Treue und Verdienst -
Dresdner Münzkabinett erinnert an Friedrich August I., den ersten König von Sachsen


Friedrich August I., der Gerechte, auf dem Dresdner Fürstenzug zwischen seinem 1763 verstorbenen Vater Kurfürst Friedrich Christian und seinem Nachfolger König Anton der Gütige. (Foto: Caspar)

Wer Dresden besucht, strebt der Frauenkirche zu, und wer zur richtigen Zeit erscheint, muß in der Warteschlange auch nicht lange anstehen. Nach der Besichtigung des wiederaufgebauten Gotteshauses empfiehlt sich ein Gang zum Fürstenzug wenige Schritte weiter, zu jenem aus unzähligen bemalten Porzellanfliesen bestehenden Wandbild am Residenzschloß. Von 1872 bis 1876 zur Achthundertjahrfeier des Hauses Wettin als Huldigung der Markgrafen, Kurfürsten und Könige geschaffen, überstand der Fries bis auf kleinere Blessuren wie durch ein Wunder den Bombenangriff und den Feuersturm vom 13. Februar 1945 und wurde auch nicht von den Kommunisten angetastet. Unter den Sachsenherrschern erkennt man auch König Friedrich August I., der wie seine Vorgänger und Nachfahren hoch zu Roß reitet. Im Jahr 1750 geboren, gelangte er durch den frühen Tod seines Vaters Kurfürst Friedrich Christian schon mit 13 Jahren auf den Thron, übte aber das Amt des Kurfürsten erst nach Erlangung der Volljährigkeit im Jahr 1768 aus und starb nach fast 60jähriger Regierungszeit im Jahr 1827.

Schau im Hausmannsturm
Diesem wegen seiner Friedfertigkeit und seines milden Sinnes schon zu Lebzeiten mit dem Beinamen „der Gerechte“ ausgezeichnete Herrscher widmet das Münzkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden bis zum 5. November 2006 eine Sonderausstellung im Hausmannsturm des Residenzschlosses. Anlaß der Dokumentation ist die Erhebung Sachsens zum Königreich vor 200 Jahren am 20. Dezember 1806. Schon vor einem Jahr war am gleichen Ort anläßlich des 200. Todestags von Friedrich Schiller eine Ausstellung mit Medaillen der Klassik und Romantik zu sehen, und es zeigte sich schon damals, daß sich die Räumlichkeiten mit reizvollen Ausblicken auf das alte Dresden und das Schloß, das noch eine große Baustelle ist, sehr gut für solche eher intimen Präsentationen eignen. Ausgelegt sind etwa 400 Münzen und Medaillen sowie Geldscheine und Orden, die von dem Monarchen erneuert beziehungsweise gestiftet wurden, um Treue und Verdienst seiner Untertanen zu würdigen. Dazu kommt ein in Leipzig-Kleinzschocher gefundener Münzschatz, der um 1806 im Zusammenhang mit dem preußisch-sächsischen Krieg gegen Frankreich dem Boden anvertraut wurde und ein interessantes Zeugnis für den damaligen Geldumlauf darstellt. Abgerundet wird die kleine, aber feine Schau durch Erinnerungsstücke und Büsten des Monarchen, dem das Münzkabinett großartige Ankäufe und Zuwendungen verdankt, weshalb auch diesem Aspekt der Kulturförderung eine eigene Vitrine gewidmet ist.

Mann von Geist und Geschmack
Friedrich August III./I. regierte Sachsen in einer Zeit großer politischer, wirtschaftlicher und sozialer Konflikte und Veränderungen, in einer Zeit, da Köpfe und Kronen purzelten, neue Länder entstanden und alte von der Bildfläche verschwanden. Er führte seine Untertanen durch eine kluge Wiederaufbaupolitik aus der wirtschaftlichen Krise infolge des Siebenjährigen Krieges (1756-1763), machte Schluß mit dem höfischem Luxus und der Günstlingswirtschaft seiner Vorgänger und Namensvetter Friedrich August I. (August der Starke) und Friedrich August II. Er förderte als Mann von Geist und Geschmack Schulen und Lehranstalten, gewährte den Künsten und Wissenschaften großartige Entfaltungsmöglichkeiten. So stiftete er, von klugen Ratgebern ermuntert, schon als Fünfzehnjähriger die Freiberger Bergakademie, stattete die Landesuniversitäten Wittenberg und Leipzig mit Geld und Immobilien aus. Innovation und Engagement für das Land wurden durch Prämientaler und Medaillen mit seinem Bildnis gewürdigt und stimuliert. Auch davon zeigt die Ausstellung kostbare Belege, bei deren Anblick Sachsen-Sammler ins Schwärmen geraten dürften.

Der erste Sachsenkönig hätte sich nur zu gern aus den politischen und militärischen Konflikten seiner Zeit herausgehalten, doch lebte er nicht auf einer Insel der Seligen. Notgedrungen beteiligte sich mit seinen Truppen an den Koalitionskriegen gegen das revolutionäre Frankreich und schlug einen Aufruhr seiner Bauern gegen die adligen Grundbesitzer nieder. Als Mann der Tradition und einer der mächtigsten Fürsten weit und breit betrauerte Friedrich August III. das Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, an dessen Oberhaupt Franz II. er loyal festhielt. Zweimal – in den Jahren 1790 und 1792 - hatte er nach dem Tod von Kaiser Joseph II. beziehungsweise Leopold II. das Amt des Reichsvikars inne, was selbstverständlich auch auf Münzen gefeiert wurde. Als Kaiser Franz II. seine Krone im Sommer 1806 niederlegte, war das Amt des Kurfürsten obsolet und der Weg frei zu jener Standeserhöhung, die zuvor schon von den Kurfürsten von Bayern und Württemberg vollzogen und durch prächtige Medaillen und sofortige Änderung von Titeln und Wappen auf Münzen dokumentiert wurde. In Sachsen war man in dieser Hinsicht nicht faul, und so wurden gleich nach der Königsproklamation die bei Sammlern begehrten Königstaler und andere Erinnerungsstücke gefertigt.

Unglücklich ging der Krieg Preußens und Sachsens im Herbst 1806 gegen Frankreich aus. Doch während Preußen von Napoleon I., dem Sieger der Schlacht von Jena und Auerstedt, hart mit hohen Kontributionszahlungen und Gebietsverlusten bestraft wurde, kam Sachsen in einem separaten Friedensschluß glimpflich davon. Friedrich August I. verpflichtete sich seinem Beschützer Napoleon I. gegenüber zur unverbrüchlichen Bündnistreue und zur Stellung von Soldaten, die in die französische Armee eingegliedert wurden und mit ihr einen hohen Blutzoll zu leisten hatten.

Land gewonnen, Land verloren
Als einer der treuesten Vasallen des Kaisers wurde Friedrich August I. zum Herzog (ab 1809 Großherzog) von Warschau erhoben, das aus ehemals preußischen Gebieten gebildet wurde. Selbstverständlich tragen Münzen und Medaillen auch dieser Tatsache durch neue Titel und Wappenschilder Rechnung, wie überhaupt viele Ereignisse im langen Leben des sächsischen Kurfürsten/Königs auf geprägtem Metall dokumentiert wurden - prächtige Staatsbauten, Friedensschlüsse, die Reichsvikariate, der Beitritt zum Rheinbund, die Annahme der Königswürde, die guten Beziehungen zu Kaiser Napoleon I., aber auch verschiedene Familienereignisse und Regierungsjubiläen.

In der Völkerschlacht bei Leipzig am 18. Oktober 1813 erlitt Sachsen als Verbündeter Frankreichs eine katastrophale Niederlage. Friedrich August I. geriet in preußische Gefangenschaft und wurde im Berliner Schloß Friedrichsfelde interniert. Er mußte machtlos zusehen, wie als Ergebnis des Wiener Kongresses große Landesteile an Preußen fielen. Die verhängnisvolle Bündnistreue zu Frankreich und der Verlust der Hälfte seines Landes indes haben dem Ansehen des sächsischen Königs bei seinen Untertanen offenbar nicht geschadet. Zumindest feiern ihn viele Prägungen als weisen Vater den Vaterlandes und Wohltäter. Die ausgestellten Münzen und Medaillen zeigen den hochgewachsenen Wettiner als Jüngling, als Mann in den besten Jahren und als Greis mit scharfen Kerben im Gesicht. Nie zeigte er sich ohne Zopf und gelockte Haare, und als Mann des Ancien régimes trug er auch dann noch seine Puderperücke, als diese schon längst aus der Mode war. Hatte der junge Friedrich August III./I. zunächst eine aufgeklärte, reformorientierte Politik betrieben, so vertrat er mit zunehmendem Alter streng konservative, ja reaktionäre Positionen. Sachsen wurde in seiner Ära politisch zu einem der rückständigsten deutschen Staaten, entwickelte sich aber dank des sprichwörtlichen Fleißes seiner Einwohner und ihres Erfindungsreichtums zum Vorreiter der industriellen Revolution in Deutschland und zu einem Hort der schönen Künste. Als der erste Sachsenkönig am 5. Mai 1827 in Dresden im damals ungewöhnlich hohen Alter von 76 Jahren starb, herrschte allgemeine Landestrauer. Viele Menschen hofften, leider vergeblich, auf einen Neuanfang, auf eine Liberalisierung der politischen Verhältnisse. Da der Verstorbene keinen männlichen Erben hatte, bestieg sein Bruder Anton den sächsischen Thron, den er bis zu seinem Tod 1836 innehatte.

Die Ausstellung ist täglich außer Dienstag von 10 bis 18 Uhr im Hausmannturm des Dresdner Residenzschlosses geöffnet.

Helmut Caspar

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