Feldmarschall jetzt im Schloss - Vom Soldatenkönig „in tormentis“ gemaltes Porträt in Königs Wusterhausen zu sehen

Das unter Schmerzen gemaltes Selbstporträt unterscheidet sich klar von den Gemälden und Grafiken, die professionelle Künstler vom Soldatenkönig geschaffen haben.

Große Kunst ist das nicht, was den Grafen Barfus darstellen soll, aber das Gemälde ist ein interessantes Zeugnis königlichen Kunstschaffens. Bei den „Langen Kerls“ dürften Hofmaler Hand angelegt haben.

Der übergewichtige und kranke Monarch kopierte seine Gemälde im Schloss Kossenblatt nach hochwertigen Vorlagen und signierte sie mit F. W. P. (pinxit, hat gemalt) oder „In tormentis pinxit“ (Unter Schmerzen gemalt) und einer Jahreszahl. An Landschaften und Stillleben wagte sich der königliche Dilettant nicht.

Im Schloss Königs Wusterhausen hängen Bilder des Soldatenkönigs neben solchen wirklicher Künstler. Das von Antoine Pesne geschaffene Bild stellt Kronprinz Friedrich (II.) und seine Brüder dar.

In Berlin-Neukölln, unweit des Rosa-Luxemburg-Platz und in der Spandauer Zitadelle erinnern Denkmäler an Friedrich Wilhelm I., der am 31. Mai 1740 in Potsdam mit nur 52 Jahren starb.

Das dem Hofmaler Georg Lisiewski zugeschriebene „Tabakskollegium“ mit Friedrich Wilhelm I. im Vordergrund und zwei winzigen Prinzen an der Seite ist von abstoßender Hässlichkeit und könnte auch ein Werk des Soldatenkönigs sein.

Im Schloss Königs Wusterhausen verspotten Holzschnitzereien den mit einem Bären ringenden, zum Hofnarren degradierten Gelehrten und Akademiepräsidenten Paul von Gundling und seinen saufenden Kontrahenten David Fassmann.
Fotos/Repros: Caspar
Preußens Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. (reg. 1713-1740) pflegte einen fast freundschaftlich zu nennenden Ton mit seinen Feldmarschällen und anderen militärischen Haudegen. Wenn er sie in sein Jagdschloss Wusterhausen (heute Königs Wusterhausen bei Berlin) zum bierseligen Tabakskollegium lud, verzichtete er auf alle höfischen Etikette, da war er nur als Oberst Friedrich Wilhelm Gleicher unter Gleichen. Bei den Schmausereien und Saufereien ging es deftig zu, da wurden auch schon mal Hofnarren gequält und gedemütigt. Die hochadlige Runde tauchte aber auch Neuigkeiten aus Preußen und der Welt aus und erdachte neue Befehle und Edikte, nach denen sich die Untertanen zu richten hatten, wie die Schlussformel auf den umständlich-bürokratisch formulierten Erlassen lautete.
Leben im Legendennebel
Des Soldatenkönigs Leben ist von einem kaum durchschaubaren Legendennebel umgeben. Der ganz aufs Militär ausgerichtete Herrscher wird als Zucht- und Drillmeister ohne Sinn für Kultur, Kunst und Wissenschaft geschildert, dessen größtes Vergnügen das Sammeln hochgewachsener Rekruten, der so genannten Langen Kerls, und das Schießen auf wilde Tiere war. Man nannte ihn auf der einen Seite „Unteroffizier auf dem Königsthron“ (französisch Roi sergeant), prügelsüchtigen Despoten und unnachsichtigen Familientyrannen. Auf der anderen Seiten rechnete man ihm tiefe Religiosität und Gottesfurcht und Sorge um das Wohl und Wehe seiner Familie und seiner Untertanen an.Man hat von Friedrich Wilhelm I. das Bild eines treusorgenden „Vaters“ gemalt, um den Titel eines berühmten Romans von Jochen Klepper aus dem Jahr 1937 zu erwähnen. Theodor Fontane lässt den Pastor Lorenzen im „Stechlin“ über ihn sagen, er sei ein nicht genug zu preisender Mann gewesen, der „seiner Zeit wunderbar angepasst und ihr zugleich voraus“ war und einer, der „nicht bloß das Königtum stabiliert [hat], er hat auch, was viel wichtiger, die Fundamente für eine neue Zeit geschaffen und an die Stelle von Zerfahrenheit, selbstischer Vielherrschaft und Willkür Ordnung und Gerechtigkeit gesetzt. Gerechtigkeit, das war sein bester ,Rocher de bronce'", das heißt ein ehener Fels.“
Im Unterschied zum Bild vom launischen, mürrischen und in sich gekehrten Soldatenkönig war dieser ein durchaus geselliger Mensch, der sich am wohlsten in seinem Tabakskollegium fühlte und dort einen ungezwungenen Umgangston jenseits des üblichen Hofzeremoniells und Untertanengeistes pflegte. Friedrich II., der Sohn und Nachfolger des Soldatenkönigs, hatte an diese Zusammenkünfte unangenehme Erinnerungen, und er mied das alte Jagdschloss, in dem die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ein sehenswertes Museum mit Möbeln, Keramiken und Gemälden aus der Zeit des Soldatenkönigs eingerichtet hat. Dort wurde unlängst das von Friedrich Wilhelm I. gemalte Porträt des Generalfeldmarschalls Johann (Hans) Albrecht Graf von Barfus (1634-1704) in die Galerie jener Bilder eingereiht, die der königliche Dilettant wohl auch mit Hilfe professioneller Hofmaler angefertigt hat.
Entspannung mit Pinsel und Palette
Friedrich Wilhelm I. wandte sich in seinen letzten Lebensjahren der Malerei zu. Mit Pinsel und Palette konnte er sich entspannen und seine Schmerzen an Gicht und Wassersucht ein wenig vergessen. Sich selber bezeichnete der König selbstkritisch als „Kleck Maler“. Theodor Fontane fand in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ freundliche Worte, als er schrieb: „Das Mildeste, was man von ihnen sagen kann, ist: sie verleugnen die Stunde ihres Ursprungs nicht. Freilich haben auch sie ihre Verehrer gefunden. Einige unbedingte Friedrich-Wilhelm-Bewunderer haben die ganze Frage auf das Gebiet der Energie gespielt und von diesem Standpunkt aus mit einem gewissen Rechte gesagt: ,So malte ein Mann, der nicht malen konnte. Und so malte er unter Schmerzen und – jeden Tag ein Bild.' Vor diesem Räsonnement verneigt sich die Kritik.(...) So hässlich die Bilder sind und so unfähig, ein künstlerisches Wohlgefallen zu wecken, so wecken sie doch immerhin ein gewisses künstlerisches Interesse. Der Hang zum Charakteristischen ist unverkennbar.“
Der König kopierte historische Gemälde, die in seinen Schlössern hingen. Etwa 80 Bilder sind bekannt. Etwa die Hälfte zeigt die Schlösserstiftung im Schloss Königs Wusterhausen. Gemalt wurden sie nicht in der königlichen Nebenresidenz Wusterhausen, sondern im Jagdschloss Kossenblatt südlich von Berlin.Friedrich Wilhelm I. verbrachte hier zwischen 1736 und 1738 mehrere Wochen im Jahr. 1736 schuf er offenbar unter Verwendung einer vor 1702 entstandenen Porträtgrafik das farbige Bildnis von Hans Albrecht von Barfus, des früheren Besitzers von Kossenblatt. Er hatte dem Großvater des Königs, Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, in mehreren Kriegen gedient und war 1685 zum Gouverneur von Spandau ernannt worden. Er tat sich als Feldherr in den Kriegen gegen die Osmanen hervor und genoss am Berliner Hof großes Ansehen.
Mann mit großem, kräftigem Körperbau
Theodor Fontane beschreibt den Grafen Barfus als Mann mit „großem, kräftigem Körperbau, über sechs Fuß hoch [fast 1,90 m] und durchaus militärisch in Haltung und Auftreten. Selbst stattlich, legte er auch Gewicht auf Stattlichkeit, und lange bevor König Friedrich Wilhelm I. seine Riesengarde in‘s Leben rief, verriet Hans Albrecht eine entschiedene Neigung, hünenhafte Leute, besonders Offiziere, in den preußischen Dienst zu ziehen. Es waren dies die ersten Anfänge der später so notorisch gewordenen ,blauen Kinder‘ von Potsdam.'“ Es mochte auch mehr als Zufall gewesen sein, „dass das einzige größere Bildnis, das von unserem Hans Albrecht existiert, vom ,Soldatenkönig‘ selber gemalt wurde.“
Das Gesicht des Feldmarschalls wirkt mit seinem strengen Blick abstoßend, ansonsten aber ist alles korrekt zu erkennen, was einen preußischen Befehlshaber der Barockzeit auszeichnete – Perücke und eiserne Rüstung, Feldherrnstab und Helm mit Federbusch und die Insignien des Schwarzen Adlerordens. Mit den anderen Bildern des Königs befand sich das Porträt des Generalfeldmarschalls bis in die 1820er Jahre auf Schloss Kossenblatt, wurde jedoch 1827 in die Feldherrengalerie des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg aufgenommen, die im Potsdamer Stadtschloss eingerichtet war, wo es bis ins 20. Jahrhundert blieb. 1926 wurde das Bild im Zuge der Vermögensauseinandersetzungen zwischen dem Staat und dem vormals regierenden Königshaus an die Familie Hohenzollern abgegeben und 1948 von dieser verkauft. Seitdem befand es sich in Privatbesitz. Vor einigen Jahren konnte der gemalte Feldmarschall einer Auktion von der Preußischen Schlösserstiftung zurückerworben werden und kann nun nach längerer Restaurierung im Schloss Königs Wusterhausen betrachtet werden.
Die meisten anderen eigenhändigen Gemälde Friedrich Wilhelms I. wurden 1863 von Schloss Kossenblatt ins Schloss Königs Wusterhausen überführt, wo sie auch heute gezeigt werden. Das Barfus-Porträt ergänzt die Sammlung der Königsbilder im Schloss Königs Wusterhausen um ein bedeutendes Werk. Bei der Restaurierung zeigte sich, dass der Kopf noch in der Zeit und wohl auf Weisung des Soldatenkönigs ausgeschnitten und später wieder eingefügt wurde. Warum es diesen Eingriff gab, ist nicht bekannt.
11. Oktober 2025