Selbständige Kommune nur für 14 Jahre -
Wilmersdorf erinnert mit einem Fest an seine Erhebung zur Stadt vor 100 Jahren



Dankbare Wilmersdorfer ehrten Otto von Bismarck mit einem Denkmal auf dem Bismarckplatz zur Erinnerung daran, dass sich der Reichskanzler um die Entwicklung der damaligen Villenkolonie Grunewald bemüht hat. Die Bronzestatue von 1897 war Kriegsverlust und wurde vor zehn Jahren nach alten Vorlagen neu geschaffen und auf dem originalen Sockel aufgestellt. (Foto: Caspar)

Mit einem Fest im Hof seines Rathauses am Fehrbelliner Platz 4 feiert Wilmersdorf am 20. August ab 20 Uhr seine Erhebung zur Stadt auf den Tag genau vor einhundert Jahren. Der historische Kern des ehemaligen Angerdorfes, das 1293 erstmals als „Wilmerstorff“ bezeichnet wurde, ist die Wilhelmsaue. Ein Gedenkstein erinnert an die Historie mit den Worten „Du befindest dich auf der ehemaligen Dorfaue im ältesten Teil unseres Bezirkes. Um 1750 gaben Bauerngehöfte, umschlossen von Feldern, Wiesen und Seen, Alt-Wilmersdorf das Gepräge“. Verschiedene Straßennamen wie Blisse-, Mehlitz, Schramm- oder Gieselerstraße weisen auf alte Bauerngeschlechter, die hier vor vielen Jahrhunderten gelebt haben. Dörflich und bescheiden ging es lange Zeit in dem Ort zu, dessen Name von dem Adelsgeschlecht derer von Willmersdorff abgeleitet wurde. Mitte des 17. Jahrhunderts in ein kurfürstliches Amtsdorf verwandelt, erlebte Wilmersdorf 1767 einen schweren Brand, von dem sich die Bewohner nur schwer erholten.

Bis zur Reichsgründung 1871 zählte Deutsch-Wilmersdorf, so eine im 19. Jahrhundert verwendete Bezeichnung, etwa 1700 Einwohner, doch sollte es nicht lange dauern, bis es durch eine großzügige Bebauung städtisches Flair bekam. Zum Aufblühen der Gemeinde mit einer Einwohnerzahl von 5000 nach der Reichseinigung von 1871 auf 75 000 zum Zeitpunkt der Erhebung zur Stadt im Jahr 1906 und dann auf über 100 000 vier Jahre später trug bei, dass im späten 19. Jahrhundert die Villenkolonien Halensee und Grunewald angelegt wurden. Mit dem sprunghaften Ansteigen der Einwohnerschaft von erfolgte die Verstädterung des ehemaligen beschaulichen Ortes. Nach der Verleihung des Stadtrechts 1906 schied Wilmersdorf aus dem Kreis Teltow aus und bildete einen eigenen Stadtkreis.

Da viele Wilmerdorfer in Berlin arbeiteten oder dort einkauften, war die Schaffung einer Bahnverbindung unerlässlich. Im U-Bahnhof Breitenbachplatz wird an den königlich-preußischen Staatsminister Paul von Breitenbach erinnert, der sich mit Erfolg für eine U-Bahnverbindung zwischen Wilmersdorf und Berlin stark gemacht hatte. Die Anbindung an die kaiserliche Reichshauptstadt trug merklich zum wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung von Wilmersdorf bei und machte die Stadt zu einem attraktiven, weil auch schnell erreichbaren Wohnort.

Im Zusammenhang mit der Bildung von Groß-Berlin am 1. Oktober 1920 verloren Wilmersdorf und weitere Städte wie Charlottenburg, Spandau und Köpenick ihre Selbständigkeit. Eingegliedert in die 878 Quadratkilometer große Metropole wurden außerdem 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke. Wilmersdorf bildete mit den Landgemeinden Grunewald und Schmargendorf sowie dem Gutsbezirk Grunewald-Forst einen der 20 neuen Berliner Bezirke. Durch die Eingemeindungen war Berlin mit einem Schlag nach der Einwohnerzahl von 3,8 Millionen Menschen die drittgrößte und nach der Fläche die größte Stadt der Welt. Da den Wilmersdorfern den Bewohnern der anderen Städten am Rand von Berlin durch die Eingemeindung manche Vergünstigungen verloren gingen, kam es zwar zu Protesten gegen die Maßnahme, doch haben sie nicht viel geholfen. Seit der Bezirksreform von 2001 bilden Wilmersdorf und Charlottenburg einen gemeinsamen Bezirk.

Das Heimatmuseum Charlottenburg-Wilmersdorf, Schlossstr. 69, 14059 Berlin-Charlottenburg vermittelt vom 20. August bis zum 31. Oktober 2006 in der Ausstellung "100 Jahre Wilmersdorf" interessante Informationen über die wechselvolle Geschichte des Ortes, der sich nur 14 Jahre seines Ranges als selbstständige Stadt erfreuen konnte.

Helmut Caspar

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