Neustart in alter Glasfabrik -
Nach fünfmonatigem Umbau stellt die Berliner Münze in besserem Standort wieder Euros und Medaillen her


Münzdirektor Andreas Schikora (l.) überreicht anlässlich der Schlüsselübergabe Finanzsenator Thilo Sarrazin eine Erinnerungsmedaille. (Foto: Caspar)

Rund 70 Jahre war die Preußische und später Staatliche Münze am Berliner Molkenmarkt der Ort, an dem Hartgeld mit dem Münzbuchstaben „A“ geprägt wurde. Das ist vorbei, seit der Traditionsbetrieb um die Jahreswende 2005/6 an die Peripherie der Hauptstadt umgezogen ist. Für 4,5 Millionen Euro wurde in nur fünf Monaten eine ehemalige Glasfabrik an der Ollenhauerstraße in Reinickendorf in eine moderne Prägeanstalt umgebaut. Dazu kommen 200 000 Euro Kosten für die Umsetzung der Prägemaschinen und anderen Gerätschaften sowie eine Million Euro für deren Installierung am neuen Ort. Da der Traditionsbetrieb mit 70 Beschäftigten jährlich rund 800 000 Euro Reingewinn bringt, sind die genannten Kosten in ein paar Jahren erwirtschaftet, sagte der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin zu Jahresbeginn bei der Schlüsselübergabe an den Direktor der Berliner Münze, Andreas Schikora. Die Prägeanstalt, deren Existenz vor noch nicht allzu langer Zeit auf der Kippe stand, habe in Reinickendorf weitaus bessere Produktionsbedingungen als an ihrem bisherigen Standort, einem aus der NS-Zeit stammenden Gebäude am Molkenmarkt im Bezirk Mitte.

Der Berliner Liegenschaftsfonds hat das jetzt leerstehende Gebäude mit einer Front zum Molkenmarkt und einer weiteren am Rolandufer zum Verkauf ausgeschrieben. Doch wer es erwirbt, muß wissen, daß bei allen Umgestaltungsmaßnahmen der Denkmalschutz ein Wort mitzureden hat. Der mit einer Nachbildung des Schadow’schen Münzfrieses geschmückte Komplex wurde 1936 bis 1942 nach Plänen von Fritz Keibel und Arthur Reck auf den Fundamenten des mittelalterlichen Kögel-Viertels, des Mühlenviertels und der Stadtvogtei (Stadtgefängnis) als Preußische Staatsmünze errichtet und sollte nach den damaligen Planungen einmal die gesamte Hartgeldproduktion des Deutschen Reiches übernehmen. Daraus ist nichts geworden, die Baupläne wurden in der Zeit des Zweiten Weltkriegs auf Eis gelegt und das ganze Areal blieb ein Torso. Nach der Behebung von Kriegsschäden arbeitete die Staatliche Münze der DDR bis 1990 für den zweiten deutschen Staat und seit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 gesamtdeutsch.

Von einer Ortsveränderung der Staatlichen Münze war schon seit Jahren die Rede, weil die bisherige Geldfabrik marode war und nicht mehr den baulichen und technischen Anforderungen des 21. Jahrhunderts entsprach. Eine Generalsanierung des Hauses war nicht möglich, weil man sonst den laufenden Münzbetrieb hätte unterbrechen müssen. Immerhin bestreitet die Berliner Münze, gut zu erkennen an dem ihr im Jahre 1750 von Friedrich II., dem Großen, verordneten Buchstaben „A“, zwanzig Prozent der deutschen Hartgeldproduktion und ist darüber hinaus für private Auftraggeber mit der Herstellung von Medaillen und für andere Staaten mit der Fertigung von deren Münzen befasst. Mehrere Alternativstandorte wurden in den vergangenen sechs Jahren diskutiert, bis sich der Berliner Senat für den Umzug in die alte Glasfabrik entschied. Die helle und mit modernen Sicherheits- und Schallschutzeinrichtungen ausgestattete Fabrikhalle bietet nicht nur mehr Platz für die Herstellung von Münzen und Medaillen auf modernen Hochleistungsmaschinen sowie für das Verpacken und den Versand. Es werden auch unnötige Wege zwischen den einzelnen Abteilungen vermieden, da sich alles auf einer Ebene abspielt und unterschiedliche Höhen nicht mehr überwunden werden müssen. Dergleichen führte im Haus am Molkenmarkt zu Reibungs- und Zeitverlusten und damit zu unnötigen Kosten.

An ihrem neuen Standort kann die um 1280 gegründete Prägeanstalt in einem eigens geschaffenen Museum ihre eigenen Schätze präsentieren. Die Inventarisation des Münzen-, Stempel- und Schriftarchivs ergab interessante Neuigkeiten und viel Stoff für die Dauerausstellung und für Sonderschauen. Für sie steht der pyramidenförmige Eingangsbereich ganz aus Glas, Stahl und Aluminium zur Verfügung. Wer möchte, kann sich in dem neuen Betriebsmuseum auch selber an einer historischen Spindelpresse als Münzmeister betätigen und an verschiedenen historischen Geräten alte Herstellungstechniken studieren. Im Museumsshop stehen überdies Sonderprägungen anläßlich der Verlagerung der Münze nach Reinickendorf und zu anderen Themen sowie numismatische Literatur zum Verkauf. Die neue Ausstellung ist montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr und am Sonntag von 13 bis 16 Uhr geöffnet. Für die nahe Zukunft sind auch Führungen durch die Produktionsräume geplant, ein Service, der der Staatlichen Münze neue Kunden und Käufer bringen soll.

Helmut Caspar

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