Sport und Macht -
Das vor 70 Jahren eröffnete Olympiastadion hatte einen hochkarätigen Vorläufer



Das Olympiagelände wurde 1936 mit riesigen Muskelmännern und mythischen Figuren geschmückt. Einige sind noch erhalten. (Foto: Caspar)

Das Berliner Olympiastadion ist ab 13. Juni Ausstragungsort von Turnieren anläßlich der Fußball-WM. Hier findet am 9. Juli das Finale statt. Viele Besucher kennen die in den vergangenen Jahren grundlegend sanierte Arena von Fußballspielen und anderen Spektakeln. Vielleicht nehmen sie sich die Zeit, sich auch mit der Geschichte der Anlage vertraut zu machen.

Als am 1. August 1936, vor nunmehr 70 Jahren, das Berliner Olympiastadion von dem damaligen Diktator und Führer der NSDAP, Adolf Hitler, eröffnet wurde, war das ein Staatsakt, von dem sich die Nazis internationale Aufwertung versprachen. Eine neue Ausstellung auf dem Olympiagelände erzählt von den XI. Olympischen Spielen, die vom 1. bis 16. August 1936 stattfanden. Schon 1916 sollten in dem damaligen „Deutschen Stadion“ eine Olympiade veranstaltet werden. Doch machte der Erste Weltkrieg dem ehrgeizigen Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Niemand konnte und wollte mitten im Völkermord in der Arena um sportlichen Lorbeer kämpfen.

Die Planungen für das Olympiagelände gehen bis in die Kaiserzeit zurück. Schon vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurden am Rand des Grunewalds Arenen und Bahnen angelegt. Als 1931 die XI. Olympischen Spiele für 1936 nach Berlin vergeben wurden, geschah dies auch deshalb, weil in Berlin weitläufige Sportanlagen von hohem Standard existierten. Niemand ahnte, daß zwei Jahre später die Nazidiktatur errichtet und die Olympiade von 1936 zu einer gewaltigen Propagandaschlacht für das um internationale Anerkennung ringende NS-Regime mißbraucht werden würde.

Nach der Errichtung der Nazi-Diktatur im Jahr 1933 wurden Ausbaupläne für das Olympiagelände hervorgeholt, die in der Weimarer Republik wegen knapper Finanzmittel liegengeblieben waren. Da sich Hitler als großer Künstler und Architekt empfand, war er persönlich daran interessiert, dass die Sportstätten noch viel prächtiger und monumentaler aufgezogen werden als sie ursprünglich geplant waren. Deshalb wurden viele der aus der Kaiserzeit stammenden Gebäude und Anlagen beseitigt. Geld spielte bei der Ausführung der Pläne des Architekten Werner March keine Rolle.

Auf dem geradezu gigantisch anmutenden Reichssportfeld gab einen riesigen Olympischen Platz, das Olympiastadion für 100 000 Zuschauer und das als Aufmarschplatz konzipierte Maifeld mit dem alles überragenden Glockenturm. Hinzu kamen die nach einem hohen Nazifunktionär benannte Dietrich-Eckart-Freilichtbühne, die heute als Waldbühne bekannt ist, das Deutsche Sportforum mit der Reichsakademie für Leibesübungen und das Haus des Deutschen Sports. Ergänzt wurde das Ensemble durch ein Schwimmstadion, ein Reiterstadion, Tennisanlagen und andere Arenen. Zu den olympischen Sportstätten gehörte auch die 1935 eröffnete Deutschlandhalle, in der Box- und Ringwettkämpfe ausgetragen wurden, während das Military-Reiten auf dem Truppenübungsplatz Döberitz, Schießwettkämpfe in Wannsee sowie alles, was mit Wassersport zu tun hatte, in Grünau oder in Kiel stattfanden.

In alle Welt wurden die Wettkämpfe und Siegerehrungen per Rundfunk und durch unzählige Korrespondentenberichte übertragen. Dokumentarfilme, die von Hitlers Starregisseurin Leni Riefenstahl inszeniert wurden, und Wochenschauen schilderten die Eröffnungsfeier vom 1. August 1936, bei der sich Adolf Hitler einmal mehr in die Pose eines großen Staatenlenkers warf, machten mit den wichtigsten Anlagen bekannt und hielten die spannendsten Momente des Sportspektakels fest. Erstmals war auch das Fernsehen mit von der Partie. Das noch in den Kinderschuhen steckende Medium bestand seine Feuertaufe, als es Sendungen aus dem Olympiastadion in ausgewählte Berliner Haushalte und in öffentliche Fernsehstuben übertrug.

Helmut Caspar

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