Pergamonmuseum als Baustelle
In zwei Jahren werden der Altarsaal und das Museum für Islamische Kunst in neuer Pracht eröffnet

Das Modell zeigt, wie das nach Plänen von Alfred Messel erbaute und 1930 eröffnete Pergamonmuseum geplant war. Die Eingangssituation und der vierte Trakt in der Mitte werden jetzt angefügt.

Der Altarsaal und der Saal der Hellenistischen Architektur sowie der Nordflügel des Pergamonmuseums mit der neuen Dauerausstellung des Museums für Islamische Kunst sind ab 2027 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Fotos zeigen den Altarsaal und das Markttor von Milet vor der Schließung, und so ähnlich wird es dann wieder aussehen.

Das Ischtar-Tor war eines der Stadttore von Babylon und gehört mit der Prozessionsstraße mit Löwen und Fabeltieren zu den Highlights des Pergamonmuseums. Unter der Herrschaft von Nebukadnezar II.(605–562 v. Chr.) errichtet, wurden die Trümmer um 1900 geborgen. Der Nachbau war seit 1930 im Vorderasiatischen Museum zu sehen, das im Pergamonmuseum untergebracht ist.

Die über fünf Meter hohe Fassade des Mschatta-Palastes im heutigen Jordanien zeigt Fabelwesen und Tiere in paradiesischen Gärten und verbindet Elemente aus der römisch-byzantinischen Spätantike mit der persischen Kultur und Kunst.

vergrößerte Detailansicht

Furchterregende Skulpturen wie der Tempelwächter aus Stein können bald wieder bewundert werden.
Fotos: Caspar
Teile des seit einigen Jahren wegen Bauarbeiten geschlossenen Pergamonmuseums auf der Berliner Museumsinsel werden im Frühjahr 2027 wieder eröffnet. Schätze der Antikensammlung und des Museums für Islamische Kunst sind dann im Nordflügel und im Mittelbau des 1930 eröffneten Hauses am Kupfergraben zu sehen. Während in einigen Sälen noch Bauarbeiten durchgeführt werden müssen, werden in anderen Räumen schon die antiken Museumsstücke aufgestellt. Andreas Scholl, der Direktor der Antikensammlung, erklärt, es sei in den Architektursälen der Antikensammlung unglaublich viel passiert, aber das meiste sei auf den ersten Blick nicht zu sehen. Alle Maßnahmen seien darauf ausgerichtet gewesen, „das denkmalgeschützte Ensemble zu erhalten und die Inszenierung der historischen Ausstellung zu bewahren. Veränderungen haben wir daher nur äußerst behutsam vorgenommen.“ Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, erklärt beim Rundgang: „Die Zeit bis 2027 ist jetzt nicht mehr lang und die Vorfreude wächst. Wir zeigen einen beträchtlichen Teil des Pergamonmuseums in völlig verändertem Gewand, und zwar den Nordflügel mit dem Museum für Islamische Kunst auf nun doppelter Fläche so großzügig wie nie, dazu den Pergamonaltar in neuer alter Pracht.“
Behutsame Restaurierung
Die Räume der Antikensammlung wurden im Wesentlichen auf den historischen Zustand zurückgeführt und behutsam restauriert. Lichtdecke und Glasdach wurden vollständig erneuert und durch neue Dachtragwerke gesichert. Noch in diesem Jahr werden im Altarsaal weibliche Gewandstatuen von der Altarterrasse und die Dachaufsatzfiguren des Pergamonaltars aufgestellt, es folgen die Reliefs des Telephosfrieses. Im Telephos-Saal wird derzeit das Hephaistion-Mosaik verlegt. Damit kehrt der Fußbodenbelag aus den Königspalästen von Pergamon an den Ort zurück, an dem er bereits 1930 gezeigt wurde. Von 1959 bis 2012 war das farbenprächtige Mosaik im Saal der Hellenistischen Architektur zu sehen. Dieser wird durch die Umgestaltung wieder in seiner ursprünglichen Anmutung als weite Platzanlage erlebbar.
Während der Südflügel des Pergamonmuseums instandgesetzt wird, bauen die Staatlichen Museen einen vierter Flügel neu und richten die Fußgängerbrücke über den Kupfergraben sowie die Außenanlagen her. Der Zugang zum Pergamonmuseum erfolgt ab 2027 über die Kolonnaden auf der Museumsinsel, da der Ehrenhof bis zum Abschluss der Maßnahmen als Baueinrichtungsfläche benötigt wird. Kassen- und Garderobenbereiche sowie Toiletten und Museumsshop werden unterhalb des Altarsaales eingerichtet. Im Altarsaal und dem Saal mit dem Markttor von Milet und den anderen Zeugnissen der Hellenistischen Architektur sind bereits zahlreiche Objekte der Antikensammlung restauriert und stehen an ihren Plätzen. Der Pergamonaltar zeigt sich bereits ohne Gerüst, allerdings werden noch die Stufen der Freitreppe restauriert. Vor dem Altar sind Fassadenelemente der Mschatta-Fassade zwischengelagert. Sie werden im den Nordflügel vor einer vorgefertigten Unterkonstruktion nach und nach bis Ende 2025 aufgebaut.
Ausstellungsfläche wurde verdoppelt
Das Museums für Islamische Kunst zeigt Skulpturen, Keramiken, Textilien und andere Hinterlassenschaften und zieht mit ihnen Linien zur klassischen Antike und zur Kunst, Kultur und Geschichte des alten China. Der Sammlung stehen für ihre neue Dauerausstellung im im Nordflügel zwei Etagen zur Verfügung. Damit hat sich die Ausstellung verdoppelt. Entsprechend größer ist die Zahl der gezeigten Objekte, von denen viele zum erstenmal ausgestellt werden. Dazu erklärt Stefan Weber, der Direktor des Museums für Islamische Kunst: „Objekte, Themen und Geschichten werden in den 24 Ausstellungsräumen auf neue Weise zugänglich gemacht. Bereits im Einführungsraum hinter dem Hellenistischen Saal versuchen wir einen Spagat zwischen Spätantike und Gegenwart. Erinnert sei, dass vor über hundert Jahren die Berliner Forschung und Museologie mit dem Konzept‚ Islam gemeinsam mit der Antike zu sehen, international bahnbrechend war.“
Eines der Highlights des Museums für Islamische Kunst im Pergamonmuseum ist die Mschatta-Fassade. Sie gelangte 1903 als Geschenk des osmanischen Sultans Abdülhamid II. an Kaiser Wilhelm II. nach Berlin. In der Fassade sind 425 originale Steine sowie 102 Kunststeine verbaut. Diese Blöcke mit einem Gesamtgewicht von 126 Tonnen wurden Stein für Stein vom Unterbau abgenommen. Bei der Reinigung und Restaurierung hat man unhistorische Mörtelreste, Zementschlämme, Klebematerialien und Oberflächenauflagerungen entfernt. Jeder Stein ist durch Kippanker aus Edelstahl in der Betonwand verankert. Wenn die Fassade wieder steht, werden Fugen geschlossen, Ergänzungen nachgearbeitet und gegebenenfalls auch Retuschen vorgenommen. Leitbild der Neuaufstellung ist der Zustand bei der Auffindung der Fassade im Jahr 1903. Jetzt wird das symmetrische Erscheinungsbild wiederhergestellt. Da der fehlende rechte Teil mit Kunststein ergänzt wird, erhält die Fassade ihre ursprüngliche Breite von 45 Metern.
Weltberühmtes Siegesmonument
Bereits zur Zeit der Entdeckung der ersten Stücke vom Pergamonaltar nach 1878 wurde spekuliert, ob es sich bei den nach Berlin geschickten und dort im Museum provisorisch aufgestellten Relikten um solche des zu den antiken Weltwundern gerechneten Pergamonaltars handelt. Der Direktor der Skulpturensammlung, Alexander Conze, bat den Ausgräber Carl Humann weiter zu graben und die Stücke nach Berlin zu schicken. Humann konnte die Preziosen seiner in drei Kampagnen zwischen 1878 und 1886 veranstalteten Grabungen ungestört ausführen. Die von ihm und weiteren Spezialisten freigelegten Funde von Pergamon stammen von einem Siegesmonument, das der pergamenische Königs Eumenes II. (197-159 vor Christus) zur Erinnerung an seinen Kampf gegen die Galather errichten ließ. Dargestellt ist in dramatischen Szenen das Ringen der Götter und mit furchterregenden Giganten. Solche Szenen, die die Auseinandersetzungen zwischen Göttern und Menschen um die Herrschaft auf der Erde symbolisieren, waren im alten Griechenland beliebt und verbreitet.
Als die Platten aus Pergamon erstmals im Alten Museum auf der Berliner Museumsinsel gezeigt wurden, erregten sie großes Aufsehen. Bald wurde klar, dass die großartigen Reliefs ein eigenes Museum benötigen. Von 1901 bis 1908 hat man sie in einem eher bescheidenen und schnell baufällig gewordenen Haus auf der Museumsinsel aufgestellt. Nach seinem Abriss wurde von 1910 bis 1930 nach Plänen von Alfred Messel das heutige Pergamonmuseum erbaut. Hier konnten die Reliefteile in einem riesigen Saal mit steil ansteigender Treppe ihrer Bedeutung angemessen präsentiert werden.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Götter- und Gigantenfries sicherheitshalber abgebaut und eingelagert. Die Rote Armee nahm ihn als „Beutekunst“ in die Sowjetunion mit. 1958 wurden die schweren Kisten der DDR übergeben. Die Vereinigung der Staatlichen Museen (1990) ermöglichte eine umfassende Bestandsaufnahme der Schäden sowie die Reinigung und Konservierung des empfindlichen Kunstwerks, das eindeutig „der“ Besuchermagnet auf der Berliner Museumsinsel ist.
13. Februar 2025