Mühlen verarbeiten nicht nur Getreide -
Jürgen Wolf sammelt Bilder und Dokumente zur regionalen Industriegeschichte



In Berlin gibt es nur noch sehr wenige Mühlen, eine steht in Alt-Marzahn und lockt neugierige Besucher an.



Jürgen Wolf bewahrt kostbare Bauzeichnungen werden im Marzahner Mühlenarchiv auf. (Fotos: Caspar)

Die Mühle in Alt-Marzahn ist ein beliebter Lern- und Ausflugsort. Hier können Schulklassen und andere Interessenten zuschauen, wie Getreide zwischen den Mahlsteinen zerrieben werden und welche Gerätschaften dafür nötig sind. Auch an Tagen des offenen Denkmals sowie zu Dorffesten und anderen Kulturveranstaltungen lockt die Mühle zahlreiche Besucher an. Nur wenige Schritte unterhalb der kleinen Anhöhe mit der Bockwindmühle darauf befindet sich im alten Müllerhaus neben einem kleinen Tiergehege seit 2001 das Mühlenarchiv Berlin-Brandenburg. Sein Betreuer Jürgen Wolf kennt sich bestens aus, denn er kommt aus einer alten sächsischen Müllerfamilie und hat dieses Handwerk von der Pieke auf gelernt. Außerdem ist er Tischler, der bereits vieles in der kompliziert ausgestatteten Marzahner Bockwindmühle ausgebessert und ergänzt hat. Bisher seien in beiden Bundesländern aufgrund von Archivstudien und Informationen von Enthusiasten mehr als 860 Mühlenstandorte registriert worden, sagt er. Laut Jürgen Wolf werden alle erreichbaren Informationen über Mühlen der unterschiedlichsten Art in eine Datenbank aufgenommen, wobei die Angaben laufend aktualisiert werden. Einbezogen in die per Mausklick abrufbare Sammlung werden auch historische und aktuelle Abbildungen sowie jede Menge Literaturangaben. Leider würden von diesen aussagestarken Denkmälern der Industrie- und Kulturgeschichte viele nicht mehr existieren, betont „Mühlenwolf“, wie sich der Müller selbst nennt. Neben Mühlen, welche Getreide zu Mehl verarbeiten, gebe es auch solche, die sich auf die Herstellung von Öl, Papier, Holzbrettern und anderen Erzeugnissen spezialisiert haben, wobei Wind- oder Wasserkraft und in neuerer Zeit auch Dampfmaschinen oder elektrischer Strom eingesetzt wurden oder werden.

Die im Müllerhaus Alt-Marzahn 63, 12685 Berlin, aufbewahrte Spezialbibliothek umfaßt derzeit rund 1500 Titel und steht Interessenten zu Studienzwecken zur Verfügung. Vor zwei Jahren kam ein vor der Vernichtung bewahrtes Archiv der Wittenberger Mühlenbaufirma A. Wetzig in die Sammlung, eine, wie Wolf sagt, Rarität in der Branche, denn viele Bestände dieser Art haben den Zweiten Weltkrieg leider nicht überstanden.

Wer die Marzahner Mühle besichtigen möchte, ist gut beraten, sich vorher anzumelden (Telefon und Fax 030/5458995), weitere Angaben über Veranstaltungen und zum Mühlenarchiv im Internet unter www.marzahner-muehle.de.

Helmut Caspar

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