgegeben haben. Regionale Bedeutung hatten Ausgaben, die bei Belagerungen als Geldersatz fungierten. So gibt es sehr seltene Belagerungsklippen der Stadt Wismar aus dem Jahre 1715, die auf Veranlassung des städtischen Magistrats aus dem Metall alter Kanonen gegossen wurden und den Gegenwert von 8 und 4 Mark sowie 32, 16, 8 und 4 Schilling besaßen. In den Ecken ist die Jahreszahl eingepunzt, während in der Mitte die Wertangabe wie „16 Schill. Wism:“ unter dem Wappen der Stadt eingeschlagen ist. Kenner gehen davon aus, dass nur wenige Originale die sich anschließenden Kriege und Katastrophen überstanden haben. Nachdem das Thema von Münzsammlern entdeckt wurde, kamen Fälschungen auch von diesen Raritäten auf den Markt. Deshalb sei auch hier bei Angeboten zu großer Vorsicht und Konsultation mit Fachleuten geraten, die die Frage „Alt oder neu, echt oder falsch“ kompetent beantworten können.

6. November 2025