Vermittlung durch "Fräulein vom Amt" -
Vor 125 Jahren griffen die ersten 48 Teilnehmer in Berlin zum Telefonhörer



Urtümlich sahen die ersten Telefonapparate aus. Darstellung aus dem Jahr 1881. (Repro: Caspar)

Telefonieren gehört heute zum Alltag wie essen und trinken. Vor 125 Jahren indes war das eine ausgesprochen exklusive Angelegenheit. Denn als am 1. April 1881 in Berlin als erster Stadt im damaligen deutschen Kaiserreich das Telefonzeitalter eröffnet wurde, gab es gerade einmal 48 Teilnehmer. Die kleine Gemeinde war anfangs per Draht miteinander verbunden. Da die ersten Telefonapparate noch keine Wählscheibe besaßen, mußten die Verbindungen vom „Fräulein vom Amt“ per Hand gestöpselt werden. Bald schon konnte man selber wählen, doch war der manuelle Service lange Zeit bei Fernverbindungen unumgänglich.

Wie das Telefonieren langsam den Kinderschuhen entwuchs und welche urtümlich anmutenden Apparate anfangs im Einsatz waren, wird im Museum für Kommunikation an der Leipziger Straße (Mitte) demonstriert. Die Sammlung war vom damaligen kaiserlichen Generalpostmeister Heinrich von Stephan (1831-1897) gegründet worden, auf den neben der Einführung der Telefonie auch die Erfindung der „Correspondenzkarte“, also der Postkarte, und anderer Novitäten zurückgehen.

Wie ein Blick in die Berlin-Chronik zeigt, hatte das neue Medium einige Anlaufprobleme. Unter den ersten Fernsprechteilnehmern befanden sich kaum Privatleute, und auch die Behörden rissen sich nicht gerade darum, miteinander per Fernsprecher zu kommunizieren. Wenn Nachrichten schnell und sicher verschickt werden mußten, tat man das durch Boten oder per Post, die vor 125 Jahren noch mehrmals am Tag ausgetragen wurde. Hilfe kam auch von der Rohrpost, die im wahrsten Sinne des Wortes in Windeseile Briefe und andere Sendungen beförderte. Auch ihre Einführung am 1. Dezember 1876 geht auf eine Initiative von Heinrich von Stephan zurück.

Zeigten Privatpersonen und Ämter beim Telefonieren anfangs noch Zurückhaltung, so griffen Zeitungen, Banken und große Unternehmen begeistert zum Telefonhörer. Die Vorteile des neuen Mediums sprachen sich schnell herum, und so wich die anfängliche Skepsis einer regelrechten Telefon-Euphorie. In einem Berlin-Buch aus dem Jahr 1895 wird festgestellt, daß Berlin das weiteste und beste Fernsprechnetz besitzt, „denn mit ihren Vororten verfügt unsere Stadt über ca. 21 000 Sprechstellen, unter denen im letzten Jahr über 103 Millionen Verbindungen stattfanden, an jedem Tage also durchschnittlich 326 500“.

Das erste Berliner Telefonbuch war eine dünne Broschüre mit Nummern und Adressen sowie einer Gebrauchsanweisung. Danach konnte man von morgens 8 Uhr bis nachts um 23 Uhr telefonieren. Geraten wurde, nicht sehr laut, dafür aber deutlich und langsam zu sprechen, damit auf der Gegenstelle alles verstanden wird. Aus gutem Grund wurde empfohlen, „im Zustande der ruhenden Korrespondenz“, also wenn man nicht telefoniert, den Fernsprecher in den Haken zu hängen, „weil nur unter dieser Bedingung der Wecker in Thätigkeit treten kann“.

Der Verlag Berlin Story hat zum Jubiläum das erste Berliner Telefonbuch als Reprint, verbunden mit interessanten Zusatzinformationen, herausgebracht. Das Berliner Museum für Kommunikation ist Dienstag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr und am Wochenende von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 3, ermäßigt 1,50 Euro.

Helmut Caspar

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