Gefährliche Gase können nicht mehr austreten -
Nach der Entgiftung aller Holzbalken beginnt die Preußenstiftung mit der Restaurierung der Festräume von Schloss Schönhausen



Die Dachkonstruktion von Schloss Schönhausen, eine einzigartige Zimmermannsarbeit aus dem 18. Jahrhundert, ist wie alle anderen Holzbauteile entgiftet. (Foto: Caspar)

Schloss Schönhausen im Berliner Bezirk Pankow, in DDR-Zeiten Präsidentensitz und Regierungsgästehaus, besitzt einen Schatz, den kaum jemand kennt. Aus dem späten 17. und der Mitte des 18. Jahrhundert sind fast vollständig die historisch wertvolle Dachkonstruktion sowie die alten Fußbodenbalken erhalten, eine Seltenheit in der preußischen Schlösserlandschaft. In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als sich in der früheren Residenz von Königin Elisabeth Christine, der Gemahlin Friedrichs des Großen, Staatsgäste der DDR-Regierung die Klinke in die Hand gaben, wurden Fußbodenbalken und Dachlatten zum Schutz vor Insektenbefall mit Giftstoffen imprägniert. Das war damals überall auf der Welt üblich und wurde erst Jahre später als gesundheitsgefährlich erkannt. Diese Kontamination war auch ein Grund, weshalb das Gebäude vor ein paar Jahren nicht zum Sitz des Bundespräsidenten gemacht wurde, dessen Amtssitz Schloss Bellevue kurz vor dem Zusammenfall stand und schleunigst saniert werden musste.

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, die Schloss und Park Schönhausen 2005 übernahm, hat gerade eine wichtige Etappe in der bis 2008 laufenden Gebäudesanierung hinter sich gebracht – die Entgiftung der seinerzeit mit Hylotox bestrichenen Holzteile. Bei einem Ortstermin erklärte der Baudirektor der Stiftung, Alfons Schmidt, sämtliche in den Decken zwischen zwei Stockwerken befindlichen Füllmaterialien, die wie die Balken mit jenem Gift versetzt waren, seien beseitigt, letzte Staubpartikel würden abgesaugt. Sämtliches Holz sei mit einem Kunststoffharz bestrichen und dadurch versiegelt. „Indem die Balken ,maskiert’ sind, kann kein Gift mehr austreten und niemanden mehr gefährden. Demnächst wird das Dach mit Bieberschwänzen eingedeckt, und in den ehemaligen Wohn- und Festräumen wird das wegen der Entgiftung herausgenommene Parkett wieder verlegt. Ist dies geschafft, können die Restauratoren daran gehen, die Räume so herzurichten, dass die Stiftung dort Bilder, Möbel und Kunstgewerbe aus dem 18. Jahrhundert zeigen kann“, beschreibt Schmidt das weitere Vorgehen. Zeitgleich mit der Sanierung des Schlosses werde die Wiederherstellung des Parks in Angriff genommen. Allerdings würden die dafür eingeplanten 400 000 Euro nicht ausreichen, weshalb weiteres Geld mobilisiert werden muss.

Nach Angaben des Baudirektors belaufen sich die ursprünglich angenommenen Kosten für die Dekontamination nicht auf 1,2 Millionen Euro, sondern nur auf 250 000 Euro. Das eingesparte Geld werde daher in die Restaurierung der Räume investiert. Dort haben Spezialisten bereits unter dicker Tünche die ursprünglichen Farbfassungen ausgemacht. Der ein wenig an Sanssouci-Prunk erinnernde Festsaal beispielsweise wird sich künftig in Rosé und Hellgrau und nicht mehr wie jetzt in einer gelblich-braunen, hellblauen und weißen Farbskala zeigen, die nirgendwo nachgewiesen ist. In anderen Räumen wurden hinter Seidentapeten alte Ausmalungen gefunden. Ob und inwieweit diese wiederhergestellt werden, ist noch nicht entschieden.

Für die Außenfassade hat Restaurator Thomas Tapp auch schon eine Farbidee. Die graue Glaskröselschicht aus der Ulbricht-Zeit ist schon abgeschlagen. Aufgetragen wird ein neuer Putz, der ocker eingefärbt wird, ein Ton, der an versteckten Stellen nachgewiesen werden konnte.

Da im Schloss Schönhausen die unterschiedlichsten Geschichtsepochen und Persönlichkeiten vertreten waren, sollen deren Spuren erhalten bleiben. So will die Schlösserstiftung in einigen Räumen die schönsten Stücke aus den Kunstsammlungen der Grafen zu Dohna zeigen, denen im späten 17. Jahrhundert das Schloss gehörte, bevor es zum Sitz der von Friedrich dem Großen getrennt lebenden Königin Elisabeth Christine gemacht wurde. Geplant ist auch, einen im Stil der fünfziger Jahre ausgestalteten Arbeitsraum von DDR-Präsident Wilhelm Pieck wiederherzustellen. Zu diesem Zweck leiht sich die Schlösserstiftung dessen Mobiliar und einige Bilder vom Deutschen Historischen Museum aus.

Helmut Caspar

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