Wo warst du, schöne Reiterin?
Schlösserstiftung nahm ein seit 60 Jahren verschollenes Gemälde in Empfang

Nach dem Tod seiner über alles geliebten Gemahlin Luise im Jahr 1810 blieb der preußische König lange Zeit Witwer. Erst 1824 heiratete er. Jedoch keine Dame königlichen Geblüts, sondern ganz unstandesgemäß zur „linken Hand“ die 30 Jahre jüngere Gräfin Auguste von Harrach, die zur Fürstin Liegnitz erhoben wurde, wie man damals sagte. Am preußischen Hof spielte die schöne Fürstin eine eher untergeordnete Rolle, doch begegnete man ihr mit Respekt, war sie doch nach jener Luise die zweite Herzensdame des Königs. Dessen Kinder sahen es nicht ungern, dass sich die kluge und schöne Fürstin um ihren alternden Vater kümmerte.

Nach sechzigjähriger Odyssee ist jetzt ein verschollen geglaubtes Porträt eben dieser Fürstin Liegnitz hoch zu Ross, aus dem fernen Kirgisien kommend, in die Obhut der Stiftung Preußischen Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zurückgekehrt. Im Zweiten Weltkrieg aus dem Berliner Hohenzollernmuseum erst in den Flakbunker im Friedrichshain und dann ins Schloss Sanssouci ausgelagert, wurde das Meisterwerk des Berliner Malers Franz Krüger, genannt Pferde-Krüger, 1946 zum letzten Mal in Sanssouci gesehen worden. Ein Offizier der Roten Armee hatte das nur 57 mal 47 Zentimeter große Bildnis, wie viele andere Kunstwerke auch, als Beutegut zum Abtransport in die Sowjetunion bestimmt. Doch ist es dazu nicht gekommen, denn ein Unbekannter hat das Reiterporträt wohl als Souvenir mitgehen lassen. Die Schlösserstiftung nahm das Porträt in ihren 2004 veröffentlichten Verlustkatalog auf und hatte kaum Hoffnung, es je wieder zu bekommen. Wie groß war die Freude, als sich Anfang 2005 eine Privatperson, wie es heißt, in der deutschen Botschaft in Bischkek, der Hauptstadt von Kirgisien, meldete mit der Bitte, das Bild an Deutschland zurückzugeben. Es hatte sechs Jahrzehnte an einem nicht näher bekannten Ort überdauert und wies keine größeren Schäden auf, als es nach Charlottenburg zurückgekehrt war.

Bei der öffentlichen Präsentation des Gemäldes mit dem Titel „Ausritt der Fürstin Liegnitz im Park von Charlottenburg“ dankte gestern Stiftungschef Hartmut Dorgerloh dem kirgisischen Botschafter, Marathek Bakiev, und seiner Regierung sowie dem deutschen Auswärtigen Amt für die „exzellente Zusammenarbeit“. Das Rückführungsverfahren sei unkompliziert verlaufen und sollte Schule machen. „Wir hoffen nach diesem Beispiel für unkomplizierten Umgang mit so genannter Beutekunst aus dem zweiten Weltkrieg auf neue Impulse für andere Rückgabeprozesse, denn immerhin vermisst die Stiftung etwa die Hälfte ihres Gemäldebestandes, rund 3000 Bilder“, sagte Dorgerloh, ohne Russland zu erwähnen, wo sehr viele Kunstgegenstände aus königlich-preußischem Besitz vermutet werden.

Das Krüger-Bild, in dessen Hintergrund die Kuppel des Schlosses Charlottenburg sichtbar wird, entstand um 1839 als Geburtstagsgeschenk der Fürstin an ihren königlichen Gemahl, der sich seines Anblicks nicht mehr lange erfreuen konnte, da er bereits 1840 starb. Bis 17. April ist die von einer Hofdame und einem Adjutanten begleitete und in ein violettes Gewand gehüllte Reiterin in der Ausstellung „Die Kaiser und die Macht der Medien“ im Neuen Flügel des Charlottenburger Schlosses zu sehen, und zwar absichtsvoll in dem Raum, der dem Kult um die Königin Luise, ersten Gemahlin Friedrich Wilhelms III., gewidmet ist. Nach dem Abbau der Medien-Ausstellung erhält das stilistisch an englische Reiterdarstellungen des frühen 19. Jahrhunderts orientierte Bild seinen endgültigen Platz im Neuen Pavillon neben dem Schloss Charlottenburg, der vor 180 Jahren von Karl Friedrich Schinkel für die Fürstin Liegnitz errichtet wurde, wenn sie in Charlottenburg weilte. Zuvor nimmt sich die Restauratorin Mechthild Most des Bildes an und führt einige Kittungen und Retuschen aus.

Die Ausstellung die Kaiser und die Macht der Medien ist bis zum 17. April Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr und am Wochenende von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

Helmut Caspar

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